Winter's Bone

Winter’s Bone

Winter's Bone

Winter's Bone – Originaltitel: Winter's Bone – Regie: Debra Granik – Drehbuch: Debra Granik und Anne Rosellini, nach dem Roman "Winter's Bone" von Daniel Woodrell – Kamera: Michael McDonough – Schnitt: Affonso Gonçalves – Musik: Dickon Hinchliffe – Darsteller: Jennifer Lawrence, John Hawkes, Lauren Sweetser, Garret Dillahunt, Dale Dickey, Shelley Waggener, Sheryl Lee u.a. – 2010; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Obwohl Ree Dolly erst 17 Jahre alt ist, muss sie für ihre schwer depressive Mutter und die jüngeren Geschwister sorgen, denn ihr Vater wurde verhaftet. Weil er seinen Besitz für die Kaution verpfändete und verschwand, ist zu befürchten, dass die Familie das Blockhaus verliert und obdachlos wird. Um das zu verhindern, sucht Ree nach ihrem Vater. Aber die anderen Bewohner der abgelegenen Gegend versuchen sie daran zu hindern ...
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Kritik

"Winter's Bone", die Verfilmung eines Romans von Daniel Woodrell, ist eine gelungene Mischung aus Thriller, Western und Sozialdrama. Debra Granik erzählt streng linear aus der Perspektive der von Jennifer Lawrence überzeugend dargestellten Hauptfigur.
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Die Geschichte spielt auf dem Ozark-Plateau im Süden von Missouri, einer armen Gegend, in der viele der Männer Crystal Meth herstellen, um ihre Familien ernähren zu können. Weil alle schweigen, vermag die Polizei kaum etwas dagegen auszurichten.

Obwohl Ree Dolly (Jennifer Lawrence) erst 17 Jahre alt ist, muss sie für ihre Mutter Connie (Valerie Richards), den jüngeren Bruder Sonny (Isaiah Stone) und die kleine Schwester Ashlee (Ashlee Thompson) sorgen, kochen, putzen, waschen und Holz hacken, denn ihr Vater Jessup wurde verhaftet und Connie ist schwer depressiv. Weil Ree seit vier Tagen kein Heu mehr für die Stute hat, bringt sie das Tier auf die Pferdefarm der Nachbarin Sonya (Shelley Waggener). Sonya gibt der notleidenden Familie auch etwas von dem Fleisch des Rehs ab, das sie an diesem Tag gehäutet und ausgeweidet hat. Wenn es nichts mehr zu essen gibt, schießt Ree Eichhörnchen.

Sheriff Baskin (Garret Dillahunt) fährt zu dem Blockhaus der Familie Dolly. Er will mit Connie reden, aber als er merkt, dass sie nicht ansprechbar ist, wendet er sich an Ree. Ihr Vater sei gegen eine Kaution bis zur Gerichtsverhandlung freigelassen worden und danach verschwunden, teilt er ihr mit. Falls er bis zum Prozess in einer Woche nicht wieder auftaucht, verfällt die Kaution, und weil Jessup seinen Besitz dem Kautionsagenten verpfändet hat, wird seine Familie dann obdachlos.

Um das zu verhindern, sucht Ree nach ihrem Vater.

Sie geht zu ihrer Freundin Gail (Lauren Sweetser). Ihre Hoffnung, deren Ehemann Floyd (Cody Brown) werde ihr sein Auto leihen, erfüllt sich jedoch nicht.

Als Nächstes fragt sie ihren Onkel Teardrop (John Hawkes) und ihre Tante Victoria (Cinnamon Schultz) nach ihrem Vater. Teardrop, der unter Drogen steht, behauptet, er habe seinen jüngeren Bruder schon lange nicht mehr gesehen und wirft seine Nichte hinaus.

Little Arthur (Kevin Breznahan) hilft Ree ebenfalls nicht. Seine Frau Megan (Casey MacLaren) schickt sie zu ihrem Großvater Thump Milton (Ronnie Hall alias Ron Stray Dog Hall), der in der Gegend das Sagen hat. Aber dessen Frau Merab (Dale Dickey) kommt aus der Haustüre und verweigert Ree den Zutritt.

Ein Cousin Jessups fährt Ree zu einer zerstörten Drogenküche. Jessup sei bei der Herstellung von Crystal Meth ein Fehler unterlaufen und durch eine Explosion ums Leben gekommen, behauptet er. Ree weiß, dass ihr Vater wegen Drogenproduktion verurteilt wurde, aber es entgeht ihr nicht, dass auf dem Gelände seit schätzungsweise einem Jahr Unkraut gewachsen ist. Die Explosion kann also nichts mit seinem Verschwinden zu tun haben; man wollte sie täuschen.

Schließlich kommt Gail mit Floyds Auto, um ihrer Freundin zu helfen. Sie fahren zu einer Geburtstagsparty. Eine Geliebte Jessups sagt ihnen, sie habe ihn vor drei oder vier Wochen mit drei Fremden gesehen. Dabei habe er so getan, als kenne er sie nicht.

Teardrop unterrichtet seine Nichte darüber, dass Jessup nicht zur Gerichtsverhandlung gekommen sei und man sein ausgebranntes Auto gefunden habe.

Der Kautionsagent Mike Satterfield (Tate Taylor) klärt Ree darüber auf, dass Jessup Dollys Besitz nicht für die Kaution gereicht habe. Aber drei Kerle seien gekommen und hätten den fehlenden Betrag in bar einbezahlt. Offenbar war jemand sehr daran interessiert, Jessup vor der Gerichtsverhandlung aus dem Gefängnis herauszuholen.

Ree sieht Thump Milton in einem Viehbetrieb. Sie ruft mehrmals laut nach ihm, aber er reagiert nicht darauf.

Noch am selben Tag wird sie von Merab Milton und deren Schwestern brutal zusammengeschlagen. Die Frauen zerren sie in eine Maschinenhalle. Dort kommt Thump Milton hinzu. Ree erklärt ihm, warum es für sie, ihre Mutter und ihre Geschwister so wichtig ist, dass die Kaution für ihren Vater nicht endgültig verfällt. Überraschend taucht Teardrop auf. Er bürgt Thump Milton für seine Nichte und darf sie mitnehmen. Die Frauen tragen sie zum Auto.

Teardrop berichtet ihr, Jessup habe in der Hoffnung, das Gericht werde ihn weniger hart bestrafen, gegenüber Sheriff Baskin das ungeschriebene Gesetz des Schweigens gebrochen. Wahrscheinlich sei er tot.

In ihrer Not bewirbt Ree sich bei der Armee, denn wer sich für fünf Jahre verpflichtet, bekommt 40 000 Dollar ausbezahlt. Damit könnte Ree den Kautionsagenten bezahlen. Der Rekrutierungsoffizier (Russell Schalk) fragt sie nach ihren Beweggründen und hält ihr vor Augen, dass sie sich im Fall ihrer Aufnahme in die Armee nicht mehr um ihre Mutter und die Geschwister kümmern könnte. Verständnisvoll macht er ihr klar, dass der Militärdienst in der aktuellen Lage keine Lösung für sie wäre.

Teardrop macht sich mit Ree auf die Suche nach den Fremden, mit denen Jessup zuletzt gesehen wurde. Aber die drei Männer wollen nichts sagen. Wütend zertrümmert Teardrop daraufhin die Windschutzscheibe ihres Pickups.

Kurz darauf wird Ree von Merab Milton und deren Schwestern abgeholt und mit einem Sack über dem Kopf zu einem unbekannten Ort gefahren, von wo aus sie mit einem Kahn auf den Sumpf hinaus rudern. Merab weiß genau, wo Jessups Leiche liegt. Es ist so, wie von Teardrop vermutet: Weil er dem Sheriff Informationen gegeben hatte, wurde er ermordet. Mit einer eigens mitgebrachten Kettensäge trennt Merab die Hände des Toten ab und packt sie in eine Plastiktüte.

Damit geht Ree zum Sheriff. Unbekannte hätten ihr die Hände auf die Veranda gelegt, lügt sie. Eine Untersuchung bestätigt, dass es sich um Körperteile von Jessup Dolly handelt. Damit ist erwiesen, dass er der Gerichtsverhandlung nicht schuldhaft fernblieb, und die Kaution wird zurückgezahlt.

Mike Satterfield bringt Ree das Geld, das zusätzlich zur Verpfändung des Besitzes für die Kaution hinterlegt wurde.

Teardrop schenkt den Kindern Sonny und Ashlee je ein Küken zur Aufzucht. Ree hält ihm das Banjo ihres toten Vaters hin, und er versucht, ein paar Takte zu spielen, während sein Neffe und die Nichten erwartungsvoll zuhören. Er sagt Ree, er wisse, wer Jessup ermordete, werde es jedoch nicht verraten.

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Debra Granik und Anne Rosellini adaptierten den 2006 von Daniel Woodrell veröffentlichten Roman „Winter’s Bone“ fürs Kino („Winters Knochen“, Übersetzung: Peter Torberg, Verlagsbuchhandlung Liebeskind, München 2011, 222 Seiten, ISBN 978-3-935890-76-2).

Die Handlung spielt auf dem Ozark-Plateau im Süden von Missouri, einer shatter zone, in der sich eine Parallelgesellschaft mit eigenem Kodex entwickelt hat. Hier leben einige Familien von der Drogenproduktion. Debra Granik drehte zwar an Originalschauplätzen und engagierte auch Laiendarsteller aus der Gegend, aber es geht ihr in „Winter’s Bone“ nicht um eine soziologische Studie, sondern sie erzählt eine lebensnahe, tiefgründige und ergreifende Geschichte. Statt nach psychologischen Erklärungen zu suchen zeigt sie einfach das Geschehen.

Die Männer in „Winter’s Bone“ wollen das Sagen haben und gerieren sich als frauenverachtende Machos. Tatsächlich werden die Dinge jedoch vor allem von den Frauen geregelt. Und die Protagonistin Ree gehört zu den stärksten von ihnen. Die Charaktere sind ambivalent. Merab beispielsweise ist hart und grausam, kann aber auch mitfühlend zupacken, wenn sie es für erforderlich hält. Diese Widersprüchlichkeit gilt für das Milieu gleichermaßen: Da wechseln sich raue mit idyllischen Szenerien ab, und wir kommen zum Beispiel in ein Wohnzimmer, in dem Nachbarsfamilien zusammen Countrymusik machen (Sängerin: Marideth Sisco).

„Winter’s Bone“ lässt sich keinem Genre klar zuordnen. Debra Granik mischt Elemente aus den Genres Thriller und Western, Sozialdrama und Dokumentarfilm. Sie erzählt streng linear aus der Perspektive der Hauptfigur. Nichts lenkt von der Hauptlinie der Geschichte ab: Inszenierung, Kameraführung, Schnitt und Musik ordnen sich der stringenten Handlungsentwicklung unter. Es gibt auch keine bunten Farben; matte Ockertöne dominieren.

Jennifer Lawrence (* 1990) stellt Ree Dolly facettenreich, ausdrucksstark und überzeugend dar. Sie ist das Kraftzentrum des Films. Für diese herausragende schauspielerische Leistung erhielt sie eine „Oscar“-Nominierung. Auch in drei anderen Kategorien wurde „Winter’s Bone“ nominiert: Beste männliche Nebenrolle (John Hawkes), Film und Drehbuch.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012

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