Scheinwelt

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Scheinwelt. Vergangenheit endet nie – Originaltitel: Eventyrland – Regie: Arild Østin Ommundsen – Drehbuch: Arild Østin Ommundsen – Kamera: Arild Østin Ommundsen – Schnitt: Arild Østin Ommundsen – Musik: Thomas Dybdahl – Darsteller: Silje Salomonsen, Tomas Alf Larsen, Egil Birkeland, Vegar Hoel, Fredrik S. Hana, Ole Romsdal, Iben Østin Hjelle u.a. – 2013; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Eine junge Frau nimmt sich nach der Verbüßung einer Haftstrafe vor, ein neues Leben aufzubauen und für ihre kleine Tochter eine gute Mutter zu werden. Aber das ist nicht leicht. Die Bank verweigert ihr zunächst den für die Renovierung der Wohnung erforderlichen Kredit, und Bekannte von früher zerren sie in die Kriminalität zurück ...
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Kritik

"Scheinwelt. Vergangenheit endet nie" ist ein ergreifendes Psycho­drama. Arild Østin Ommundsen entwickelt die Handlung linear und ohne Effekthascherei. Glück und Entsetzen spiegeln sich auch im Stil der Bilder.
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Frank (Fredrik S. Hana) wartet mit seiner festen Freundin auf den Sonnen­unter­gang. Jenny (Silje Salomonsen) eröffnet ihm, schwanger zu sein, und er versichert ihr nicht nur, sich auf das Kind zu freuen, sondern steckt ihr auch einen Ring an.

Sobald es dunkel ist, gehen sie zu einem Gewächshaus. Mit einem Bolzen­schneider durchtrennt Frank die Kette am Vorhängeschloss. Die beiden sollen für den gemeinsamen Freund Ådne (Vegar Hoel) einen unter den Pflanzen versteckten Rucksack holen. Zunächst entdecken sie ein Gewehr. Frank will es mitnehmen und verkaufen. In Ådnes Rucksack stoßen sie auf ein großes Paket Haschisch. Mit Drogen möchte Jenny nichts zu tun haben, aber Frank meint, das Geld wäre bei der anstehenden Familiengründung nützlich.

Bevor sie eine Entscheidung treffen können, werden sie von einem anderen Kriminellen überrascht. Schüsse fallen. Auch Jenny schießt mit dem kurz zuvor entdeckten Gewehr. Am Ende liegen beide Männer am Boden.

Im Gefängnis bringt sie ihre Tochter zur Welt. Merete (Iben Østin Hjelle) wächst bei einer Pflegemutter auf: Claire (Lene Heimlund Larsen). Jenny sieht das Kind nur während seltener Freigänge.

Nach zehn Jahren wird Jenny aus der Haft entlassen.

Sie besucht Frank in einem Pflegeheim. Er liegt seit zehn Jahren im Koma. Franks Vater (Kjell Breivik), bei dem Jenny ebenfalls vorbeischaut, rät ihr, sich nicht an den Jugendfreund zu ketten, sondern sich eine neue Zukunft aufzubauen.

Jenny will sich von ihren kleinkriminellen früheren Freunden und Bekannten fernhalten und ihre Tochter bei sich haben. Der für sie zuständige Sozialarbeiter (Tore Reidarsønn Kvam) mahnt sie zur Geduld. Sie müsse sich erst bewähren, sagt er, bevor sie ihr Kind zurückbekommen könne. Ohnehin sind die Wasserrohre in ihrer Wohnung kaputt, und für die Reparatur ist es erforderlich, die Wände aufzustemmen. Der Klempner (Terje Torkildsen) rät Jenny, einen Kredit zu beantragen.

Bei dem Bankangestellten, der sich damit beschäftigt, handelt es sich um ihren früheren Mitschüler Gary (Tomas Alf Larsen). Sie erkennt ihn zunächst nicht, aber er freut sich über das Wiedersehen und möchte mit ihr ausgehen. Jenny hält ihm den Ring hin, den sie seit zehn Jahren trägt.

Nach ein paar Tagen überbringt Gary ihr die Entscheidung der Bank. Man lehnt es ab, einer mittel- und arbeitslosen Frau, die eine lange Haftstrafe verbüßte, einen Kredit zu gewähren.

Wie soll Jenny ohne einen Kredit den Klempner bezahlen, der auch nicht bereit ist, die Arbeit abzuschließen, bevor er sein Geld bekommen hat. In ihrer Verzweiflung fährt sie zu Ådne. Er sei ihr etwas schuldig, meint sie, nicht nur, weil er die Katastrophe vor zehn Jahren heraufbeschwor, sondern auch, weil sie ihn weder bei der Polizei noch vor Gericht verriet. Er verspricht ihr immerhin, sich um den Klempner zu kümmern, und bald darauf fließt in Jennys Wohnung wieder Wasser aus dem Hahn.

Gary hat sich inzwischen in der Bank für Jenny eingesetzt und überbringt ihr ein Kreditangebot, dessen Konditionen er für erfüllbar hält.

Ådne stiehlt mit Jenny zusammen Farbe aus einem Lager, damit sie die Wände streichen und bemalen kann. Gary hilft ihr bei der Arbeit.

Kurz bevor Jenny ihre Tochter in die renovierte Wohnung holen kann, steht der Kleinkriminelle Eddie Vedder (Egil Birkeland) vor der Tür. Er hat Tønder (Ole Romsdal) bei sich, einen Kumpan des von Jenny erschossenen Drogenkriminellen. Sie lässt die Männer nicht herein, aber die beiden schlagen eine Fenster­scheibe ein und überfallen Jenny. Dann fahren sie mit ihr zu den Gewächs­häusern. Dort weist Tønder darauf hin, dass er damals alles verlor: nicht nur seinen besten Kumpel, sondern auch sein Drogengeschäft, die Freundin und sein Privathaus. Als Wieder­gut­machung verlangt er, dass Jenny für ihn „Jobs“ erledigt. Dabei interessiert es ihn nicht, dass sie zehn Jahre Haft verbüßte, nicht bei ihrer Tochter sein konnte und der Vater des Kindes ein Pflegefall geworden ist.

Endlich darf Merete bei ihr übernachten. Das Kind freut sich über die mit einem Märchenwald bemalten Wände.

Aber das Glück ist von kurzer Dauer. Eddie und Tønder bringen Jenny einen mit Drogen gefüllten Koffer. Den Inhalt soll sie verkaufen, und die Ganoven raten ihr, es mit kleinen Mengen vor Schulen zu versuchen.


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überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Stattdessen wendet sie sich an Ådne. Er soll ihr helfen. Aber der Kleinkriminelle schlägt sie in einer abgelegenen Gegend mit einem Stahlrohr nieder und raubt ihr den Koffer, denn mit den Drogen hofft er, seine Schulden bei skrupellosen Gangstern tilgen zu können. Jenny steht mühsam auf, und nachdem sie sich übergeben hat, macht sie sich auf den Weg. Sie stellt Ådne in seinem Haus. Als er hört, wie ein Auto hält, nimmt er eine Pistole in die Hand und schiebt Jenny ins Schlafzimmer. Sie versteckt sich im Kleiderschrank, als sie Schüsse hört. Durch einen Türspalt beobachtet sie einen Fremden, der den Koffer aus dem Schlaf­zimmer holt. Misstrauisch mustert er den Schrank, aber sein Komplize ruft ihn, und die beiden verlassen das Haus. Ådne liegt tot am Boden. Jenny nimmt seine Pistole mit.

Eddie verlangt telefonisch von ihr das Geld für die Drogen.

Nachdem Gary ihr eine Liebeserklärung gemacht hat, nimmt Jenny ihn mit ins Pflegeheim zu Frank. Während sie dort sind, ruft Claire an. Die Pflegemutter ist besorgt, weil Merete nicht von der Schule nach Hause kam. Gary will mit Jenny nach dem Kind suchen. In der vagen Hoffnung, Merete habe den Tag verwechselt und sei statt zu Claire zu Jenny gegangen, fahren sie zunächst zu Jennys Wohnung. Dort warten Eddie und Tønder mit Merete auf sie. Die Männer, die das Kind vor der Schule ins Auto gelockt haben, fahren los, ohne ein Wort zu sagen. Jenny versteht die Drohung auch so: Merete könnte jeder Zeit entführt werden.

Einige Zeit später fällt Gary und Jenny auf, dass sie während einer Autofahrt von Eddie und Tønder verfolgt werden. Gary hält an, geht furchtlos nach hinten, aber die beiden Kriminellen schlagen ihn zusammen. Jenny bringt den Verletzten ins Krankenhaus.

Zu Hause wählt sie die Nummer der Polizei, aber als sich jemand meldet, legt sie auf. Statt die Polizei einzuschalten, nimmt sie Ådnes Pistole und fährt los. Sie findet heraus, wo Tønder seinen Wohnwagen stehen hat und schleicht sich an. Als er sich vom Urinieren im Freien umdreht, blickt er in den Lauf der Pistole. Aber Jenny bringt es nicht fertig, ihn zu erschießen. Tønder schlägt ihr die Waffe aus der Hand. Sie rennt weg.

Zunächst entkommt sie, aber dann spüren die Gangster sie an einem Strand auf. Tønder macht sich einen Spaß daraus, mit ihr zu kämpfen, denn sie hat keine Chance gegen ihn. Er zerrt ihr die Hose herunter, um sie zu vergewaltigen, aber Eddie hält ihn davon ab. Jenny rennt ins flache Wasser. Tønder folgt ihr und holt sie ein. Da hebt sie einen Felsbrocken auf, dreht sich um, schlägt zu und tötet Tønder.

Nach einem kurzen Gefängnisaufenthalt fährt Jenny mit Merete und Frank in den Wald. Dort tanzt Merete für ihren im Rollstuhl sitzenden Vater. Jenny steht neben ihm und bemerkt nach einer Weile, wie sich sein Zeigefinger im Rhythmus des Tanzes bewegt. Plötzlich dreht er den Kopf und blickt sie an.

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Eine junge Frau nimmt sich nach der Verbüßung einer Haftstrafe vor, ein neues Leben aufzubauen und für ihre kleine Tochter eine gute Mutter zu werden. Aber das ist nicht leicht. Die Bank verweigert ihr zunächst den für die Renovierung der Wohnung erforderlichen Kredit, und Bekannte von früher zerren sie in die Kriminalität zurück. Dass Jenny sich durch die Tötung eines Menschen – wenn auch in Notwehr – von der Vergangenheit befreit, ist fragwürdig, wenn man sich vorstellt, welche psychische Belastung das verursacht.

„Scheinwelt. Vergangenheit endet nie“ ist ein ergreifendes Psychodrama. Arild Østin Ommundsen entwickelt die Handlung linear und ohne Effekthascherei. Wenn sich dabei glückliche und entsetzliche Momente abwechseln, spiegelt sich das auch in den Bildern, zum Beispiel in idyllischen Landschaftsaufnahmen bei Sonnen­schein. Nur mit dem Schlussbild gleitet „Scheinwelt. Vergangenheit endet nie“ in den Kitsch ab.

Der Norweger Arild Østin Ommundsen (* 1969), ein Absolvent des Studienfachs Regie an der Universität Stavanger, führt bei „Scheinwelt. Vergangenheit endet nie“ nicht nur Regie, sondern schrieb auch das Drehbuch und ist sowohl für die Kameraführung als auch den Schnitt verantwortlich. In der Hauptrolle ist seine Ehefrau Silje Salomonsen (* 1978) zu sehen.

Seit 20. Januar 2017 gibt es „Scheinwelt. Vergangenheit endet nie“ als DVD zu kaufen. Der norwegische Originaltitel „Eventyrland“ ließe sich sowohl mit „Abenteuerland“ als auch mit „Märchenland“ oder „Feenland“ übersetzen.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2017

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