Agnes Bernauer

Als sich Herzog Albrecht III. in die Tochter eines Baders verliebte und sie heimlich heiratete, löste er eine Tragödie aus, denn sein Vater sah in der starken, ehrgeizigen Frau eine gefährliche politische Gegnerin.

Tabellarische Biografie: Agnes Bernauer

 


Agnes Bernauer: Mord aus Staatsräson

Leseprobe aus
Dieter Wunderlich: Verführerische Frauen. Elf Porträts
Piper Verlag, München 2012

Agnes Bernauer kehrte nach Straubing zurück, wo sie auf Albrecht warten wollte. Am 12. Oktober wurde sie im Schloss festgenommen. Abgesandte Herzog Ernsts I. verlangten von ihr, auf Albrecht zu verzichten. Es heißt, man habe ihr eine Ersatzehe angeboten. Agnes Bernauer soll eine Verbindung mit dem niederbayerischen Adelshaus Degenberg vorgeschlagen haben. Weil die ebenso reiche wie aufstrebende Familie eng mit Straubing verbunden war, hätte Agnes ihr Ziel, Straubing zu verselbstständigen, an der Seite eines Degenbergers weiterverfolgen können. Das kam für die Münchner jedoch nicht in Frage.

Es scheint keinen Prozess gegen Agnes Bernauer gegeben zu haben, aber Herzog Ernst I. ordnete noch am selben Tag an, seine 24 oder 25 Jahre alte Schwiegertochter zu töten. Diese wurde daraufhin zur äußeren der beiden

Dieter Wunderlich: Verführerische Frauen. © Piper Verlag 2012

Donaubrücken gebracht und von dort vor einer Menge Schaulustiger gefesselt ins Wasser geworfen. Dass man sie zusammen mit einem Hund oder einer Katze in einen Sack einnähte, gilt als Legende. Es handelte sich auch nicht um eine Wasserprobe im Sinne eines Gottesurteils. Der zeitgenössische Chronist Andreas von Regensburg berichtet: »Im selben obengenannten Jahr, am 12. Oktober, wurde auf Befehl des Herzogs Ernst von Bayern eine überaus schöne Frau, die Geliebte seines Sohnes Albrecht – einige aber sagen, dass sie dessen wirkliche und rechtmäßige Gattin war –, die Bernauerin genannt, von der Donaubrücke in Straubing gestürzt. Sie war geringer Herkunft, ihr Vater war ein Bader zu Augsburg. Mit Hilfe des einen Fußes, der nicht gefesselt war, schwamm sie ein Stück und kam nahe ans Ufer, mit heiserer, kläglicher Stimme rufend: Helft! Helft! Helft! Der Folterknecht aber, der sie von der Brücke gestürzt hatte, lief am Donauufer hinzu und, weil er den jähen Zorn des Herzogs Ernst fürchtete, wickelte er eine lange Stange in ihr Haar und drückte sie wieder unter Wasser.«

Wenn wir davon ausgehen, dass Agnes Bernauer ohne rechtmäßiges Gerichtsurteil ertränkt wurde, handelte es sich dabei um einen politischen Mord. Sie fiel der Staatsräson zum Opfer. »Es war schlichter Mord«, konstatiert der Jurist und Schriftsteller Herbert Rosendorfer. »Herzog Ernst hat sich offensichtlich nicht einmal die Mühe eines Scheinprozesses gemacht.« Ernst I. sah in Agnes Bernauer eine gefährliche politische Widersacherin, die ehrgeizig das Ziel verfolgte, Straubing unabhängig von München zu machen.

Quelle: Dieter Wunderlich, Verführerische Frauen. Elf Porträts
© Piper Verlag, München 2012
Fußnoten wurden in der Leseprobe weggelassen

Agnes Bernauer (tabellarische Biografie)

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