Isaac Asimov : Das Ende der Ewigkeit

Das Ende der Ewigkeit
Originalausgabe: The End of Eternity Doubleday, New York 1955 Am Ende der Ewigkeit Übersetzung: Rainer Eisfeld Pabel Verlag, Rastatt 1958 Neuübersetzung: Walter Brumm Wilhelm Heyne Verlag, München 1967 Das Ende der Ewigkeit ISBN: 978-3-453-31686-7, 239 Seiten ISBN: 978-3-641-16085-2 (eBook)
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Seit dem 27. Jahrhundert sind Zeitreisen möglich. Damals entstand auch eine Organisation – die Ewigkeit –, die ihre Aufgabe darin sieht, die Menschheit durch Realitäts­veränderungen vor der Selbstzerstörung zu bewahren. Andrew Harlan, ein 32-jähriger Mitarbeiter der Ewigkeit, trifft bei einem Einsatz im 482. Jahrhundert auf eine attraktive, fünf Jahre jüngere Frau. Dadurch ändert sich sein Leben grundlegend ...
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Kritik

Mit dem einfallsreichen SF-Roman "Das Ende der Ewigkeit" plädiert Isaac Asimov gegen eine wie auch immer geartete Bevormundung der Gesellschaft, selbst wenn die Freiheit mit dem Risiko der Selbstzerstörung verbunden ist.
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Seit dem 27. Jahrhundert sind Zeitreisen möglich. Damals entstand auch eine Organisation – die Ewigkeit –, die ihre Aufgabe darin sieht, durch Korrekturen der Realitäten in den verschiedenen Zeitaltern zu verhindern, dass die Menschheit sich selbst vernichtet. Aus diesem Grund wurden ihr viele Zeugnisse ihres Erfindergeistes entzogen.

Die Menschheit musste vor ihren eigenen technischen Produkten geschützt werden.

An der Spitze der Organisation steht der Rat der Ewigen. Unter seiner Leitung arbeiten die Rechner, Beobachter und Techniker. Den Sockel der Hierarchie-Pyramide bilden die von den höheren Schichten verachteten Mitarbeiter der Instandhaltung und des intertemporalen Transports.

Sie bildeten eine eigene Gesellschaftsklasse, hatten eigene Quartiere und Vergnügungen. Ihre Arbeitszeit war auf eine bestimmte Anzahl Stunden pro Physiotag begrenzt, und sie kannten keinen sozialen Druck, der sie gezwungen hätte, ihre Freizeit mit beruflichen Studien zuzubringen. Sie hatten Zeit, sich mit Literatur und Filmen aus den verschiedensten Realitäten zu beschäftigen, ein Vorzug, der dem Spezialisten gewöhnlich versagt blieb.

Der Beobachter Andrew Harlan stammt aus dem 95. Jahrhundert.

Das 95. war ein Jahrhundert strenger Beschränkungen auf dem Gebiet der Atomenergie, mit einer Vorliebe für das Ländliche und für natürliches Holz als Bauelement. Es tat sich als Lieferant verschiedener destillierter Getränke an nahezu alle anderen Jahrhunderte hervor und importierte Saatgut in großem Umfang.

Im Rahmen seiner Arbeit muss Andrew Harlan ins 482. Jahrhundert, wo er dem Rechenassistenten Hobbe Finge als Beobachter zugeteilt wird.

Das 482. war für ihn kein bequemes Jahrhundert. Es hatte kaum etwas mit seinem eigenen, auf Bescheidenheit und Naturverbundenheit haltenden Heimatjahrhundert gemein. Es war eine Ära ohne Ethik und Prinzipien, oder was er sich darunter vorstellte. Es war vergnügungssüchtig, materialistisch und wurde weitgehend von den Frauen beherrscht, die eine Art indirektes Matriarchat ausübten. Es war die einzige Ära, in der die ektogene Geburt Verbreitung fand. Auf dem Höhepunkt dieser Welle machten über siebzig Prozent aller jungen Frauen von der Möglichkeit Gebrauch, Kinder zur Welt zu bringen, indem sie einfach ein befruchtetes Ei im Ovarium ablieferten, wo die embryonale Entwicklung automatisch gesteuert weiterging. Ehen wurden durch gewöhnliche beiderseitige Willenserklärungen privat geschlossen und geschieden und galten gesetzlich als persönliche Vereinbarungen ohne bindende Kraft. Die körperliche Vereinigung zum Zweck der Fortpflanzung wurde natürlich von der Ehe und ihren sozialen Funktionen strikt getrennt und nur nach eugenischen Prinzipien vollzogen.

Als Harlan drei Monate im 482. Jahrhundert gearbeitet hat, ruft Finge ihn ins Büro und stellt ihn dem aus dem 30 000. Jahrhundert stammenden Seniorrechner Laban Twissell vor, der zu den angesehensten Mitgliedern des Ewigkeitsrates zählt. Twissell hat von den hervorragenden Berichten des Beobachters Harlan gehört und ernennt ihn zu seinem persönlichen Techniker im 575. Jahrhundert. Dort beauftragt Twissell ihn außerdem, den 24-jährigen Anfänger Brinsley Sheridan Cooper zu unterrichten, und zwar in der Geschichte der primitiven Menschheit beispielsweise des 20. Jahrhunderts, für die Harlan sich seit langem interessiert.

Zwei Jahre später wird Andrew Harlan vom Rechner Hobbe Finge im 482. Jahrhundert angefordert. Verblüfft stellt Harlan fest, dass Finge inzwischen eine Sekretärin beschäftigt. Frauen qualifizieren sich so gut wie nie für eine Tätigkeit in der Ewigkeit. Noÿs Lambent, so heißt die 27-Jährige, ist im Stil der oberen Klassen des 482. Jahrhunderts gekleidet und geschminkt. Das bedeutet, dass ihre wohlgeformten Brüste nur von einem transparenten Umhang bedeckt sind. Harlan geht ihr aus dem Weg, und wenn sie doch in sein Blickfeld gerät, wendet er sich ab. Aber es kommt noch schlimmer: Finge beauftragt ihn, zur Vorbereitung einer Realitätsveränderung eine Woche mit Noÿs Lambent in deren Haus in der Zeitlichkeit zu verbringen.

Als Noÿs ihren vorübergehenden Mitbewohner verführt, ist es für ihn „bei Weitem nicht so abstoßend, wie er sich sich immer vorgestellt“ hat. Schließlich muss er sich eingestehen, dass er Noÿs liebt und sie seine Gefühle erwidert.

Nach seiner Rückkehr in die Ewigkeit täuscht Andrew Harlan ein wissenschaftliches Interesse vor und erkundigt sich bei dem Lebensplaner Neron Feruque danach, welche Persönlichkeitsänderung Noÿs Lambent durch die geplante Realitätsveränderung durchmachen würde. Die Antwort erstaunt ihn:

„Die Dame existiert in der neuen Realität nicht. Keine Persönlichkeitsveränderung. Sie ist einfach verschwunden, das ist alles. Weg.“ Er rieb sich die Wange mit seinen langen knochigen Fingern. „Übrigens ist mir nach Ihren Unterlagen nicht ganz klar, wie sie in die alte Realität passt.“

Das ist eine gute Nachricht, denn Andrew Harlan hat vor, Noÿs zu entführen und braucht unter diesen Umständen nicht zu befürchten, dass sie vermisst wird. Aber zunächst muss er noch einen Schock verkraften: Harlan nimmt an, dass Finge gern selbst mit seiner attraktiven Sekretärin intim geworden wäre und nun eifersüchtig sei. Aber der Rechner erklärt ihm emotionslos, warum Harlan den Auftrag erhielt, eine Woche mit der Frau zu verbringen. Finge wollte einen Beweis für seine Theorie, dass Frauen glauben, durch den Beischlaf mit einem Ewigen unsterblich zu werden. Dass Noÿs Lambent mit ihm geschlafen habe, bestätige seine Annahme, sagt er.

„Für eine Frau haben Sie genauso viel Sex-Appeal wie ein toter Hering. Und doch haben wir hier eine Frau, ein schönes, verwöhntes Produkt einer hedonistischen Gesellschaft, die schon am ersten Abend des Zusammenseins nichts Besseres zu tun weiß, als Sie mit allen Mitteln gespielter Leidenschaft zu verführen. Ja, die förmlich um Ihre Umarmung bettelt. Verstehen Sie nicht, dass dies alles lächerlich ist, einfach unmöglich, es sei denn – nun, es sei denn, dass es die Bestätigung ist, nach der wir gesucht haben.“

Dann fährt er fort:

„Die Noÿs Lambent der neuen Realität wird frei von diesem Aberglauben sein. Der einzige Zweck der Realitätsveränderung ist, ihn auszulöschen. Und ohne ihn, Harlan … Nun, rechnen Sie sich selber aus, ob eine Frau wie Noÿs sich mit Ihnen einlassen würde.

Aber Harlan lässt sich nicht entmutigen. Selbst wenn Noÿs nur aus Berechnung mit ihm geschlafen haben sollte, ist er zuversichtlich, ihre Liebe im Lauf der Zeit gewinnen zu können.

Er kehrt heimlich zu Noÿs in die Zeitlichkeit zurück und trifft sie so an, wie er sie eine Physiominute zuvor verließ. Sie wundert sich darüber, aber als er sie fragt, ob sie bereit sei, auf der Stelle und ohne lange Erklärungen mit ihm zu kommen, zögert sie nicht. Er besteigt mit ihr einen Zeitreise-Kessel, und auf dem Temporometer beobachten sie, wie sie in die Zukunft rasen. Harlan weiß, dass es ein Verbrechen ist, eine Zeitliche ohne Genehmigung in die Ewigkeit zu bringen, aber er will auf keinen Fall, dass Noÿs‘ Existenz ausgelöscht wird. Mit dem 70 000. beginnen die „verborgenen Jahrhunderte“. Als sie darüber hinausschießen, wird Noÿs aschfahl. Sie drückt auf einen Schalter, und der Kessel hält im 111 394. Jahrhundert an, weit jenseits der von der Ewigkeit kontrollierten Bereiche. Hier will Harlan seine Geliebte für einige Zeit verstecken.

Während Noÿs im 111 394. Jahrhundert bleibt, kehrt Harlan in sein ständiges Quartier im 575. Jahrhundert zurück. Er reist jedoch immer wieder ins 482. Jahrhundert, holt einiges von Noÿs‘ Habseligkeiten und bringt ihr die Sachen hoch. Er wundert sich über eine Filmkassette mit dem Titel „Die soziale und ökonomische Geschichte unserer Zeit“. Als er sich ein letztes Mal vor der geplanten Realitätsveränderung in ihrem Haus befindet, hört er ein Geräusch – und begegnet sich selbst!

Nachdem die Realitätsveränderung im 482. Jahrhundert stattgefunden hat, vergewissert sich Harlan, dass es für Noÿs in der neuen Realität keine Analogie gibt. Als er ihr die gute Nachricht überbringen will, bleibt der Kessel unvermittelt stehen. Das Temporometer zeigt das 100 000. Jahrhundert an. Was auch immer Harlan versucht, weiter hinauf geht es nicht mehr.

Er verdächtigt Hobbe Finge, eine Barriere errichtet zu haben, eilt zu ihm und bedroht ihn mit einer Neutronenpeitsche. Der Rechner lässt sich nicht einschüchtern. Ungerührt erklärt er Harlan, dass er zwar nichts mit der Barriere zu tun habe, aber über die unautorisierten Reisen des Technikers ebenso Bescheid wisse wie über das Versteck Noÿs Lambents im 111 394. Jahrhundert.

Am nächsten Morgen wird Harlan zu einer Sitzung eines Unterausschusses des Ewigkeitsrates im 575. Jahrhundert gerufen. Er rechnet damit, wegen seiner Verbrechen zur Rechenschaft gezogen zu werden, und als ihn der Rechner August Sennor am Beispiel einer Selbstbegegnung in eine Diskussion über die Paradoxien von Zeitreisen verwickelt, sieht er sich darin bestätigt.

„Nennen wir den in der Physiozeit früheren Mann A, den späteren B. Möglichkeit eins: A und B sehen einander nicht und tun auch nichts, das den anderen beeinflusst. In diesem Fall sind sie einander nicht tatsächlich begegnet, und man kann die Sache als erledigt ansehen.
Möglichkeit zwei: B sieht A, während umgekehrt A als das frühere Individuum B nicht sieht. Auch hier sind ernste Konsequenzen nicht zu befürchten. B sieht A nämlich in einer Lage oder Tätigkeit, von der er bereits weiß. Neue Momente ergeben sich daraus nicht für ihn.
Die Möglichkeiten drei und vier sind, dass A B sieht, während B A nicht sieht, und dass A und B einander sehen. In beiden Fällen ist der gefährliche Punkt der, dass A B gesehen hat; der Mann im früheren Stadium seiner physiologischen Existenz sieht sich selbst in einem späteren Stadium. Beachten wir, dass er nun erfahren hat, dass er im augenscheinlichen Alter des B noch am Leben sein wird. Er weiß, dass er lange genug leben wird, um die Handlung zu vollziehen, deren Zeuge er war. Nun kann aber ein Mann, der seine Zukunft kennt, wenn auch nur in einem winzigen Detail, nach dieser Kenntnis handeln und damit seine Zukunft verändern.“

Aber die Sitzung des Unterausschusses endet, ohne dass jemand Harlan auf dessen verbotene Zeitreisen angesprochen hat.

Laban Twissell bleibt mit ihm allein zurück. Andrew Harlan benötigt für sein Vorhaben die Hilfe des Seniorrechners und glaubt, ihn erpressen zu können, denn er hat ein Geheimnis entdeckt. Der offiziellen Lehre zufolge entdeckte ein Mann namens Vikkor Mallansohn im 24. Jahrhundert mit dem Zeitfeld die Voraussetzung für die Schaffung der Ewigkeit, die ja nichts anderes ist, als „ein gewaltiges Zeitfeld, das von den Begrenzungen der gewöhnlichen Zeit frei ist“. Aber weder Vikkor Mallansohn noch jemand anderes konnten das Zeitfeld im 24. Jahrhundert erfinden.

„Die mathematische Basis dafür existierte damals noch nicht. Die fundamentalen Lefebre-Gleichungen existierten noch nicht. Sie konnten nicht existieren, bevor Jan Verdeer im 27. Jahrhundert seine Forschungsergebnisse veröffentlichte.“
Wenn es eine Geste gab, mit der Laban Twissell sein äußerstes Erstaunen kundtun konnte, dann war es die, seine Zigarette fallen zu lassen. Jetzt ließ er sie fallen.

Harlan glaubt, dass Twissell vorhabe, den Anfänger Brinsley Sheridan Cooper ins primitive 24. Jahrhundert zu entsenden, und zwar mit dem Auftrag, Vikkor Mallansohn an die Gleichungen von Antoine Lefebre heranzuführen. Deshalb habe Harlan ihn in primitiver Geschichte unterrichten müssen. Twissell bestätigt Harlans Annahmen – mit einer Ausnahme:

„Der Anfänger Cooper geht nicht ins 24. zurück, um Mallansohn irgendetwas zu lehren. […] Der Anfänger Brinsley Sheridan Cooper ist nämlich Vikkor Mallansohn!“

Vikkor Mallansohn wurde im 78. Jahrhundert geboren und starb im 24. Er hinterließ Aufzeichnungen, in denen er die zukünftige Existenz der Ewigkeit prophezeite. Aber die so genannten Mallansohn-Memoiren blieben 300 Jahre lang unbeachtet, bis Heinrich Waldmann, der Erste der Ewigen, sie erschloss.

„In diesen Memoiren wird die Geschichte eines Mannes namens Brinsley Sheridan Cooper erzählt, der im 78. geboren wurde und im Alter von dreiundzwanzig Jahren als Anfänger Aufnahme in die Ewigkeit fand, nachdem er etwas länger als ein Jahr in kinderloser Ehe gelebt hatte.
Nach seinem Eintritt in die Ewigkeit wurde Cooper von einem Rechner namens Laban Twissell in Mathematik und von einem Techniker namens Andrew Harlan in primitiver Geschichte unterrichtet. Nach umfassender Ausbildung in beiden Disziplinen und Unterweisung in verschiedenen anderen Fächern wurde er ins 24. Jahrhundert entsandt, um einen Wissenschaftler namens Vikkor Mallansohn gewisse notwendige Kenntnisse zu vermitteln.
Im 24. angelangt, verwendete Cooper zwei Jahre darauf, sich zu akklimatisieren, wobei ihm seine Kenntnisse der primitiven Geschichte zustattenkamen. Nach Ablauf dieser Zeit suchte er Vikkor Mallansohn auf, einen exzentrischen Einsiedler ohne Freunde und Verwandte, der in der gebirgigen Einöde Südkaliforniens lebte. Dieser Mallansohn war mit einem wagemutigen und unkonventionellen Verstand ausgestattet. Cooper freundete sich allmählich mit ihm an und begann ihn Mathematik zu lehren.“

Als Vikkor Mallansohn dann beim Absturz an einer Felswand ums Leben kam, befürchtete Cooper, alle Anstrengungen seien umsonst gewesen. Aber dann fand er eine Lösung: Statt Mallansohns Tod zu melden, dessen Leiche nie gefunden wurde, nahm er dessen Identität an.

„Erst am Ende seines langen Lebens kam Cooper die Erkenntnis, dass er Vikkor Mallansohn war; dass er nicht nur ein Ersatz war, sondern der Mann selbst. Der Name mochte nicht ihm gehören, aber der Mann, den die Geschichte Mallansohn nennen würde, war in Wahrheit Brinsley Sheridan Cooper.
Beseelt von diesem Gedanken und allen Folgerungen, die sich daraus ergaben, schrieb er seine Memoiren nieder.“

Twissell erklärt Harlan, dass Cooper augenblicklich nichts von all dem ahne. Bei Twissells Plan handelt es sich um eine Umkehrung des Verhältnisses von Ursache und Wirkung. Weil man die Wirkung bereits kennt, richtet man die Ursache danach aus. Zeitreisen ermöglichen es.

„In diesem Augenblick weiß der Cooper, den Sie kennen, nichts von alledem, was vor ihm liegt. Er glaubt, dass er lediglich Mallansohn zu unterrichten habe und anschließend zurückkehren könne. Er wird in diesem Glauben bleiben, bis die Jahre ihn eines Besseren belehren und er sich hinsetzt, um seine Memoiren zu schreiben.“

Kurz danach wird Cooper in einem Spezialkessel für Reisen unter die Ewigkeitsgrenze losgeschickt. Seine Landung ist für das Jahr 2317 in einem dünn besiedelten Gebiet zwischen Mexiko und den USA programmiert. Aber Harlan sabotiert das Vorhaben und sorgt dafür, dass Cooper ins 20. Jahrhundert gelangt. Dennoch bleibt Twissell bei seinem bereits gegebenen Versprechen, dass Noÿs kein Leid getan werde.

„Sie werden Ihr Mädchen bekommen, das habe ich versprochen. Es bleibt bei dem Versprechen. Es wird ihr nichts geschehen, und auch Ihnen nicht, das garantiere ich Ihnen persönlich.“

Weil Harlan ihm nicht glaubt, vertraut Twissell ihm an, dass er selbst ebenfalls mit einer Frau aus dem 575. Jahrhundert zusammen gewesen sei und ein Kind gezeugt habe. Die Mutter starb zwei Wochen nach der Niederkunft, aber der Sohn lebte in der Zeitlichkeit und wurde aeronautischer Ingenieur. Nach einer Realitätsveränderung handelt es sich allerdings um einen seit dem vierten Lebensjahr Gelähmten, und es ist unmöglich, ihm mit der Nervenregenerationstechnik des 900. Jahrhunderts zu helfen. Nach diesem Geständnis erwartet Twissell von Harlan, dass dieser ihm dabei hilft, Cooper zurückzuholen und mit einer geringfügigen Verspätung doch noch ins Jahr 2317 zu schicken.

Cooper befindet sich im Jahr 1932. Weil ihm der Gedanke einer Kommunikation quer durch die Zeit geläufig ist, nimmt Harlan an, dass er eine Botschaft schickt. Aber es müsste eine indirekte Nachricht sein, die den Menschen des 20. Jahrhunderts nicht auffallen würde, beispielsweise eine mehrdeutige Anzeige in einem Nachrichtenmagazin. Nach einigem Suchen findet Harlan sie, aber bevor er sie Twissell zeigt, will er Noÿs bei sich haben. Deshalb fordert er Twissell auf, die Barriere im 100 000. Jahrhundert zu beseitigen. Aber der Seniorrechner weiß nichts davon und ist überzeugt, dass der Rat gar nicht in der Lage sei, so eine Schranke zu installieren. Er befürchtet, dass die Barriere von den oberhalb des 70 000. Jahrhunderts vermuteten Übermenschen eingerichtet wurde. Als er mit Harlan hinauf reist, stellen sie erleichtert fest, dass sie ungehindert ins 111 394. Jahrhundert gelangen. Mit Noÿs zusammen kehren sie ins 575. Jahrhundert zurück, und dort zeigt Harlan dem Seniorrechner nun die Zeitungsanzeige vom 28. März 1932:

ALLE
TATSACHEN
OHNE
MASKE
Darunter, in kleineren Buchstaben: »Was geht am Wertpapiermarkt vor? Bestellen Sie Informationsbroschüren! Cooper, P.O. Box 14, Denver, Colorado.

Illustriert ist die Anzeige mit einer Zeichnung der Pilzwolke einer Atomexplosion. Dem mit der primitiven Geschichte vertrauten Techniker fiel beim Durchblättern des Nachrichtenmagazins auf, dass 1932 noch niemand etwas von einer Atombombe wusste und die Anfangsbuchstaben der vier Wörter das Wort ATOM ergeben.

„Das ist Coopers Botschaft. Wir haben das genaue Datum und seine Postanschrift. Es ist nur noch nötig, ihn zu besuchen, und ich bin der einzige Mann mit ausreichenden Kenntnissen der primitiven Zeit, der das tun kann.“

Allerdings ist Harlan nur unter einer Bedingung bereit, die Zeitreise anzutreten:

„Die alte Bedingung. Noÿs muss sicher sein. Sie muss mit mir kommen. Ich werde sie nicht zurücklassen.“


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Andrew Harlan und Noÿs Lambents finden 1932 in Colorado eine Höhle, in der Brinsley Sheridan Cooper sich augenscheinlich noch vor kurzem aufhielt.

Noÿs wundert sich über Andrews abweisende Haltung. Erst nachdem sie ihn mehrmals darauf angesprochen hat, gibt er ihr eine Antwort: Er glaubt durchschaut zu haben, dass die Barriere beim 100 000. Jahrhundert von den Übermenschen installiert wurde und es sich bei Noÿs um eine Geheimagentin aus den verborgenen Jahrhunderten handelt.

„Sag mir, wann bist du in das 482. gekommen? Wen hast du ersetzt? Oder hast du dich einfach hineingedrängt? Ich habe deine Lebensplanung von einem Experten des 2456. ausarbeiten lassen. In der neuen Realität hattest du keine Existenz, keine Analogie. Für eine so geringfügige Veränderung war das selten, aber nicht unmöglich. Und dann sagte der Lebensplaner etwas, das ich mit den Ohren hörte, aber nicht mit meinem Verstand. Seltsam, dass es mir dennoch einfiel. Er sagte: ‚Übrigens ist mir nicht ganz klar, wie sie in die alte Realität passt.‘
Er hatte völlig recht. Du passtest nicht hinein. Du warst ein Eindringling aus der fernen Zukunft und hast mich und auch Finge für deine Zwecke manipuliert.“

Noÿs gibt es zu und fragt leise, warum Andrew sie in die primitive Zeit mitgenommen habe.

Seine Stimme schnappte über. Er brüllte: „Um die Ewigkeit zu schützen! Ich konnte nicht ahnen, welchen Schaden du dort während meiner Abwesenheit anrichten würdest. Hier bist du hilflos.“

Harlan droht, die Frau, die er geliebt hat, mit einem Blaster zu töten. Aber sie erzählt ihm erst einmal ihre Geschichte. Sie stammt aus dem 111 394. Jahrhundert. Dort erfuhr man von der Existenz und Funktion der Ewigkeit, aber Noÿs und ihresgleichen halten nichts von den fortwährenden Realitäts­veränderungen und Eingriffen in das Geschick der Menschheit.

„Was halten die Ewigen für die ‚bestmöglichen Verhältnisse‘? Ich will es dir sagen. Sicherheit und Mäßigung. Vermeidung aller Exzesse. Keine Risiken ohne die Gewissheit, dass sie sich lohnen.“

Ohne die Gängelung durch die Ewigkeit hätte die Menschheit den interstellaren Antrieb längst erfunden und sich über die Milchstraße verbreitet. Die Verzögerung führt nun dazu, dass die Milchstraße von Außerirdischen kolonialisiert ist, bevor die Menschheit die Erde verlassen kann. Noÿs hat den Auftrag, die Ewigkeit zu zerstören und die Wahrscheinlichkeit ihrer Wiederherstellung zu minimieren. Von den verschiedenen Möglichkeiten, die sich ihr für die Lösung der Aufgabe boten, wählte sie die eine, in der Andrew Harlan eine wichtige Rolle spielt.

„Warum?“
Noÿs blickte zur Seite. „Weil ich dich liebte. Ich liebte dich schon lange, bevor wir uns begegneten.“

Noÿs weiht Andrew in ihr Vorhaben ein, einen Brief nach Italien zu schicken. Dort werde dann ein Mann [Enrico Fermi] anfangen, Uran mit Neutronen zu bombardieren.

Harlan war entsetzt. „Du willst die primitive Geschichte verändern?“
„Ja, das ist unsere Absicht. In der neuen, der endgültigen Realität wird die erste nukleare Explosion nicht im 30. Jahrhundert stattfinden, sondern bereits in diesem. Genauer gesagt, im Jahre 1945.“

Andrew Harlan weist auf das Risiko hin, dass sich die Menschheit durch einem Atomkrieg selbst auslöschen könnte, aber Noÿs hält diese Realitätsveränderung für unerlässlich, um der Menschheit die Freiheit zu lassen und sie in die Lage zu versetzen, ein die ganze Milchstraße umfassendes galaktisches Imperium zu errichten. Andrew entgegnet:

„Und da wagst du es noch, die Ewigen der Einmischung zu bezichtigen?“
„Wir bezichtigen sie der fortwährenden Intervention, um die Menschheit in ihrem Gefängnis zu halten. Wir intervenieren nur einmal, ein einziges Mal, damit sie sich vorzeitig der Nukleonik zuwendet und niemals eine Ewigkeit errichtet.“

Noÿs überlässt Andrew die Entscheidung:

„Du musst sie treffen. Cooper wird mit seiner Anzeige verschwinden. Die Ewigkeit und die Realität meines Jahrhunderts werden nicht mehr sein, aber wir werden bleiben, um Kinder und Enkel zu haben, und die Menschheit wird bleiben, um die Sterne zu erreichen.“

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Mit dem Science-Fiction-Roman „Das Ende der Ewigkeit“ plädiert Isaac Asimov gegen eine wie auch immer geartete Bevormundung der Gesellschaft, selbst wenn die Freiheit mit dem Risiko der Selbstzerstörung verbunden ist. Außerdem beschäftigt sich Isaac Asimov in „Das Ende der Ewigkeit“ mit den Paradoxien, die sich durch Zeitreisen ergeben würden, aber diese philosophischen Fragen hat er gekonnt in die Handlung integriert.

In der ebenso spannenden wie anregenden und unterhaltsamen Geschichte fehlen weder Thriller-Elemente noch eine Romanze. Mit großem Einfallsreichtum sorgt Isaac Asimov für unerwartete Wendungen. Dabei erleben wir das Geschehen konsequent aus der subjektiven Perspektive des Protagonisten Andrew Harlan.

Schon beim Titel „Das Ende der Ewigkeit“ scheint es sich um eine Paradoxie zu handeln. Die löst sich allerdings rasch auf, sobald wir erfahren, was Isaac Asimov in seinem Roman mit „Ewigkeit“ meint.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2016
Textauszüge: © Wilhelm Heyne Verlag

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