Jasper Fforde : In einem anderen Buch

In einem anderen Buch
Originalausgabe: Lost in a Good Book, 2002 In einem anderen Buch Übersetzung: Joachim Stern Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2004 ISBN 3-423-24430-5, 417 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Thursday Next wird in einem Skyrail erschossen, kurz darauf bei einem Picknick beinahe von einer aus einem Luftschiff gefallenen Limousine erschlagen und entgeht in Osaka nur knapp einem Blitzschlag. Dann lässt jemand von der Goliath Corporation ihren frisch angetrauten Ehemann nichten, um sie zwingen zu können, seinen Halbbruder aus einer Ballade von Edgar Allan Poe herauszuholen ...
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Kritik

Mit überbordender Fabulierlust erzählt Jasper Fforde von den Abenteuern der LiteraturAgentin Thursday Next. Die originellen, fantasievollen und mitreißenden Nonsense-Episoden stellen eine intelligente Parodie auf Agenten- und Science-Fiction-Thriller dar und bieten ein außergewöhnliches Lesevergnügen.
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Inhalt des ersten Teils der Trilogie: „Der Fall Jane Eyre“

Swindon 1985. Thursday Next arbeitet seit acht Jahren für das Special Operations Network (SpecOps), und zwar in der Sektion 27 (SO-27), auch Sektion LiteraturAgenten (LitAg) genannt, einer Spezialeinheit, die beispielsweise Diebstähle von Manuskripten und Fälschungen von Erstausgaben verfolgt. Vor drei Wochen brachte sie den gefährlichen Literaturdieb Acheron Hades in Swindon zur Strecke und sperrte Jack Schitt, den dubiosen Leiter des Sicherheitsdienstes der Goliath Corporation, mit Hilfe ihres Kollegen Bowden Cable in einen Gedichtband von Edgar Allen Poe. Danach heiratete sie Landen Parke-Laine, dem eine Landmine 1972 im Krimkrieg – der gerade erst beendet wurde – ein Bein abgerissen hatte.

Anfangs fand Thursday das durch ihren sensationellen Erfolg bei der Verfolgung von Acheron Hades geweckte Interesse der Öffentlichkeit an ihrer Person schmeichelhaft, aber bald war sie der Fototermine, Interviews und Talkshows überdrüssig. Cordelia Flakk, die umtriebige SpecOps-Pressefrau in Swindon, gibt keine Ruhe. Thursday lässt sich von ihr überreden, in der Adrian-Lush-Show aufzutreten, denn sie hofft, endlich ein paar Kritikpunkte an der Goliath Corporation loszuwerden, die sonst immer von der Zensur gestrichen wurden. (Der Konzern, in dessen sechstausend Firmen acht Millionen Menschen beschäftigt sind, spielte in der Hades-Affäre eine zwielichtige Rolle.) Doch im Aufnahmestudio wird Thursday nicht nur von Cordelia Flakk und Adrian Lush, sondern auch noch von anderen Herren erwartet: Commander Braxton Hicks, ihrem obersten Chef in Swindon, Colonel Flanker von SpecOps 1, Colonel Rabone, dem Verbindungsoffizier von SpecOps bei den Streitkräften, Captain Marat von der ChronoGarde, Mr Chesterman von der Brontë-Gesellschaft und Hack Schitts Halbbruder, Mr Schitt-Hawse von der Goliath Corporation. Gleich die erste von Adrian Lush geplante Frage wird von den Herren zurückgewiesen, und sie ermahnen Thursday, keine Witze zu machen.

„Aber natürlich!“, rief Flanker versöhnlich. „Sie können fragen, was Sie wollen. Die Redefreiheit ist eins unserer heiligsten Güter, und weder SpecOps noch Goliath wollen Sie irgendwie einschränken. Wir sind nur hier, um zu helfen.“ (Seite 22)

Statt über Acheron Hades und die Goliath Corporation wird Thursday Next von Adrian Lush über ihr Auto, ihren letzten Urlaub und ihren Dodo mit dem Namen Pickwick befragt.

Ich hatte ihn selbst gezüchtet, als man Klon-Kits noch ohne Genehmigung über den Ladentisch kaufen konnte. Er war noch die Version 1.2, was das Fehlen von Flügeln erklärte – die komplette Sequenz kam erst zwei Jahre später heraus. (Seite 79)

Eine Frau mit dem Namen Anne Hathaway meldet sich bei LitAg und gibt an, sie habe auf dem Flohmarkt günstig ein bisher unbekanntes Manuskript von William Shakespeare erworben: „Cardenio“. Das Drama über den Ritter Cardenio aus Miguel de Cervantes‘ Roman „Don Quijote“ und seine unglücklicher Liebe zu Luscinda wurde 1613 uraufgeführt und gilt seit langer Zeit als verschollen. Nachdem Thursday einen Blick auf das Manuskript geworfen hat, weist sie Mrs Hathaway darauf hin, dass es sich um eine Fälschung handelt, nicht einmal um eine besonders gute, aber die Besitzerin will es nicht wahrhaben und kündigt an, sie werde ein Zweitgutachten einholen.

„Das können Sie natürlich gern tun, Ma’am“, sagte ich langsam, „aber jeder Fachmann wird Ihnen bestätigen, dass es sich um kein Originalmanuskript handeln kann. Dabei geht es nicht nur um Text. Wissen Sie, Shakespeare hat nie mit Kugelschreiber auf liniertem Papier geschrieben, und selbst wenn er das getan hätte, wäre es höchst unwahrscheinlich, dass er Cardenio bei der Verfolgung Luscindas in einen Range Rover gesetzt hätte.“ (Seite 39f)

Kurze Zeit später meldet auch Lord Volescamper die Entdeckung des Originalmanuskripts von „Cardenio“. Thursday und Bowden besuchen ihn, und er führt sie in seine gepanzerte und durch Stahltüren gesicherte wertvolle Bibliothek in den Vole Towers. Beim Katalogisieren sei ihm der „Cardenio“ erstmals aufgefallen, berichtet Lord Volescamper. Als die beiden LiteraturAgenten das Anwesen verlassen, fährt gerade Yorrick Kaine mit zwei Leibwächtern vor, der junge Führer der neuen Whigs, „einer relativ dynamischen Splitterpartei“, die drei Abgeordnete im Parlament sitzen hat, die Aristokratie wieder in ihre alten Rechte einsetzen und das Wahlrecht auf Hausbesitzer beschränken will.

Bei der Rückfahrt platzen zwei Reifen. Bowden und Thursday können auch keine Hilfe herbeiholen, weil das Funkgerät ausgefallen ist. Als Thursday auf der Straße eine gültige Fahrkarte für den Skyrail liegen sieht, fasst sie das als Zeichen auf und geht zur nahen Station.

Der Skyrail, in den sie einsteigt, wird von einem Neandertaler gefahren. Das Neandertaler-Experiment diente ursprünglich dazu, medizinische Testeinheiten zu produzieren, doch als selbst die abgebrühtesten Ärzte sich weigerten, mit diesen intelligenten, sprachbegabten Wesen medizinische Versuche durchzuführen, schulte man die Neandertaler zu Kampfmaschinen um, und weil sie dafür zu friedfertig sind, setzt man sie jetzt im Rahmen eines Steuerabschreibungsmodells als billige Arbeitskräfte ein. – Eine Frau schimpft, weil der Skyrail bei ihrer Station nicht anhält; sie schreit den Fahrer an und traktiert ihn mit ihrem Schirm. Ohne ein Wort zu sagen, zieht der Neandertaler die Tür des Fahrerstands hinter sich zu und steigert die Geschwindigkeit. Thursday redet ruhig auf ihn ein und erfährt, dass er Kaylieu heißt und nicht mehr leben will. Vorsorglich bringt Thursday die Fahrgäste in den hinteren Teil des Zuges: acht Frauen, die zufällig alle Irma Cohen heißen, und den Pekinesen Frou-Frou. Über das Notruf-Telefon schlägt sie Alarm. Man leitet den Zug so lange um und im Kreis herum, bis Scharfschützen in Position gegangen sind. Dann wird der Strom abgeschaltet. Der Skyrail rollt nur noch. Kaylieu fuchtelt mit einer Pistolenattrappe herum; Thursday dringt in die Fahrerkabine ein, packt die aus Seife geschnitzte Pistole und wirft sie auf den Boden, um zu verhindern, dass Scharfschützen den Neandertaler erschießen. Doch im nächsten Augenblick wird sie selbst tödlich getroffen.

Da taucht Thursdays Vater auf, Colonel Next. Seit er vor siebzehn Jahren seinen Dienst bei der ChronoGarde quittierte, sucht man ihn wie einen Kriminellen, aber er reist durch die Zeiten, obwohl die ChronoGarde durch ein zeitlich genau abgestimmtes Klopfen an der Haustür seiner Eltern im Jahr 1917 dafür sorgten, „dass der Vorgang, der ursprünglich zu seiner Zeugung geführt hatte, jählings abgebrochen wurde“ (Seite 63). Colonel Next, von dem ein noch unveröffentlichte Manuskript mit dem Titel „Zeitauf, zeitab“ stammt, nimmt seine wieder lebendige Tochter auf einer kurzen Zeitreise in die Vergangenheit mit. Währenddessen prophezeit er den Weltuntergang für den 12. Dezember 1985, 20 Uhr: alles Organische werde dann in rosa Schleim verwandelt, befürchtet er und übergibt Thursday eine Probe davon.

Thursday sitzt wieder neben Bowden im Auto. Die beiden Vorderreifen sind gerade geplatzt, und das Funkgerät funktioniert nicht. Da nimmt Thursday den nächsten Skyrail. Sofort nach dem Einsteigen zieht sie die Notbremse, fordert die sieben weiblichen Fahrgäste auf, den Zug zu verlassen, schlägt den Fahrer nieder, wobei der Neandertaler einen Zahn einbüßt, legt ihm Handschellen an und durchsucht seine Taschen und die Kabine. Eine Pistolenattrappe findet sie jedoch nicht. Die Fahrgäste sind empört; eine der Damen alarmiert SpecOps 21. Thursday Next wird festgenommen und nur wieder freigelassen, weil Victor Analogy, der Leiter der Swindoner LitAg, für sie bürgt.

Bevor Thursdays inzwischen fünfundsiebzigjähriger Onkel Mycroft in den Ruhestand geht, laden er und Tante Polly noch zu einem Familienfest ein. Dort trifft Thursday auf ihren Bruder Joffy, der in Wanborough, in der ersten Kirche der „Globalen Standard-Gottheit“ (GSG), das Amt des Pfarrers ausübt, und auf Mycrofts Sohn Wilbur, der gerade zum Verwaltungsdirektor des zum Familienkonzern gehörenden Unternehmens MycroTech Development ernannt wurde. Mycroft zeigt seiner Nichte noch ein paar seiner neuesten Erfindungen und schenkt ihr ein je zur Hälfte mit Reis und Linsen gefülltes, fest verschraubtes Marmeladenglas, bei dem es sich um ein Entroposkop handelt, ein Gerät zur Messung der Entropie. Tante Polly kommt dazu.

„Ich zeige Thursday gerade unsere neuesten Erfindungen, Liebling“, sagte Mycroft vergnügt.
„Hast du ihr auch das ErinnerungsLöschGerät vorgeführt, Crofty?“
„Nein, hat er nicht“, sagte ich.
„Hab ich doch“, sagte Mycroft mit einem spitzbübischen Lächeln. (Seite 95)

Thursday ist schwanger. Landen freut sich mit ihr. Nun werden sie bald eine Familie sein.

Im Herbst fahren Thursday und Landen zu einem Picknick am Weißen Pferd von Uffington, einem grasbewachsenen Abhang, über den die durch Retro-Genetik gezüchteten und unter Schutz stehenden Mammuts auf ihrer herbstlichen Wanderung in den Süden vorbeikommen. Bei dem Picknick taucht Schitt-Hawse mit seinen Bodyguards Chalk und Cheese auf. Er hat eine wertvolle Ausgabe der Gesammelten Gedichte von Edgar Allan Poe mitgebracht und verlangt von Thursday, dass sie seinen Halbbruder Jack Schitt herausholt, denn seit der Zerstörung des von Mycroft erfundenen ProsaPortals gibt es für die Goliath Corporation keinen Zugang zu Büchern mehr. Plötzlich fällt Thursday auf, dass sich Reis und Linsen in dem Glas entmischen, was auf eine stark abnehmende Entropie hinweist. „Los, nix wie weg hier!“, schreit sie. Da fällt auch schon eine Hispano-Suiza-Limousine vom Himmel – genau auf die Picknick-Decke – und bohrt sich in den Boden. Der schwere Wagen stammt aus einem Fracht-Luftschiff.

In dem Verfahren wegen des tätlichen Angriffs auf den Neandertaler wird Thursday ausgerechnet von Rechtsanwalt Stiggins vertreten – einem Neandertaler. In der Voruntersuchung lässt Flanker allerdings keinen Zweifel daran, dass es ihm nicht um die Aufklärung des Vorfalls im Skytrain geht, sondern um die Fahndung nach Colonel Next. Er ahnt, dass Thursday Kontakt mit ihrem Vater hatte, denn nur durch eine Zeitreise lässt sich erklären, dass sie bei einem Neandertaler nach einer Pistolenattrappe gesucht hatte, die dieser erst am nächsten Tag bei sich trug. Kaylieu wurde am Morgen erschossen.

Die Welt war schon merkwürdig, dachte ich. In den letzten beiden Tagen war ich dem Tod durch Zufall gleich mehrmals nur um Haaresbreite entronnen, in wenigen Wochen würde die Welt enden, aus dem Nichts war ein neues Shakespeare-Stück aufgetaucht, und irgendjemand wollte mir wegen unbekannter Verbrechen den Prozess machen. Verrückter konnte es nicht mehr kommen, dachte ich. Aber da irrte ich mich gewaltig. (Seite 121)

Landen hält eine Verabredung mit Thursday nicht ein. Sie wundert sich, denn das ist nicht seine Art. Schließlich geht sie heim. Inzwischen scheint Landen andere Vorhänge angebracht zu haben. Die Tür geht auf, und ein stark gealterter Landen steht in der Tür, schlägt sie jedoch gleich wieder zu. Minuten später kommt Landens Mutter Houson nach Hause.

„Houson!“, rief ich. „Ein Glück! Da ist jemand in unerem Haus und will mich nicht reinlassen, und … Houson?“ (Seite 124)

Plötzlich begreift sie, dass die beiden sie nicht kennen: Es sind Landens Eltern. Aber Billden Parke-Laine kam vor achtunddreißig Jahren ums Leben, als er seinen zweijährigen Sohn aus einem in die Themse gestürzten Auto rettete. Wenn der Vater lebt, hat er den Jungen nicht gerettet: Landen wurde offenbar genichtet!

Es dauert nicht lang, bis Mr Schitt-Hawse zugibt, Landen genichtet zu haben, um Thursday unter Druck setzen zu können: Landen Parke-Laine im Austausch gegen Jack Schitt!

Thursday wohnt nun in einer Mietwohnung, deren Besitzer von ihr drei Monatsmieten im Voraus verlangt.

In den Fernsehnachrichten gibt es die letzten Neuigkeiten über die Friedensverhandlungen nach dem Krimkrieg: Der Chefunterhändler des Zaren hat das Angebot des englischen Außenministers offiziell angenommen, demzufolge die Gemeinde Tunbridge Wells im Zug der Reparationsleistungen zu einer russischen Enklave mit dem Namen Botchkamos-Istochnik werden soll. In einer weiteren Meldung heißt es, dass Lord Volescamper für ein bisher verschollenes Shakespeare-Manuskript 50 Millionen Pfund geboten wurden.

Weil Thursday nicht weiß, wie sie Jack Schitt aus der 1845 veröffentlichten Ballade „Der Rabe“ von Edgar Allan Poe holen soll, besucht sie ihre 108 Jahre alte Großmutter im SpecOps-Altenheim. Vielleicht weiß sie einen Rat. Die alte Frau spielt gerade Tischtennis und fordert ihre Enkelin zu einer Partie heraus. Dann erzählt sie Thursday, dass man sich früher beim Lesen in Bücher hineinversetzt habe und rät ihr, Mrs Nakijima zu suchen. (Der Japanerin war Thursday bei der Verfolung von Acheron Hades begegnet; sie konnte mühelos in Bücher hinein und aus ihnen heraus.)

Da Mrs Nakijima aus Osaka stammt, ist sie dort vielleicht zu finden. Thursday nimmt den Skyrail zum Internationalen Gravitube-Terminal Saknussum westlich von London. Mit der Entwicklung dieses neben Eisenbahn und Luftschiff dritten Massenverkehrsmittels war 1960 begonnen worden. Seit der Durchtunnelung der Erde kann man mit der Gravitube durch den Erdmittelpunkt zur anderen Seite reisen. Das nennt man DeepDrop. Im Terminal kauft Thursday ein Ticket für den nächsten DeepDrop nach Sydney. Die Stewardess entschuldigt sich:

„Es wird noch ein bisschen dauern, bis wir die heutige Entschuldigung für die Verspätung des DeepDrop nach Sydney vorliegen haben, Miss Next. Wir bitten um Ihr Verständnis.“
Eine andere Stewardess flüsterte ihr etwas ins Ohr.
„Ah“, sagte sie. „Wie ich soeben erfahre, ist die Begründung um etwa zwanzig Minuten verspätet. Sobald wir wissen, woran das liegt, werden Sie ensprechend der einschlägigen Regierungsverordnung sofort informiert […]“
Plötzlich bellte der Lautsprecher los. „Achtung, Passagiere des 11 Uhr 04 DeepDrops nach Sydney! Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass die Verspätung lediglich auf einer Überproduktion von Entschuldigungen bei unserer Abteilugn für Öffentlichkeitsarbeit beruht. Die überzähligen Entschuldigungen sind jetzt für andere Verbindungen eingesetzt worden, und der DeepDrop nach Sydney steht am DropGate 6 zum Einsteigen für Sie bereit.“ (Seite 169f)

Rechtsanwalt Akrid Snell, der Thursday Next wegen ihrer Änderungen in dem Roman „Jane Eyre“ von Charlotte Brontë verteidigen soll, sitzt in der Gravitube zufällig neben ihr. Er stammt aus der Krimiserie „Perkins & Snell“ und verteidigt beispielsweise auch Tess aus Thomas Hardys Roman „Tess von den d’Urbervilles“. Beim Abschied in Sydney weist Snell seine Mandantin noch darauf hin, wann und wo der Prozess gegen sie stattfinden soll. Thursday fährt mit dem Mantelexpress nach Tokio und von dort weiter mit dem Skyrail nach Osaka.

Wie soll sie in der Riesenstadt Mrs Nakijima finden? Im Telefonbuch steht 2729-mal der Name Nakijima. Thursday streift in Osaka herum. Als sie zu einem Platz gelangt, auf dem ein Wahrsager sitzt, zeigt das Entroposkop plötzlich einen starken Abfall an Entropie an. Thursday nutzt die Gelegenheit, markiert mit dem Kugelschreiber blind einen Eintrag auf der Liste der Nakijimas in Osaka. Im nächsten Augenblick schlägt ein Blitz auf dem Platz ein, aber Thursday hat sich bereits in Sicherheit gebracht.

Sie begibt sich zu der markierten Adresse. Dort wohnt tatsächlich Mrs Nakijima. Die japanische Dame ist zwar nicht anwesend, aber Thursday findet dort ein Buch mit ihrem Namen und einer handschriftlichen Widmung von Mrs Nakijima. Indem sie sich in das Buch hineinversetzt, gelangt sie zu einer riesigen Bibliothek. Der Aufsicht führende Kater – die Cheshire Cat – erläutert stolz die Dimensionen: 200 Meilen in jeder Richtung, 26 Stockwerke über und 20 unter der Erde. Hier gibt es von allen geschriebenen und noch zu schreibenden Büchern ein Exemplar. „Von Mäusen und Menschen“ sei das meistgelesene belletristische Buch überhaupt, behauptet der Kater, und er warnt Thursday vor ein paar Orten, die sie auf keinen Fall aufsuchen soll, darunter die Werke von Edgar Allan Poe. Miss Havisham, die enttäuschte Braut aus dem 1860/61 veröffentlichten Roman „Große Erwartungen“ von Charles Dickens übernimmt es, Thursday zu zeigen, wie man sich in Bücher hineinversetzt und zwischen Büchern hin- und herreist.

Auf diese Weise gelangt Thursday auch in den Saal, in dem gegen sie verhandelt werden soll. Als sie eintrifft, findet im Nebenzimmer gerade die Anhörung von Josef K. statt. Advokat Snell steht ihr als Verteidiger zur Verfügung, aber Thursday weiß sich selbst zu helfen, und weil Staatsanwalt Matthew Hopkins auf einige ihrer Aussagen nicht vorbereitet ist, wird er vom Gericht gerügt und unter Arrest gestellt. Der Richter will den Prozess fortsetzen und ruft den Vertreter der Anklage auf. Ein Gerichtsdiener flüstet ihm etwas ins Ohr. Daraufhin meint er, bedauerlicherweise müsse das Verfahren wegen der Abwesenheit des Staatsanwalts vertagt werden. – Beim Verlassen des Saals bemerkt Thursday auf der Wartebank im Vorzimmer einen braun gebrannten, mürrischen Griechen und einen Zyklop, der einen blutdurchtränkten Kopfverband trägt.

Zurück in Swindon, erfährt Thursday dass Lord Volescamper das wertvolle „Cardenio“-Manuskript dem Whig-Parteichef Yorrick Kaine geschenkt hat. Der versichert in einer Pressekonferenz, es dürfe nicht Einzelnen oder einer Gruppe vorbehalten bleiben, sondern müsse der gesamten Menschheit frei zur Verfügung stehen. Diese Großzügigkeit verschafft den Whigs kurz vor den Wahlen einen enormen Zulauf. Kaine wird der populärste Politiker.

In der GSG-Kirche in Wanborough, in der ihr Bruder Joffy Pfarrer ist, besucht Thursday die Vernissage „Les Arts Modernes de Swindon“ und beobachtet einen Künstler namens Duchamp2924, der den Umstehenden eine Zwiebel hinhält. „Ich nenne sie Das Innere Es.“ Nachdem er dazu lange, abgehobene Erläuterungen gegeben hat, ruft Thursday: „Das ist eine Zwiebel.“ Duchamp2924 lässt sich nicht in Verlegenheit bringen:

„Faktisch, ja“, erklärte Duchamp2924 ungerührt, „aber künstlerisch ist es natürlich eine starke Vereinfachung.“ Zur Bekräftigung seiner These zog er einen Bund Schalotten aus seiner Jacke und sagte: „Ich habe hier ein anderes Werk, auf das ich Ihre Aufmerksamkeit lenken möchte. Es heißt Das Innere Es II (Gruppe) und ist eine Formation von konzentrischen, dreidimensionalen Figuren, die um einen Mittelpunkt angeordnet zu sein scheinen …“ (Seite 240)

Schließlich gelingt es ihm, eine Installationen mit dem Titel Das Innere Es VII, eingemacht im Glas zu verkaufen.

Um Landens Nichtung rückgängig zu machen, taucht Colonel Next bei seiner Tochter auf und nimmt sie auf eine Zeitreise mit. Im September 1946 befinden sie sich bei Henley-Thames, wo die Straße eine scharfe Kurve macht. Um seine von dem Agenten Lavoisier geführten Verfolger zu täuschen, wählte Colonel Next einen Zeitpunkt acht Monate vor dem Autounfall, bei dem Billden Parke-Laine hier ums Leben kam, aber er lässt die Zeit schneller laufen, bis sich ein Morris nähert. Der Fahrer weicht einem Fuchs aus, gerät ins Schleudern, überschlägt sich und stürzt in die Themse. Der Fahrer des verunglückten Autos – es handelt sich wohl um Billden – kommt an die Wasseroberfläche, holt tief Luft, taucht und zieht dann eine bewusstlose Frau ans Ufer. Als er erneut in den Fluss will, hält jemand ihn fest. Da stürmt Colonel Next vorwärts und brüllt: „Lassen Sie den Mann los!“ Aber bevor Billden wieder tauchen kann, stürzen sich Lavoisier und ein halbes Dutzend ChronoGardisten auf ihn und Colonel Next. Sie verhindern die Rettung des zweijährigen Kindes aus dem Autowrack: Colonel Nexts Versuch, Landens Nichtung rückgängig zu machen, ist gescheitert.

Als der sture Vermieter die Bezahlung der drei Monatsmieten anmahnt, ruft Thursday „Spike“ Stoker von SpecOps-17 (Vampir- und Werwolfentsorgung) an und fragt ihn, ob er einen Einsatz für sie habe. Tatsächlich benötigt er einen Helfer oder eine Helferin, denn eines der Übelsten Wesen ist ausgebrochen und versteckt sich in der verwahrlosten Kirche eines vor zehn Jahren verlassenen Dorfes. Spike und Thursday dringen nachts in das Gebäude ein, und nach einiger Zeit gelingt es ihnen, das Übelste Wesen aufzuscheuchen. Spike schaltet seinen Spezialstaubsauger ein und befördert das Übelste Wesen damit wieder in ein Glas, dessen Deckel er fest zuschraubt. Mit der Entlohnung für die Aktion kann Thursday den Vermieter ruhig stellen.

Sie erinnert sich wehmütig an Landen. Er bringt sie auf den Gedanken, nach Gemeinsamkeiten zwischen den drei auf sie verübten Anschlägen zu suchen. Da fällt ihr ein, dass auf der Wartebank der Skyrail-Station eine junge Frau saß, die sie auch beim Weißen Pferd von Uffington und auf dem Platz in Osaka sah, eine auffallend gekleidete Frau, die stets rote Schuhe trug. Acheron Hades hatte einen Bruder namens Styx, warum sollte er nicht auch eine Schwester gehabt haben? Tatsächlich handelt es sich bei der jungen Frau um Aornis Hades.

Als Thursday sich bereit erklärt, Jack Schitt aus der Ballade „Der Rabe“ zu holen, schickt Schitt-Hawse ihr einen Wagen, der sie zu den scharf bewachten Forschungs- und Entwicklungslabors der Goliath Corporation in Aldermaston bringt. Nachdem sie sich von Schitt-Hawse noch einmal ausdrücklich zusichern ließ, dass man Landen im Austausch gegen Jack Schitt aktualisieren werde, vertieft sie sich in einen Band mit Gedichten von Edgar Allan Poe. In einem verwüsteten Wohnraum trifft sie auf einen gefesselten und geknebelten Mann Mitte zwanzig, „das lyrische Ich des Gedichts“, und aus dem Nebenzimmer kommt Jack Schitt herüber. Mit ihm zusammen versetzt sie sich zurück in die Laborräume, aber Schitt-Hawse hält sich nicht an seine Zusage und sperrt Thursday in einer Stahlkammer zwölf Stockwerke unter der Erde ein, aus der sorgfältig alles Gedruckte, jeder Schnipsel Papier und jedes Schreibwerkzeug entfernt wurden, damit sie nicht fliehen kann.

Unerwartet taucht Miss Havisham neben Thursday auf. Um das Gefängnis verlassen zu können, benötigt auch sie wenigstens ein Minimum an Text. Schließlich zieht Thursday ihre Jeans aus, und mit Hilfe der Waschanleitung gelingt es Miss Havisham, sich und ihren Schützling auf dem Umweg über die Betriebsanleitung einer Waschmaschine in die Große Bibliothek zu versetzen, wo sie in Sicherheit sind.

Inzwischen hat sich herausgestellt, dass Lord Volescampers „Cardenio“ aus der Großen Bibliothek gestohlen wurde. Thursday, eine Romanfigur mit dem Namen Harris Tweed und die Safeknacker Raffles und Bunny aus „Decline and Fall“ versetzen sich in Lord Volescampers wie eine Bank gesicherte Bibliothek, ohne dort eine Tür zu öffnen. Während Raffles dabei ist, den Tresor aufzubrechen, werden sie von Lord Volescamper und Yorrick Kaine überrascht. Gleich darauf hören sie draußen ein lautes Krachen. Das Questing Beast! Der Clatisant! Volescamper oder Kaine – einer der beiden muss fiktional sein und das Ungeheuer gerufen haben. Mit einer Dialogfalle überführt Thursday Kaine als Romanfigur. Als Harris auf ihn schießt, verschwindet er. In diesem Augenblick fliegt die gepanzerte Tür auf – aber das Ungeheuer ist mit Yorrick Kaine verschwunden. Ein paar Sekunden später nimmt Raffles das gestohlene „Cardenio“-Manuskript aus dem Tresor.

In den Fernsehnachrichten wird über den Einbruch in den Vole Towers berichtet. Yorrick Kaine gilt als vermisst, und die Wahlchancen der Whigs brechen wieder ein.

12. Dezember 1985. Wenn Thursdays Vater Recht hat, wird die Welt in wenigen Stunden untergehen. Sobald sie ihren Verfolgern von der ChronoGarde und der Goliath Corporation entkommen ist, eilt sie zur Forschungs- und Enwicklungsabteilung von Consolidated Useful Stuff in Stratton und warnt Wilbur vor einem unmittelbar bevorstehenden Unfall. Der kann sich gar nicht vorstellen, dass etwas passiert, denn alles ist doppelt und dreifach abgesichert. Thursday ließ die Probe von dem rosa Schleim, die sie von ihrem Vater erhalten hatte, von einem Labor untersuchen, aber die Wissenschaftler konnten nur angeben, welche chemischen Verbindungen der Schleim enthielt. Ein Unbeteiligter dagegen, dem das Glas mit der Probe herunterfiel und der etwas von dem Schleim kostete, wusste auf Anhieb, dass es sich um „Supertraumsoße“ handelte, eine Puddingsoße mit Erdbeergeschmack. Thursday fragt Wilbur nach Experimenten von Consolidated Useful Stuff, bei denen eine Puddingsoße verbraucht wird oder entsteht. Wilbur deutet auf eine Vitrine mit zwei Nano-Robotern, die so programmiert sind, dass sie alles organische Material in Puddingsoße mit Erdbeergeschmack verwandeln und sich dabei duplizieren. Man habe noch viele Probleme damit, gesteht Wilbur. Ein Magnetfeld und eine Kühlung auf minus 20 Grad verhindern deshalb, dass die Nano-Roboter arbeiten. Ließe man sie laufen, würden sie alles Organische auf der Erde innerhalb von einer Woche in Puddingsoße mit Erdbeergeschmack verwandeln. Wilbur greift zum Telefon, aber die Anlage ist ausgefallen. Thursday stellt fest, dass die Entropie rapide abnimmt. Der Strom fällt aus. Die drei Notstromaggregate geben eines nach dem anderen ihren Geist auf. In wenigen Minuten werden sich die Nano-Roboter, die auch von keinem Magnetfeld mehr zurückgehalten werden, auf ihre Betriebstemperatur erwärmt haben.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Plötzlich erinnert Thursday sich, dass in der Eingangshalle von Consolidated Useful Stuff eine Frau Mitte zwanzig mit roten Schuhen stand und mit ihr sprach: Aornis Hades! Sie ist mnemomorph: Man vergisst sie sofort wieder. Aber diesmal hat sie es so eingerichtet, dass Thursday im entscheidenden Augenblick einfällt, was sie gesprochen haben. Aornis‘ Racheplan für die Tötung ihres Bruders ist teuflisch. Um zu verhindern, dass die beiden Nano-Roboter die Menschheit vernichten, muss Thursday sich selbst erschießen. Unmittelbar vor Erreichen der Betriebstemperatur setzt Thursday sich den Lauf ihrer Pistole an die Schläfe.

Ihr Vater nimmt ihr die Pistole ab und legt sie auf einen Tisch. Dann greift er nach den Robotern, die sofort anfangen, seine Hand aufzufressen. Colonel Next will sich mit ihnen in eine Zeit zurückversetzen, als es noch kein Leben auf der Erde gab. Weinend verabschiedet Thursday sich von ihm. Nie wird sie vergessen, dass er sich für sie aufgeopfert hat.

Als sie ihrer Mutter die traurige Nachricht überbringen will, taucht dort unversehens auch ihr Vater wieder auf. Siebzehn Jahre lang hat sie die beiden nicht mehr zusammen gesehen. Colonel Next verspricht seiner Tochter, Landen zurückzuholen. Aber zunächst, meint er, müsse die Schwangere sich schonen. Wo soll er sie vor ihren Verfolgern verstecken? Im 16. Jahrhundert? Nein, das ist wegen der schlechten medizinischen Versorgung nicht ratsam. Er könnte auch alles seitwärts verschieben. In dieser Alternativwelt wäre Landen nicht als Kind nach einem Autounfall ertrunken, der Krimkrieg hätte nur bis 1854 gedauert, Thursdays Bruder Anton wäre noch am Leben, es gäbe weder Dodos noch Mammuts oder Neandertaler, die Menschen würden nicht mit der Gravitube von einer Seite der Erde zur anderen reisen, sondern in Düsenflugzeugen, die Goliath Corporation hätte einen anderen Namen. Aber die Sache hat einen Haken: Landen und Thursday würden sich gar nicht kennen. Das möchte Thursday natürlich nicht. Ihr fällt eine bessere Lösung ein: Um einige Zeit vor ihren Verfolgern sicher zu sein, vertieft sie sich in den Roman „Große Erwartungen“ von Charles Dickens …

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In seiner furiosen Buchreihe über die LiteraturAgentin Thursday Next – „The Eyre Affair“, „Lost in a Good Book“, „The Well of Lost Plots“, „Something Rotten“ – hat Jasper Fforde eine eigene Welt kreiert. In der wird der Krimkrieg 1985 durch einen Friedensvertrag der englischen Regierung mit dem russischen Zaren beendet, Retro-Genetiker züchten Mammuts und Neandertaler, und man reist in Skyrails, Luftschiffen und Gravitubes. In dieser Welt wird die Literatur für so wichtig gehalten, dass eine spezielle Geheimdienstorganisation Fälschungen und Diebstähle aufzuklären versucht. Thursday Next ist eine Spezialagentin dieser Einrichtung.

Mit überbordender Fabulierlust lässt Jasper Fforde die Protagonistin Thursday Next in der Ich-Form von den Abenteuern erzählen, die sie erlebte. Es sind ebenso originelle und fantasievolle wie mitreißende Nonsense-Episoden, und vielleicht ist „In einem anderen Buch“ sogar noch witziger als „Der Fall Jane Eyre“. Wie auch immer: Jasper Fforde hat eine weitere intelligente Parodie auf Agenten- und Science-Fiction-Thriller geschrieben und damit ein außergewöhnliches Lesevergnügen geschaffen.

In den angelsächsischen Ländern gilt Jasper Ffordes Buchreihe bereits als Kult. Eine deutsche Übersetzung des ersten Bandes erschien 2004 unter dem Titel „Der Fall Jane Eyre“. Im November 2004 folgte der zweite Band: „In einem anderen Buch“. Der dritte Band („Im Brunnen der Manuskripte“) erschien im Juni 2005, der vierte („Es ist was faul“) im Oktober 2006 bei dtv.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004
Textauszüge: © dtv

Jasper Fforde (kurze Biografie / Bibliografie)

Jasper Fforde: Der Fall Jane Eyre
Jasper Fforde: Im Brunnen der Manuskripte

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Am Beispiel eines Überläufers im Zweiten Weltkrieg, aber auch mit skurrilen Figuren und tragikomischen Szenen veranschaulicht Siegfried Lenz die Absurdität des Kriegs.
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