Dennis Meadows : Die Grenzen des Wachstums

Die Grenzen des Wachstums
Dennis Meadows, Conella Meadows, Erich Zahn, Peter Milling The Limits to Growth Universe Books, New York 1972 Die Grenzen des Wachstums Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit Übersetzung: Hans-Dieter Heck Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1972 Rowohlt Taschenbuch, Reinbek 1973 ISBN: 3-499-16825-1, 180 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Untersucht wurden die Grenzen des Wachstums, die durch die Vernetzung der Grundgrößen Bevölkerung, Kapital, Nahrungsmittel, Rohstoffvorräte, Umweltverschmutzung gegeben sind. Obwohl das Team um Dennis Meadows mit verschiedenen Szenarien arbeitete, prognostizierte das Computer-Modell, dass es innerhalb von 100 Jahren zum Kollaps des Weltsystems kommen wird, falls die Menschheit nicht wirkungsvoll gegensteuert ...
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Kritik

Eine vom Club of Rome initiierte, 1972 veröffentlichte Studie am MIT machte auf die Grenzen des Wachstums u.a. der Weltbevölkerung aufmerksam und sensibilisierte die Öffentlichkeit für die Themen Energiesparen und Umweltschutz.

Der Club of Rome wurde 1968 von dem italienischen Unternehmer Aurelio Peccei (1908 – 1984) und dem schottischen Wissenschaftler Alexander King (1909 – 2007 in der Accademia dei Lincei in Rom gegründet. Es handelt sich um einen unkommerziellen, informellen und internationalen Zusammenschluss von Wissenschaftlern, Industriellen, Ökonomen und Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben mit dem Zweck, die Ursachen und Zusammenhänge der kritischen Menschheitsprobleme zu ergründen. So initiierte der Club of Rome eine Studie, die (übrigens mit finanzieller Förderung durch die Stiftung Volkswagenwerk) vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) durchgeführt wurde und für weltweites Aufsehen sorgte.

In einer in dem Buch „Die Grenzen des Wachstums“ abgedruckten Erklärung des Exekutivkomitees des Club of Rome heißt es dazu:

Zwei Gründe haben uns vor allem veranlasst, das MIT zu ersuchen, die vorliegende Untersuchung durchzuführen:
1. Wir wollten die Grenzen unseres Weltsystems und die Zwänge, die es dem Menschen auferlegt und die seine Aktivitäten lenken, genauer kennenlernen. Stärker als je zuvor tendiert die Menschheit gegenwärtig zu beschleunigtem Wachstum der Bevölkerung, rascherer Nutzung von Boden, Steigerung von Produktion, Verbrauch und Erzeugung von Schadstoffen. Man nimmt dabei kurzerhand an, dass der natürliche Lebensraum dies zulasse oder dass Wissenschaft und Technik alle etwaigen Hindernisse überwinden könnten. Wir wollten wissen, bis zu welchem Grad diese Haltung mit den Gegebenheiten auf unserem begrenzten Planeten und den grundlegenden Notwendigkeiten unserer menschlichen Gemeinschaft vereinbar ist – von der Milderung sozialer und politischer Spannungen bis zur Verbesserung der Lebensqualität für alle.
2. Wir wollten dazu beitragen, die beherrschenden Kräfte und die zwischen ihnen wirkenden Beziehungen klar herauszuarbeiten, die auf lange Sicht unser Weltsystem beeinflussen.

Das Forscherteam am MIT um den Ökonomen Dennis Meadows (* 1942) und dessen damaliger Ehefrau, der Umweltforscherin Donella Meadows (1941 – 2001), arbeitete mit einem Computermodell, das Jay Wright Forrester (* 1918),

ein Pionier der Computertechnik und der Systemdynamik am MIT, mit der System Dynamics Group entwickelt hatte. Das Weltmodell World3 ermöglichte es, die Interaktionen zwischen Objekten in komplexen dynamischen Systemen zu simulieren. So eine Computer-Simulation war in einer Zeit, in der man noch Großrechner dafür benötigte, etwas Außergewöhnliches. (Seit 2004 gibt es das Modell in einer leicht modifizierten Version für den Einsatz auf PCs.)

Ein dynamisches Modell beruht auf denselben unvollständigen Informationen, wie sie intuitiven Modellen zu eigen sind, aber es ermöglicht die organisierte Ordnung zahlreicher Informationen aus den verschiedenen Quellen mittels einer Struktur von Regelkreisen, die sie exakt miteinander dynamisch verknüpft und jederzeit der Analyse zugänglich macht.

Untersucht wurden die fünf wichtigsten Trends mit globaler Wirkung:

  • rapides Bevölkerungswachstum
  • beschleunigte Industrialisierung
  • weltweite Unterernährung
  • Ausbeutung der Rohstoffreserven
  • Zerstörung des Lebensraums

 

Dementsprechend berücksichtigte World3 fünf Grundgrößen (Pegel):

  • Bevölkerung
  • Kapital
  • Nahrungsmittel
  • Rohstoffvorräte
  • Umweltverschmutzung

 

In ihrem Buch „Die Grenzen des Wachstums“ zeigen die Autoren zunächst, dass entscheidende Parameter wie das Bevölkerungswachstum nicht linear, sondern exponentiell wachsen, und sie erläutern ausführlich, was das bedeutet.

Der Verlauf fast aller menschlichen Aktivitäten von der Nutzung von Kunstdünger bis zur Ausbreitung von Städten über das Land kann mit exponentiellen Wachstumskurven beschrieben werden.

In einem Gartenteich wächst eine Lilie, die jeden Tag auf die doppelte Größe wächst. Innerhalb von dreißig Tagen kann die Lilie den ganzen Teich bedecken und alles andere Leben in dem Wasser ersticken. Aber ehe sie nicht mindestens die Hälfte der Wasseroberfläche einnimmt, erscheint ihr Wachstum nicht beängstigend; es gibt ja noch genügend Platz, und niemand denkt daran, sie zurückzuschneiden, auch nicht am 29. Tag, noch ist ja die Hälfte des Teiches frei.

Die zweite wichtige Feststellung des Forscherteams bezieht sich auf die Wechselwirkungen zwischen den Parametern: Sie sind durch Regelkreise miteinander verknüpft. Auch das wird im Buch eingehend dargestellt.

Im Weltsystem sind zwei positive Regelkreise wirksam, die exponentielles Wachstum von Bevölkerung und Industriekapital hervorrufen. […] Die wichtigen negativen Regelkreise im Weltsystem bringen die Umweltverschmutzung, die Erschöpfung natürlicher Rohstoffe und die Hungersnöte mit sich.

Obwohl Dennis Meadows, Donella Meadows und ihre Kollegen mit verschiedenen Szenarien arbeiteten, prognostierte das Computer-Modell immer wieder, dass die Grenzen des Wachstums innerhalb von 100 Jahren erreicht werden und es dann zum Kollaps des Weltsystems kommen wird, falls die Menschheit nicht wirkungsvoll gegensteuert.

Wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhält, werden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht. Mit großer Wahrscheinlichkeit führt dies zu einem ziemlich raschen und nicht aufhaltbaren Absinken der Bevölkerungszahl und der industriellen Kapazität.

Allerdings sei diese Entwicklung nicht unausweichlich, betonen die Wissenschaftler.

Es erscheint möglich, die Wachstumstendenzen zu ändern und einen ökologischen und wirtschaftlichen Gleichgewichtszustand herbeizuführen, der auch in weiterer Zukunft aufrechterhalten werden kann. Er könnte so erreicht werden, dass die materiellen Lebensgrundlagen für jeden Menschen auf der Erde sichergestellt sind und noch immer Spielraum bleibt, individuelle menschliche Fähigkeiten zu nutzen und persönliche Ziele zu erreichen.

Je eher die Menschheit damit anfange, die entscheidenden Wachstumstendenzen zu dämpfen, also v. a. das Bevölkerungswachstum und den Schadstoffausstoß zu vermindern, desto größer seien die Chancen, den Zusammenbruch zu vermeiden und stattdessen einen Gleichgewichtszustand zu erreichen.

Die Ergebnisse der Studie wurden im Sommer 1971 zunächst auf zwei internationalen Konferenzen in Moskau bzw. Rio de Janeiro vorgestellt und im Jahr darauf in Buchform veröffentlicht: Donella H. Meadows, Dennis L. Meadows, Jørgen Randers, William W. Behrens III: The Limits to Growth (Universe Books, 1972); Dennis Meadows, Donella Meadows, Erich Zahn, Peter Milling: „Die Grenzen des Wachstums“, Übersetzung: Hans-Dieter Heck (Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1972).

Wie nicht anders zu erwarten, fielen die Reaktionen auf die Forschungsergebnisse unterschiedlich aus, und es gab auch viel Kritik. Aber der Bericht schuf ein Bewusstsein dafür, dass die Ressourcen der Erde nicht unbeschränkt sind und lenkte die Aufmerksamkeit auf die Grenzen des Wachstums. Dadurch wurde zumindest in einigen westlichen Staaten wie der Bundesrepublik Deutschland ein Umdenken ausgelöst, und man begann, Energie zu sparen und die Umwelt zu schonen.

Wir sind überzeugt, dass eine klare Vorstellung über die quantitativen Grenzen unseres Lebensraums und die tragischen Konsequenzen eines Überschießens seiner Belastbarkeit dafür wesentlich ist, neue Denkgewohnheiten zu entwickeln, die zu einer grundsätzlichen Änderung menschlichen Verhaltens und damit auch der Gesamtstruktur der gegenwärtigen Gesellschaft führen. (Exekutivkomitee des Club of Rome)

1973 wurde der Club of Rome mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.

1991 überprüften Dennis Meadows, Donella Meadows und ihre Kollegen die Ergebnisse der inzwischen 20 Jahre alten Studie. Obwohl sie dabei in der Zwischenzeit entdeckte Rohstofflagerstätten und andere neue Erkenntnisse berücksichtigten, bestätigte die Simulation die wesentlichen Ergebnisse von damals. Die Ergebnisse fielen eher noch alarmierender aus:

Die Nutzung vieler natürlicher Ressourcen und die Freisetzung schlecht abbaubarer Schadstoffe haben bereits die Grenzen des physikalisch auf längere Zeit Möglichen überschritten. Wenn der Einsatz dieser Materialien und die Energieflüsse nicht entscheidend gesenkt werden, kommt es in den nächsten Jahrzehnten zu einem nicht mehr kontrollierbaren Rückgang der Nahrungsmittelerzeugung, der Energieverfügbarkeit und der Industrieproduktion.

Buchveröffentlichung:
Donella Meadows, Dennis L. Meadows, Jørgen Randers: Beyond the limits. Global collapse or a sustainable future (Earthscan Publications, 1992); Donella Meadows, Dennis L. Meadows, Jørgen Randers: Die neuen Grenzen des Wachstums. Die Lage der Menschheit. Bedrohung und Zukunftschancen, Übersetzung: Hans-Dieter Heck (Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1992).

1972 hatten die Autoren für das Jahr 2003 eine Weltbevölkerung von 7 Milliarden prognostiziert. Tatsächlich lebten 2003 6,3 Milliarden Menschen auf der Erde. Die 7 Milliarden wurden erst Ende Oktober 2011 erreicht.

2004 veröffentlichten Dennis Meadows und seine Kollegen einen weiteren Update. Dafür hatten sie kleine Veränderungen an World3 vorgenommen und die Anfangsgrößen auf den aktuellen Stand gebracht. Die Simulation erfasste den Zeitraum bis zum Jahr 2100. Wieder zeigte sich, dass spätestens 2100 der Zusammenbruch droht.

The end of growth, in whatever form, seemed to us to be a very distant prospect in 1972. All World3 scenarios in LTG [Limits to Growth] showed growth in population and economy continuing well past the year 2000. Even in the most pessimistic LTG scenario the material standard of living kept increasing all the way to 2015. Thus LTG placed the end of growth almost 50 years after the publication of the book. That seemed to be time enough for deliberation, choice, and corrective action – even at the global level.
When we wrote LTG we hoped that such deliberation would lead society to take corrective actions to reduce the possibilities of collapse. Collapse is not an attractive future. The rapid decline of population and economy to levels that can be supported by the natural systems of the globe will no doubt be accompanied by failing health, conflict, ecological devastation, and gross inequalities. Uncontrolled collapse in the human footprint will come from rapid increases in mortality and rapid declines in consumption. With appropriate choice and action such uncontrolled decline could be avoided; overshoot could instead be resolved by a conscious effort to reduce humanity’s demands on the planet. In this latter case gradual downward adjustment of the footprint would result from successful efforts to reduce fertility and from more equitable distribution of sustainable rate of material consumption.
It is worth repeating that growth does not necessarily lead to collapse. Collapse follows growth only if the growth has led to overshoot, to an expansion in demands on the planet’s sources, and sinks above levels that can be sustained. In 1972 it seemed that humanity’s population and economy were still comfortable below the planet’s carrying capacity. We thought there was still room to grow safely while examining longer-term options. That may have been true in 1972; by 1992 it was true no longer.

Die Wissenschaftler kamen zu dem ernüchternden Schluss, dass seit der Veröffentlichung von „Die Grenzen des Wachstums“ drei Jahrzehnte ohne durchgreifende Maßnahmen verstrichen seien.

Consequently, we are much more pessimistic about the global future than we were in 1972. It is a sad fact that humanity has largely squandered the past 30 years in futile debates and well-intentioned, but halfhearted, responses to the global ecological challenge. We do not have another 30 years to dither. Much will have to change if the ongoing overshoot is not to be followed by collapse during the twenty-first century.

Buchveröffentlichungen:
Donella Meadows, Dennis L. Meadows, Jorgen Randers: Limits to Growth. The 30-Year Update (Chelsea Green, 2004); Donella Meadows, Dennis L. Meadows, Jørgen Randers: Grenzen des Wachstums. Das 30-Jahre-Update. Signal zum Kurswechsel (Hirzel, Stuttgart 2006).

Anlässlich des 40. Jahrestages des ersten Berichts („Die Grenzen des Wachstums“) wandte sich der Club of Rome 2012 mit einem Ausblick auf die nächsten 40 Jahre an die Öffentlichkeit: „Die Menschheit hat die Ressourcen der Erde ausgereizt, und wir werden in einigen Fällen schon vor 2052 einen örtlichen Kollaps erleben“, sagte der Autor des neuen Reports, der norwegische Wirtschaftsexperte Jørgen Randers, bei der Präsentation in Rotterdam. „Wir stoßen jedes Jahr zweimal so viel Treibhausgas aus, wie Wälder und Meere absorbieren können.“ Prognostiziert wird nun ein Anstieg der Treibgasemissionen bis auf ein Maximum im Jahr 2030 und der Weltbevölkerung bis auf 8,1 Milliarden im Jahr 2040.

Technisch gesehen wären wir in der Lage, den Klimawandel in den Griff zu bekommen. Wir könnten bis 2050 die Emissionen um mehr als 60 Prozent zurückfahren. Es wäre ja nicht mal zu teuer, ein bis zwei Prozent des Bruttosozialprodukts würden ausreichen. Trotzdem wird es nicht passieren, weil die Demokratien mit ihrem Vierjahreszyklus auf die Gunst der Wähler angewiesen sind. Und der Kapitalismus funktioniert nun mal so, dass er schaut, wie man kurzfristig die höchste Rendite erzielen kann. Wir alle sind nicht willens, heute kleine Opfer zu bringen, um die riesigen Opfer in 50 Jahren zu vermeiden. (Jørgen Randers im Interview mit Alex Rühle, Süddeutsche Zeitung, 29. Dezember 2012)

Buchveröffentlichung:
Jorgen Randers: 2052. A global forecast for the next forty years (Chelsea Green, 2012); Jørgen Randers: 2052. Der neue Bericht an den Club of Rome. Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre (Oekom, München 2012).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012
Textauszüge: © Deutsche Verlagsanstalt / Dennis Meadows

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