Faustrecht der Freiheit

Faustrecht der Freiheit

Faustrecht der Freiheit

Originaltitel: Faustrecht der Freiheit – Regie: Rainer Werner Fassbinder – Drehbuch: Rainer Werner Fassbinder, Christian Hohoff – Kamera: Michael Ballhaus – Schnitt: Thea Eymesz – Musik: Peer Raben – Darsteller: Rainer Werner Fassbinder, Peter Chatel, Karlheinz Böhm, Harry Baer, Adrian Hoven, Christiane Maybach, Hans Zander, Kurt Raab, Rudolf Lenz, Karl Scheydt, Barbara Valentin, Ingrid Caven, Brigitte Mira, Hark Bohm, Irm Hermann u.a. – 1975; 120 Minuten

Inhaltsangabe

Obwohl die Hauptfiguren schwul sind, dreht sich das Drama "Faustrecht der Freiheit" nicht um das Thema Homosexualität, sondern um die Ausbeutung eines einfachen und gutgläubigen Menschen durch skrupellose Geschäftemacher. Franz vertraut dem Geliebten, verlässt sich auf seine Gefühle und gibt Eugen ohne Hintergedanken alles, was er hat. Eugen dagegen handelt von Anfang an berechnend, und als Franz ihm nichts mehr bieten kann, lässt er ihn fallen ...
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Kritik

Rainer Werner Fassbinder erzählt die tragische Geschichte in einem plakativen Stil, der keine Grautöne erlaubt. So sind die Figuren in "Faustrecht der Freiheit" entweder durch und durch gut oder ganz und gar verdorben.
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Der Schaubudenbesitzer Klaus (Karl Scheydt) wird auf dem Rummelplatz wegen Steuerhinterziehung verhaftet. Damit verlieren die von ihm beschäftigten Schausteller ihre Jobs. Das betrifft auch seinen schwulen Lebensgefährten Franz Bieberkopf (Rainer Werner Fassbinder), der als „sprechender Kopf“ Fox auftrat.

Um einen Lottoschein ausfüllen zu können, bittet Franz seine Schwester Hedwig (Christiane Maybach), um 10 Mark, aber die Alkoholkranke, deren Freund Fritz eine Haftstrafe verbüßt, hat kein Geld.

Vor einer öffentlichen Toilette in München nimmt Franz Kontakt mit dem Antiquitätenhändler Max (Karlheinz Böhm) auf und steigt zu ihm ins Auto. Sie fahren zu ihm nach Feldafing. Unterwegs lässt Franz ihn vor einem Blumenladen halten und betrügt den Floristen (Peter Kern) um 10 Mark. Dann suchen sie nach einer Lottoannahmestelle. Die Betreiberin (Brigitte Mira) lässt gerade das Gitter herunter, nimmt aber den Schein noch an.

Franz gewinnt eine halbe Million Mark.

Max führt Franz daraufhin bei seinen Freunden in Feldafing ein. Eugen Thiess (Peter Chatel) nimmt ihn mit zurück nach München und schläft mit ihm. Am nächsten Morgen liegen die beiden noch nackt im Bett, als Eugens Partner Philip (Harry Baer) klingelt. Franz versteckt sich zwar im Bad, aber Philip sieht seine Sachen liegen und trennt sich deshalb von Eugen.

Dessen alkoholkranker Vater Wolf Thiess (Adrian Hoven) besitzt eine Großbuchbinderei. Max rät Franz, sich finanziell an dem Unternehmen zu beteiligen, das trotz einer sehr guten Auftragslage vor dem Bankrott stehe. Daraufhin geht Franz mit Eugen zur Bank, hebt 100 000 Mark in bar ab und schließt vor dem Notar Dr. Siebenkäss (Rudolf Lenz) mit Eugen und dessen Eltern (Mutter: Ulla Jacobsson) einen Darlehensvertrag. Um sich keine Blöße zu geben, unterschreibt er, ohne die Klauseln verstanden zu haben. Er verlässt sich auf seinen neuen Freund.

Den Vertragsabschluss feiern Franz und Eugen in Springers (Hans Zander) Kneipe. Dort taucht überraschend Klaus auf, der an diesem Morgen auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen wurde. Als er erfährt, dass Franz im Lotto gewonnen hat, erbittet er sich 30 000 Mark für eine Existenzgründung, und sein früherer Partner gibt ihm das Geld.

Von da an schuftet Franz in der Buchbinderei, während Wolf und Eugen Thiess im Chefbüro sitzen.

Nachdem Max seinen Lebensgefährten auf dessen Kosten in der Boutique eines Freundes neu eingekleidet hat, versucht er dem Proleten Anstandsregeln und Tischsitten beizubringen. Zu diesem Zweck bringt er ihn auch mit zum Kaffeetrinken bei seinen Eltern.

Als Eugen der Mietvertrag für die Wohnung gekündigt wird, schlägt er Franz vor, eine Eigentumswohnung zu kaufen und zieht mit ihm dort ein. Die von Eugen bei Max ausgesuchte Ausstattung kauft Franz für 80 000 Mark.

Außerdem bringt Eugen den Lottogewinner dazu, sich ein neues Auto anzuschaffen.

Und die beiden buchen eine dreiwöchige Reise nach Marrakesch (Angestellte im Reisebüro: Evelyn Künneke). Dort wollen sie den schwulen Marrokaner Salem (El Hedi ben Salem) mit aufs Zimmer nehmen, aber das Hotelpersonal verweigert Einheimischen den Zutritt.

Als sie wieder in München sind, eröffnet ihnen Wolf Thiess, ein Auftraggeber habe eine Rechnung über 187 000 Mark nicht bezahlt und das Unternehmen müsse deshalb Konkurs anmelden, es sei denn, es fände sich irgendwie eine Sicherheit, mit der ein neuer Kredit aufgenommen werden könne. Eugen überredet Franz daraufhin, ihm „pro forma“ die Eigentumswohnung zu überschreiben.

Eugen geht mit Max in die Oper. Franz würde sich dort ohnehin nur langweilen, meint er.

In Springers Bar erkennt der Florist den Trickbetrüger wieder und verlangt die 10 Mark zurück. Franz drückt ihm einen 500-Mark-Schein in die Hand.

In der Buchbinderei beschwert sich der Vorarbeiter Krapp (Karl-Heinz Staudenmeyer) darüber, dass Franz eine Maschine falsch einstellte und dadurch 40 000 Exemplare eines Prospekts verschnitten wurden. Wolf und Eugen Thiess machen Franz für den beträchtlichen Schaden verantwortlich.

Weil Franz übernervös ist, sucht er einen Arzt (Bruce Low) auf, der ihm Valium verschreibt und einschärft, nicht mehr als zwei Tabletten pro Tag einzunehmen.

Franz zieht seine alte Lederjacke wieder an und erklärt Eugen, er werde sich von ihm trennen. Dies sei nicht seine Welt. „Ich will wieder so sein wie ich bin.“ Eugen ist mit der Trennung einverstanden, will aber die Wohnung behalten, und weil Franz sie ihm überschrieben hat, kann er nichts dagegen machen. Als er die Rückzahlung des Darlehens verlangt, klärt Eugen ihn darüber auf, es sei durch die 5000 Mark getilgt worden, die Franz jeden Monat bekam und die dieser für seinen Arbeitslohn hielt.

Als er nach Hause kommt, passt sein Schlüssel nicht mehr, und eine Nachbarin (Lilo Pempeit) sagt ihm, Eugen Thiess habe das Schloss austauschen lassen. Franz klingelt, aber nicht Eugen, sondern Philip öffnet. Er hat sich mit seinem früheren Lebensgefährten versöhnt und wohnt jetzt wieder bei ihm.

Weil Franz kein Geld mehr besitzt, verkauft er den Wagen. Aber der Autohändler (Walter Sedlmayr) gibt ihm nur noch 8000 Mark dafür, einen Bruchteil dessen, was Franz bezahlte.

Franz schluckt die restlichen Valium-Tabletten. In der U-Bahn-Station Marienplatz bricht er zusammen. Ein Jugendlicher und ein Kind rauben dem Ohnmächtigen die goldene Uhr und das Geld, das er für den Wagen bekam. Zufällig kommen Max und Klaus vorbei. Als sie sehen, dass Franz sich umgebracht hat [Suizid], gehen sie schnell weiter. Damit wollen sie nichts zu tun haben.

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Obwohl die Hauptfiguren schwul sind, dreht sich das Drama „Faustrecht der Freiheit“ nicht um das Thema Homosexualität, sondern um die Ausbeutung eines einfachen, einfältigen und gutgläubigen Menschen durch skrupellose Geschäftemacher. Franz vertraut dem Geliebten, verlässt sich auf seine Gefühle und gibt Eugen ohne Hintergedanken alles, was er hat. Eugen dagegen handelt von Anfang an berechnend und auf seinen Vorteil bedacht. Als Franz ihm nichts mehr bieten kann, lässt er ihn bedenkenlos fallen.

Peter Chatel kommentiert in einem Gespräch mit Kurt Raab: „Das Kuriose ist, die Figur, die ich spiele, ist ja er, die Person, die ausbeutet. Das was er spielt, ist das, wie er sich gern gehabt hätte, das zarte, sensible Proletarierkind, das er ja nicht war.“ (Kurt Raab, Karsten Peters: Die Sehnsucht des Rainer Werner Fassbinder, Goldmann Verlag, München 1983, S. 291f)

Dass die Hauptfigur den Namen Franz Bieberkopf trägt, ist kein Zufall. Damit spielt Rainer Werner Fassbinder auf den (später von ihm verfilmten) Roman „Berlin Alexanderplatz“ von Alfred Döblin an (in dem der Name des Protagonisten allerdings ohne ie geschrieben wird: Franz Biberkopf).

Rainer Werner Fassbinder erzählt die tragische Geschichte in einem plakativen Stil, der keine Grautöne erlaubt. So sind die Figuren in „Faustrecht der Freiheit“ entweder durch und durch gut wie Franz Bieberkopf oder ganz und gar verdorben wie Eugen Thiess.

In der ersten Hälfte, als Franz durch einen Lottogewinn aufsteigt, schlägt Rainer Werner Fassbinder einen eher komischen Ton an. Erst als nicht mehr zu übersehen ist, dass die Geschichte tragisch enden wird, ändert sich das.

Übrigens sind in „Faustrecht der Freiheit“ auch noch einige andere Schauspieler aus Rainer Werner Fassbinders Entourage zu sehen, die in der Inhaltsangabe nicht erwähnt wurden: Kurt Raab, Barbara Valentin, Ingrid Caven, Irm Hermann, Hark Bohm, Marquard Bohm, Elma Karlowa.

Im Vorspann von „Faustrecht der Freiheit“ steht die Widmung „Für Armin und alle anderen“.

Die Dreharbeiten fanden von April bis Juni 1974 in München und Marrakesch statt.

Cihan Inan bearbeitete das Drehbuch fürs Theater. Das Bühnenstück „Faustrecht der Freiheit“ wurde unter der Regie von Laura Koerfer am 15. Januar 2012 im Theater Neumarkt in Zürich uraufgeführt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012

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