Das Kindermädchen

Das Kindermädchen
Originaltitel: Das Kindermädchen – Regie: Carlo Rola – Drehbuch: Elisabeth Herrmann, nach ihrem Roman "Das Kindermädchen" – Kamera: Frank Küpper – Schnitt: Friederike von Normann – Musik: Wolfram de Marco – Darsteller: Jan Josef Liefers, Matthias Habich, Natalia Wörner, Stefanie Stappenbeck, Chulpan Khamatova, Inge Keller, Johannes Allmayer u.a. – 2012; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Kurz bevor sich die Berliner Senatorin Sigrun Zernikow mit dem Rechtsanwalt Joachim Vernau verlobt, behauptet eine Ukrainerin, sie sei NS-Zwangs­arbeiterin gewesen und der Familie von Zernikow als Kindermädchen zugeteilt worden. Sigruns Vater Utz von Zernikow behauptet, sein Kindermädchen sei 1944 wegen Diebstahls hingerichtet worden, bei der Bittstellerin müsse es sich also um eine Betrügerin handeln. Joachim Vernau geht der Sache nach ...
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Kritik

Für die Verfilmung ihres 2005 veröffentlichten Romans "Das Kindermädchen" durch Carlo Rola schrieb Elisabeth Herrmann selbst das Drehbuch. Wirklich überzeugend ist ihr das nicht gelungen.
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Der angesehene Rechtsanwalt Utz von Zernikow (Matthias Habich) wohnt mit seiner greisen Mutter Irene Freifrau von Zernikow (Inge Keller) in einer prächtigen Villa aus der Gründerzeit im Grunewald. In der dort ebenfalls untergebrachten Kanzlei versammeln sich nach der Beerdigung des Familienfreundes Abel von Lehnsfelds die Hinterbliebenen, um über das Erbe zu sprechen. Aaron von Lehnsfeld (Johannes Allmayer), der Enkel des Verstorbenen, interessiert sich besonders für die Villa Rosa in Berlin-Grünau. An der Besprechung nimmt auch Joachim Vernau (Jan Josef Liefers) teil, ein mit Utz von Zernikows Tochter, der Berliner Senatorin Sigrun Zernikow (Natalia Wörner), verlobter Anwalt, der nach der Hochzeit zum Partner in der Kanzlei aufsteigen soll. (Sigrun verwendet den Adelstitel aus PR-Gründen nicht.)

Eine alte Frau aus der Ukraine, die sich als Olga Warschenkowa (Ilse Strambowski) vorstellt, möchte zu Utz von Zernikow. Sie wird abgewiesen, hinterlässt aber bei Joachim Vernau einen Brief ihrer in Kiew lebenden Freundin Natalja Tscherednitschenkowa für Utz von Zernikow.

Zwei Tage später liest Joachim in der Zeitung, dass Olga Warschenkowas Leiche aus dem Landwehrkanal geborgen wurde. Da erinnert er sich wieder an die Bittstellerin und faxt das für Utz von Zernikow abgegebene Schreiben in russischer Sprache seiner Kollegin Marie-Luise Hoffmann (Stefanie Stappenbeck), mit der er während des Studiums ein Verhältnis hatte. Da sie Russisch kann, soll sie ihm sagen, worum es in dem Brief geht. Olga Warschenkowa behauptet, sie sei als Zwangsarbeiterin nach Berlin verschleppt und der Familie von Zernikow als Kindermädchen zugewiesen worden. Nun möchte sie die den ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern versprochene Entschädigung beantragen, benötigt dafür aber noch eine Bestätigung ihrer Angaben, und die erhofft sie sich von Utz von Zernikow.

Noch am selben Tag wird Joachim von einer jungen, mit einer Pistole bewaffneten Frau überfallen. Die Sechzehnjährige nennt sich Milla Tscherednitschenkowa (Chulpan Khamatova), gibt sich als Nataljas Enkelin aus und behauptet, Olga Warschenkowa sei ermordet worden. Milla ist nach Berlin gekommen, um das Anliegen ihrer Großmutter zu unterstützen. Sie gibt Joachim 24 Stunden Zeit, die erbetene Bestätigung von seinem zukünftigen Schwiegervater zu besorgen.

Joachim wendet sich an Utz von Zernikow und drängt ihn, eine entsprechende Erklärung aufzusetzen, aber dagegen erhebt Irene Freifrau von Zernikow Einspruch. Daraufhin erklärt Utz, sein Kindermädchen Natalja sei im November 1944 ums Leben gekommen, bei der Bittstellerin müsse es sich also um eine Betrügerin handeln.

Kurz darauf platzt Milla mit einer Pistole in der Hand in eine Familienfeier der von Zernikows. Joachim schlägt sie nieder, jemand alarmiert die Polizei, und Milla wird festgenommen.

Sigrun verdächtigt Joachim, mit Milla geschlafen zu haben und überwirft sich mit ihm. Die ehrgeizige Familiensenatorin macht sich wegen des Kontakts ihres Verlobten zu einer Frau, die möglicherweise zur Russenmafia gehört, Sorgen um ihre politische Karriere.

Joachim überredet Marie-Luise, Milla juristischen Beistand zu leisten. Die sozial engagierte, politisch linke Anwältin, deren Kanzlei sich am Prenzlauer Berg befindet, bekommt ihre Mandantin rasch frei.

Erneut von Joachim auf Natalja angesprochen, behauptet Utz, sein Kindermädchen sei im November 1944 hingerichtet worden. Als kleiner Junge habe er zugesehen, wie die Siebzehnjährige festgenommen wurde.

Am nächsten Tag wird Joachim zufällig Zeuge, wie Milla beim Überqueren einer Straße von einem Auto angefahren wird. Es sieht nach einem Mordanschlag aus, denn der Fahrer bremste nicht, machte auch keinen Ausweichversuch und raste dann unerkannt davon.

Während Milla im Krankenhaus liegt, findet Marie-Luise heraus, dass Natalja im November 1944 vor der Hinrichtung fliehen konnte. Sie fährt mit Joachim zu einem verwitweten Bauern, auf dessen Hof Natalja und ihre Freundin Olga im Winter 1944/45 lebten. Im Stall graben Joachim und Marie-Luise die Arbeitsbücher der beiden Frauen aus. Damit kann bewiesen werden, dass Natalja Tscherednitschenkowa von 1941 bis 1944 als Zwangsarbeiterin bei der Familie von Zernikow im Dienst war und berechtigt ist, eine Entschädigung zu fordern.

Joachim vertraut Sigrun die beiden Arbeitsbücher an, obwohl sie ihn aus der Wohnung geworfen und Utz ihn fristlos aus der Kanzlei entlassen hat. Sie verspricht, ihren Vater und ihre Großmutter damit zu konfrontieren.

In Marie-Luises Kanzlei wurde eingebrochen. Dem Täter kam es offenbar nicht auf Geld oder Wertgegenstände an, sondern er suchte nach dem alten Bauplan der Villa Rosa, den Joachim hergebracht hatte.

Zu seiner Überraschung wird Joachim zu Irene Freifrau von Zernikow gerufen. Die alte Dame bekennt stolz, dass sie Nationalsozialistin war und behauptet, das Kindermädchen Natalja sei wegen Diebstahls hingerichtet worden. Dann wirft sie die beiden Arbeitsbücher, die sie von ihrer Enkelin Sigrun erhielt, vor Joachims Augen ins Kaminfeuer.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Sigrun läuft Joachim nach, als er die Villa verlassen will, geht mit ihm zu ihrem Vater und fragt Utz nach der Wahrheit.

Utz von Zernikow beginnt mit der Einschätzung, seine Mutter sei eine Hure gewesen und sein Vater habe Fahnenflucht begangen. Während sich die Mutter nicht viel um ihn kümmerte, umsorgte ihn das ukrainische Kindermädchen Natalja liebevoll, obwohl sie wegen ihrer slawischen Herkunft von seiner Familie verachtet wurde. Als er mit Diphtherie im Bett lag, war Natalja die Einzige, die sich in seine Nähe wagte.

Er fährt mit Sigrun und Joachim nach Grünau und dringt mit ihnen zusammen in die leerstehende Villa Rosa ein. Hier, bei der Familie von Lehnsfeld, wohnte er mit seiner Mutter und dem Kindermädchen Natalja, als sie ausgebombt waren. Utz vermutet, dass seine Mutter ein Verhältnis mit Abel von Lehnsfeld hatte. Obwohl es Utz verboten war, einen bestimmten Bereich des Kellers zu betreten, konnte er eines Tages der Versuchung nicht widerstehen, sich dort umzuschauen. Dabei entdeckte er einen Raum, in dem Abel von Lehnsfeld Gemälde und Unmengen von Schmuck gelagert hatte. Später erfuhr er, dass auch zwei Kisten mit Kunstgegenständen dabei waren, die Hermann Göring nach Berchtesgaden hatte schicken wollen. Utz stahl damals ein goldenes Kreuz und schwieg, als seine Mutter das Kindermädchen als Diebin verhaften ließ. Obwohl die siebzehnjährige Zwangsarbeiterin mit einem Todesurteil rechnen musste, verriet sie Utz nicht.

Auf dem ursprünglichen Bauplan der Villa Rosa war der gesamte Keller eingezeichnet, aber bei Kriegsende ließ Abel von Lehnsfeld offenbar den Raum mit dem Schatz zumauern, und auf neueren Plänen fehlt dieser denn auch. Vor Ort stellt Utz fest, dass kürzlich ein Zugang durchgebrochen wurde. Das kann nur Aaron von Lehnsfeld gemacht haben. Der bis vor kurzem verborgene Keller ist jetzt leer, aber am Boden sind Spuren von Kisten zu sehen. Während sich Utz, Sigrun und Joachim noch dort aufhalten, bricht ein Teil des Gewölbes ein. Der Einsturz, den Aaron von Lehnsfeld mit einem Baufahrzeug absichtlich verursachte, schneidet ihnen den Rückweg ab. Sie sitzen fest, und die Handys haben kein Netz.

Nach einigen Stunden werden Ziegel aus einer Wand geschlagen und Marie-Luise Hoffmanns Gesicht erscheint in der Maueröffnung. Auf der Suche nach ihrem von Milla gestohlenen Auto kam sie hierher und fand nicht nur ihr Fahrzeug, sondern auch die Einsturzstelle.

Bevor Joachim mit Marie-Luise im kurzgeschlossenen Wagen losfährt, reicht Utz ihm eine Pistole und gibt ihm zu verstehen, dass Aaron von Lehnsfeld in seinem ebenfalls leerstehenden Jagdhaus am Döllnsee zu finden sein könnte. Tatsächlich hat dieser die aus dem Keller der Villa Rosa geborgenen Kunstschätze dorthin gebracht und im Schuppen versteckt. Er ist ebenfalls bewaffnet. Nachdem er Marie-Luise niedergeschlagen hat, schießt er auf Joachim und verletzt ihn an der Schulter. In diesem Augenblick erscheint Milla. Sie hebt Joachims zu Boden gefallene Waffe auf und schießt Aaron von Lehnsfeld nieder. Dessen Kleidung fängt Feuer. Der verletzte Verbrecher rennt zum See hinunter. Der Schuppen mit der wertvollen Kunstsammlung brennt nieder.

Utz findet heraus, dass ihm Natalja regelmäßig Briefe schrieb, die jedoch alle von seiner Mutter abgefangen wurden. In der Hoffnung auf Vergebung fährt er nach Kiew, um Natalja zu besuchen.

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Für die Verfilmung ihres 2005 veröffentlichten Kriminalromans „Das Kindermädchen“ (Rotbuch Verlag, 432 Seiten) durch Carlo Rola schrieb die Autorin Elisabeth Herrmann selbst das Drehbuch.

In Buch und Film geht es um Unrecht, NS-Zwangsarbeit und -Raubkunst, „ewig Gestrige“, den „Mantel des Vergessens“, Großbürgertum und Standesdünkel, den Kampf für das Recht unterprivilegierter Menschen, Politik und Selbstverleugnung aus PR-Gründen. Zu allen Themen gibt es entsprechende Roman- bzw. Filmfiguren, bei denen es Elisabeth Herrmann und Carlo Rola allerdings nicht auf die Ausleuchtung der Charaktere ankommt.

Wirklich überzeugend ist „Das Kindermädchen“ nicht. Bei der Entwicklung der Handlung wechselt nicht nur die Tonalität, sondern es holpert vor allem auch gehörig. Einiges bleibt unklar, manches wirkt übertrieben, unrealistisch oder fragwürdig. Ein Teil der Probleme geht auf die Überfrachtung des Kriminaldramas „Das Kindermädchen“ zurück.

Die Dreharbeiten für den Fernsehfilm fanden vom 17. August bis 16. September 2010 in Berlin statt. Erstmals zu sehen war „Das Kindermädchen“ am 9. Januar 2012 im ZDF-Programm.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012

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