dunkelblaufastschwarz

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dunkelblaufastschwarz – Originaltitel: azuloscurocasinegro – Regie: Daniel Sánchez Arévalo – Drehbuch: Daniel Sánchez Arévalo – Kamera: Juan Carlos Gomez – Schnitt: Nacho Ruiz Capillas – Musik: Pascal Gaigne – Darsteller: Quim Gutiérrez, Marta Etura, Antonio de la Torre, Héctor Colomé, Raúl Arévalo, Eva Pallarés, Roberto Enríquez u.a. – 2006; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Jorge hat die Hausmeister-Stelle seines gelähmten und dementen Vaters übernommen, nebenbei aber BWL studiert, um gesellschaftlich aufsteigen zu können. Wenn er mit seiner Freundin Natalia zusammen ist, muss er immer daran denken, dass sie zwei verschiedenen Klassen angehören. Eines Tages bittet ihn sein zeugungsunfähiger älterer Bruder, der gerade eine Haftstrafe verbüßt, für ihn einzuspringen und einer Mitgefangenen ein Kind zu machen ...
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Kritik

Daniel Sánchez Arévalo hat die melancholische Tragikomödie "Dunkelblaufastschwarz" mit leichter Hand und einigem Witz inszeniert.


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Jorges (Quim Gutiérrez) Mutter starb, und sein Vater Andrés (Héctor Colomé) verdient den Lebensunterhalt als Hausmeister in Madrid. Er läuft fort. Der Vater folgt ihm bis zu einer Mauer, die er nicht überwinden kann. Von der anderen Seite hört Jorge, wie sein Vater aufstöhnt. Erschrocken klettert er zurück: Andrés liegt keuchend am Boden, ein Schlaganfall.

Sieben Jahre später: Seit dem Schlaganfall pflegt Jorge seinen gelähmten, inkontinenten und an vaskulärer Demenz leidenden Vater. Er hat auch dessen Hausmeisterstelle übernommen, nebenbei allerdings im Fernstudium ein Diplom in Betriebswirtschaftslehre erworben.

In seiner Freizeit sitzt Jorge mit seinem Freund Israel („Sean“ – Raúl Arévalo) auf dem Flachdach der Mietskaserne. Israels Eltern betreiben in der Nähe einen kleinen Laden für Zierfische. Vom Dach aus fotografiert Israel den im gegenüberliegenden Haus praktizierenden Masseur Roberto (Roberto Enríquez), der seine durchwegs männlichen Kunden je nach Wunsch auch manuell oder oral befriedigt. Entsetzt stellt Israel fest, dass auch sein Vater Fernando (Manuel Morón) zu Robertos Kunden zählt. Kurzerhand versucht er, ihn anonym mit den Fotos zu erpressen. Aber das Wissen über Fernandos Bisexualität macht ihm schwer zu schaffen, denn er beginnt an seiner eigenen sexuellen Orientierung zu zweifeln. Schließlich geht er selbst zu Roberto. Beim ersten Mal lehnt er es noch ab, sich von dem Mann befriedigen zu lassen, aber nach der nächsten Massage lässt er es zu. Wütend über die Entdeckung seiner homosexuellen Neigungen, stellt Israel seinen Vater beim Abendessen zur Rede. Die Mutter (Ana Wagener) weiß seit langem darüber Bescheid und rät ihrem Sohn, tolerant zu sein.

In der Zeitung streicht Jorge Stellenanzeigen an. Wenn er zu den Bewerbungsgesprächen geht, zieht er einen dunklen Anzug an. Aber er bekommt nur Absagen, denn die Personalleiter befürchten, dass er durch die erforderliche Pflege seines Vaters in der Firma nicht den vollen Einsatz bringen kann.

Eines Tages kommt Natalia (Eva Pallarés) vom Studium in Deutschland zurück und zieht wieder in die leer stehende Wohnung ihrer Eltern in dem Haus, in dem Jorge zum Beispiel für das Entsorgen des Mülls verantwortlich ist. Als Kind trug Jorge Kleidungsstücke auf, die Natalia abgelegt hatte. Seit seinem elften Lebensjahr ist Jorge in Natalia verliebt. Die attraktive junge Frau schläft mit ihm und zeigt ihm, dass sie seine Gefühle erwidert, aber Jorge muss immer daran denken, dass sie zwei verschiedenen Gesellschaftsklassen angehören.

Jorges älterer Bruder Antonio (Antonio de la Torre) verbüßt eine Haftstrafe. Bei einem Besuch im Gefängnis bittet er Jorge, ihm beim nächsten Mal Anabolika mitzubringen: In der Theatergruppe hat er sich an Paula (Marta Etura) herangemacht, eine hübsche junge Frau, die schwanger werden möchte, um in den Mutter-Kind-Trakt des Gefängnisses verlegt zu werden. Antonio nimmt an, dass Anabolika die Zeugungsfähigkeit erhöhen.

Vor dem nächsten Koitus mit Paula in einem Nebenraum des Theatersaals injiziert Antonio sich die von seinem Bruder ins Gefängnis geschmuggelten Anabolika. Nach dem Orgasmus bricht er zusammen. Der Arzt stellt fest, dass er aufgrund einer Krampfader am Skrotum unfruchtbar ist. Bis er einen Operationstermin bekommt, wird er ein Jahr warten müssen. Und weil Paula das Mobbing durch andere Frauen nicht so lang ertragen will, verfallen er und sie darauf, dass Jorge einspringen soll.

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Paula beantragt einen Termin im „Begegnungsraum“ und trifft sich dort mit Jorge. Sie erzählt ihm, sie sei von einem Liebhaber als Drogenkurierin missbraucht und im Flughafen von Madrid festgenommen worden. Damals war sie im vierten Monat schwanger, aber bei einer Untersuchung stellte sich heraus, dass der Embryo tot war, und er wurde abgetrieben. Frühestens in drei Jahren und sieben Monaten wird sie das Gefängnis verlassen können. Als die hübsche junge Frau Jorge erklärt, warum sie mit ihm zusammen sein wollte, weigert er sich darauf einzugehen, denn er will Natalia nicht betrügen. Sein Bruder überredet ihn jedoch ein paar Tage später, Paulas Wunsch zu erfüllen.

Auch nachdem Antonio vorzeitig aus der Haft entlassen wurde, setzt Jorge seine Besuche im Gefängnis fort und kopuliert mit Paula – bis sie ihm eines Tages erzählt, sie sei schon beim ersten Mal vor drei Monaten schwanger geworden. Inzwischen ist aus der Stellvertreterrolle längst etwas anderes geworden: Jorge und Paula haben sich ernsthaft verliebt. Während Paula es Antonio beizubringen versucht, trennt Jorge sich von Natalia.

Das Guthaben des pflegebedürftigen Vaters ist aufgebraucht. Antonio weiß, dass ein zweites Konto existiert, aber das hat er Jorge die ganze Zeit über verschwiegen, weil er das Geld für sich beansprucht. Sobald er den Dementen dazu gebracht hat, eine entsprechende Bankvollmacht zu unterschreiben, will er ihn in ein Seniorenheim abschieben.

Dunkelblaufastschwarz ist der schicke Anzug, den Jorge in einer Auslage sieht und sich nicht leisten kann. Er ist überzeugt, dass er damit bei den Bewerbungen mehr Chancen hätte. Schließlich rammt er mit dem Geländewagen von Israels Vater das Schaufenster und raubt den Anzug.

Doch auf eine Bürotätigkeit kommt es ihm inzwischen nicht mehr an. Durch Paula hat er gelernt, dass er sein eigenes Leben führen muss und sich nicht nur nach den Erwartungen anderer richten darf. Er lässt seinen Bruder bei seinem Vater zurück und wird Pförtner in einem anderen Gebäude.

Während er seine neue Stelle antritt, bekommt Paula ihr Kind, und damit erfüllt sich ihr Wunsch, wenigstens einige Zeit im Mutter-Kind-Trakt verbringen zu können.

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Dunkelblaufastschwarz ist der Anzug, den Jorge unbedingt haben möchte, weil er den gesellschaftlichen Aufstieg symbolisiert. Die Farbe Dunkelblaufastschwarz steht aber auch für eine fließende Veränderung. In „Dunkelblaufastschwarz“, dem Regiedebüt des madrilenischen Drehbuchautors Daniel Sánchez Arévalo (* 1970), geht es um einen jungen Hausmeister, der nebenher BWL studiert, um aus der Arbeiterklasse aufsteigen zu können. Das gelingt ihm in der spanischen Klassengesellschaft jedoch nicht, und am Ende findet er sich damit ab. Daniel Sánchez Arévalo zeigt hier eine verblüffend reaktionäre Haltung.

Die melancholische Tragikomödie „Dunkelblaufastschwarz“ hat er mit leichter Hand inszeniert. Indem er zwischen den verschiedenen Handlungssträngen hin- und herspringt, entwickelt er sie nebeneinander. Aber die raschen Schnittfolgen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass „Dunkelblaufastschwarz“ ein paar Längen aufweist. Ausgeglichen wird das durch witzige Einfälle.

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Inhaltsangabe und Filmkritik: © Dieter Wunderlich 2008

Françoise Sagan - In einem Monat, in einem Jahr
Françoise Sagan inszeniert diesen un­glücklichen Liebesreigen mit leichter Hand und wechselt dabei fortwährend die Perspektive. "In einem Monat, in einem Jahr" kommt ohne Effekthascherei aus, und die Autorin begnügt sich mit einer ebenso schlichten wie über­zeugenden Komposition.
In einem Monat, in einem Jahr