Besondere Schwere der Schuld

Besondere Schwere der Schuld

Besondere Schwere der Schuld

Originaltitel: Besondere Schwere der Schuld – Regie: Kaspar Heidelbach – Drehbuch: Sascha Arango – Kamera: Daniel Koppelkamm – Schnitt: Hedy Altschiller – Musik: Arno Steffen, Friso Lücht – Darsteller: Götz George, Hanno Koffler, Hannelore Elsner, Manfred Zapatka, Thomas Thieme, Hans-Martin Stier, Wilfried Hochholdinger, Anna Fischer u.a. – 2014; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Als Joseph Komalschek nach 30 Jahren Haft zurückkommt und wieder in das Haus seiner inzwischen verstorbenen Mutter zieht, befürchten einige Nachbarn, dass er die provinziell-biedere Fassade einreißen könnte. Dahinter klafft ein Abgrund. Was hat Komalschek vor, fragen sich vor allem die drei pensionierten Polizisten, die ihn damals festgenommen hatten. Als Zuschauer ahnen wir von Anfang an, dass Komalschek zu Unrecht wegen Doppel­mordes im Gefängnis saß. Will er sich nun rächen oder geht es ihm darum, die Wahrheit aufzudecken und Gerechtigkeit herzustellen?
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Kritik

Der Psychothriller "Besondere Schwere der Schuld" ist trotz einer hanebüchenen Geschichte sehenswert. Dafür sorgt vor allem der Hauptdarsteller Götz George, der wenig redet, Gestik und Mimik sparsam einsetzt und sich dennoch facettenreich ausdrückt.

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Joseph Komalschek (Götz George) kam 1944 im Alter von fünf Jahren in ein Heim, schloss keine Schule ab und wurde schon früh kriminell. Er überfiel Juweliergeschäfte und raubte Banken aus. Am 21. August 1981 wurden seine junge, als Bardame in dem Striplokal Whisky-Bill arbeitende Nachbarin Anita Krautwald und ihr Baby als vermisst gemeldet. In der Wohnung der allein erziehenden Mutter fand man eine Blutlache und überall Fingerabdrücke und Haare von Joseph Komalschek. Nach Leichen suchte die Polizei vergeblich, aber vor Gericht präsentierte sie eine Nabelschnur aus Komalscheks Mülleimer, dazu Schuhe von ihm mit Blut des Opfers an der Sohle. Der Angeklagte gestand den Doppelmord zwar nicht, wurde jedoch aufgrund von Indizien und der besonderen Schwere der Schuld zu lebenslanger Haft verurteilt.

Bevor er festgenommen worden war, hatte ihm ein Polizist das rechte Knie zerschossen. Zum zehnjährigen „Haftjubiläum“ erhielt Komalschek eine in der Gefängniswerkstatt hergestellte Unterschenkelprothese.

Weil eine nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht gegen Joseph Komalschek verhängt werden kann, kommt er nach 30 Jahren aus dem Gefängnis und kehrt in das Haus seiner inzwischen verstorbenen Mutter in einer Ruhrpott-Grubensiedlung zurück. Die Bürgermeisterin (Caroline Schreiber) kann es nicht verhindern. Immerhin sorgt Polizeirat Scherler (Wilfried Hochholdinger) dafür, dass der von den Medien als Bestie diffamierte Mann rund um die Uhr von drei Polizisten beschattet wird. Die Nachbarn in der Liebermannstraße sind entsetzt, ganz besonders Agnes Barner (Hannelore Elsner) im Haus gegenüber. Ihr inzwischen pensionierter Ehemann Klaus (Manfred Zapatka) war damals einer der drei ebenfalls in der Liebermannstraße wohnenden Polizisten, die Komalschek festnahmen, und ihr Sohn Thomas (Hanno Koffler) gehört nun ebenso wie seine Kollegen Frankie (Moritz Heidelbach) und Rudi (Moritz Vierboom) zu den Bewachern des Freigelassenen.

Sie begleiten ihn auf Schritt und Tritt, zum Einkaufen ebenso wie zur Arbeitsagentur und zum Einwohnermeldeamt, wo Komalschek einen Personalausweis beantragt und auf die Frage nach dem Beruf mit „Verbrecher“ antwortet. Das sei kein Beruf, meint der Angestellte, aber Komalschek weist ihn darauf hin, dass er in der Zeitung als „Berufsverbrecher“ bezeichnet werde.

In einem Eisenwarenladen kauft Komalschek einen Spaten, einen Bolzenschneider und eine Stirnlampe.

Klaus Barner und seine ebenfalls pensionierten früheren Kollegen Heinz Braun (Thomas Thieme) und Fritz Reet (Hans-Martin Stier) fragen sich besorgt, was Joseph Komalschek mit diesen Sachen vorhat und warum er zurückgekommen ist.

Im Treppenhaus vor Komalscheks Wohnungstüre steht ein Kinderfahrrad mit plattem Vorderreifen. Er nimmt es mit hinein, um es zu reparieren. Während er noch dabei ist, klingelt das Nachbarmädchen Emily (Zameza Grace Serrano) und erkundigt sich nach dem Rad. Komalschek nimmt Emily mit in die Wohnung und zeigt ihr, wie man einen Fahrradschlauch unter Wasser hält, um ein Loch zu finden. Emilys allein erziehende Mutter Natalia Nowak (Anna Fischer) holt ihre Tochter aus Komalscheks Wohnung und fordert ihn auf, sich von dem Mädchen fernzuhalten. Aber sie ist nicht besonders ängstlich und interessiert sich auch nicht weiter für die Gerüchte über ihren Nachbarn. Immerhin versteht sie nun, warum ihre Miete so günstig ist. Darüber ist sie froh, denn sie arbeitet zwar als Bardame in dem schäbigen Nachtlokal Whisky-Bill, aber ihre finanzielle Lage ist prekär.

Nachts klettert Komalschek unbemerkt über den Balkon ins Freie. Nachdem er mit dem Spaten im stillgelegten Bergwerk gegraben hat, taucht er im Whisky-Bill auf, wo Polizeirat Scherler mit Heinz Braun und Fritz Reet an der Theke steht und sofort die Bewacher vor Komalscheks Haus anruft. Heidi (Angelika Bartsch), die nicht mehr ganz junge Besitzerin des Nachtlokals, ist offenbar die einzige Person am Ort, die sich über Joseph Komalscheks Rückkehr freut. Nachdem sie ihm ein Bier serviert hat, zündet er sich demonstrativ mit einem 1000-Mark-Schein eine Zigarette an und gibt dann Natalia Nowak einen weiteren Tausender mit den Worten: „Den Rest kannst du behalten.“ Scherler, Braun und Reet fühlen sich dadurch provoziert, und als die drei Bewacher eintreffen, muss Komalschek sich durchsuchen lassen. Die Polizisten finden einen dritten 1000-Mark-Schein bei ihm. Das Geld habe er gefunden, behauptet er. Er wird festgenommen. Scherler schickt Thomas Barner gönnerhaft nach Hause, aber der junge Polizist sieht noch, wie Komalschek auf dem Weg zum Streifenwagen mehrmals grundlos vom Polizeichef mit der Faust ins Gesicht geschlagen wird. Bevor Komalschek am nächsten Tag wieder frei kommt, muss er unterschreiben, dass er bei der Festnahme Widerstand geleistet habe.

Joseph Komalschek fährt erneut mit dem Bus zum alten Bergwerk, aber diesmal legt er es darauf an, dass ihm seine drei Bewacher folgen. In die Tiefe wagt sich dann nur Thomas Barner. Die beiden anderen warten weiter oben auf die angeforderte Verstärkung. Als Thomas Berner wegen der Gase das Bewusstsein verliert, rettet ihn Komalschek, der eine Gasmaske trägt. Dann gräbt er vor den Augen des jungen Polizisten menschliche Knochen aus. Im Freien bemerkt Thomas Barner den Infrarotpunkt eines Präzisionsgewehrs auf Komalscheks Brust und stellt sich in die Schussbahn, um zu verhindern, dass sein Lebensretter aus dem Hinterhalt erschossen wird.

Das Skelett wird aus dem Bergwerk geborgen, und die gerichtsmedizinische Untersuchung ergibt, dass es sich dabei um Anita Krautwalds Knochen handelt.

Nachdem Heinz Brauns Frau Selma (Marita Breuer) das Geräusch der Prothese von Joseph Komalschek gehört hat und das Licht in ihrem Haus kurz ausgeschaltet war, findet sie ein Foto, das ihren Mann und Fritz Reet mit Anita Krautwald zusammen zeigt. Bald darauf schneidet Thomas Barner die Verschnürung seines Geburtstagsgeschenks mit dem Klappmesser auf, das er Komalschek einige Tage zuvor abnahm. Auf der Klinge sind die Namen „Heinz und Fritz“ eingraviert. Klaus und Agnes Barner erschrecken, als sie es sehen.

Klaus Barner ruft Heinz Braun an und warnt ihn: Sein Sohn sei dabei, alles herauszufinden. Wo Klaus das Kind vergraben habe, fragt der Angerufene. In Heinz‘ Garten, lautet die Antwort. Nach dem Telefongespräch erhängt sich Klaus Barner.

Bei der Beerdigung des ehemaligen Polizisten taucht überraschend auch Joseph Komalschek auf. Einer der Trauergäste wirft ihm einen Kieselstein an den Kopf. Die Witwe protestiert erschrocken und stellt sich schützend vor Komalschek, fordert diesen dann aber auf, die Stadt zu verlassen. Statt darauf einzugehen, fragt er sie eindringlich: „Wo ist das Kind?“


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Unter dem Vorwand, einen Baum für seine Frau pflanzen zu wollen, gräbt Heinz Braun im Garten, findet aber nichts. Daraufhin durchwühlt auch Fritz Reet seinen Garten. Anders als sein früherer Kollege tut er es nicht unauffällig, sondern so systematisch, wie er es bei der Polizei gelernt hat. Weil das Fragen provozieren könnte, besucht Heinz Braun ihn. Fritz Reet fühlt sich nicht mehr sicher und sitzt deshalb mit seinem Jagdgewehr auf dem Sofa. Heinz Braun nutzt die Gelegenheit, um ihn zu erschießen und der herbeieilenden Gerda Reet (Doris Plenert) einen Suizid ihres Mannes vorzutäuschen.

Inzwischen hat Thomas Barner argwöhnisch weiter nachgeforscht und DNA-Analysen in Auftrag gegeben.

Bei Heidi trifft er Joseph Komalschek an. Die beiden kramen in einer Schachtel und schauen sich alte Fotos an. Plötzlich begreift Komalschek, dass die Baby-Leiche gar nicht verscharrt wurde, wie er bisher annahm. Thomas Barner ist am Leben!

Der läuft aufgewühlt nach Hause und stellt seine Mutter zur Rede. Agnes gesteht ihm alles. Nachdem Fritz Reet und Heinz Braun Anita Krautwald ermordet hatten, sollte Klaus Barner auch den Säugling beseitigen. Aber das brachte er nicht übers Herz. Er brachte das Kind nach Hause, und das Ehepaar gab es als eigenes aus.

In einem Stollen des Bergwerks gräbt Joseph Komalschek noch mehrere zylindrische Behälter aus und übergibt sie Thomas Barner.

Als die beiden wieder ans Tageslicht kommen, wartet Heidi neben dem Schacht reisefertig auf Joseph Komalschek. Das Paar verlässt den Ort.

Die Behälter enthalten Schmuck von Anita Krautwald. Thomas Barner ist der rechtmäßige Erbe. Er bleibt in der Kleinstadt, nicht nur wegen seiner Mutter, sondern auch, weil er sich in Natalia Nowak verliebt hat und sie seine Gefühle erwidert.

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Bei „Besondere Schwere der Schuld“ handelt es sich um einen am 1. November 2014 im Ersten Programm erstmals ausgestrahlten deutschen Fernsehkrimi von Sascha Arango (Drehbuch) und Kaspar Heidelbach (Regie).

Als Joseph Komalschek nach 30 Jahren Haft in die Ruhrpott-Grubensiedlung zurückkommt und wieder in das Haus seiner inzwischen verstorbenen Mutter zieht, befürchten einige Nachbarn, dass er die provinziell-biedere Fassade einreißen könnte. Dahinter klafft ein Abgrund. Was hat Komalschek vor, fragen sich vor allem die drei pensionierten Polizisten, die ihn damals festgenommen hatten. Als Zuschauer ahnen wir von Anfang an, dass Komalschek zu Unrecht wegen Doppelmordes im Gefängnis saß. Durch einen Knieschuss bei der Festnahme hatte er auch noch seinen rechten Unterschenkel verloren. Will er sich nun rächen oder geht es ihm darum, die Wahrheit aufzudecken und Gerechtigkeit herzustellen?

Sascha Arango und Kaspar Heidelbach setzen in dem Psychothriller „Besondere Schwere der Schuld“ nicht auf Effekte, sondern auf eine dichte, beklemmende Atmosphäre und auf Suspense durch Andeutungen. Das ist auch durchaus gelungen, obwohl die Geschichte, die sie erzählen, hanebüchen ist. Dass alle Beteiligten auch nach 30 Jahren noch nebeneinander in der Liebermannstraße (!) wohnen, mag noch angehen. Aber darüber hinaus ist Komalscheks junge Nachbarin ein Abziehbild des Mordopfers: allein erziehende Mutter, selbe Wohnung, gleiche Anstellung in einem schäbigen Striplokal, in dem sich dann auch noch der Polizeichef und die pensionierten Polizisten aus der Liebermannstraße regelmäßig treffen. Das ist sind einfach zu viele Zufälle. Es kommt noch ärger: Die Leichen der Frau und des Kindes, die Komalschek ermordet haben soll, wurden nie gefunden. Man vermutet, dass er sie verscharrt hat. Als dann einer der pensionierten Polizisten, die Komalschek hinter Gitter brachten, seinen eigenen Garten so systematisch umgräbt, wie es die Spurensicherung machen würde, stellen nicht einmal die jungen, in den Fall von damals nicht involvierten Polizisten Fragen. Wo bleibt da die Plausibilität? Noch unglaubwürdiger ist es, dass eines der Ehepaare in der Siedlung, in der sich alle kennen, plötzlich ein eigenes Kind zu haben scheint und nicht einmal Heinz Braun oder Fritz Reet etwas von den Zusammenhängen ahnen. Zu diesen Schwachpunkten des Drehbuches kommen noch zwei überflüssige Liebesgeschichten und ein kitschiges Happy End. Das letzte Drittel von „Besondere Schwere der Schuld“ wirkt beinahe wie eine unfreiwillige Parodie auf einen Fernsehkrimi.

Die Charaktere sind nicht besonders tiefgründig angelegt. Allerdings gelingt es beispielsweise Hannelore Elsner und Manfred Zapatka kraft ihres schauspielerischen Könnens, daraus farbige Figuren zu machen. Und dann ist da noch der Hauptdarsteller Götz George. Der trägt den Film „Besondere Schwere der Schuld“ und macht ihn sehenswert. In der ersten Viertelstunde spricht er kein Wort. Auch danach redet er nicht viel. Gestik und Mimik setzt er nur ganz zurückhaltend ein. Und drückt sich dennoch ebenso intensiv wie facettenreich und nuanciert aus.

Übrigens: Die in „Besondere Schwere der Schuld“ zu sehenden polizeilichen Kennzeichen sind aus Recklinghausen, und der öffentliche Bus fährt nach Dorsten im nördlichen Ruhrgebiet, aber die Dreharbeiten fanden in Köln und Umgebung statt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014

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