Hugo von Hofmannsthal : Der Rosenkavalier

Der Rosenkavalier
Der Rosenkavalier Uraufführung der Oper: Dresden 1911
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Die Ehefrau des Feldmarschalls Werdenberg ahnt, dass ihr jugendlicher Liebhaber Graf Octavian Rofrano sie eines Tages wegen einer Jüngeren verlassen wird. Als sie ihn als Rosenkavalier für die geplante Hochzeit des Mitgiftjägers Baron Ochs auf Lerchenau mit Sophie von Faninal vorschlägt, verliebt Octavian sich in die Braut und verhindert durch ein Intrigenspiel die Hochzeit ...
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Kritik

"Der Rosenkavalier" ist eine leichte Komödie von Hugo von Hofmannsthal mit einigen ernsten Anspielungen, u. a. auf das Altern und den Verzicht, den Standesdünkel und die Benachteiligung der Frau.
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Wien in den Vierzigerjahren des 18. Jahrhunderts. Der 17-jährige Graf Octavian Rofrano hat die Nacht mit seiner doppelt so alten Geliebten Maria Theresa Fürstin Werdenberg verbracht. „… aber das Ich vergeht in dem Du, ich bin dein Bub – aber wenn mir dann Hören und Sehen vergeht – wo ist dann dein Bub?“, fragt Octavian die Fürstin, deren Ehemann, der Feldmarschall, an einem Jagdausflug teilnimmt.

Früh am Morgen wird das Liebespaar gestört, weil Baron Ochs auf Lerchenau sich von den Bediensteten nicht davon abhalten lässt, ins fürstliche Schlafgemach zu poltern. Octavian versteckt sich rasch und tritt dann als Zofe verkleidet auf.

Obwohl Ochs auf Lerchenau zu heiraten beabsichtigt, flirtet er mit der vermeintlichen Zofe Mariandel. Er betrachtet die angestrebte Verbindung mit Sophie von Faninal zwar als Mesalliance, ist jedoch bereit dazu, weil die neureiche Familie der Braut zwölf Häuser besitzt, die früher einmal seiner eigenen Familie gehörten.

Von der Marschallin möchte er einen Rat: Wer soll seiner Braut nach hochadeliger Gepflogenheit eine silberne Rose überreichen? Die Marschallin zeigt dem Mitgiftjäger ein Medaillon mit einem Porträt Octavians und erklärt sich bereit, diesen als Rosenkavalier zu entsenden. Der Baron ist einverstanden – allerdings durch die verblüffende Ähnlichkeit Octavians mit der Zofe irritiert.

Während die Marschallin sich an den Frisiertisch setzt, strömen Leute ins Schlafgemach, um ihre Aufwartung zu machen: Haushofmeister, Notar und Küchenchef, ein Küchenjunge, ein Tierhändler mit Hündchen und Äffchen, ein Tenor und ein Flötist sowie eine Bittstellerin mit ihren drei Töchtern und einige andere. Der Notar kommt dem Baron gerade recht: Mit ihm berät er sich über den Ehevertrag und besteht trotz der juristischen Bedenken des Anwalts darauf, den Grundbesitz, auf den er es abgesehen hat, als Morgengabe der Braut mit aufzunehmen.

Nachdem alle bis auf Octavian sich verabschiedet haben, denkt die Marschallin wehmütig an die Vergänglichkeit der Jugend und das Altern. Sie ahnt, dass Octavian sie über kurz oder lang wegen einer Jüngeren verlassen wird. Der will davon nichts wissen und muss von ihr getröstet werden.

Im zweiten Akt der Oper wartet Sophie von Faninal im Stadtpalais ihres Vaters auf die Ankunft des Rosenkavaliers, und ihr Vater ist unterwegs, um den Bräutigam ins Haus zu führen. Plump und jovial versucht Baron Ochs, seiner Braut nahezukommen. Je stärker er sie bedrängt, desto heftiger wird ihre Abneigung – und zugleich werden sich Sophie und Octavian ihrer gegenseitigen Zuneigung bewusst.

Während der Baron im Nebenzimmer mit Herrn von Faninal und dem Notar über den Ehevertrag verhandelt, zieht Octavian Sophie an sich und küsst sie auf den Mund. Dabei werden die beiden von Valzacchi und Annina ertappt, einem intriganten italienischen Paar, das sofort den Bräutigam herbeiruft. Der amüsiert sich zunächst und nimmt den Vorfall nicht ernst, weil er sich nicht vorstellen kann, dass dieser junge Mann ihm gefährlich werden könnte: „Was so ein Bub in Wien mit siebzehn Jahr schon für ein vorlaut Mundwerk hat!“ Doch Octavian fordert ihn zum Duell heraus und verletzt ihn nach dem ersten missglückten Ausfall leicht am rechten Oberarm. Da gerät der Baron in Panik. Während er jammert und seine betrunkenen Bediensteten sich anschicken, den jüngeren Mägden die Hemden vom Leib zu reißen, um ihren Herrn damit zu verbinden, verkündet Sophie, dass sie den Baron niemals heiraten werde, bis ihr aufgebrachter Vater droht, sie in ein Kloster zu schicken.

Als der Baron nach einigen Gläsern Tokajer seine Verletzung fast vergessen hat, überbringt ihm Annina einen Brief, in dem sich die Zofe Mariandel zu einem Rendezvous bereit erklärt: „Den Sonntagabend hätt ich frei.“

Im dritten Akt trifft sich Ochs auf Lerchenau mit dem wieder als Zofe verkleideten Octavian in einem Gasthof-Zimmer. Zuerst soll gegessen werden, aber hinter einem Vorhang steht das Bett bereit. Plötzlich stößt Annina in schwarzer Trauerkleidung das Fenster von außen auf und behauptet, die Ehefrau des Barons zu sein. Sie betritt das Zimmer mit vier Kindern zwischen vier und zehn Jahren, die fortwährend „Papa, Papa, Papa“ rufen. Da beugt sich der Baron aus dem Fenster und ruft nach der Polizei. Als daraufhin ein Kommissar mit zwei Gehilfen erscheint und den Baron angesichts der sich verzweifelt gebenden „Mariandel“ verdächtigt, ein unschuldiges Mädchen verführt zu haben, glaubt dieser sich retten zu können, indem er die vermeintliche Zofe als seine Verlobte Sophie von Faninal ausgibt. In diesem Augenblick kommt Herr von Faninal ins Zimmer und reagiert empört auf die Falschaussage. Seiner Tochter, die ihm gefolgt ist, berichtet er zornig, er habe soeben erfahren, dass ihr Bräutigam bereits verheiratet sei. Die Marschallin, die wie eine „Dea ex Machina“ auftritt, nimmt die verworrene Angelegenheit in die Hand und schickt die Polizisten fort. Endlich durchschaut der Mitgiftjäger die Intrige, doch er kann froh sein, nur die Rechnung des Wirts begleichen zu müssen. Die lukrative Eheschließung ist geplatzt.

Die Marschallin, die längst gemerkt hat, dass Octavian und Sophie sich lieben, gibt ihren jungen Geliebten großmütig frei.

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„Der Rosenkavalier“ ist eine leichte Komödie und kein tiefschürfendes Drama. „War eine wienerische Maskerad und weiter nichts“, sagt die Marschallin zu Baron Ochs auf Lerchenau im dritten Akt. Das heißt aber nicht, dass es keine ernsten Themen gibt. Beispielsweise denkt die Marschallin über das Altern und den Verzicht nach. Der poltrige Landadelige mit seinem gesellschaftlichen Dünkel glaubt Octavian raten zu müssen, wie man mit Neureichen umspringt: „Musst denen Bagatelladeligen immer zeigen, dass nicht für unseresgleichen sich ansehen dürfen, muss immer was von Herablassung dabei sein.“ Und Sophie klagt über ihr Los als Frau: „Freilich. Er ist ein Mann, da ist Er, was Er bleibt. Ich aber brauch erst einen Mann, dass ich was bin. Dafür bin ich dem Mann dann auch gar sehr verschuldet.“

1909 begann Hugo von Hofmannsthal die Arbeit am „Rosenkavalier“. Sein Freund Harry Graf Kessler unterstützte ihn dabei. Auf der Grundlage eines ersten Szenars schufen dann Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss die Oper, die am 26. Januar 1911 in Dresden uraufgeführt wurde. Im selben Jahr veröffentlichte der S. Fischer Verlag in Berlin die Buchfassung von Hugo von Hofmannsthal. Das Libretto war bereits kurz vorher von Adolph Fürstner in Berlin gedruckt worden.

Dass es zwischen dem Dichter und dem Komponisten Kontroversen in Stilfragen gab, zeigen die Briefwechsel Hofmannsthal – Kessler und Hofmannsthal – Strauss. Thomas Mann schrieb Hugo von Hofmannsthal nach der erfolgreichen Münchner Opernpremiere: „Aber wie, um Gottes willen, verhalten denn Sie sich nun eigentlich zu der Art, in der Richard Strauss Ihr leichtes Gebild belastet und in die Länge gezogen hat?! Vier Stunden Getöse um einen reizenden Scherz!“ Trotz unterschiedlicher Vorlieben war die Zusammenarbeit von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal gewinnbringend; die Oper „Der Rosenkavalier“ erwies sich als Welterfolg.

Literaturhinweise:

  • Dirk O. Hoffmann (Hg.), in Zusammenarbeit mit Ingeborg Haase und Artur Hartlieb-Wallthor: Der Rosenkavalier. Textfassungen und Zeilenkommentar (Hollitzer Verlag, Wien 2016, 280 Seiten,
    ISBN 978-3-99012-348-5)
  • Mathias Mayer, Julian Werlitz (Hg.): Hofmannsthal-Handbuch. Leben, Werk, Wirkung (J. B. Metzler Verlag, Stuttgart 2016, 426 Seiten, ISBN 978-3-476-02591-3)
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002 / 2017
Textauszüge: © S. Fischer Verlag (Buchfassung) / © Adolph Fürtner (Libretto)
Bei Ingeborg Haase bedanke ich mich herzlich für Korrekturen und Ergänzungen.

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