Grand Budapest Hotel

Grand Budapest Hotel

Grand Budapest Hotel

Grand Budapest Hotel – Originaltitel: The Grand Budapest Hotel – Regie: Wes Anderson – Drehbuch: Wes Anderson, Hugo Guinness – Kamera: Robert D. Yeoman – Schnitt: Barney Pilling – Musik: Alexandre Desplat – Darsteller: Ralph Fiennes, Tony Revolori, F. Murray Abraham, Mathieu Amalric, Adrien Brody, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Harvey Keitel, Jude Law, Tom Wilkinson, Bill Murray, Edward Norton, Saoirse Ronan, Léa Seydoux, Jason Schwartzman, Tilda Swinton u.a. – 2014; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Der Kern der Handlung spielt 1932 in der (fiktiven) Karpatenrepublik Zubrowka. Der arabische Waisenknabe Zéro Moustafa fängt als Lobby Boy im Grand Budapest Hotel an und wird von dem ebenso gewandten wie gewissenhaften Concièrge Gustave ausgebildet. Nach dem Tod einer 84-jährigen verwitweten Gräfin erbt Gustave ein wertvolles Gemälde, aber der Sohn der Toten, macht es ihm streitig und sorgt dafür, dass er verhaftet wird. Gustave soll die alte Dame ermordet haben. Zéro verhilft ihm zum Ausbruch aus dem Gefängnis, und Gustave versucht nun seine Unschuld zu beweisen ...
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Kritik

Bei "Grand Budapest Hotel" handelt es sich um eine schräge Komödie und Thriller-Groteske. Die ver­schach­telt erzählte Handlung spielt sich in einem Märchenuniversum ab. Wes Anderson setzt v. a. auf skurrile Figuren und – mit viel Liebe zum Detail – eine nostalgisch-verschrobene Ausstattung.
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Gegenwart: Auf dem Friedhof von Lutz setzt sich eine Studentin (Jella Niemann) neben das Denkmal eines Schriftstellers und beginnt in einem mitgebrachten Buch zu lesen.

1985: Der Schriftsteller (Tom Wilkinson) erzählt von einer Schreibblockade im Jahr 1968, die ihn zu einem Aufenthalt im Grand Budapest Hotel im Bergdorf Nebelsbad der Karpatenrepublik Zubrowka veranlasste.

1968: Im Grand Budapest Hotel erkundigt sich der Schriftsteller (Jude Law) beim Concièrge Jean (Jason Schwartzman) nach einem Neuankömmling. Das sei Zéro Moustafa (F. Murray Abraham), der Besitzer des Hotels, flüstert Monsieur Jean ihm zu. Obwohl es sich bei Zéro Moustafa um einen reichen Mann handelt, dem mehrere Schlösser gehören, bewohnt er in seinem eigenen Hotel immer nur eine Dienstbotenkammer.

Bald darauf wird der Schriftsteller im Bad des Hotels von Zéro Moustafa angesprochen. Der Hotelbesitzer, der den Gast kennt und einige seiner Bücher gelesen hat, lädt ihn zum gemeinsamen Abendessen im Speisesaal ein.

Alle anderen Gäste sitzen einzeln an ihren Tischen vor einem riesigen Wandgemälde mit einem kitschigen Bergmotiv. Zéro Moustafa erzählt dem Schriftsteller seine Geschichte.

1932: Der arabische Waisenknabe Zéro (Tony Revolori) kommt als Flüchtling nach Zubrowka und wird Lobby Boy im Grand Budapest Hotel in Nebelsbad. Vorzüglich ausgebildet wird er von dem ebenso gewandten wie gewissenhaften Concierge Gustave H. (Ralph Fiennes), der stets in eine Wolke des Parfums L’Air de Panache gehüllt ist und vor allem bei den blonden älteren Damen unter den Hotelgästen beliebt ist. Beispielsweise schläft die 84-jährige Witwe Céline Gräfin Villeneuve Desgoffe und Taxis (Tilda Swinton) – kurz: Madame D. – mit ihm.

Bald nach ihrer Abreise steht in der Zeitung, dass die Gräfin tot ist. Gustave fährt sofort mit dem Zug zu ihrem Schloss Lutz und nimmt Zéro als Diener mit. Bei der erst kürzlich eingeführten Grenzkontrolle will der Corporal Franz Müller (Milton Welsh) den staatenlosen Araber festnehmen. Gustave protestiert, bis Müllers Vorgesetzter Albert Henckels (Edward Norton) ins Zugabteil kommt. Der kennt Monsieur Gustave, denn er war bereits Gast im Grand Budapest Hotel. Er entschuldigt sich höflich für das rüde Vorgehen seiner Untergebenen und wünscht gute Reise.

Im Schloss führt das Dienstmädchen Clotilde (Léa Seydoux) die beiden in den Saal, in dem die Testamentseröffnung durch den Advokaten Vilmos Kovacs (Jeff Goldblum) stattfindet. Es stellt sich heraus, dass die Gräfin Monsieur Gustave in einer ihrer zahlreichen Ergänzungen zum Testament das wertvolle Gemälde „Jüngling mit Apfel“ des niederländischen Renaissancemalers Johannes van Hoytl dem Jüngeren vermacht hat. Die versammelte Verwandtschaft der Toten murrt, und Dmitri Desgoffe und Taxis (Adrien Brody), der Sohn der Gräfin, wirft den Concièrge des Grand Budapest Hotel aus dem Saal. Bevor Gustave das Schloss verlässt, möchte er das Gemälde anschauen. Zéro ermutigt ihn, es von der Wand zu nehmen und gegen das Aquarell „Two Lesbians Masturbating“ auszutauschen. Clotilde und der Butler Serge X. (Mathieu Amalric) verpacken das abgehängte Kunstwerk rasch und tragen es zum Auto, mit dem Gustave und Zéro zum Bahnhof Lutz gefahren werden.

Zurück im Grand Budapest Hotel, versteckt Gustave sein Erbstück in Zéros Beisein im Safe. Gerade als er damit fertig ist, kommt eine von Albert Henckels angeführte Militäreinheit ins Hotel und verhaftet Gustave. Man beschuldigt ihn, die Gräfin Villeneuve Desgoffe und Taxis aus Habgier ermordet zu haben und bringt ihn in das auf einem Berg angelegte Gefängnis Checkpoint 19.

Inzwischen hat Zéro sich in Agatha (Saoirse Ronan) verliebt, die bei dem Zuckerbäcker Mendl (Rainer Reiners) in die Lehre geht. Mit von Agatha in entsprechend geformten Torten versteckten und so ins Gefängnis geschmuggelten Werkzeugen graben Gustave und seine Mithäftlinge Ludwig (Harvey Keitel), Pinky (Florian Lukas) und Wolf (Karl Markovics) in ihrer Zelle heimlich einen Schacht in den Boden und brechen aus.

Der Butler Serge ist verschwunden. Gustave und Zéro finden ihn schließlich in einem Kloster, doch während Serge in einem Beichtstuhl mit Gustave spricht und berichtet, dass jemand die Gräfin mit Strychnin vergiftete, wird er erdrosselt. Bei dem von Dmitri Desgoffe und Taxis gedungenen Mörder handelt es sich um einen Mann namens J. G. Jopling (Willem Dafoe). Zuvor brachte er bereits Vilmos Kovacs und Serges Schwester Carolina (Heike Hanold-Lynch) um. Nach dem Mord im Beichtstuhl flüchtet er auf Skiern. Gustave und Zéro verfolgten ihn auf einem Schlitten. Doch sie stürzen. Gustave hängt über dem Abgrund. Noch kann er sich an der eisigen Kante festhalten. Jopling nähert sich. Mit kräftigen Fußtritten treibt er Risse in das Eis, an dem Gustave sich festklammert. Weil der Mörder zwei Stiefel verkehrt herum im Schnee stecken sieht, nimmt er an, dass Gustaves Begleiter tot ist. Aber der hat die Stiefel ausgezogen, kommt nun angerannt und stößt Jopling in die Tiefe. Dann zieht er Gustave herauf.

Als sie ins Grand Budapest Hotel zurückkommen, sehen sie, dass es von einer schwarz gekleideten faschistischen Eliteeinheit des Militärs als Kaserne requiriert wurde. Gustave ist entsetzt. Er und Zéro wollen das Gebäude nicht mehr betreten. Agatha holt das Gemälde „Jüngling mit Apfel“ aus dem Safe. Doch sie wird von Dmitri entdeckt. Er feuert seine Pistole auf sie ab, alarmiert dadurch die Soldaten und löst eine Schießerei aus. Agatha springt aus einem Fenster. Zéro folgt ihr, um sie zu retten. Kurzzeitig klammern sie sich beide an eine Balkonbrüstung, aber dann reichen die Kräfte nicht länger, und sie lassen los. Zum Glück steht ein mit Schachteln beladener Lastwagen unter ihnen auf der Straße und sie überleben den Sturz unverletzt. Das Gemälde ist mit der Paketschnur an der Balkonbrüstung hängen geblieben. Beim Auspacken kommt ein von Serge auf der Rückseite in den Bilderrahmen gestecktes Papier zum Vorschein. Es handelt sich um eine testamentarische Verfügung der Gräfin Villeneuve Desgoffe und Taxis. Im Fall eines gewaltsamen Todes erbt der Concièrge Gustave H. ihren gesamten Besitz, zu dem auch das Grand Budapest Hotel gehört.

Mit dem Zug verlassen Gustave, Zéro und Agatha den Ort. Bei der Grenzkontrolle soll Zéro erneut festgenommen werden. Wieder stellt Gustave sich den Soldaten in den Weg. Inzwischen werden jedoch keine Höflichkeitsregeln mehr beachtet: Die Soldaten erschießen den reichen Erben kurzerhand.

Zéro, der dann doch nicht verhaftet wird, ist der Alleinerbe seines Mentors. Ihm gehört nun auch das Grand Budapest Hotel. Er heiratet Agatha, und sie bekommen einen Sohn. Aber nach ein paar Jahren sterben Agatha und das Kind an der Preußischen Grippe.

1968: Obwohl das Hotel längst seinen Glanz verloren hat und der Concièrge Jean nicht mit Monsieur Gustave vergleichbar ist, hält Zéro Moustafa weiter daran fest, denn es verbindet ihn mit seiner geliebten Frau Agatha und erinnert ihn an die kurze glückliche Zeit mit ihr.

1985: Nach dem Aufenthalt im Grand Budapest Hotel reiste der Schriftsteller für längere Zeit nach Südamerika. Nun bringt er die Geschichte zu Papier.

Gegenwart: Die Studentin beendet die Lektüre und verlässt das Denkmal des Schriftstellers auf dem Friedhof.

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Bei „Grand Budapest Hotel“ (nicht etwa Grandhotel Budapest) handelt es sich um eine schräge Komödie und Thriller-Groteske von Wes Anderson. Die Geschichte ist wie eine Matrjoschka-Puppe verschachtelt: Gegenwart – 1985 – 1968 – 1932 – 1968 – 1985 – Gegenwart. Dabei wechselt Wes Anderson auch das Filmformat.

Die Handlung spielt in einem fiktiven – nach der Wodka-Sorte bzw. -Marke Zubrowka benannten – Land, das sich in einem Märchenuniversum zu befinden scheint. Diesen Eindruck vermittelt Wes Anderson beispielsweise durch die Verwendung gemalter Kulissen (Matte Painting).

Offensichtlich strebte er mit „Grand Budapest Hotel“ kein Gag-Feuerwerk an, sondern setzte auf skurrile Figuren und vor allem eine nostalgisch-verschrobene Ausstattung, die von großer Liebe zum Detail und einer überbordenden Fülle von Ideen zeugt.

Es fällt auf, dass Robert D. Yeoman bei der Kameraführung schiefe Winkel vermeidet.

Ungewöhnlich ist auch das Staraufgebot in „Grand Budapest Hotel“.

Inspiriert wurde Wes Anderson nach eigener Aussage von der Novelle „Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau“ (1927), dem Roman „Ungeduld des Herzens“ (1939) und der Autobiografie „Die Welt von Gestern“ (1942) von Stefan Zweig.

Das Gemälde „Jüngling mit Apfel“ fertigte der britische Künstler Michael Taylor eigens für den Film „Grand Budapest Hotel“ an. Vorbilder sind Werke des florentinischen Manieristen Agnolo Bronzino (1503 – 1572). Der Amerikaner Rich Pellegrino schuf das auf Egon Schiele anspielende Aquarell „Two Lesbians Masturbating“. Das Wandgemälde im Hotel-Speisesaal stammt von dem Maler Michael Lenz.

Als Vorbilder für das Grand Budapest Hotel dienten mehrere Hotels wie das 1910 bis 1912 auf dem Hügel Helenin dvůr in Karlsbad errichtete Hotel Imperial, zu dem früher zwei Standseilbahnen hinaufführten. Das Jugendstil-Kaufhaus, die Stadthalle und das Freisebad in Görlitz dienten dafür als Kulissen. Für einige der Außenaufnahmen des Gebäudes und der Seilbahn wurde ein Modell verwendet.

Die Dreharbeiten fanden im Frühjahr 2013 statt. Die Studioaufnahmen entstanden in Babelsberg. Die Friedhofsszenen wurden in Krakau gefilmt. Die meisten Sets befanden sich in Görlitz: Warenhaus Görlitz, Stadthalle, Freisebad, Der Braune Hirsch. Die Schlösser Hainewalde (außen) und Waldenburg (innen) in Sachsen dienten als Kulissen für das Filmschloss Lutz. Für Checkpoint 19 lieferten die Burg Kriebstein (außen) und das Schloss Osterstein in Zwickau (innen) die Bilder. Außerdem wurde in Dresden gedreht (Zwinger, Sempergalerie, Pfunds Molkerei), in der Sächsischen Schweiz (Bad Schandau, Bastei) und bei der Weißeritztalbahn, einer sächsischen Schmalspurbahn.

LUXX Studios in Stuttgart trug die visuellen Effekte bei.

Mit „Grand Budapest Hotel“ wurde die Berlinale 2014 eröffnet. Der Film erhielt einen „Silbernen Bären“.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014

Wes Anderson: Die Royal Tenenbaums
Wes Anderson: Hotel Chevalier / Darjeeling Limited

Andrej Kurkov - Graue Bienen
Andrej Kurkov veranschaulicht in seinem Roman "Graue Bienen" die Situation und das Geschehen aus der Perspektive eines einfachen, unbedarften Imkers, der nichts weiter möchte, als in Frieden leben. Die Ordnung der Bienenstöcke kontrastiert mit der selbstzerstörerischen menschlichen Gesellschaft. Die Realität des Krieges und die Feindschaft zwischen Bevölkerungsgruppen werden unaufgeregt und lakonisch dargestellt.
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