Das geheime Leben der Worte

Das geheime Leben der Worte

Das geheime Leben der Worte

Das geheime Leben der Worte – Originaltitel: La vida secreta de las palabras – Regie: Isabel Coixet – Drehbuch: Isabel Coixet – Kamera: Jean Claude Lar – Schnitt: Irene Blecua – Darsteller: Sarah Polley, Tim Robbins, Sverre Anker Ousdal, Javier Cámara, Danny Cunningham, Dean Lennox Kelly, Daniel Mays, Emmanuel Idowu, Eddie Marsan, Steven Mackintosh, Julie Christie u.a. – 2005; 115 Minuten

Inhaltsangabe

Obwohl Hanna Krankenschwester ist, arbeitet sie seit vier Jahren in einer Fabrik. Ohne Hörgerät ist sie fast taub, aber sie schaltet es oft aus und schottet sich auf diese Weise ebenso wie durch ihr Schweigen von der Umgebung ab. Als der Werksleiter sie auffordert, nach vier Jahren endlich einmal Urlaub zu machen, nutzt sie die Gelegenheit, um auf einer Bohrinsel einen Schwerverletzten zu pflegen, bis er transportfähig ist.
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Kritik

Isabel Coixet hat sich in dem kammerspielartigen Drama "Das geheime Leben der Worte" ganz auf die beiden Hauptfiguren konzentriert. Der leisen Inszenierung entspricht Sarah Polleys minimalistische Art der Darstellung.
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Obwohl Hanna (Sarah Polley) eine ausgebildete Krankenschwester ist, arbeitet sie seit vier Jahren in einer Fabrik. Ohne mit anderen mehr als das Nötigste zu reden, verrichtet sie ihre Tätigkeit. In der Mittagspause setzt sich sie allein an einen Tisch und isst ohne Appetit, was sie sich in einer hygienischen Plastikdose mitgebracht hat. Ohne Hörgerät ist sie fast taub, aber sie schaltet es oft aus und schottet sich auf diese Weise noch stärker von der Umgebung ab. In ihrem Badezimmer stapeln sich die Seifenstücke, von denen sie jeden Tag ein neues auswickelt, während sie das gebrauchte wegwirft. Ihr Ekel vor jeder Verunreinigung ist zwanghaft.

Weil sich die Kollegen und der Betriebsrat über die Arbeiterin beschweren, die noch nie zu spät kam und keinen Tag fehlte, hält der Werksleiter (Reg Wilson) es für erforderlich, die Situation zu entspannen und drängt Hanna, zum ersten Mal nach vier Jahren Urlaub zu nehmen. Sie solle sich einen Monat an einem Strand unter Palmen gönnen, meint er und gibt ihr auch gleich Reiseprospekte mit.

Die Vorstellung, untätig in der Sonne zu liegen, beunruhigt Hanna. Statt in den Süden reist sie nach Irland. In einem einfachen Restaurant, wo sie eine Kleinigkeit isst, hört sie zufällig ein am Nebentisch geführtes Telefongespräch und erfährt auf diese Weise, dass eine Krankenschwester gesucht wird, die auf einer Bohrinsel einen Schwerverletzten pflegen soll, bis er an Land geflogen werden kann. Hanna spricht den Herrn am Nebentisch an – und wird kurze Zeit später mit einem Hubschrauber zu der Bohrinsel gebracht, die seit einem Brand außer Betrieb ist.

Bevor Hanna den Patienten Josef (Tim Robbins) sieht, hört sie seine Mailbox ab. Eine Frau spricht von ihrer Liebe zu Josef, klagt, dass er sie nicht zurückruft und teilt ihm mit, sie lese immer wieder das Buch „Liebesbriefe einer portugiesischen Nonne“ von Maria Alcoforado, weil sie sich ihm dann nah fühle.

Schweigsam und sachkundig beginnt Hanna, Josef zu versorgen. Einige Hautpartien sind verbrannt; er ist vorübergehend erblindet und hat sich einige Knochenbrüche zugezogen. Sie reicht ihm die Urinflasche, gibt ihm zu trinken, füttert ihn, misst die Temperatur, wechselt die Verbände und injiziert ihm Schmerzmittel. Josef redet unaufhörlich, versucht, die Krankenschwester zum Reden zu bringen und mit ihr zu flirten, aber sie antwortet ihm allenfalls einsilbig und verrät ihm nicht einmal ihren Namen: Sie verbirgt alles Persönliche und reduziert sich auf die Funktion der Pflege. Um Hanna aus der Reserve zu locken, vertraut Josef ihr ein Geheimnis an: Aufgrund eines traumatischen Erlebnisses mit seinem Vater in der Kindheit graut es ihm vor Wasser, und er kann nicht schwimmen.

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Warum Josef so verletzt ist, erfährt Hanna von Dimitri (Sverre Anker Ousdal), dem Manager der Bohrinsel. Das Feuer brach aus, als eine Gasblase angebohrt wurde. Josefs bester Freund kam bei dem Brand ums Leben. Offiziell heißt es, es habe sich um einen Unfall gehandelt, aber Dimitri erzählt Hanna, der Mann habe sich in selbstmörderischer Absicht in die Flammen gestürzt. Bei dem Versuch, ihn zu retten, sei Josef schwer verletzt worden.

Weil Josef einmal davon sprach, wie verwerflich es sei, dem besten Freund die Frau wegzunehmen, kann Hanna sich denken, warum der Mann sich das Leben nehmen wollte und welche Schuldgefühle Josef quälen.

Am Tag bevor Josef an Land gebracht wird, beginnt Hanna zu reden. Als der Bosnienkrieg ausbrach, wollte sie mit einer Freundin von der Schwesternschule in Dubrovnik in den Heimatort zurückkehren. Kurz vor dem Ziel gerieten sie in eine Straßensperre. Keine feindlichen, sondern die eigenen Soldaten zerrten sie in ein requiriertes Hotel, in dem sich bereits andere Frauen befanden. Dort wurden sie immer wieder geschlagen, mit Messern angegriffen und vergewaltigt. Hanna musste hilflos zusehen, wie ihre Freundin unter der Tortur verblutete, und sie fühlt sich schuldig, weil sie überlebte. Sie knöpft ihre Bluse auf, nimmt Josefs Hand und lässt ihn die Narben auf ihrer Brust fühlen.

Hanna begleitet Josef auf dem Transport im Hubschrauber, aber sie folgt ihm nicht ins Krankenhaus, sondern geht ihren eigenen Weg, ohne sich von ihm zu verabschieden. Sie kehrt an ihren Arbeitsplatz in der Fabrik zurück.

Als Josefs Verletzungen verheilt sind und er wieder sehen kann, sucht er nach Hanna. Die Spur führt zu der Psychologin Inge (Julie Christie), die in Kopenhagen eine Hilfsorganisation für im Krieg traumatisierte Frauen leitet. Hanna beantworte ihre Briefe nicht, erzählt sie Josef, aber sie bekomme immer wieder Anrufe, und obwohl sich niemand melde, nehme sie an, dass Hanna am Telefon sei. Sie verrät Josef, in welcher Fabrik Hanna arbeitet und zeigt ihm ein Foto von ihr, damit er sie erkennt.

Josef passt Hanna nach der Schicht ab. Er wolle ihr den zurückgelassenen Rucksack mit Seifenstücken bringen, sagt er. Hanna bedankt sich kurz und geht weiter. Josef lässt sich jedoch nicht abschütteln. Er will mit ihr ein neues Leben beginnen. Hanna warnt ihn zwar vor einem Meer aus Tränen, aber Josef verspricht ihr, er werde schwimmen lernen. Da kehrt sie um, geht auf ihn zu, und sie umarmen sich.

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Obwohl in „Das geheime Leben der Worte“ keine Kriegsszene zu sehen ist, handelt es sich um einen Antikriegsfilm. Aber es ist vor allem ein Drama über zwei Traumatisierte, die mit ihren Verletzungen und Schuldgefühlen ganz verschieden umgehen: Während die Krankenschwester Hanna sich durch ihr Schweigen und das Abschalten des Hörgeräts in sich zurückzieht, versucht der vorübergehend erblindete Patient Josef, sich durch dauerndes Plappern abzulenken. Isabel Coixet beschäftigt sich in „Das geheime Leben der Worte“ mit der Frage, ob zwischen diesen beiden Menschen eine Kommunikation möglich ist.

Die Qual der beiden Figuren hat Isabel Coixet unpathetisch und ohne Effekthascherei in Szene gesetzt. „Das geheime Leben der Worte“ ist ein Kammerspiel, das vorwiegend auf einer vom Meer umtosten Bohrinsel und dort auf der Krankenstation spielt. Isabel Coixet hat sich ganz auf die beiden Hauptfiguren konzentriert. Gerade, weil der Film leise und unspektakulär ist, geht er unter die Haut. Ohne die schauspielerische Leistung von Sarah Polley wäre das allerdings nicht möglich gewesen: Es ist erstaunlich, wie sie Hannas Leid und Entwicklung nonverbal und mit sparsamer Mimik ausdrückt.

Unglaubwürdig ist nur, dass Josef aufgrund seiner Verletzungen nicht transportfähig sein soll, zumal er am Ende doch ausgeflogen wird, obwohl sich sein körperlicher Zustand nicht sonderlich verbessert hat. Das hätte man wohl überzeugener inszenieren können.

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Inhaltsangabe und Filmkritik: © Dieter Wunderlich 2008

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