Sabine Bode : Das Mädchen im Strom

Das Mädchen im Strom
Das Mädchen im Strom Originalausgabe: Klett-Cotta, Stuttgart 2017 ISBN: 978-3-608-96200-0, 348 Seiten ISBN: 978-3-608-10083-9 (eBook)
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Gudrun wird 1921 in Mainz als Tochter eines jüdisch-deutschen Schuhhändlers geboren, der auch 1933 nicht wahrhaben will, dass er als Patriot von der Juden­verfolgung betroffen sein könnte. Als Gudrun 1939 eine Flucht der Familie vor­bereitet, wird sie verhaftet. Den Holocaust überlebt sie, weil es ihr gelingt, nach Shanghai zu entkommen, wo die Japaner die Juden zwar in ein Ghetto sperren, aber nicht massenhaft ermorden ...
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Kritik

Gerade weil Sabine Bode auf stilistische Gimmicks verzichtet, sich zurücknimmt und ruhig erzählt, wirkt "Das Mädchen im Strom" glaub­wür­dig, ja authentisch. Das Buch bietet eine eindrucksvolle, mit­reißen­de und ermutigende Lektüre.
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Wilhelm Samuels Mutter Hannah eröffnete nach und nach 15 Schuhgeschäfte in Mainz. Ihren Mann hatte sie davongejagt. Sie wohnte in Wiesbaden, verbrachte den Sommer in Meran und den Winter in St. Moritz. Nach ihrem Tod beerbte sie ihr einziger Sohn. Wilhelm Samuel lebt mit seiner Frau Helene, dem Sohn Ralphie und dessen vier Jahre jüngerer Schwester Gudrun in Mainz.

Die Eltern waren assimilierte Juden. Unser Sohn ist beschnitten, das reicht doch wohl, pflegte Wilhelm Samuel zu sagen, wenn Helene meinte, er möge sich wenigstens an den hohen Feiertagen in der Synagoge zeigen.

Wie in allen gutbürgerlichen Haushalten der zwanziger Jahre wurde nur einmal in der Woche gebadet. Am Sonntagmorgen stieg Wilhelm in die Wanne. Wenn er fertig war, kam seine Frau an die Reihe, danach die Kinder.

Die Familie Samuel beschäftigt eine Köchin und ein Hausmädchen. 1925, als Gudrun vier Jahre alt ist, wird ein Kindermädchen eingestellt: Annemarie Holl. Mit sechs kommt Gudrun in eine Privatschule. Zwei Jahre später kehrt Annemarie Holl in ihre elsässische Heimat zurück. Dass Gudrun mit Ausnahme des Fachs Turnen miserable Schulnoten bekommt, hält Wilhelm Samuel für unbedeutend, aber Ralphies schlechte Zeugnisse regen ihn auf.

Er wählt die Zentrums-Partei, und als Heinrich Brüning Reichskanzler ist, hält er es für seine patriotische Pflicht, sein im Ausland verstecktes Vermögen zurück nach Deutschland zu holen. Helene Samuel fährt also mit ihrer elfjährigen Tochter nach Zürich. Bei der Abreise fällt Gudrun die Leibesfülle ihrer Mutter auf. Die plötzliche Veränderung kann sich das Mädchen nur durch eine Schwangerschaft erklären. Sie weiß nicht, dass Helene Samuel sich die von der Bank abgeholten Coupons um den Bauch gewickelt hat.

Gudrun ist 13 Jahre alt, als Margot Weißkamp in ihre Schulklasse kommt. Die Familie lebte zuvor in München. Der Vater, der jüdische Germanistik-Professor Gustav Weißkamp, folgte einem Ruf an die Universität Mainz, weil er hoffte, dass die nationalsozialistischen Studenten dort nicht so aggressiv wie in München sind.

Im selben Jahr verlieben sich Gudrun und ihr drei Jahre älterer Mitschüler Martin Schubert. Obwohl er nicht als Streber gilt, gehört er in der Schule zu den Besten, und erst als er jede freie Minute mit Gudrun verbringt, muss er die Rolle des Klassenprimus seinem Freund überlassen, dem Rabbiner-Sohn Robert Silbermann. Martin möchte Schauspieler werden. Im Salon seiner Mutter Beate trifft sich die Mainzer Kulturelite. Zweimal im Jahr besucht sie ihre Schwester, eine unverheiratete Lehrerin, in Berlin und bringt dann neue Moden aus der Hauptstadt mit. Heinz Schubert hat Jura studiert und verdient als Verwaltungsbeamter gerade genug, um mit seiner Frau und den vier Söhnen keine Not zu leiden.

Als Hitler Reichskanzler wird und die Nationalsozialisten am 1. April 1933 zum Judenboykott aufrufen, warnt Helene Samuel ihre Tochter: Sie und Martin müssten vorsichtiger werden. Durch die Familie Schubert geht ein Riss: Während der Vater jeder politischen Richtung misstraut, strebt die Mutter an die Spitze der Mainzer NS-Frauenschaft. Matthias, der Zweitälteste, trägt SS-Uniform und wird vom jüngsten Bruder Wolfgang verehrt. Dass Martin und Horst, der Älteste, seine politische Überzeugung nicht teilen, ärgert Matthias. Indem er Gudrun als „Judenhure“ bezeichnet, fordert er Martin zu einer Schlägerei heraus, die er allerdings wegen eines Asthma-Anfalls bald beenden muss.

Wilhelm Samuel teilt zunächst den Patriotismus der Nationalsozialisten, und als diese aus dem Reichstag ein Scheinparlament machen, wettet er mit seinem Frisör, dass der Spuk bald vorüber sei. Eine jüdische Zahnarztfamilie aus der Nachbarschaft wandert nach England aus. Um dem Vorbild zu folgen, müsste Wilhelm Samuel seine 15 Schuhgeschäfte in Mainz aufgeben. Wenn er das Geld in der Schweiz gelassen hätte, würde er wenigstens über ein Startkapital für einen Neuanfang im Ausland verfügen. Aber er will ohnehin nicht wahrhaben, dass er und seine Familie gefährdet sein könnten, denn er hält sich für einen aufrechten deutschen Staatsbürger.

Immerhin kann Ralphie bei einem kinderlosen Schuhproduzenten in Buenos Aires zu arbeiten anfangen.

1935 wird den Samuels die Wohnung gekündigt. Ihre Anwesenheit sei den deutschen Nachbarn nicht länger zuzumuten, heißt es. Sie entlassen die Dienstboten und ziehen in eine kleinere Wohnung in einem anderen Haus. Einige Monate später erleidet Wilhelm Samuel einen Herzinfarkt. Gudrun wird vom Schulbesuch ausgeschlossen. Mit Martin verabredet sie sich nur noch an Orten, wo sie von niemandem gesehen werden. Er lebt inzwischen ohnehin in Berlin und kommt nur noch manchmal nach Mainz, denn nach dem Abitur und dem Arbeitsdienst bewarb er sich bei einer Schauspielschule in der Hauptstadt und wurde genommen.

Die Universität Mainz entlässt Margots Vater mit einer winzigen Pension.

Am 9. November 1938 wird Wilhelm Samuel von seinem der SA angehörenden Frisör indirekt vor Ausschreitungen gewarnt. Bei dem Pogrom in der Nacht bleiben seine 15 Schuhgeschäfte wie durch ein Wunder unzerstört.

Gudrun fährt nach Stuttgart, denn sie hat erfahren, dass der US-Vizekonsul gegen Schmiergeld jüdische Vermögen ins Ausland schafft. Mr Walter betont, dass es ihm nur um humanitäre Gesichtspunkte gehe. Er ahnt nicht, dass ihn die Gestapo bereits beobachtet. Während er in die USA zurück muss, wird Gudrun verhaftet. Bei ihrem Vater löst die Nachricht eine weitere Herzattacke aus.

Die Vernehmungen führt Oberkommissar Werner Buchmann durch. Er findet Gefallen an Gudrun und steckt seiner Sekretärin Geld zu, damit sie für die hungrige Gefangene eine Schlachtplatte besorgt. Als die Gestapo herausfindet, dass Gudrun einen „arischen“ Deutschen als Freund hat, wird sie gynäkologisch untersucht. Weil sie noch unberührt ist, taucht „Rassenschande“ nicht als zusätzlicher Anklagepunkt auf.

Am 1. September 1939 beginnt Hitler den Krieg.

Zwei Stunden nachdem Werner Buchmann Gudruns Vater am 12. Januar 1940 in Mainz vernommen hat, zerbeißt Wilhelm Samuel eine seit langem aufbewahrte Zyankali-Kapsel.

Obwohl bereits über „Buchmanns Judenhure“ getuschelt wird, dehnt der Oberkommissar die Ermittlungen und Vernehmungen aus, denn sobald er den Fall abschließt, kommt Gudrun in Schutzhaft, und dann kann er nichts mehr für sie tun. Statt weiter Fragen zu stellen, liest er mit ihr „Faust“. Nach neun Monaten eröffnet er der 19-Jährigen, dass sie drei Tage bei ihrer Mutter in Mainz verbringen dürfe, bevor sie dann vor Gericht erscheinen müsse. Obwohl Gudrun den Namen ihrer besten Freundin nie erwähnte, deutet er an, dass er auch über Margot Weißkamp Bescheid weiß:

„Machen Sie sich keine Sorgen. Die Person, an die Sie denken, wurde nie behelligt.“

In Mainz erfährt Gudrun, dass Margot in Sicherheit ist: Die Eltern und die Großmutter emigrierten mit ihr über England in die USA.

Im Anschluss an die Gerichtsverhandlung wird Gudrun erneut inhaftiert und verbringt ein halbes Jahr mit anderen „Volksschädlingen“ in einer Gemein­schafts­zelle. Der Staatsanwalt Bost, dessen Tochter mit Gudrun in dieselbe Schulklasse ging, weiß, dass die Gestapo sie bei ihrer für 13. Oktober 1940 geplanten Entlassung in Schutzhaft nehmen will. Um sie vor dem Konzentrationslager zu bewahren, lässt er die Anordnung verschwinden und warnt Gudruns Mutter.

Helene Samuel organisiert daraufhin für ihre Tochter eine Flucht nach Shanghai und besorgt einen Pass mit Honduras-Visum, eine Bahnfahrkarte Berlin – Königsberg, einen Flugschein Königsberg – Moskau, ein Billett für die Transsibirische Eisenbahn und eine Schiffskarte für die Weiterreise von Harbin nach Shanghai.

In die seit 1937 von Japan besetzte chinesische Stadt sind inzwischen etwa 20 000 Juden aus Mitteleuropa geflüchtet.

Drei Tage nach ihrer Ankunft in Shanghai erhält Gudrun Arbeit in der Praxis von Dr. Goldener, einem Facharzt für Zahnregulierungen bei Kindern. Auf die Anstellung reagiert Gudrun euphorisch, aber bereits am ersten Tag merkt sie, dass sie nicht nur ausgebeutet, sondern obendrein von dem Zahnarzt und seiner Ehefrau verachtet wird. Nur mit der zweijährigen Tochter Marlene, mit deren Erziehung Sally Goldener vollkommen überfordert ist, kommt Gudrun gut zurecht.

Gudrun kann eine eigene Wohnung mieten. Bald darauf kündigt sie bei Dr. Goldener und eröffnet stattdessen eine eigene Praxis als Krankengymnastin. Außerdem gelingt es ihr, sich an Sally Goldener zu rächen, indem sie ihr den heimlichen Liebhaber, den ungarischen Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. Bela Brody, abspenstig macht. Aber nach zwei Monaten wirft ihr dessen russische Ehefrau Lana auf der Straße einen gebrauchten Damenslip zu, der jedoch nicht Gudrun gehört. Als sie ihren Geliebten zur Rede stellt, meint er nur:

„Hast du wirklich geglaubt, ein Ehemann, der fremdgeht, ist seiner Geliebten treu?“

Am 7. Dezember 1941 überfallen die Japaner die US-Pazifikflotte in Pearl Harbor, und kurz darauf internieren sie in Shanghai britische und amerikanische Staatsangehörige. Im Mai 1943 zwingen die Japaner alle seit 1938 in Shanghai eingetroffenen jüdischen Flüchtlinge, in den Stadtteil Hongkew zu ziehen, der zum Sperrbezirk erklärt wird. De facto richten sie also ein Judenghetto ein. Gudrun, die sich inzwischen meistens Judy nennt, erhält zunächst einen Passierschein, weil sie im French Club Kindern Sportunterricht erteilt, aber im Frühjahr 1944 werden die Grenzen dichtgemacht. Nicht nur Judy verliert dadurch ihre Arbeit, sondern auch der Mann, den sie inzwischen geheiratet hat: Toni Sonntag. Um Geld für den Lebensunterhalt zu verdienen, beginnt Judy im Ghetto einen fliegenden Handel mit Holzkohle, und im Sommer verkauft sie auf der Straße gekühltes abgekochtes Wasser in Bechern.

Die Nachricht von Hitlers Tod lässt die Eingesperrten glauben, dass der Krieg zu Ende gehe und die Amerikaner sie befreien würden. Die Amerikaner kommen zwar, aber mit Bomben. Während eines Luftangriffs sucht Judy aufgeregt nach ihrem Mann und findet ihn im Bett einer anderen Frau. Daraufhin trennt sie sich von ihm.

Nach dem Krieg zieht sie für eine Weile zu Kurti Wuchtig, einen Junggesellen Anfang 40, der schon lange in Shanghai lebt, zwei chinesische Hausangestellte beschäftigt und die meiste Zeit unterwegs ist. Der Deutsche hat sich einen amerikanischen Pass auf den Namen Victor Smith besorgt, um seinen Schiebergeschäften weiter ungestört nachgehen zu können. Dass eine Eheschließung für ihn nicht in Frage kommt, weiß Judy von Anfang an.

Sie erfährt, dass ihre Mutter Helena in Treblinka vergast wurde, ihre Großmutter Regina sich am Tag vor der Deportation in Mainz vergiftete und Martin in Russland fiel.

Als sie ihrem in Buenos Aires verheirateten Bruder Ralphie mitteilt, dass sie gern ebenfalls nach Argentinien auswandern würde, antwortet er ihr, dass seine Frau nichts von dem Plan halte.

„Tut mir leid, meine Frau wünscht nicht, dass Du kommst.“

Deshalb geht Judy zum US-Generalkonsulat, um sich nach Immigrations­bedingungen zu erkundigen. Dort trifft sie auf Mr Walter, den früheren Vizekonsul in Stuttgart, der wegen seiner Korruption degradiert und bei Kriegsende nach Shanghai strafversetzt wurde.

„Verdammte Hexe“, kreischte er. „Dir habe ich zu verdanken, dass ich in diesem gottverdammten Asien sitze!“

Das Konsulat teilt ihr bald darauf amtlich mit, dass sie für die USA als persona non grata gelte, weil sie 1939 versuchte, einen Vizekonsul zu bestechen.

Sechs Wochen später geht Judy im Schutz der Dunkelheit an Bord eines Schmugglerboots, das sie von Kanton nach Macau bringt. Auf dem norwegischen Konsulat in Hongkong schließt die 26-Jährige mit dem norwegischen Schiffskapitän Steen Edwinson eine Scheinehe.

Mit dem neuen Pass reist Judy bzw. Gudrun Edwinson nach Manila und von dort 1947 weiter nach London, wo sie erneut eine Praxis für Krankengymnastik aufbaut.

Zwei Tage nachdem Judy erstmals mit dem drei Jahre jüngeren Alex Trost geschlafen hat, fragt er sie, ob sie seine Frau werden wolle, und zwei Wochen später heiraten sie. Der jüdische Ingenieur, der mit einem Freund zusammen ein eigenes Unternehmen in London betreibt, stammt aus Kassel. Er überlebte den Holocaust, weil ihn seine Eltern – die später in Auschwitz umkamen – nach England geschickt hatten.

Wilhelm Samuels früherer Steuerberater teilt Gudrun Trost-Edwinson mit, dass sie und ihr Bruder die rechtmäßigen Erben des von den Nationalsozialisten beschlagnahmten Vermögens ihres Vaters seien. Sie müsse jedoch persönlich nach Deutschland kommen, um die Angelegenheit zu regeln. Zwei Jahre lang zögert sie die Reise hinaus, aber dann ringt sie sich dazu durch. Sie nutzt die Gelegenheit auch zu einem Besuch bei Martins Mutter Beate Schubert, die im Krieg alle vier Söhne verlor. Ihr Mann erlag einem Herzinfarkt.

Judy und Alex werden britische Staatsbürger und können sich ein Townhouse in Notting Hill leisten. Judy mietet größere Räume für ihre Praxis und beschäftigt zunächst zwei, später zwölf Angestellte. Sie bleibt kinderlos, denn nach zwei Fehlgeburten will sie keine dritte Schwangerschaft riskieren.

1968 gelingt es Judy, ihre Jugendfreundin Margot zu einer Europa-Reise und einem Treffen zu überreden. Margot ist Psychiaterin geworden und hat einen jüdischen Chirurgen geheiratet. Nachdem Margot an einem Kongress in St. Moritz teilgenommen hat, verbringen die beiden Freundinnen noch ein paar Tage im Hotel Waldhaus in Sils Maria.

Werner Buchmann schreibt Gudrun 1969 und ersucht sie um ein Treffen in Frankfurt am Main. In der Hotelhalle des Frankfurter Hofs stellt er ihr seine Ehefrau Doris und die 17 bzw. vier Jahre alten Töchter Cornelia und Michaela vor. Während Doris Buchmann mit den Kindern hinausgeht, erläutert der ehemalige Oberkommissar sein Anliegen: Weil ihn jemand als NS-Verbrecher anzeigte, droht ihm eine Mordanklage. Gudrun soll vor Gericht bezeugen, dass er sie 1939/40 in Stuttgart korrekt behandelte. Der Prozess in Bochum dauert acht Monate. Es geht um mindestens 112 Tötungsdelikte im Distrikt Krakau. Der Hauptangeklagte, Buchmanns Vorgesetzter, hat sich dem Verfahren entzogen, indem er sich in seiner Gefängniszelle erhängte. Judy sagt als Entlastungszeugin aus. Am Ende wird Werner Buchmann aus Mangel an Beweisen freigesprochen.

Judy und Alex übersiedeln 1973 nach Mainz, behalten jedoch ihre britischen Pässe.

Margot stirbt am 2. Januar 1974 an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Für das kleine Haus ihrer Großmutter in Bayern setzte sie im Einverständnis mit der Familie Gudrun als Erbin ein. Judy fährt hin und besucht die Mieterin Monika Koerbl, eine alleinstehende Lehrerin, die in München unterrichtet und das Anwesen als Wochenendhaus nutzt.

Ein halbes Jahr nach ihrem 70. Geburtstag übergibt Judy ihre Praxis einer Angestellten. Es ist Zeit für den Ruhestand.

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Die Journalistin und Sachbuch-Autorin Sabine Bode (* 1947) erzählt in ihrem Debütroman „Das Mädchen im Strom“ die Geschichte eines Mädchens bzw. einer Frau von den Zwanziger- bis zu den Neunzigerjahren. Es ist eine bewegende Geschichte, denn als die Tochter eines jüdisch-deutschen Schuhhändlers 1939 eine Flucht der von den Nationalsozialisten bedrohten Familie vorbereitet und versucht, über einen korrupten US-Diplomaten Geld ins Ausland zu schmuggeln, wird sie von der Gestapo festgenommen. Den Holocaust überlebt sie, weil es ihr gelingt, nach Shanghai zu entkommen, wo die Japaner die Juden zwar in ein Ghetto sperren, aber nicht massenhaft ermorden. Trotz der Demütigungen und traumatischen Erlebnisse bewahrt Gudrun nicht nur ihre Selbstachtung, sondern auch ihren Lebensmut und ihr Selbstvertrauen.

Geschickt führt uns Sabine Bode in „Das Mädchen im Strom“ mit der Identifikationsfigur Gudrun durch sieben Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. Sie entwickelt die ereignisreiche Handlung chronologisch-linear aus dem subjektiven Blickwinkel der Protagonistin, die sie allerdings nicht als Ich-Erzählerin auftreten lässt. Durch eingefügte Briefe wechselt Sabine Bode hin und wieder auch zu anderen Perspektiven. Gerade weil die Autorin auf stilistische Gimmicks verzichtet, sich zurücknimmt und ruhig erzählt, wirkt „Das Mädchen im Strom“ glaubwürdig, ja authentisch. Das Buch bietet eine eindrucksvolle, mitreißende und ermutigende Lektüre.

Den Roman „Das Mädchen im Strom“ von Sabine Bode gibt es auch als Hörbuch, gelesen von Claudia Michelsen (ISBN 978-3-8371-3857-3).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2017
Textauszüge: © J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger

Judenverfolgung im „Dritten Reich“

Anna Maria Jokl - Die Perlmutterfarbe
Vielleicht stellt Anna Maria Jokl das Lehrhafte in "Die Perlmutterfarbe" ein wenig zu stark heraus. Aber sie hat sich dazu auch eine vielschichtige Geschichte ausgedacht, in der die psychologischen und gruppendynamischen Vorgänge anschaulich werden.
Die Perlmutterfarbe