Silberhochzeit

Silberhochzeit

Silberhochzeit

Originaltitel: Silberhochzeit - Regie: Matti Geschonneck - Drehbuch: Daniel Nocke, nach Motiven der Kurzgeschichte "Silberhochzeit" von Elke Heidenreich - Kamera: Rudolf Blahacek - Schnitt: Karola Mittelstädt - Musik: Marco Meister und Robert Meister - Darsteller: Iris Berben, Matthias Habich, Corinna Harfouch, Ulrich Noethen, Gisela Schneeberger, Axel Milberg, Silke Bodenbender, Oliver Nägele, Alexander Kerst - 2006; 95 Minuten

Inhaltsangabe

Ben und Alma feiern Silberhochzeit und laden dazu ihre engsten Freunde ein. Alexandra, Leos neue Geliebte, erzählt von einer Nacht vor 30 Jahren, die sie mit Ben verbracht hatte. Nachdem Ben seinen unerwartet aufgetauchten Vater gleich wieder hinausgeworfen hat, muss er seinen Gästen die Gründe für sein Verhalten erläutern. Der Seelenstriptease wird immer offener und peinlicher ...
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Kritik

Die Dialoge sind pointiert und scharfzüngig, aber die ausnahmslos brillanten Schauspieler bringen die Gruppendynamik auch nonverbal zum Ausdruck. "Silberhochzeit" ist ein ernster, fesselnder, anspruchsvoller und hochkarätiger Fernsehfilm.
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München, eine geräumige Wohnung am Prinzregentenplatz. Zur Silberhochzeit schenkt der Universitätsprofessor Ben (Matthias Habich) seiner Frau Alma (Iris Berben) fünfundzwanzig rote Rosen. „Das sind so ziemlich die abscheulichsten Blumen, die es gibt“, denkt sie, „und unser ganzes Leben werden wir damit zugeschissen.“

Weil die engsten Freunde für den Abend eingeladen sind, bereitet Alma ein mehrgängiges Menü für acht Personen vor.

Der auf Wirtschaftsrecht spezialisierte Anwalt Leo (Axel Milberg) bringt seine neue Geliebte mit. Sie heißt Alexandra (Corinna Harfouch). Nachdem sie zwei von verschiedenen Männern gezeugte Söhne großgezogen hatte, machte sie vor zwei Jahren eine Kneipe auf. Während des Essens überlegt Alexandra, woher sie Ben kennt, bis ihr einfällt, dass sie sich vor dreißig Jahren schon einmal begegnet waren. Ben, der das Erlebnis genau vor Augen hat, tut erst einmal so, als wisse er von nichts. Alexandra erzählt, dass sie 1975 mit ein paar langweiligen Freunden in Australien war und dort Ben kennen lernte. Aufgrund ihrer Reisepläne konnten sie nur eine einzige Nacht miteinander verbringen, und obwohl Alexandra – wie sie freimütig bekennt – damals mit vielen Männern im Bett war und sich auch bei Ben nicht gesträubt hätte, saßen sie nur am Waldrand und redeten die ganze Nacht miteinander. Es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen, sagt sie, und Ben habe diese Liebe nicht mit Sex beschmutzen wollen. Danach schrieben sie sich noch einige Jahre lang Liebesbriefe, aber sie sahen sich niemals wieder – bis heute. Ben ist das alles sehr peinlich, zumal er weiß, dass Alma argwöhnt, Alexandra könne noch immer etwas für ihn bedeuten.

Der Versicherungsvertreter Heinz (Ulrich Noethen) ist mit seiner sehr viel jüngeren Lebensgefährtin Vivien (Silke Bodenbender) gekommen. Er möchte eine kleine Ansprache halten, wird jedoch unterbrochen, als unerwartet noch jemand kommt: Bens Vater (Alexander Kerst). Verärgert weist Ben ihm die Tür, und als auch Alma ihn aus Rücksicht auf Ben freundlich bittet, wieder zu gehen, verlässt der alte Herr die Wohnung. Die Gäste fragen entsetzt, warum Ben seinen Vater so behandelt, und er klärt sie darüber auf, dass der Vater die Mutter wegen einer jüngeren Frau sitzen ließ und mit der Hälfte der Ersparnisse verschwand, als die Verlassene krank und pflegebedürftig wurde und nur noch vier Monate zu leben hatte.

Anita (Gisela Schneeberger), Almas beste Freundin, deren spitze Bemerkungen gefürchtet sind, weist maliziös darauf hin, dass Heinz auch seine Ehefrau wegen einer jüngeren Geliebten verlassen hat.

Ben beginnt, den Freunden von einem Erlebnis zu erzählen, das er und Alma vor einem Jahr in der Bretagne hatten. Obwohl Alma ihn davon abhalten will, weil es ihr zu persönlich ist, fährt er fort. Im Verlauf einer Urlaubsreise trafen sie zufällig einen jungen Mann, den sie während ihrer Flitterwochen als zehnjährigen Jungen kennen gelernt und wie ihren eigenen Sohn behandelt hatten: Janik. Gerührt berichtet Ben, dass Janiks Kinder Ben und Alma heißen, aber seine Frau hält ihm schonungslos vor, dass er vierundzwanzig Jahre lang niemals an Janik gedacht habe.

Aufgebracht über Bens mangelnde Sensibilität, überrascht Alma ihren Mann vor allen Leuten mit der Ankündigung, sich von ihm trennen zu wollen. Sie wolle darüber auch nicht diskutieren, stellt sie klar, sie habe einfach nur einen Entschluss mitgeteilt. Während sie in der Küche zu tun hat, erklärt Ben ihr Verhalten gegenüber sich und seinen Freunden damit, dass sie aufgrund der Vorbereitungen für das Essen überarbeitet und überreizt sei.

Der erfolglose Schriftsteller Jonathan (Oliver Nägele), der wie Anita allein gekommen ist, verrät, dass Anita nicht nur mit ihm, sondern auch mit Bens Vater eine Affäre hatte.

Um die Freunde für Vivien zu interessieren, weiht Heinz sie in das Geheimnis ein, dass die junge Frau an multipler Sklerose erkrankt ist. Schluchzend läuft Vivien daraufhin ins Badezimmer.

Skrupellos sucht Jonathan in Bens Arbeitszimmer nach Alexandras Liebesbriefen. Er ist überzeugt, dass Ben sie nicht weggeworfen hat. Prompt findet er den Stapel in einer Schublade, bringt ihn mit ins Wohnzimmer und beginnt, aus den Briefen vorzulesen.

Leo bedrängt Alma in der Küche und versucht, sie zu küssen, aber sie weist ihn zurück.

Als Heinz Vivien mit Ben im Bad ertappt, läuft er verstört fort.

Auch die anderen Gäste brechen auf.

Während Ben zu Bett geht, schaut Alma bei ihrem Schwiegervater vorbei, obwohl es mitten in der Nacht ist.

Als sie danach durch die Straßen geht, wird ihr bewusst, dass sie seit Jahren zum ersten Mal nicht weiß, wie es weitergeht. Das empfindet sie als befreiend, und sie kann sich vorstellen, jemanden mitzunehmen in ihr neues Leben, vielleicht Ben …

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Das Drehbuch schrieb Daniel Nocke nach Motiven der Kurzgeschichte „Silberhochzeit“ von Elke Heidenreich (veröffentlicht in dem Buch „Der Welt den Rücken“, 2001). Die Handlung des von Matti Geschonneck inszenierten Films, die sich an einem einzigen Abend und fast ausschließlich in einer großbürgerlichen Wohnung abspielt, besteht aus der Gruppendynamik, die sich zwischen den acht – bzw. kurzzeitig neun – Figuren entwickelt. Erzählt wird aus der Perspektive Almas, deren unausgesprochene Gedanken wir mitunter aus dem Off hören. Sie steht im Zentrum dieses Beziehungsdramas, in dem es jenseits von Klischees um die Desillusionierung einer Frau geht, die am Tag der Silberhochzeit Bilanz zieht und sich bewusst macht, dass ihre Träume und Sehnsüchte nicht in Erfüllung gingen. Es tut weh, nicht nur die Unzulänglichkeiten der engsten Freunde zu durchschauen, sondern auch die des eigenen Ehemanns. Alma gesteht sich ein, dass es in ihrer Ehe längst keine Leidenschaft mehr gibt; sie und Ben haben jahrelang nebeneinander gelebt und sich etwas vorgemacht. Diese schmerzvolle Einsicht hat jedoch auch eine katharsische Wirkung: Alma fühlt sich erleichtert und befreit. Von diesem Punkt aus wird sie ein neues Leben beginnen, und sie hält es nicht für ausgeschlossen, dass Ben dabei an ihrer Seite sein wird.

Die explosive Atmosphäre, der Realismus und wie die Figuren in „Silberhochzeit“ miteinander umgehen, erinnert an „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ und „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“. Die Dialoge sind pointiert und scharfzüngig, aber die ausnahmslos brillanten Schauspieler bringen ihre Gefühle auch nonverbal zum Ausdruck. „Silberhochzeit“ ist ein ernster, fesselnder, anspruchsvoller und hochkarätiger Fernsehfilm. Mit „Wer liebt, hat Recht“ und „Liebesjahre“ bildet er eine Trilogie.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006

Elke Heidenreich: Der Welt den Rücken

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