Andreas Maier : Usingen

Usingen

Andreas Maier

Usingen

Usingen Erstveröffentlichung in "Edition 21. Junge deutsche Literatur", Club Bertelsmann 2001 © Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M 2001
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Innerer Monolog eines Erzählers: Jeden Tag frage er sich nach der Begründung seines Tuns. Alle außer ihm hätten auf diese Frage offenbar bereits beruhigende Antworten gefunden. Zumindest täten sie so ...
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Kritik

"Usingen" ist eine witzige kleine Erzählung mit viel Musik in der Sprache. Ein köstliches Lesevergnügen.

Textauszüge:

Eine Frage, die sich mir immer wieder stellt, ohne dass ich das umgehen könnte (nämlich dass sie sich mir immer wieder stellt), ist die nach der Begründung meines Tuns. Ich weiß schon, das ist eine lächerliche Frage. Ich weiß ja auch, alle haben sich diese Frage, wie es mir täglich scheint, schon sehr oft gestellt, und sie sind, auch das scheint mir immer wieder so, zu überaus schlüssigen Antworten gekommen, denn mit genau diesen Gesichtern laufen sie herum […]
Und genau das macht diese Frage ja so lächerlich, weil sie nämlich offensichtlich schon beantwortet ist. Sie ist so banal und abgedroschen, dass man sie sogar überhaupt nicht mehr beachten muss […]
Es gibt also nichts Lächerlicheres als diese Frage nach der Begründung meines Tuns; aber wie es so ist mit den lächerlichen Dingen, mit der eigenen Lächerlichkeit … sie läuft dir hinterher wie ein treuer Hund, in jede Gasse, in jede Wirtschaft, mit wedelndem Schwanz, und jeder spricht dich darauf an […] Wer würde einen solchen Hund schon totschlagen […] Und doch wäre es die einzige Möglichkeit, ihn loszuwerden […]
Und nun aber zu dem, was ich eigentlich erzählen wollte! […]

Was ich zu erzählen vorhatte, ja, es ist möglicherwiese nicht so einfach zu erzählen, wie ich zuerst gedacht hatte […]
Ich bin völlig verwirrt und rede gänzlich abwegiges Zeug. Ja, ich sehe es ja selbst. Und dennoch, ich sitze da und schreibe genau das nieder; es geschieht, ich sagte ja, dauernd läuft mir dieser Hund nach, den totzuschlagen ich nicht über mich gebracht habe […]

Ja, ich sehe, ich hätte das alles doch klarer und einfacher strukturieren sollen. Kein Mensch wird mir bis hier gefolgt sein […]
Aber ich muss endlich auf den eigentlichen Inhalt dessen, was ich erzählen wollte, zu sprechen kommen […]
Und wie soll ich überhaupt erzählen, was geschah? Es ist ja nicht einmal erzählenswert, es ist alles auch schon tausendfach gesagt […]
O es ist ein Fehler, dieses Wortemachen, jeder weiß: wie nutzlos, wie überflüssig […] Und sage ich auch nur ein Wort hier in Usingen … aber wozu auch … schlagt ihn tot, den Hund, werden sie rufen … so schlagt doch endlich zu […] Dieser Ruhestörer … wir wollen sie nicht, diese Belästigung … diese andauernde Belästigung … durch ihn … ihn … schlagt zu … schlagt, ja, schlagt zu …

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002
Textauszüge: © Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M 2001

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