Dorothea Erxleben


Dorothea Erxleben war die erste und für eineinhalb Jahrhunderte auch die einzige Ärztin, die in Deutschland promovieren und ihren Beruf offiziell ausüben durfte.


Dorothea Erxleben:
Klage gegen die »Frau Doktorin«

Leseprobe aus
Dieter Wunderlich: WageMutige Frauen. 16 Porträts aus drei Jahrhunderten
Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2004 / Piper Taschenbuch, München 2008 (5. Auflage: 2011)

Für Dorothea selbst ist der angestrebte akademische Abschluss in weite Ferne gerückt und sie sieht kaum noch eine Möglichkeit, das königliche Privileg zu nutzen.

Buchtitel. © Piper Verlag 2008

Wurde sie, wie viele andere Frauen auch, von widrigen Umständen eingeholt? Dabei schien sie 1741 schon so nah am Ziel zu sein! Immerhin nimmt sie sich neben ihrer Arbeit als Mutter und Hausfrau immer wieder Zeit, Kranke zu behandeln – und gerät dadurch in Konflikt mit approbierten Ärzten in Quedlinburg, die nicht zuletzt um ihre Einnahmen fürchten. Nachdem eine ihrer älteren Patientinnen an Fleckfieber gestorben ist, reichen Johann Tobias Herweg, Henricus Wilhelmus Graßhoff und Andreas Adolph Zeitz am 5. Februar 1753 bei Stiftshauptmann Paul Andreas Baron von Schellersheim, der inzwischen von Plotho abgelöst hat, eine Beschwerde über Kurpfuscher in Quedlinburg ein. Sie zeigen an, dass »des Herrn Diak. Erxlebens Eheliebste innerlich kurieren, wie die Letztere mit einer unverschämten Verwegenheit in der medizinischen Pfuscherei sich sonderlich signalisiert, da sie die Patienten öffentlich besucht, und sich ohne Scheu Fr. Doktorin grüßen lässt«. Dorothea Erxleben soll das niedergelassenen Ärzten vorbehaltene »innere Kurieren« untersagt werden. Gleichzeitig fordern die Antragsteller den Stiftshauptmann auf, den Bürgern Quedlinburgs bei Strafe zu verbieten, sich von ihr behandeln zu lassen.

Von Schellersheim gibt dem Antrag am 16. Februar statt. Eine Abschrift der Eingabe schickt er Dorothea Erxleben und fordert sie auf, innerhalb von acht Tagen dazu Stellung zu nehmen. Am 21. Februar erhält er ihre fünfseitige Antwort. Die Siebenunddreißigjährige verweist auf das vor zwölf Jahren gewährte königliche Privileg und beteuert, sie habe die Promotion nur aufgeschoben, weil sie sich um die Kinder und ihren kranken Mann kümmern musste. Sie sei gerade wieder schwanger und könne die Promotion jetzt nicht nachholen, aber nach der Niederkunft wolle sie sich gern gemeinsam mit den drei Klagestellern examinieren lassen. Geschickt weist sie darauf hin, dass sie vorwiegend Arme behandele, die ohnehin nichts dafür zu zahlen bräuchten und bittet darum, das Verbot ihrer ärztlichen Tätigkeit aufzuheben, damit sie den Bedürftigen weiterhin helfen könne.

Eine gemeinsame Prüfung lehnen die drei betroffenen Ärzte Anfang März ab: »[…] was käme denn dabei heraus? Gewiss ein leeres Gezänk und Gewäsch, die liebe Fr. judiziert nach ihrem femininischen Verstande, wann sie etwa mit geborgtem Latein und Französisch könne um sich werfen, als wäre sie schon doktormäßig […]« Von Schellersheim fordert Dorothea nun auf, sich innerhalb von drei Monaten in Halle zur Promotion zu melden. Am 14. Juni bittet sie erfolgreich darum, die Frist zu verlängern, da sie wegen Komplikationen in den letzten Wochen der Schwangerschaft nicht in der Lage gewesen sei, sich vorzubereiten.

Quelle: Dieter Wunderlich, WageMutige Frauen. 16 Porträts aus drei Jahrhunderten
© Pustet Verlag, Regensburg 2004
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