Koktebel

Koktebel

Koktebel

Originaltitel: Koktebel – Regie: Boris Chlebnikow, Alexej Popogrebskij – Drehbuch: Boris Chlebnikow, Alexej Popogrebskij – Kamera: Shandor Berkeshi – Schnitt: Iwan Lebedew – Musik: Lutgardo Labad (Chick Corea: "Children's Songs") – Darsteller: Gleb Puskepalis, Igor Tchernjewich, Jewgeni Sitij, Vera Sandrykina, Wladimir Kucherenko, Agrippina Steklowa, Alexander Iljin, Anna Frolowtsewa u.a. – 2003; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Ein Flugzeug-Ingenieur, der nach dem Tod seiner Frau zu trinken begonnen und seinen Arbeitsplatz in Moskau verloren hatte, meidet nun den Alkohol und ist mit seinem Sohn unterwegs zu seiner Schwester, die in Koktebel auf der Krim wohnt. Dort wollen sie ein neues Leben anfangen. Da sie kein Geld haben, um sich ein Auto oder auch nur eine Fahrkarte zu kaufen, müssen sie mit ihren Rucksäcken zu Fuß gehen ...
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Kritik

Boris Chlebnikow und Alexej Popogrebskij üben sich in dem eindrucksvollen Roadmovie "Koktebel" in Zurückhaltung: Die Einstellungen sind lang und statisch, die Dialoge auf ein Minium reduziert.
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Als es im Morgengrauen zu regnen aufhört, kommen ein Mann und ein Kind aus einer dunklen Straßenunterführung, in der sie die Nacht verbracht haben: ein Vater (Igor Tchernjewich) mit seinem elfjährigen Sohn (Gleb Puskepalis). Der Flugzeug-Ingenieur hatte nach dem Tod seiner Frau zu trinken begonnen [Alkoholkrankheit] und seinen Arbeitsplatz in Moskau verloren. Nun meidet er Alkohol und ist mit seinem Sohn unterwegs zu seiner Schwester, die in Koktebel auf der Halbinsel Krim wohnt. Dort, am Schwarzen Meer, wollen sie ein neues Leben anfangen. Da sie kein Geld haben, um sich ein Auto oder auch nur eine Fahrkarte zu kaufen, müssen sie mit ihren Rucksäcken zu Fuß gehen.

Einmal gelingt es ihnen, eine Strecke im leeren Waggon eines Güterzuges zu fahren. Als der Zug stehen bleibt, teilt der Streckenwärter (Jewgeni Sitij) sein Essen mit ihnen und lässt sie in einer Hütte neben den Gleisen schlafen.

Um ein paar Kopeken zu verdienen, fragt der Vater einen Eigenbrötler namens Michail (Wladimir Kucherenko), ob er ihm das Dach seines abgelegenen Hauses reparieren dürfe. Der geizige Alte nimmt sicherheitshalber den Pass des Ingenieurs an sich. Er will nicht viel zahlen, stellt jedoch dem Vater und dessen Sohn ein Zimmer zur Verfügung. Beim kärglichen Abendessen drängt er dem Ingenieur ein Glas Wodka auf, und in den folgenden Tagen bringt er ihn dazu, wieder mit dem Trinken anzufangen. Als Michail keinen Wodka mehr hat und Nachschub haben will, findet er sein Geld nicht mehr und beschuldigt den Ingenieur, es gestohlen zu haben. Mit einem Gewehr in der Hand zwingt er ihn und den Jungen, zur nächsten Polizeistation mitzukommen. Als der Ingenieur sich unterwegs weigert, weiterzugehen, schießt Michail und verletzt ihn an der Schulter.

Vater und Sohn können fliehen, müssen aber auf ihre Rucksäcke und den Pass verzichten.

Ohne Ausweispapiere können sie nicht in ein Krankenhaus. Der Sohn verbindet zwar seinen Vater notdürftig, aber der weiß nicht weiter, und seine Frustration schlägt in Wut um. Der Junge lässt ihn im Wald zurück und macht sich auf den Weg nach einem Arzt. Es ist bereits Nacht, als er im nächsten Dorf eine Ärztin findet und so lange an ihre Tür pocht, bis sie Licht macht und öffnet.

Xenia (Agrippina Steklowa), eine alleinstehende Frau, versorgt den Verletzten und nimmt ihn und seinen Jungen bei sich auf. Als die Wunde geheilt ist, würde der Ingenieur gern noch einige Zeit bei Xenia bleiben, aber sein eifersüchtiger Sohn drängt ihn ungeduldig, den Weg nach Koktebel endlich fortzusetzen. Zunächst gibt sein Vater sich geschlagen und verspricht, am übernächsten Tag mit ihm weiterzuziehen. In der Nacht merkt der Junge, dass das Bett des Vaters leer ist. Im Wohnzimmer hängt die Unterhose des Mannes über einer Stuhllehne, doch als der Sohn vom Urinieren zurückkommt, ist sie fort, und der Vater liegt wieder in seinem Bett. Am Morgen versucht der Vater, seinen Sohn zu überreden, den Winter über bei Xenia zu bleiben. Es kommt zum Streit.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Der Junge bricht allein auf. Ein Lastwagenfahrer (Alexander Iljin) nimmt ihn mit. In Koktebel findet er das Haus seiner Tante, aber von der Nachbarin erfährt er, dass sich die Tante bis zum Frühjahr in Sibirien aufhalten wird, vielleicht auch noch länger. Wortlos wendet er sich ab und verbringt eine Nacht auf einer Strandliege. Eine Möwe, die es auf sein Frühstücksbrot abgesehen hat, attackiert ihn, bis er sie packt. Er könnte sie töten, lässt sie jedoch am Leben.

Der Vater taucht auf und nähert sich seinem Sohn, der am Pier sitzt und in die Ferne starrt. Zu sagen gibt es nichts. Die beiden sind nicht weiter als zu Beginn ihrer beschwerlichen Reise.

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Die beiden 1972 in Moskau geborenen Russen Boris Chlebnikow und Alexej Popogrebskij drehten mit „Koktebel“ (auch: „Der Weg nach Koktebel“) ihren ersten abendfüllenden Spielfilm. Es handelt sich um ein Roadmovie. Es geht nicht nur um eine Vater-Sohn-Beziehung, sondern vor allem um die Sehnsucht eines Elfjährigen nach dem Meer, das er mit einem Neuanfang, Freiheit und Emanzipation assoziiert. Erzählt wird aus der Sicht dieses Jungen. (Das wird auch optisch umgesetzt, etwa wenn er sich zwischen den Touristen in Koktebel bewegt und die Kamera waagrecht auf die Gesäße gerichtet ist.)

Boris Chlebnikow und Alexej Popogrebskij verlassen sich in „Koktebel“ auf die Kraft der Bilder, lange, statische und meditative Einstellungen. Postkartenmotive vermeiden sie. Die Figuren entfernen sich, bis sie punktförmig in der Ferne verschwinden oder gehen seitlich aus dem Bild, ohne dass die Kamera ihnen folgt. Manchmal wird auch senkrecht aus der Höhe gefilmt. „Vergessene Kamera“ nennen Boris Chlebnikow und Alexej Popogrebskij diesen Stil, mit dem sie sich an ihren früher gedrehten Dokumentarfilmen orientieren. Nur in einer einzigen Sequenz wird die Kamera heftig bewegt: Da wirft der Junge mit Steinen, und die Kamera folgt jedem dieser Würfe mit einem Reißschwenk. Zurückhaltung wird hier nicht nur bei der Kameraführung konsequent geübt. Selten sind mehr als drei Personen zugleich zu sehen. Die Dialoge sind karg wie die Motive, und es kommt auch nicht auf schauspielerische Leistungen an: Wie bei Dokumentaraufnahmen wirken die Handelnden durch ihre Präsenz in den Bildern.

Die Dreharbeiten fanden im Oktober und November 2002 an Originalschausplätzen in Russland und in der Ukraine statt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2008

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