24 Wochen

24 Wochen

24 Wochen

Originaltitel: 24 Wochen – Regie: Anne Zohra Berrached – Drehbuch: Carl Gerber, Anne Zohra Berrached – Kamera: Friede Clausz – Schnitt: Denys Darahan – Musik: Jasmin Reuter, Stefan Pfaffe – Darsteller: Julia Jentsch, Bjarne Mädel, Emilia Pieske, Johanna Gastdorf, Maria Dragus, Mila Bruk, Sabine Wolf, Karina Plachetka u.a. – 2016; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Als Astrid und Markus erfahren, dass ihr zweites Kind mit dem Down-Syndrom auf die Welt kommen würde, setzen sie sich nach dem ersten Schock konstruktiv damit auseinander und beschließen, sich darauf einzurichten, statt eine Abtreibung vornehmen zu lassen. Dann entdeckt der Gynäkologe bei dem 24 Wochen alten Fetus einen schweren Herzfehler, dessen Behebung nur durch mehrere Operationen gleich nach der Geburt möglich wäre ...
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Kritik

Was ist, wenn Eltern – womöglich erst im letzten Drittel der Schwan­ger­schaft – erfahren, dass ihr Kind behindert oder schwer krank auf die Welt kommen würde? Anne Zohra Berrached inszeniert die er­schüt­tern­de, konfliktreiche Handlung realistisch und nachvollziehbar.
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Die Kabarettistin Astrid Lorenz (Julia Jentsch) lebt mit ihrem Manager Markus Häger (Bjarne Mädel) zusammen, und das Paar hat eine neunjährige Tochter namens Nele (Emilia Pieske). Als Astrids Schwangerschaft nicht mehr zu übersehen ist, betritt sie die Bühne und fragt das Publikum: „Na, fällt Ihnen etwas auf?“ Nach einer Kunstpause fährt sie fort: „Richtig! Neue Schuhe.“ In einer anderen Vorstellung erklärt sie, sie habe einen Mann, deutet auf ihren Bauch und fügt hinzu: „Wie Sie sehen, mache ich Gebrauch von ihm.“

Bei einer Untersuchung im sechsten Monat wird bei dem Fetus eine Anomalie des 21. Chromosoms festgestellt (Trisomie 21). Das ist die Ursache des Down-Syndroms. Die Eltern sind schockiert, aber bald schon setzen sie sich konstruktiv mit der Information auseinander. Nach dem Besuch eines Kinder-Chors, dessen Mitglieder alle mehr oder weniger starke Ausprägungen des Down-Syndroms aufweisen und dennoch Lebensfreude zeigen, entscheiden sich Astrid und Markus für das Kind. Da es ein Junge wird, soll er Moritz heißen.

Sie erklären der Tochter Nele, dass Moritz kein „normales“ Kind sein werde. Astrids Mutter Beate Lorenz (Johanna Gastdorf) lässt sich überreden, zu ihnen zu ziehen, um ihnen beistehen zu können. Bei einer Geburtstagsfeier für Markus weiht das Paar auch die Freunde ein.

Kurz darauf entdeckt der Gynäkologe bei einer Ultraschalluntersuchung einen schweren Herzfehler des ungeborenen Kindes. Gleich nach der Geburt wäre die erste von mehreren Operationen erforderlich, und die Mediziner halten es für wahrscheinlich, dass der Junge zeitlebens herzkrank sein würde.

Dadurch werden Astrid und Markus erneut aus der Bahn geworfen. Markus, der christlich erzogen wurde, kommt zu der Überzeugung, es sei ihre gemeinsame Aufgabe, dem kranken Individuum soviel Lebensqualität wie möglich zu vermitteln. Astrid redet nicht viel darüber. Sie fühlt sich zwischen den Alternativen hin- und hergerissen. Ihre Mutter gibt dem Paar die Frage zu bedenken, ob ein Schwangerschaftsabbruch nicht besser wäre. Markus untersagt ihr, sich in die Entscheidungsfindung einzumischen. Das löst einen Streit aus, und Beate reist ab.


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Als Markus erfährt, dass Astrid sich über eine Spätabtreibung beraten ließ, ohne ihn einzubeziehen, rastet er aufs Neue aus. Er möchte eine gemeinsam beschlossene Lösung. Astrid erklärt ihm jedoch, sie werde die Entscheidung für die Spätabtreibung allein treffen.

Schließlich geht sie mit gepacktem Koffer zum Auto. Nele läuft ihr nach. Astrid erklärt ihr, der Bruder sei schwer krank und würde kein erträgliches Leben vor sich haben.

Am Abend kommt Markus in die Klinik nach und bleibt auch während der Abtreibung an der Seite seiner Lebensgefährtin. Der Arzt sticht zunächst eine spezielle Nadel durch den Bauch der Mutter ins Herz des 24 Wochen alten, 700 Gramm schweren Fetus und tötet ihn durch eine Kaliumchlorid-Injektion. Dann werden medikamentös Wehen eingeleitet. Schluchzend erträgt Astrid die Entbindung des toten Kindes.

Über Indiskretionen in den Medien waren Astrid und Markus entrüstet. Aber einige Zeit nach dem Schwangerschaftsabbruch gibt Astrid ein Radio-Iinterview, bekennt sich öffentlich zu der Abtreibung im siebten Monat und fügt hinzu: „Ich weiß nicht, ob es richtig oder falsch war. Wahrscheinlich beides.“

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Was ist, wenn Eltern durch Pränataldiagnostik erfahren, dass ihr Kind behindert oder schwer krank auf die Welt kommen würde? Das Paar bzw. die Mutter muss entscheiden, ob das Kind dennoch leben soll oder ob eine Abtreibung durch­zu­führen ist. Besonders schrecklich ist es, wenn die Diagnose erst in einem Schwangerschaftsstadium erfolgt, in dem der Fetus bereits lebensfähig sein könnte. Bei einer Spätabtreibung wird zunächst das ungeborene Kind getötet und dann eine Totgeburt eingeleitet. Es handelt sich unübersehbar um eine Entscheidung über Leben und Tod. In diesem Dilemma müssen die Betroffenen selbst zu einem Beschluss kommen und dann die Folgen tragen. Das können im Fall einer Abtreibung beispielsweise Schuldgefühle und Depressionen sein. „24 Wochen“ veranschaulicht außerdem, dass die Mutter zu entscheiden hat, wenn sich das Paar nicht einigen kann.

Die Regisseurin Anne Zohra Berrached berichtet in einem Interview, dass schwierig war, mit Eltern zu reden, die eine Spätabtreibung hinter sich hatten. Es handelt sich um ein Tabu. Zur beratenden Mitarbeit bei dem Filmprojekt „24 Wochen“ war schließlich ein Paar bereit, das einen Fetus aufgrund der Diagnose Glasknochenkrankheit in der 26. Woche hatte abtreiben lassen.

Der Film „24 Wochen“ endet mit Astrids Radio-Interview. Wie die Entscheidung ihr, Markus und ihrer Beziehung zu schaffen macht, bleibt offen.

Anne Zohra Berrached inszeniert die erschütternde, konfliktreiche Handlung so realistisch und nachvollziehbar wie möglich. Um die Darstellung authentisch wirken zu lassen, werden die Ärzte, Krankenschwestern, die Hebamme und die Psychologin nicht von Schauspielern verkörpert. Sie sprechen auch keine vorgefertigten Texte, sondern reden so, wie sie es sonst beruflich tun. Aus Furcht vor Anfeindungen wird das Gesicht des Arztes, der in „24 Wochen“ die Spätabtreibung vorzunehmen scheint, nicht gezeigt. Aus Laiendarstellern besteht auch die Gruppe der Kinder und Jugendlichen mit dem Down-Syndrom. Ebenso „echt“ sind die Comedians Gerburg Jahnke, Dieter Nuhr, Barbara Ruscher, Sebastian Pufpaff und Abdelkarim.

Die in „24 Wochen“ gezeigten Aufnahmen eines Fetus entstanden bei minimalinvasiven Eingriffen vor der Geburt.

Anne Zohra Berrached wurde 1982 in Erfurt als Tochter einer deutschen Mutter und eines algerischen Vaters geboren. Nach dem Studium der Sozialpädagogik war sie zunächst zwei Jahre lang als Theaterpädagogin in London, dann als Regie-Assistentin in Berlin tätig. 2009 begann sie an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg zu studieren. 2013 drehte sie ihren ersten abendfüllenden Film: „Zwei Mütter“. Bei „24 Wochen“ handelt es sich um ihren Abschlussfilm.

Die Uraufführung von „24 Wochen“ erfolgte am 14. Februar 2016 im Rahmen der 66. Internationalen Filmfestspiele Berlin. Ins Kino kam der Film am 22. September 2016.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2017

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