Im Reich der Sinne

Im Reich der Sinne

Im Reich der Sinne

Im Reich der Sinne – Originaltitel: Ai no corrida – Regie: Nagisa Oshima – Drehbuch: Nagisa Oshima – Kamera: Hideo Ito – Schnitt: Patrick Sauvion, Keiichi Uraoka – Musik: Minoru Miki – Darsteller: Tatsuya Fuji, Eiko Matsuda, Aoi Nakajima, Taiji Tonoyama, Meika Seri, Kanae Kobayashi, Yasuko Matsui u.a. – 1976; 95 Minuten

Inhaltsangabe

Als der japanische Bordellbesitzer Kichizo seine Prostituierte Sada begehrt und mit ihr schläft, beginnt eine leidenschaftliche Affäre. Kichizo verfällt Sada, und die Herrschaftsverhältnisse kehren sich um. Das Liebespaar experimentiert mit allen Varianten der heterogenen Sexualität. Kichizo und Sada leben nur noch für ihre Sexualität – bis Sada ihren Geliebten während der Kopulation erdrosselt und ihm nach dem Orgasmus den Penis abschneidet ...
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Kritik

"Im Reich der Sinne" veranschaulicht die destruktive Kraft der Erotik und ihre Nähe zum Tod. Obwohl Nagisa Oshima Sexualakte nicht nur vortäuscht, sondern explizit zeigt, handelt es sich nicht um Pornografie (Bundesgerichtshof 1978).
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In dem von Ishida Kichizo (Tatsuya Fuji) und seiner Ehefrau Toku (Aoi Nakajima) betriebenen Bordell in Tokio arbeitet Abe Sada (Eiko Matsuda) 1936 als Dienerin und Prostituierte, um die Schulden ihres Ehemanns abbezahlen zu können.

Sie fällt Kichizo auf. Er begehrt sie und schläft mit ihr. Das ist der Beginn einer amour fou.

Kichizo verfällt Sada, und obwohl er der Herr und sie die Dienerin ist, entwickelt Sada sich in der leidenschaftlichen Affäre immer mehr zur dominanten Person. Sie verlangt schließlich von ihrem Liebhaber, dass er nicht mehr mit seiner Ehefrau schläft, und als sie ihn dabei ertappt, wie er es doch beinahe wieder getan hätte, bedroht sie ihn mit einem Küchenmesser.

Das Liebespaar zieht sich in einen Raum des Bordells zurück, verlässt ihn kaum noch und experimentiert mit allen Varianten der heterogenen Sexualität. Die Außenwelt verliert für Kichizo und Sada ihre Bedeutung; außer ihrer Sexualität zählt nichts mehr für sie. Tabus gibt es nicht.

Als Kichizo durch Zufall entdeckt, dass der Orgasmus noch heftiger ausfällt, wenn er zugleich Schmerz empfindet oder unter Atemnot leidet, fordert er Sada auf, ihn während der Kopulation zu strangulieren.

Mit seinem stillschweigenden Einverständnis erdrosselt sie ihn eines Tages beim Liebesspiel. Nach dem Orgasmus schneidet sie ihm den Penis ab und läuft damit durch die Stadt. Sie ist glücklich, denn sie ist nun auf immer mit ihrem Geliebten vereint.

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Dem Film „Im Reich der Sinne“ liegt eine wahre Begebenheit zugrunde: Am 18. Mai 1936 hatte die Prostituierte Abe Sada den Restaurantbesitzer Ishida Kichizo in Tokio erdrosselt und ihm die Genitalien abgeschnitten. Sie wurde am 21. Mai festgenommen und am 21. Dezember zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Noboru Tanaka verfilmte 1975 „Die Geschichte der Abe Sada“. Ein Jahr später griff Nagisa Oshima den Fall erneut auf.

„Im Reich der Sinne“ veranschaulicht die destruktive Kraft der Erotik und ihre Nähe zum Tod (Eros und Thanatos). Abe Sada und Ishida Kichizo steigern sich immer mehr in ihre obsessive gegenseitige Abhängigkeit hinein. Herkunft, Charaktere und Motivationen interessieren Nagisa Oshima nicht weiter. Er verzichtet auf eine narrative Verzierung des Plots und reduziert das Leben der beiden Hauptfiguren nahezu vollständig auf die Sexualität.

Obwohl Nagisa Oshima Sexualakte nicht nur vortäuscht, sondern explizit und in Nahaufnahmen zeigt, handelt es sich bei „Im Reich der Sinne“ nicht um einen Pornofilm, denn die unverblümte Darstellung der Sexualität ist hier notwendig und dient keineswegs zur Stimulierung. Inhaltlich und formal ist „Im Reich der Sinne“ ein radikaler und konsequenter Film.

Zur Deutschland-Premiere bei der Berlinale 1976 brachte ein Staatsanwalt einen Richter und zwei Kriminalbeamte mit. Sie beschlagnahmten den Film unmittelbar nach der Vorstellung und verboten die Aufführung bundesweit. Der Bundesgerichtshof urteilte achtzehn Monate später, dass es sich bei „Im Reich der Sinne“ nicht um Pornografie handelt und gab den Film ungekürzt frei. „Der Spiegel“ berichtete darüber am 13. Februar 1978 und zeigte auf dem Titelblatt eine Sexszene aus dem Film („Justiz und Sexualität. Oshimas ‚Im Reich der Sinne'“). „Im Reich der Sinne“ kam 1978 mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ der Filmbewertungsstelle bundesweit in die Kinos und gilt inzwischen als Klassiker der Filmgeschichte.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010

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