Rebecca McClanahan : Schreiben wie gemalt

Schreiben wie gemalt
Originalausgabe: Word Painting. A Guide to Writing More Descriptively. Cincinnati 1999 Schreiben wie gemalt Übersetzung: Ulrike Bischoff Zweitausendeins, Frankfurt/M 2002
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

In Rebecca McClanahans Buch lesen wir vieles, was auch in anderen Büchern steht, denn sie beschäftigt sich mit nahezu allen stilistischen Aspekten des Schreibens. Da die Autorin aber jedes Kapitel auf die Frage zuschneidet, was gute Beschreibungen ausmacht und wie man damit die Qualität eines Textes verbessern kann, gewinnt sie dem Thema eine neue Perspektive ab.
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Kritik

Ihre Anregungen gliedert Rebecca McClanahan in drei Schritte, die sie mit den Schlagworten "Auge, Wort und Geschichte" bezeichnet.

Achten Sie darauf, ausschließlich spezifische Substantive und beschreibende Adjektive zu verwenden und alle Etikettierungen und Erklärungen zu vermeiden. (S. 59)

Meist ist es wirkungsvoller, den Eindruck unmittelbar wiederzugeben, statt ihn durch das Bewusstsein des Erzählers oder einer Figur zu filtern […] (S. 73)

[…] wichtig ist die Macht konkreter Details, die Leser nicht nur geistig, sondern auch emotional einzubinden. (S. 85)

Flannery O’Connor sagt: „Der Autor belletristischer Texte muss sich darüber im Klaren sein, dass er Mitleid nicht durch Mitleid, Gefühl nicht durch Gefühl und Gedanken nicht durch Gedanken erzeugen kann. All diesen Dingen muss er einen Körper geben; er muss eine Welt mit Gewicht und Ausdehnung schaffen.“ (S. 85)

Wenn wir sorgfältig auf die Kleinigkeiten der Geschichte achten, was Gardner als „Authentizität von Augenblick zu Augenblick“ bezeichnet, sind unsere Leser gefesselt. Sie nehmen die Informationen nicht nur auf, sondern fühlen sich auch emotional angesprochen. (S. 86)

[…] Empfindungen haben ihren Sitz […] unterhalb der Großhirnrinde, jenseits der Abstraktionen, Erklärungen und Analysen in der lebendigen Welt des Realen […] (S. 88)

Da unsere Kultur visuell orientiert ist, denken wir bei Beschreibungen vor allem an das, was wir sehen. […] Die anderen Sinne beim Schreiben zu ignorieren wäre jedoch, als säßen Sie mit Ohrstöpseln, Arbeitshandschuhen und Operationsmaske über Mund und Nase in einem Feinschmeckerrestaurant. (S. 92)

Eine Metapher kann man nicht nachträglich einbauen. […] Metaphern […] sind keine Verzierung, mit der sich ein fertiger Text ausschmücken ließe. Sie sind der Stoff, aus dem der Text gemacht ist. (S. 125f)

Einer der häufigsten Fehler, die Leser frustrieren, besteht in einem abrupten Perspektivwechsel von einer Figur zur anderen. […] Jedes Mal, wenn der Autor die Perspektive wechselt, was ein allwissender Erzähler ständig tun muss, braucht der Leser Zeit, sich auf diesen Wechsel einzustellen. (S. 199 / 223)

Berichte laden zu Abstraktionen und Erklärungen ein; in ihrem Bemühen, in kürzester Zeit ein möglichst großes Gebiet abzudecken, versäumen Berichte häufig, die reale oder vorgestellte Welt zu beschreiben. (S. 269)

Wie eine Gangschaltung des narrativen Vehikels können Beschreibungen die Handlung gleichermaßen beschleunigen oder verlangsamen. (S. 273)

Um die Spannung zu erhalten, müssen wir zwischen szenischer und berichtender Darstellung, zwischen Zeigen und Sagen und zwischen Bremsen udn Beschleunigen wechseln. (S. 274)

Eine der effektivsten Methoden, das Tempo Ihrer Erzählung zu erhöhen, ist, von der statischen Beschreibung eines Gegenstandes, eines Ortes oder einer Person zu einer aktiven Szene überzugehen. Der klassische Weg ist, die Figur in eine Interaktion mit dem gerade beschriebenen Gegenstand treten zu lassen. (S. 274)

Schnelle, laute Aktivität erregt nicht immer unsere Aufmerksamkeit. (S. 276)

Verlangsamen. Bremsen. Verzögern. Diese Techniken erhöhen die Spannung. (S. 277)

Im Allgemeinen ist es am besten, durchgängig bei der vorherrschenden grammatischen Zeit Ihrer Erzählung zu bleiben. Manchmal kann es jedoch wirkungsvoll sein, mitten im Erzählfluss das Tempus zu wechseln. […] Ein Wechsel vom Präteritum zum Präsens […] eignet […] sich gut, die Aufmerksamkeit auf einen dramatischen Vorgang zu lenken […] (S. 278)

In Rebecca McClanahans Buch lesen wir vieles, was auch in anderen Büchern steht, denn sie beschäftigt sich mit nahezu allen stilistischen Aspekten des Schreibens. Da die Autorin aber jedes Kapitel auf die Frage zuschneidet, was gute Beschreibungen ausmacht und wie man damit die Qualität eines Textes verbessern kann, gewinnt sie dem Thema eine neue Perspektive ab.

Die Anregungen gliedert sie in drei Schritte, die sie mit den Schlagworten „Auge, Wort und Geschichte“ bezeichnet: (1) die Sensibilität in der Wahrnehmung, nicht nur mit dem Auge, sondern mit allen Sinnen, (2) die Kunst, das Wahrgenommene so in Worte zu fassen, dass bei den Leserinnen und Lesern die

gewünschte Vorstellung entsteht, und (3) die Einbettung der Beschreibungen in eine wirkungsvolle Geschichte.

Lesenswert ist zum Beispiel, was Rebecca McClanahan über die verschiedenen Erzählperspektiven und häufige Stilfehler in diesem Bereich schreibt. Verwirre ich die Leserinnen und Leser mitunter durch einen unvermittelten Wechsel der Erzählperspektive, zu rasche Änderungen der Objekte, auf die ein Protagonist seine Aufmerksamkeit richtet und / oder indem ich unüberlegt von einer sehr persönlichen in eine sachliche Darstellung übergehe? Rebecca McClanahan setzt sich auch mit den Vor- und Nachteilen jeder Erzählperspektive auseinander und gibt beispielsweise zu bedenken, dass ein auktorialer Erzähler zu Abstraktionen neigt. Sie fasst zusammen:

Eine Ich-Erzählung kann zu bruchstückhaft und subjektiv wirken, da sie auf eine Sicht und eine Stimme beschränkt ist. Die objektive Erzählung in der dritten Person beschränkt sich auf konkrete Äußerlichkeiten und kann mich emotional kalt lassen. Ein allwissender Erzähler schafft mit seinen unendlichen Freiheiten in Zeit, Raum und Bewusstsein eine ganze eigene Distanz. Für Leser, die sich gleichermaßen nach psychologischer Intimität und weltlicher Wahrheitstreue sehnen, eigenen sich Geschichten, die aus Sicht eines begrenzt allwissenden Erzählers dargestellt sind.

Vor der Fertigstellung eines Manuskriptes gilt es zu überlegen, ob die Leser wohl das Wesentliche in Erinnerung behalten werden:

Was wirklich zählt ist letzten Endes das Gesamtbild, der fiktionale Traum, der hängen bleibt, wenn die Details verblasst sind. Das Gesamtbild entsteht nicht nur aus den Beschreibungen unserer Charaktere, Schauplätze und Ereignisse, sondern durch Kräfte, die über und unter der Oberfläche unserer Geschichte walten: Atmosphäre, Stimmung, Gefühl, Motiv, Thema, Form, Struktur und Ton.

Dass die Autorin nach jedem Kapitel ein paar Übungen vorschlägt, macht aus dem Buch noch keinen Workshop. Aber das ist eine Kritik an die Adresse des Verlages, nicht der Autorin, denn der Titel der Originalausgabe heißt lediglich: Word Painting. A Guide to Writing More Descriptively.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002
Textauszüge: © Zweitausendeins

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