Ivo Pala : Gift

Gift
Gift. Der Tod kommt lautlos Originalausgabe: Blanvalet Taschenbuch Verlag, München 2015 ISBN: 978-3-7341-0146-5, 447 Seiten ISBN: 978-3-641-15850-7 (eBook)
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Ein Video im Internet zeigt die bestialische Ermordung des Chefs der zur Terrorismus-Abwehr in Berlin eingerichteten GTAZ. Deutsche Agenten, die in Bukarest nach Hinweisen suchen, geraten mit russischen Agenten in einen blutigen Kampf. Die einzige Überlebende der Russen warnt die Deutschen vor einer Katastrophe: Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR befinden sich noch immer zahlreiche Depots mit biologischen Kampfstoffen, und Terroristen verfügen nun offenbar über die zur Aktivierung erforderlichen Daten ...
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Kritik

Stringent und im raschen Wechsel zwischen den Schauplätzen entwickelt Ivo Pala in seinem Thriller "Gift. Der Tod kommt lautlos" ein erschreckendes Terror-Szenario. Action-Szenen folgen dicht aufeinander, und Plot Twists sorgen für Überraschungen.
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Patrizia Hardt wird während eines Kurzurlaubs an Bord ihres Hausboots auf der Havel durch einen Hubschrauber aufgeschreckt. Der bringt sie nach Alt-Treptow, zum Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ), dem das von ihr seit einem Jahr geleitete Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) untersteht. Von dort werden alle Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder koordiniert: BKA, BND, MAD, Verfassungsschutz, Bundespolizei, GSG 9 usw. Steffen Mayerhofer, der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, wartet bereits auf Patrizia Hardt. Er unterrichtet sie darüber, dass ihr Chef, der Leiter des GTAZ, verschollen ist. Bölling war mit 20 Millionen Euro in Macao, um eine überaus wichtige Information zu besorgen, aber nicht einmal die Innenministerin Reese weiß mehr darüber. Statt Böllings Stellvertreter Sven Lietzmann soll Patrizia Hardt kommissarisch auch die Leitung des GTAZ übernehmen und nach Bölling suchen.

Um keine Zeit zu verlieren, hat Steffen Mayerhofer noch vor Patrizia Hardts Eintreffen veranlasst, dass die GETZ-Undercover-Agenten Gernot Löw und Daniel Thieme für den geplanten Einsatz zur Verfügung stehen. Das ist nicht einfach, denn Daniel Thieme ist von der Neonazi-Gruppe, in die er von Gernot Löw eingeschleust wurde, enttarnt worden. Und der Gauleiter Arnulf Dietrich verlangt nun von Löw, den Mann in einer Schlachthalle in Berlin Hohenschönhausen zu Tode zu foltern, um zu beweisen, dass er nicht auch ein Agent ist. In diesem Augenblick wird die Gruppe von einem Sondereinsatzkommando des BKA ausgehoben. Im GTAZ erfahren Major Löw und Leutnant Thieme den Grund.

Inzwischen ermittelt Patrizia Hardts aus Martin Curtze, Rami Al-Omar, Saskia Schäfer, Alena Messner und Stefan Schenk bestehendes Team in der Einsatzzentrale, dass sowohl Aaron Rothchild, der Sektionschef der CIA für Europa und Russland, als auch der in Geheimdienstkreisen legendäre russische Agent Oleksandr Dmitrievich Kuznetsov, der eigentlich bereits aus dem aktiven Dienst ausgeschieden ist, zur gleichen Zeit wie Bölling in Macao war und ebenfalls verschwand. Patrizia Hardts Mitarbeiter finden außerdem heraus, dass Bölling und Kuznetsov über Accounts bei einem Massive Multiplayer Online Role-Playing Game miteinander kommunizierten.

Als Leser wissen wir, dass Kuznetsov von Bölling auf dem Umweg über die Triadengeneralin Madame Liang im schwimmenden Casino Macau Palace den Gegenwert von 20 Millionen Euro bekam. Danach wollte der Russe dem Deutschen in einer Grotte im Luís-de-Camöes-Garten einen USB-Stick übergeben. Kuznetsov war kein gewöhnlicher Verräter, sondern er hielt die Informationsweitergabe für notwendig, um einen Terroranschlag mit biologischen Kampfstoffen zu verhindern, der im schlimmsten Fall Millionen Menschen töten würde. Aber die drei FSB-Agenten Gregor Baburin, Vassil Tikhomirov und Kasimir Losev lauerten ihm und Bölling auf …

Im Internet erscheint ein Video, auf dem zu sehen ist, wie Bölling von einem Bären zerfleischt wird. Es enthält außerdem die Forderung, die wegen der Zuspitzung der Lage in der Ukraine begonnene Mobilmachung der NATO an der deutsch-polnischen Grenze zurückzunehmen.

Der russische Präsident Pyotr Anatolyevich Dragomirov ruft Bundeskanzler Simon Wagner an und beteuert, seine Regierung habe mit all dem nichts zu tun. Es handele sich um Aktionen von Terroristen.

Gernot Löw erkennt an einem Detail, dass das Video von Böllings Ermordung im Tunnelsystem der rumänischen Hauptstadt Bukarest aufgenommen wurde.

Er fliegt mit seinem aus ihm, Daniel Thieme, Maik Mielke, Andy Böhm, Paul Wilke sowie den Brüdern Ulf und Christian Wieger bestehenden Team nach Bukarest. Für viel Geld gestattet ihnen Ioan Bârlãdeanu, der dort das Sagen hat und sich als „König“ ansprechen lässt, nach Spuren von Bölling und dessen Mördern zu suchen. In dem Tunnelsystem werden die Deutschen jedoch von russischen Agenten angegriffen. Durch Gewehrfeuer und Explosionen kommen Andreas Böhm und Christian Wieger, aber auch mit einer Ausnahme alle Russen ums Leben. Bei der überlebenden Person handelt es sich um eine Frau. Löws Helmkamera sendet Bilder von ihr nach Berlin, und Patrizia Hardts Team identifiziert sie als FSB-Leutnant Marina Marinova.

Der russische Präsident versichert dem deutschen Bundeskanzler am Telefon, die Angreifer in Bukarest hätten nicht im Auftrag der Regierung gehandelt. Die Agenten seien nicht im Dienst gewesen.

Gernot Löw vernimmt Marina Marinova im Safehouse des BND in Bukarest. Die Agentin befindet sich in einem Dilemma. Einerseits will sie ihr Land nicht verraten, andererseits bezweifelt sie, dass der FSB die Terroristen noch rechtzeitig davon abhalten kann, eine Katastrophe auszulösen. Wie Oleksandr Dmitrievich Kuznetsov hält sie es für erforderlich, die Deutschen zu warnen. Allerdings könnte es sein, dass die NATO daraufhin Russland den Krieg erklärt. Marina Marinova zeigt sich zur Aussage bereit, stellt allerdings Bedingungen: Sie verlangt nicht nur eine neue Identität, sondern auch die Geheimhaltung der Hintergründe der Bedrohung, deren Bekanntwerden dem Ansehen Russlands massiv schaden würde.

Gerade als der Bundeskanzler dem zugestimmt hat, wird das Safehouse in Bukarest von russischen Soldaten unter Beschuss genommen. Gewiss ist es nicht deren Ziel, Marina Marinova zu befreien, sondern sie wollen offenbar keine Zeugen der blutigen Kämpfe im Untergrund am Leben lassen. Nur weil Marina Marinova die Taktik ihrer Landsleute durchschaut, entkommen sie und die Deutschen.

In der deutschen Botschaft vertraut sie Gernot Löw unter vier Augen an, was sie weiß.

Oleksandr Dmitrievich Kuznetsov, der 1981 in Berlin Chef des sowjetischen Militärnachrichtendienstes für Europa geworden war, legte auf dem Gebiet der DDR eine ganze Reihe geheimer Depots mit chemischen und biologischen Kampfstoffen an.

„Sollten die USA und die NATO versuchen, Russland zu überfallen – wie Hitlers Deutschland im Zweiten Weltkrieg –, würde man den gesamten Gürtel von der Ostsee bis hinunter nach Thüringen und Bayern mithilfe der Aktivierung dieser Depots in ein Gebiet sogenannter verbrannter Erde verwandeln.“

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands, der Auflösung der Sowjetunion und des Warschauer Paktes ließ Kuznetsov die Depots bestehen und finanzierte das Projekt GIFT über Kanäle, von denen die russische Regierung nichts wusste. Für jedes Depot sind sogenannte „Schläfer“ verantwortlich, die jederzeit über Codes aktiviert werden können. Erst als Kuznetsov kürzlich sämtliche Daten über das Projekt GIFT gestohlen wurden, unterrichtete er die Regierung in Moskau. Präsident Pyotr Anatolyevich Dragomirov beschloss, alles geheim zu halten, denn das GIFT verstößt gegen die Biowaffenkonvention von 1972. Statt die deutsche Regierung zu warnen, will Dragomirov die Terroristen jagen und verhindern, dass sie einen der Schläfer aktivieren. Als Kuznetsov deshalb Bölling in Macao eine Sicherungskopie der Dateien übergeben wollte, wurde er von FSB-Agenten liquidiert, aber sie kamen ebenfalls bei dem Einsatz ums Leben, und der USB-Stick geriet offenbar in die Hände von Terroristen.

In Strausberg, einem Ort zwischen Berlin und der polnischen Grenze, wird das Rentnerehepaar Emil und Herta Kowska vom codierten Einsatzbefehl überrascht. Sie gehörten beide zur Nationalen Volksarmee. Nach ihrem Ausscheiden aus dem Militärdienst übernahmen sie die Kantinenleitung in der Struzberg-Kaserne, die am 23. August 2014 in von-Hardenberg-Kaserne umbenannt wurde. Das Gift befindet sich in zwei Dosen im hintersten Kühlraum der Kantine im Keller. Regelmäßig tauschten Emil und Herta Kowska die Etiketten aus, damit nicht einer der Küchenhelfer durch ein abgelaufenes Haltbarkeitsdatum auf die Behälter aufmerksam wurde. Weil Emil Bedenken äußert, den biologischen Kampfstoff nach so langer Zeit und in einer ohnehin angespannten politischen Lage einzusetzen, tritt Herta ihm den Gehstock weg und erschlägt ihn damit.

Sie tötete ihn, weil sie erkannt hatte, dass er in seiner Güte nicht ertragen hätte, das zu tun, was getan werden musste. Sie tötete ihn, weil sie ihn heute noch ebenso sehr liebte wie vor einundfünfzig Jahren.

Bevor sie zur Kaserne fährt, bricht sie noch den beiden Wellensittichen das Genick, damit sie nicht qualvoll verhungern. In der Bundeswehrkaserne sind nicht nur Deutsche, sondern auch Offiziere anderer NATO-Staaten stationiert. Nachdem Herta Kowska den Inhalt der beiden Dosen ins Essen gemischt hat, schneidet sie sich die Kehle durch.

Schon bevor die ersten Menschen in Strausberg sterben, beauftragte Bundeskanzler Wagner die Epidemiologin Dr. Lysann Benningsen vom Robert Koch-Institut in Berlin-Wedding mit der Gründung und Leitung einer Zentrale zur Seuchenbekämpfung. Diese kommt schneller als erwartet zum Einsatz. Bei dem in Strausberg eingesetzten Gift handelt es sich um Anthrax. Der für Hunderte tödliche Anschlag lässt sich nicht verheimlichen. Die Medien berichten darüber – und lösen dadurch in Ostdeutschland eine Massenpanik aus.

Ohne sich mit der deutschen Regierung abgestimmt zu haben, sorgte Hendersen, der Supreme Allied Commander Europe (SACEUR), aufgrund des von den Terroristen ins Netz gestellten Videos dafür, dass Aaron Rothchild, der zuständige Sektionschef, eine von Special Agent Jennifer Rodriguez geführte Gruppe von sieben CIA-Agenten ins GTAZ abkommandierte. Patrizia Hardt verschweigt den ungebetenen Kollegen, dass es sich bei den Angreifern in Bukarest um FSB-Agenten bzw. russische Soldaten handelte, denn das könnte die Falken in den USA anspornen, Russland den Krieg zu erklären.

SACEUR Hendersen ruft Bundeskanzler Wagner an. Weil der von den russischen Terroristen angedrohte Anschlag von einer Deutschen ausgeführt wurde, meint der Amerikaner:

„Ich denke, das Grundproblem ist, dass wir nicht länger einschätzen können, auf welcher Seite Sie und Ihr Land eigentlich stehen, Herr Bundeskanzler.“ […]
„Auf welcher Seite?“
„Ja, auf welcher Seite“, wiederholte der Commander. „Auf der Seite der NATO oder auf der Seite Russlands. Oder vielleicht spielen Sie auch Ihr ganz eigenes Spiel.“

Wagner bemüht sich, die Zweifel an seiner Bündnistreue zu zerstreuen, aber Hendersen unterbricht ihn:

„Wie erklären Sie es sich dann, dass besagte Herta Kowska und ihr Mann Emil jahrzehntelang auch von Russland bezahlt wurden?“ […]
„Ich nehme an, das ist bereits des Rätsels Lösung“, sagte Wagner. „Die beiden müssen russische Spione gewesen sein.“
Er merkte zu spät, dass er in seinem Versuch Deutschland aus der Schusslinie zu ziehen, gerade Russland mitten ins Fadenkreuz geschoben hatte.
Hendersen hatte ihm eine Falle gestellt, und er war mitten hineingetreten.
Der SACEUR reagierte wie erwartet. „Aha! Also sind Sie mit mir einer Meinung, dass es die Russen waren, die das unverzeihliche Attentat auf unsere Soldaten verübt haben? Dass sie uns damit unmissverständlich den Krieg erklärt haben und dass es darauf nur eine einzige mögliche Reaktion geben kann!“
Wagner wusste, dass seine einzige Chance jetzt eine harte Linie war. „Nein, Commander, ich bin nicht davon überzeugt, dass es die Russen waren. Ich denke nach wie vor, dass wir es hier mit einem terroristischen Anschlag zu tun haben.“

Hendersen fordert den deutschen Bundeskanzler auf, das zu beweisen, weitere Anschläge zu verhindern und die Terroristen auszuschalten. Dafür gibt er ihm 24 Stunden Zeit. Nach Ablauf des Ultimatums werde er unverzüglich eine NATO-Konferenz einberufen, droht er. Simon Wagner fasst das Ergebnis des Gesprächs für Patrizia Hardt zusammen:

„Wir haben also nur noch vierundzwanzig Stunden. Wenn wir die Terroristen und die Information über die Standorte der Depots nicht aufspüren, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem Krieg kommen. Und nach den neusten Entwicklungen ist nicht mehr eindeutig absehbar, ob die NATO uns dabei als Verbündeten oder als Gegner auf der Seite Russlands einordnet.“

Patrizia Hardts Mitarbeiterin Saskia Schäfer entdeckt Auffälligkeiten an den Börsen. Jemand muss kurz vor den Vorgängen in Macao über Strohmänner riesige Summen in seit der Ukraine-Krise fast wertlose Aktien ukrainischer Waffenhersteller, Rohstoffförderer und Pharmaunternehmen investiert haben. In den letzten Tagen explodierten deren Kurse, die der Pharmabranche beispielsweise, weil die europäische Nachfrage nach Antibiotika aufgrund des Anschlags in Strausberg und der Befürchtung weiterer Terrorakte mit biologischen Waffen sprunghaft angestiegen ist. Der ukrainische Oligarch Viktor Federenko, der zur gleichen Zeit wie Bölling und Kuznetsov in Macao war, wird als Drahtzieher hinter der Börsenspekulation vermutet. Der Multimillionär dürfte sein Vermögen innerhalb weniger Tage verzehnfacht haben. Ist er auch der Kopf der Terroristen?

Sobald Bundeskanzler Wagner darüber unterrichtet wurde, wen Patrizia Hardt hinter den Vorgängen in Macao, Bukarest und Strausberg vermutet, ruft er den russischen Präsidenten an, berichtet ihm von den Zusammenhängen und bittet ihn, Viktor Federenko auf dessen Hofgut in der Oblast Wologda, 500 Kilometer nordöstlich von Moskau, festnehmen zu lassen. Pyotr Anatolyevich Dragomirov sichert seine Unterstützung zu und beauftragt Mikhail Wassiljewitsch Mischin mit der Durchführung, aber der Chef des FSB verweigert den Befehl.

„Was hat das zu bedeuten?“
„Sie würden es sowieso nicht verstehen.“
„Ich denke, Sie verstehen nicht“, brauste Dragomirov auf. „Wenn Sie noch immer glauben, wir könnten das Projekt GIFT irgendwie unter den Teppich kehren, täuschen Sie sich. Die Katze ist aus dem Sack! Zumindest Wagner und seine Leute wissen inzwischen davon.“
„Ja, das ist bedauerlich.“
„Bedauerlich?“, fragte der Präsident. „Das ist eine Katastrophe in sich selbst! Aber vor allem ist es nicht mehr rückgängig zu machen; nicht mehr ungeschehen. Jetzt müssen wir alles – und damit meine ich wirklich alles – daransetzen, Viktor Federenko daran zu hindern, noch mehr Schaden anzurichten mit den Daten, die er hat.“

Der FSB-General stellt den Präsidenten in dessen Suite im Kreml unter Hausarrest. Obwohl die Verbindungen nach draußen bis auf das Fernsehgerät abgeschaltet werden, gelingt es Dragomirov, mit einem versteckten Handy eine SMS an Simon Wagner zu schreiben, aus der hervorgeht, dass er vom FSB vermutlich im Einvernehmen mit Viktor Federenko entmachtet wurde und nichts gegen den Oligarchen unternehmen kann. Als die Aufständischen die Funkverbindung registrieren, ist es zu spät: Die SMS wurde bereits verschickt.

Simon Wagner, Adrian Richter, der Chef des Bundeskanzleramts, Patrizia Hardt und die anderen Beteiligten befürchten, dass die NATO Russland den Krieg erklärt, wenn Hendersens Ultimatum ergebnislos abläuft. Deshalb muss das GTAZ versuchen, Federenko mit einem verdeckten Einsatz auszuschalten. Ein deutsches Kommandounternehmen auf russischem Boden könnte jedoch ebenfalls einen Krieg auslösen.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Gernot Löw leitet den heiklen Einsatz, bei dem die einzigen noch vorhandenen Dateien über die Depots mit biologischen Kampfstoffen nicht zerstört werden dürfen. Unter dem falschen Namen Edgar Heller fliegt er mit Marina Marinova alias Zaiga Bertholde über Helsinki nach St. Petersburg. Dort suchen sie den Geschäftsmann Grigori Iwanowitsch Orlow auf, der bereits von Patrizia Hardt kontaktiert wurde. Für 10 Millionen Euro stattet er Löw nicht nur mit Waffen aus, sondern stellt ihm auch 20 Söldner, Autos und 10 Fahrer zur Verfügung. Daniel Thieme und Ulf Wieger stoßen ebenfalls dazu.

Während sie sich an das Hofgut in der Oblast Wologda heranpirschen, werden sie von drei MI-8-Kampfhubschraubern angegriffen. Marina Marinova und die Männer rechnen mit dem Schlimmsten. Einige Söldner sind bereits tot. Doch unvermittelt werden zwei der Hubschrauber mit Singer-Raketen abgeschossen. Der dritte landet beim Hofgut und bringt kurz darauf Viktor Federenko in Sicherheit. Die Dateien hat er wahrscheinlich bei sich. Gernot Löw und Patrizia Hardt, die das Geschehen aus der Ferne verfolgt, erkennen in der Anführerin der überraschend aufgetauchten Lebensretter Jennifer Rodriguez: Die CIA muss durch eigene Kontaktleute von der Aktion erfahren haben.

Allerdings sitzen nun Retter und Gerettete zusammen in der Falle, denn es ist davon auszugehen, dass der FSB alles daran setzt, sie nicht mehr aus dem Land zu lassen. Marina Marinova sagt: „Ich bringe uns hier heraus. Das verspreche ich. Aber ich brauche dazu die absolute Befehlsgewalt über Orlows Söldner.“ Gernot Löw erklärt daraufhin den überlebenden Söldnern, dass sie ab sofort auf Marina Marinovas Kommando zu hören haben. Die Russin befiehlt als erstes die Entwaffnung der Deutschen und Amerikaner! Bald darauf übergibt sie Mikhail Wassiljewitsch Mischin die Gefangenen. Sie werden nach Moskau gebracht.

Zur gleichen Zeit wendet sich Viktor Federenko mit einer Botschaft an die Öffentlichkeit:

„Guten Morgen, Welt“, begann Viktor Federenko. „Dies ist der aktuelle Weckruf! Vor nur wenigen Minuten haben Vertreter der Regierungen Deutschlands und der Vereinigten Staaten einen Anschlag auf mein Leben verüben wollen. Auf russischem Grund und Boden! Ohne vorherige Kriegserklärung. Da ich mich als Soldat meiner Länder Russland und Ukraine verstehe, betrachte ich diesen Anschlag auf mich und mein Heim als ein Kriegsverbrechen. Ein Verbrechen, das geahndet werden muss … und geahndet werden wird! Ohne Gnade! Und sofort! Ich habe daher gerade zur Strafe in einer deutschen Großstadt den Erreger der Beulenpest freigesetzt.“

Weil Federenko von einer Großstadt sprach und anzunehmen ist, dass sie auf ostdeutschem Gebiet liegt, müssten zehn Städte mit sechs Millionen Menschen unter Quarantäne gestellt werden. Das wäre nahezu unmöglich. Aber zu Federenkos Plan gehört, dass Mischin die NATO darüber unterrichtet, dass Leipzig betroffen ist. Auf diese Weise soll der Chef des FSB Vertrauen zurückgewinnen.

Die Seuchenherd befindet sich in der Nikolaikirche in Leipzig. Schneller noch als die Seuche bricht Chaos in der Stadt aus.

Im Kreml wird Präsident Dragomirov von Mischin und Federenko aufgesucht. Dass die beiden mit einem Amerikaner zusammenarbeiten, überrascht ihn.

„Natürlich“, sagte der Oligarch. „Die sind ebenso an der Rückkehr der alten Feindseligkeiten interessiert wie wir. Auch sie sind dabei, ihre Stellung in der Welt zu verlieren, und sie wollen sie zurück. Das alte Säbelrasseln, Weltpolizei und der ganze Kram, du verstehst.“

Die Amerikaner hoffen, durch die Nachfrage europäischer Staaten nach Rüstungsgütern wieder mehr Geld in dieser Branche zu verdienen.

Gernot Löw, Jennifer Rodriguez, deren Leute und Orlows Söldner werden im Arsenal des Kreml gefangen gehalten. Mischins Plan sieht vor, dass sie vor laufenden Fernsehkameras ihren kriegerischen Akt gestehen und dann hingerichtet werden. Federenko erklärt dem protestierenden Präsidenten:

„Die Welt da draußen ist bereits gegen uns. Aber wir müssen unser eigenes Volk enger an uns binden, wenn unser Plan langfristig aufgehen soll. Die russische Bevölkerung – und mit ihr auch die der Ukraine – muss mit uns einer Meinung sein, dass der Westen nach wie vor der Feind ist. Dass er nach wie vor eine Bedrohung darstellt. Eine große Bedrohung. Dass wir uns verteidigen müssen […].“

Marina Marinova, die inzwischen zum Major befördert wurde, soll Gernot Löw als Ersten aus dem Arsenal holen und zum Presseraum bringen. Unvermittelt schlägt sie einen der Wachsoldaten nieder, und der Deutsche überwältigt den anderen. Nachdem sich die Befreiten bewaffnet und russische Uniformen angezogen haben, gehen sie los. Mischin sieht Marina Marinova, den Deutschen und die vermeintlichen Wachleute kommen. Sie stürmen herein, richten ihre Waffen auf Dragomirov, Mischin, Federenko und dessen Adlatus Alexej. Der verbrecherische Oligarch bleibt gelassen. Er öffnet sein Notebook und droht: „Ein Knopfdruck von mir, und ich aktiviere sämtliche Depots im Osten Deutschlands.“ Doch Alexej reißt ihm die Hand von der Tastatur und schlitzt ihm die Kehle auf. Dann tötet er sich selbst. Dragomirov fordert Mischin auf, ihm die Pistole auszuhändigen und schießt dem SFB-Chef dann genau zwischen die Augen.

Der russische Präsident übergibt Gernot Löw das Notebook mit den GIFT-Dateien und ordnet an, die Antibiotika-Lagerbestände aus Federenkos Pharmafabriken so rasch wie möglich nach Leipzig zu fliegen.

Sobald die Einzelheiten des Projekts GIFT in Berlin bekannt sind, machen sich Spezialkräfte auf den Weg zu den Depots, um die chemischen und biologischen Kampfstoffe sicherzustellen.

Jennifer Rodriguez nimmt in Helsinki ihren Chef Aaron Rothchild fest und bringt den Verräter, der Bölling in Macao überfiel und Victor Federenko den USB-Stick besorgte, auf einer von Pyotr Anatolyevich Dragomirov zur Verfügung gestellten Yacht fort.

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In dem Thriller „Gift. Der Tod kommt lautlos“ erzählt Ivo Pala (* 1966) eine erschreckende Geschichte: Ein Jahr nachdem weite Gebiete Deutschland durch einen Terroranschlag auf das Trinkwasser unbewohnbar wurden, setzen „Schläfer“ in Brandenburg und Sachsen biologische Kampfstoffe frei. Die Terroristen benutzen Gift-Depots, die trotz der Ächtung biologischer Waffen von einem russischen Agenten auf dem Gebiet der DDR angelegt worden waren. Das könnte der Funke sein, der in einer ohnehin wegen der Ukraine-Krise angespannten Lage einen Dritten Weltkrieg auslöst. Falken gibt es sowohl in Russland als auch in der NATO, und wirtschaftliche Interessen spielen ebenfalls eine Rolle. Die Regierungen in Berlin und Moskau stehen der Bedrohung weitgehend machtlos gegenüber.

Ivo Pala stellt das Geschehen in „Gift. Der Tod kommt lautlos“ konkret und so realistisch wie möglich dar. Chronologisch, stringent und temporeich entwickelt er die Handlung. Dabei wechselt er immer wieder die Perspektive und springt zwischen den Schauplätzen hin und her. Den ersten der beiden Prologe hätte er weglassen können. Ansonsten wirkt die komplexe Konstruktion gut durchdacht, und Ivo Pala überrascht die Leserinnen und Leser mehrmals mit Plot Twists.

Wichtiger als die Charaktere sind Ivo Pala die in „Gift. Der Tod kommt lautlos“ dicht aufeinander folgenden Action-Szenen. Zur Effekthascherei setzt er auch auf Grausamkeit und malt beispielsweise eine als „Blutadler“ bezeichnete Form der Hinrichtung aus: Dabei schneidet der Folterknecht dem zunächst noch lebenden Gefangenen den Rücken auf, trennt dann die Rippen von der Wirbelsäule und klappt sie einzeln nach vorne.

Sprachlich bewegt sich der Text nicht gerade auf einem literarischen Niveau. „Gift. Der Tod kommt lautlos“ wäre deshalb besser kein Roman, sondern ein Drehbuch geworden.

Mit „Gift. Der Tod kommt lautlos“ knüpft Ivo Pala an seinen 2014 veröffentlichten Thriller „H2O“ an, und er lässt u. a. die Protagonistin Patrizia Hardt erneut auftreten.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2016
Textauszüge: © Ivo Pala

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