Lolita

Lolita

Lolita

Originaltitel: Lolita - Regie: Stanley Kubrick - Drehbuch: Vladimir Nabokov, nach seinem Roman "Lolita" - Kamera: Oswald Morris - Schnitt: Anthony Harvey - Musik: Nelson Riddle, Bob Harris - Darsteller: James Mason, Sue Lyon, Shelley Winters, Peter Sellers, Gary Cockrell u.a. - 1962; 150 Minuten

Inhaltsangabe

Ein 37-jähriger, in die USA emigrierter Literaturwissenschaftler aus Paris gerät in den Bann einer frühreifen 15-jährigen Amerikanerin – Lolita – und heiratet deren verwitwete Mutter, um in ihrer Nähe bleiben zu können. Nach einem indirekt von ihm verschuldeten tödlichen Unfall seiner Ehefrau irrt er mit seiner Stieftochter durch die USA und verfällt ihr in sexueller Hörigkeit.
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Kritik

Bei dieser ersten Verfilmung seines Romans "Lolita" schrieb Vladimir Nabokov das Drehbuch, aber von dem Film, den Stanley Kubrick danach drehte, zeigte er sich enttäuscht.
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Der siebenunddreißigjährige europäische Literaturprofessor Humbert Humbert (James Mason) sucht für den Sommer 1947 ein ruhiges Zimmer in der abgelegenen nordamerikanischen Kleinstadt Ramsdale, wo er ungestört arbeiten kann. Von der Hausbesitzerin Charlotte Haze (Shelley Winters), deren Mann vor sieben Jahren starb, will er sich gerade verabschieden, weil er merkt, dass sie sich einsam fühlt und es auf eine Männerbekanntschaft abgesehen hat. Zum Schluss zeigt sie ihm noch kurz den Garten. Da sonnt sich ihre fünfzehnjährige Tochter Dolores (Sue Lyon) im Bikini. Humbert ist hingerissen von dem frühreifen blonden Mädchen, das „Lolita“ genannt wird. Er nimmt das Zimmer.

Zunehmend verfällt er der „Nymphe“ und protokolliert seine leidenschaftlichen Gefühle ebenso wie seine Verachtung für Charlotte in einem Tagebuch. Eifersüchtig beobachtet er Lolita beim Tanzen mit einem Gleichaltrigen. Er kann nicht verhindern, dass Charlotte ihre Tochter am Ende des Schuljahres in ein 200 Meilen entferntes Feriencamp schickt.

Charlotte, die mehrmals vergeblich versucht hat, Humbert zu verführen, zwingt ihn schließlich zur Entscheidung: Entweder er ziehe aus oder er bleibe, aber in diesem Fall nicht als Untermieter, sondern als ihr Geliebter. Humbert heiratet Charlotte.

Aber Charlottes Glück ist von kurzer Dauer. Sie findet das Tagebuch. Entsetzt über den abscheulichen Betrug und die Gefährdung ihrer Tochter läuft sie kopflos aus dem Haus – einem Nachbarn direkt vors Auto. Sie stirbt noch an der Unfallstelle.

Humbert nimmt das Beileid der Bekannten entgegen und fährt dann in das Feriencamp, um Lolita abzuholen. Er lügt ihr zunächst vor, ihre Mutter sei in einem Krankenhaus; als ihr Stiefvater werde er sich von jetzt an um sie kümmern und sie auf eine längere Reise mitnehmen. (Erst nach ein paar Tagen sagt er ihr die Wahrheit.) Im Motel gibt es wegen eines Polizeikongresses nur noch ein einziges Zimmer mit einem Doppelbett. Erst spät am Abend, als Lolita bereits schläft, besorgt man Humbert ein zusätzliches Klappbett, das er widerwillig aufstellen lässt.

In einer der folgenden Nächte beginnen Humbert und Lolita mit einer sexuellen Beziehung. Er tut alles, um sie nicht zu verlieren, und sie nützt seine Hörigkeit aus und unterwirft ihn ihren launischen Wünschen.

Während der monatelangen Reise werden Humbert und Lolita ständig von einem Auto verfolgt. Humbert rätselt darüber, ob es sich um einen Detektiv oder einen anderen Liebhaber Lolitas handeln könnte. Führt sie ein Doppelleben? Einmal beobachtet er in einer Tankstelle, dass sie mit dem Fahrer des anderen Wagens spricht. Zur Rede gestellt, lügt sie, der Fremde habe nach dem Weg gefragt. In den Motels, in denen sie übernachten, taucht immer wieder der Drehbuchautor Clare Quilty (Peter Sellers) mit einer geheimnisvollen schwarzhaarigen Frau an seiner Seite auf.

Nach einigen Monaten ist Lolita plötzlich fort. Erst drei Jahre später hört Humbert wieder von ihr: In einem Brief bittet sie ihn um Geld. Sofort reist er zu der angegebenen Adresse. Lolita ist inzwischen mit einem jungen Handwerker verheiratet und schwanger.

Schonungslos erzählt sie ihm, dass sie damals ein Verhältnis mit Clare Quilty hatte. Der verfolgte sie, bis sie mit ihm durchbrannte. Hasserfüllt fährt Humbert zu der Villa Quiltys. Der kauzige Autor ist betrunken und versucht Humbert abzulenken. Aber der geht auf nichts ein. Er feuert seinen Revolver leer, trifft Quilty aber nur ins Bein, als dieser die Treppe hinauf ins Obergeschoss fliehen will. Während Claire Quilty vor Schmerzen stöhnt und sich mit den Händen weiter nach oben zieht, lädt Humbert unbarmherzig den Revolver nach und erschießt ihn durch das Gemälde einer Frau hindurch.

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Durch den Skandal, den die Veröffentlichung seines Romans „Lolita“ 1955 auslöste, wurde Vladimir Nabokov über Nacht berühmt. Ein paar Jahre später schrieb er das – später für einen „Oscar“ nominierte – Drehbuch für die erste Verfilmung, wobei er das Alter Lolitas von zwölf auf fünfzehn heraufsetzte, vielleicht in dem Glauben, die Geschichte dadurch etwas zu entschärfen. Im Film fehlt die Erklärung für Humberts obsessive Pädophilie: Als Jugendlicher verliebte er sich leidenschaftlich und unglücklich in ein Mädchen, das so aussah wie Lolita. Darüber kam er nie hinweg. Nun wirkt seine kranke Liebe zerstörerisch.

Obwohl es sich bei „Lolita“ um ein abgründiges Psychodrama über sexuelle Hörigkeit und obsessive Pädophilie handelt, enthalten Buch und Film auch skurrile, parodistische und tragikomische Szenen. Stanley Kubrick kürzte die Geschichte im zweiten Teil und verschob auf diese Weise die Balance zugunsten der Episoden mit Lolitas Mutter. Ein Film kann dem Sprachwitz Vladimir Nabokovs nicht gerecht werden. Insgesamt zeigte Vladimir Nabokov sich am Ende von Stanley Kubricks Verfilmung enttäuscht: „Die Modifikationen, die Verballhornung meiner besten kleinen Funde, die Weglassung ganzer Szenen, die Hinzufügung neuer sowie alle möglichen anderen Änderungen hatten vielleicht nicht ausgereicht, meinen Namen aus dem Vorspann zu tilgen, aber sie machten den Film dem ursprünglichen Drehbuch zweifellos so ungetreu, wie es die Rimbaud- oder Pasternak-Übersetzung eines amerikanischen Dichters ist.“

„Lolita“ ist gewiss nicht Stanley Kubricks bester Film.

1997 drehte Adrian Lyne eine Neuverfilmung: „Lolita“.

Literaturhinweise zu „Lolita“:

  • Vladimir Nabokov: Lolita. Übersetzung: Helen Hessel, Maria Carlsson, Kurt Kusenberg, Gregor von Rezzori und Heinrich-Maria Ledig-Rowohlt, bearbeitet von Dieter E. Zimmer. Rowohlt Verlag, Reinbek 1957
  • Vladimir Nabokov: Lolita. Ein Drehbuch. Nach den Originaltyposkripten zusammengestellt und übersetzt von Dieter E. Zimmer. Rowohlt Verlag, Reinbek 1999

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003

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