Grete Minde


Aufgrund der Erzählung „Grete Minde“ von Theodor Fontane glaubten viele Leserinnen und Leser, das verheerende Feuer am 13. September 1617 in Tangermünde sei von Grete Minde gelegt worden. Inzwischen ist jedoch so gut wie sicher, dass man Grete Minde 1619 zu Unrecht auf dem Scheiterhaufen verbrannt hatte.

Margaretha („Grete“) Minde bzw. Minden war die Tochter einer katholischen Spanierin und des protestantischen Tangermünder Bürgers Peter von Minden. Als dieser unter Mordverdacht geriet, floh er aus seiner Heimatstadt und starb später im Exil. Seine Witwe soll daraufhin von ihrem Schwager, dem Ratsherrn Heinrich von Minden, für Grete den Erbteil ihres Vaters gefordert haben. Heinrich von Minden zweifelte jedoch die Rechtmäßigkeit der Ehe seines Bruders an und verweigerte die Herausgabe der Erbschaft.

Nach dem Stadtbrand am 13. September 1617 in Tangermünde blieb die Ursachenforschung zunächst ergebnislos. Eine vermeintlich Schuldige fand man erst zwei Jahre später, als der Räuber Tönnies Meilahn festgenommen wurde, der seit 1616 mit Grete Minde verheiratet war. Bei seiner Vernehmung behauptete er, seine Ehefrau habe Tangermünde angezündet, um sich dafür zu rächen, dass man ihr das Erbe vorenthielt. Unter der Folter gestand Grete Minde die Tat und wurde daraufhin zum Tod verurteilt.

Am 22. März 1619 brachte man die junge Frau zum Marktplatz von Tangermünde. Dort riss ihr der Henker die fünf Finger der rechten Hand nacheinander mit einer Zange ab. Dann presste er ihr glühende Eisen auf Arme und Brüste. Schließlich kettete er sie an einen Pfahl, während unter ihren Füßen der Scheiterhaufen angefacht wurde.

Bald nach der Veröffentlichung der Erzählung „Grete Minde“ (1880) von Theodor Fontane entdeckte der Jurist und Heimatforscher Ludolf Parisius (1827 – 1900) beim Studium der Prozessakten Anhaltspunkte dafür, dass Grete Minde unschuldig war. In seinem Buch „Bilder aus der Altmark“ (1882/83) bezeichnete er das Gerichtsurteil als „Justizmord“. Wahrscheinlich musste Grete Minde sterben, weil die aufgebrachte Bevölkerung von Tangermünde die Überführung eines Brandstifters bzw. einer Brandstifterin verlangte. Möglicherweise arbeitete auch die Patrizierfamilie Minden auf eine Verurteilung hin, um auf diese Weise Gretes Erbschaftsansprüche zu erledigen.

Am 22. März 2009, dem 390. Jahrestag der Hinrichtung von Grete Minde, wurde vor dem historischen Rathaus in Tangermünde eine Bronzeskulptur des Bildhauers Lutz Gaede enthüllt, die Grete Minde als Gefangene darstellt.

Heidi Genée verfilmte die Erzählung „Grete Minde“ von Theodor Fontane mit Katerina Jacob in der Titelrolle.

Die Erzählung von Theodor Fontane bildete auch die Vorlage für die anlässlich der Tausendjahrfeier der Stadt Tangermünde im September 2009 auf dem Pfarrhof der St. Stephankirche uraufgeführte Oper „Grete Minde“ von Sören Nils Eichberg (Musik) und Constanze John (Libretto).

An den historischen Tatsachen orientierte sich dagegen Hannelore Reimann in ihrer 1992 in der Altmark Zeitung veröffentlichten Erzählung „Flammen über Tangermünde“.

© Dieter Wunderlich 2010

Theodor Fontane: Grete Minde

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