Parkour

Parkour

Parkour

Originaltitel: Parkour – Regie: Marc Rensing – Drehbuch: Rüdiger Heinze, Marc Rensing – Kamera: Ulli Hadding – Schnitt: Sebastian Marka – Musik: Thomas Mehlhorn – Darsteller: Christoph Letkowski, Nora von Waldstätten, Marlon Kittel, Arved Birnbaum, Constantin von Jascheroff, Georg Friedrich, Ralf Dittrich, Lilly Marie Tschörtner, Laurens Walter, Nadja Stübiger u.a. – 2009; 95 Minuten

Inhaltsangabe

Richie arbeitet mit zwei Helfern – Frankie und Janko – als selbstständiger Gerüstbauer in Mannheim. Seine Freundin Hannah bereitet sich darauf vor, ihr Abitur nachzumachen und lässt sich von Richies Freund Nonne Nachhilfe in Mathematik geben. Mit Nonne und Paule teilt Richie die Leidenschaft für das Parkour-Laufen. In Schwierigkeiten gerät er, als ein Kunde Konkurs anmeldet. Gleichzeitig verstärkt Janko mit seinem Gerede über die Untreue der Frauen Richies Eifersucht ...
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Kritik

In seinem rasant geschnittenen, vor Energie vibrierenden Debütfilm "Parkour" erzählt Marc Rensing von der zerstörerischen Kraft der Eifersucht, von Stress und Konkurrenzdruck, Kontrollverlust, Versagens- und Verlustängsten.
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Richie (Christoph Letkowski) arbeitet mit zwei Helfern – Frankie (Arved Birnbaum) und Janko (Georg Friedrich) – als selbstständiger Gerüstbauer in Mannheim. Seine Freundin Hannah (Nora von Waldstätten) bereitet sich gerade darauf vor, ihr Abitur nachzumachen. Weil sie sich in Mathematik unsicher fühlt, will sie einen Klassenkameraden von der Abendschule namens Stefan (Laurens Walter) bitten, ihr dabei zu helfen, aber Richie, der weiß, dass Stefan ein Auge auf Hannah geworfen hat, überredet sie, sich stattdessen von seinem Freund Nonne (Marlon Kittel) Nachhilfestunden geben zu lassen und bezahlt auch dafür. Mit Nonne und Paule (Constantin von Jascheroff) teilt Richie die Leidenschaft für das Parkour-Laufen. So oft wie möglich praktizieren sie die viel geistiges und körperliches Training erfordernde Sportart in einer leer stehenden Zementfabrik oder in einer anderen Industrieruine.

Richie befürchtet, dass Hannah nach dem Abitur zum Architekturstudium nach München oder Berlin ziehen könnte. Wegen der eingespielten Kolonne und den Kontakten zu potenziellen Kunden muss er in Mannheim bleiben. Allerdings gerät er durch den Konkurs eines Auftraggebers in Schwierigkeiten, zumal er seinen beiden Mitarbeitern die Löhne bereits ausgezahlt hat.

Janko liegt ihm aufgrund eigener schlechter Erfahrungen ständig in den Ohren, auf Hannah aufzupassen und sich nicht von ihr betrügen zu lassen. Das verstärkt Richies Eifersucht. Dass Hannah und Nonne während der Nachhilfestunden ständig lachen, erträgt er kaum. Auf einem in Pisa aufgenommenen Foto glaubt er Hannah mit einem anderen Mann zu erkennen, aber sie versichert ihm, noch nie in Italien gewesen zu sein. Als er in einer Diskothek beobachtet, wie sie auf der Tanzfläche von einem Kerl angemacht wird, verprügelt er diesen ohne Zeugen in der Toilette.

Mit seinem Gerede über die angebliche Untreue aller Frauen nervt Janko seinen Chef immer mehr. Als Janko sich beim Anbringen einer Verankerung auf dem Gerüst von ihm festhalten lässt, statt sich vorschriftsmäßig zu sichern, lässt Richie ihn plötzlich aus, und Janko stürzt in die Tiefe. Schwer verletzt kommt er ins Krankenhaus.

Bei der polizeilichen Vernehmung behauptet Richie, sein Mitarbeiter sei beim Bohren eines Lochs in der Wand auf eine Stahlarmierung gestoßen, dabei habe sich der Bohrer verkantet, und Janko habe das Gleichgewicht verloren. Frankie zweifelt zwar an dieser Darstellung ebenso wie Jankos Freundin Sylvie (Nadja Stübiger), wissen jedoch auch nicht, was wirklich passierte.

Richies Verhalten wird immer absonderlicher. Als Frankie ihm von einem möglichen neuen Auftrag berichtet, vergisst er, den potenziellen Kunden anzurufen und verliert so das Geschäft an einen Konkurrenten. Frankie ärgert sich darüber, denn er muss Geld verdienen, aber trotz allem bleibt er bei Richie – bis er beinahe von einer vom Gerüst geworfenen Bohrmaschine getroffen wird.

Allein ist Richie kaum in der Lage, das angefangene Gerüst fristgerecht fertigzustellen. Janko, der mit einer Cervikalstütze und Beinschiene aus dem Krankenhaus entlassen wurde, kann ihm auch nicht helfen. Erleichtert hört Richie, dass Janko sich an den Unfallhergang nicht erinnern kann.

Bei einem Diskothekenbesuch erkennt ihn der Kerl, den er zusammenschlug und meldet ihn den Sicherheitskräften, die auch gleich die Polizei alarmieren. Durch sein Parkour-Training ist Richie zwar zunächst in der Lage, den Polizisten zu entkommen, aber dann läuft er auf der Flucht direkt vor einen Streifenwagen, wird angefahren und festgenommen. Weil er nicht weiß, dass es um die Prügelei in der Diskothek geht, nimmt er an, man habe ihn wegen der Sache mit Janko verhaftet und gesteht mit konfusem Gestammel, ihn fallen gelassen zu haben – was die Polizisten ihrerseits verwirrt. Ratlos nehmen sie ihn für vierundzwanzig Stunden in Gewahrsam und lassen ihn dann wieder laufen.

Als er kurz darauf Janko wiedersieht, gesteht er auch ihm, dass er ihn fallen gelassen habe. Janko erwidert, das habe er die ganze Zeit über gewusst.

Hannah besteht die Prüfungen und erhält ihr Reifezeugnis.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Janko berichtet ihm, er habe Hannah, Nonne und Paule durch ein Fenster bei einem flotten Dreier gesehen. Da rastet Richie aus. Er tritt Nonnes Tür ein, verwüstet dessen Wohnung und befreit dessen Riesenspinne aus dem Terrarium. Paule schlägt er nieder. Und Hannah verprügelt er ebenfalls.

Daraufhin wird er zwangsweise zur psychiatrischen Behandlung in ein Krankenhaus gebracht.

Dort liegt auch Janko, der seit seinem Arbeitsunfall im Koma liegt (!).

Die Ärzte, die bei Richie einen schizophrenen Schub diagnostizieren, behandeln ihn mit Psychopharmaka. Weil die Tabletten seine sportliche Leistungsfähigkeit herabsetzen, spült Richie sie nach seiner Entlassung im WC fort. Kurz darauf begleitet er Nonne und Paule, die einen lebensgefährlichen Sprung von einem Hochhausdach zum nächsten wagen wollen. Sie schaffen es beide. Zu ihrem Entsetzen lässt Richie sich trotz seiner Benommenheit und der geschwächten Muskeln nicht davon abhalten, ihnen zu folgen. Im letzten Bild sehen wir ihn abspringen. Ob er es schafft oder in den Tod stürzt, erfahren wir nicht.

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Beim Parkour handelt es sich um eine von dem französischen Schauspieler David Belle (* 1973) begründete Sportart (le parkour), bei der die Teilnehmer (Traceurs) den effizientesten Weg zwischen zwei Orten zurücklegen und dabei auf geschmeidige Art alle Arten von Hindernissen überwinden, also beispielsweise über Mauern oder Balkone klettern und von Dach zu Dach springen.

In seinem rasant geschnittenen, vor Energie vibrierenden Debütfilm „Parkour“ erzählt Marc Rensing, ein Absolvent der Filmakademie in Ludwigsburg, von der destruktiven Kraft der Eifersucht, von Stress und Konkurrenzdruck, Kontrollverlust, Versagens- und Verlustängsten. Er versucht allerdings nicht, die gesellschaftlichen Ursachen und Folgen zu analysieren, sondern konzentriert sich auf das Psychogramm eines überforderten jungen Mannes. Die Sportart Parkour, bei der es auf den Einklang von Geist und Körper ankommt, kontrastiert hier bewusst mit der Schizophrenie des Protagonisten.

Unverkennbar weist die Handlung Parallelen zu der Tragödie „Othello“ von William Shakespeare auf, zumal der Name des Intriganten Jago ähnlich klingt wie der des Gerüstbauers Janko, der Richie mit seinem Gerede in einen Eifersuchtswahn treibt. Noch deutlicher sind die Übereinstimmungen von „Parkour“ mit dem Plot des Films „Die Hölle“ von Claude Chabrol.

Die Dreharbeiten fanden im Herbst 2008 in Mannheim und Umgebung statt. Mit „Parkour“ wurden am 27. Oktober 2009 die 43. Internationalen Hofer Filmtage eröffnet. Am 11. März 2010 kam der Film ins Kino.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010

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