Martin Suter : Allmen und die Libellen

Allmen und die Libellen
Allmen und die Libellen Originalausgabe: Diogenes Verlag, Zürich 2011 ISBN: 978-3-257-06777-4, 197 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Das Millionenerbe, das Johann Friedrich von Allmen von seinem Vater bekam, hielt nicht lange vor. Inzwischen hat er fast alles veräußert und wohnt mit seinem Faktotum Carlos im Gartenhaus der verkauften Villa. Trotz seiner Schulden gelingt es ihm, die Leute glauben zu lassen, er sei noch immer reich. Als ihn die nymphomane Tochter eines Industriellen mit in die Villa ihres Vaters nimmt, stiehlt von Allmen eine wertvolle Glasschale – und setzt damit eine verhängnisvolle Kette von Ereignissen in Gang ...
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Kritik

Bei dem Roman "Allmen und die Libellen" von Martin Suter handelt es sich nicht um anspruchsvolle Literatur, sondern um eine kurzweilige Kriminalkomödie, ein unterhaltsames Schelmenstück.
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„Von Allmen“ hieß ursprünglich nur, dass die Namensträger von den Alpen kamen. Indem jedoch Johann Friedrich von Allmen auf das „von“ verzichtete, verschaffte er sich den Ruf, ein Aristokrat zu sein. Eigentlich heißt er Hans Fritz von Allmen, aber das klang ihm zu bieder. Von seinen Freunden lässt er sich „John“ nennen.

Sein früh verwitweter Vater Kurt Fritz von Allmen hatte durch den Erwerb und Verkauf von Ackerflächen, die in Bauland umgewandelt wurden, ein Vermögen gemacht und es ihm hinterlassen, als er mit zweiundsechzig starb. Aber Johann Friedrich von Allmen zerrann das Geld zwischen den Fingern. Als keines mehr war, sah er sich gezwungen, nach und nach Wert- und Einrichtungsgegenstände zu verkaufen. Schließlich musste er auch die Villa Schwarzacker abgeben. Er veräußerte sie an eine Treuhand-Gesellschaft, machte aber zur Bedingung, dass sein Gärtner Carlos de Leon übernommen wurde und er mit ihm im Gartenhaus auf dem Anwesen wohnen darf. Auf diese Weise kann er vortäuschen, die Villa gehöre ihm noch immer. Zu seinem weltläufigen Gebaren gehört auch Herr Arnold, ein Taxifahrer, der ihn gegen Monatsrechnung in einem 1978er Fleetwood Cadillac mit abmontiertem Taxischild chauffiert. Als vermeintlich wohlhabender Gentlemen braucht von Allmen nirgendwo sofort zu bezahlen.

Carlos stammt aus Guatemala. Von Allmen lernte ihn kurz nach dem Tod seines Vaters dort kennen und erfüllte ihm den Wunsch, ihn mit in die Schweiz zu nehmen. Seit Ablauf des Touristenvisums hält Carlos sich illegal hier auf. Eingestellt wurde er als Gärtner, aber im Lauf der Zeit begann er auch andere Arbeiten zu übernehmen: Kochen, Servieren, Bügeln, Putzen, Reparieren. Seit dem Verkauf der Villa beschäftigt von Allmen ihn nur noch gegen Kost und Logis. Entlohnt wird Carlos als Gärtner der Treuhand-Gesellschaft.

Seit von Allmen nichts mehr zu verkaufen hat, beschafft er sich Geld, indem er in Antiquitätengeschäften billige Sachen kauft und dabei das Personal so ablenkt, dass er unbemerkt Kostbarkeiten stehlen kann. Die bietet er dann Jack Tanner an, dem Betreiber des Antiquitätenladens „Les Trouvailles“, bei dem er selbst ein guter Kunde war, als er es sich noch leisten konnte.

Briefe mit Mahnungen öffnet von Allmen nicht. Aber ein Kuvert mit dem Wappen des Königreichs Marokko macht ihn neugierig. Er reißt den Umschlag auf – und liest einen Drohbrief des rabiaten Antiquitätengroßhändler H. Dörig, dem er 12 455 Franken schuldet. Soviel Geld hat er derzeit nicht zur Verfügung.

Von dem unangenehmen Gläubiger lässt von Allmen sich jedoch nicht die Opernpremiere an diesem Abend vermiesen. Es handelt sich um eine Neuinszenierung von „Madame Butterfly“. Von Allmen hat ein Abonnement für zwei hervorragende Sitze. Einen davon überlässt er seit einiger Zeit dem Investmentbanker Serge Lauber gegen Bezahlung. Eine Stunde vor Beginn der Aufführung lässt von Allmen sich von Herrn Arnold zu einer Bar in der Nähe der Oper bringen, wo er zwei Margaritas trinkt. Normalerweise taucht hier auch Serge Lauber auf, und sie gehen zusammen hinüber zur Oper. An diesem Abend wird von Allmen von einer Fremden Ende dreißig im Nerz angesprochen. Joëlle, so heißt sie, bekam die Karte von Serge Lauber. Es handelt sich um die Tochter des Industriellen Klaus Hirt. Sie lebt in New York, besucht jedoch gerade ihren Vater.

Nach der Oper wartet ein Chauffeur namens Boris auf Joëlle. Sie nimmt ihren neuen Bekannten mit. Im Fond der Limousine kann sich von Allmen ihrer gerade noch erwehren, aber in der See-Villa ihres Vaters fällt sie über ihn her.

Als sie eingeschlafen ist, sucht von Allmen eine Toilette. Dabei gerät er in einen Raum mit Vitrinen, in denen fünf Glasschalen des Künstlers Emile Gallé mit Libellen-Motiven stehen. Von Allmen, der sich inzwischen schon darüber ärgert, dass ihn diese „Schlampe“ – wie er sie nun nennt – wie einen Gigolo abschleppte, nimmt eine der Schalen heraus, zieht sich leise an und stiehlt sich davon. Auf der Straße wird ihm bewusst, dass man ihn als Ersten verdächtigen wird. Deshalb versteckt er die Schale in einer Thujahecke und kehrt zurück. Am nächsten Morgen wundert sich Joëlle, dass er noch da ist.

Sie lässt es sich nicht nehmen, ihn selbst nach Hause zu fahren. Als sie ihn vor der Villa Schwarzacker absetzt, nimmt sie an, er sei der Besitzer.

Von einem Bekannten leiht von Allmen sich einen Smart und holt nach Einbruch der Dunkelheit die Schale. Jack Tanner gibt ihm dafür 20 000 Franken und deutet an, Abnehmer für weitere Gallé-Schalen mit Libellen-Motiven zu kennen.

Wie immer, wenn von Allmen zu Geld gekommen ist, bezahlt er seine inzwischen aufgelaufenen Schulden in Bars und Restaurants, bei Herrn Arnold und anderen Gläubigern. Auf diese Weise wahrt er sein Image als reicher Mann und kann weiter anschreiben lassen. Nur Dörig lässt er aus. Auf den kann er jetzt entspannt warten, denn die 12 455 Franken hat er noch übrig.

Er lädt Joëlle in ein gutes Restaurant an. Aber als sie in der Bar auftaucht, in der sie verabredet sind, eröffnet sie ihm, sie habe den Tisch abbestellt und stattdessen im „shaparoa“ reserviert. Von Allmen ist entsetzt, denn es handelt sich um das mit Abstand teuerste Restaurant der Stadt, in dem jeder Gang in einem anderen Raum serviert wird. Und weil man ihn dort nicht kennt, hat er auch keinen Kredit. Nachdem er die Rechnung über 5673 Franken bezahlt hat, sieht er der zu erwartenden Begegnung mit Dörig nicht mehr so gelassen entgegen.

In dieser Nacht ist Joëlle zu betrunken, um es mit ihm zu treiben. Aber sie nimmt ihn wieder mit in die See-Villa ihres Vaters. Während sie schnarcht, steht von Allmen auf und schaut in die Vitrinen. Verwundert reibt er sich die Augen: Die von ihm gestohlene Schale ist wieder da. Handelt es sich um ein Duplikat? Diesmal versteckt er alle fünf Schalen in der Thujahecke. Am Morgen wartet er, bis Joëlle endlich aufwacht, denn sie soll später bezeugen, dass er die Villa ohne Gepäck verließ.

Wie befürchtet, kommt Dörig und verlangt sein Geld. Von Allmen hat nur noch 5000 Franken. Eine Teilzahlung lehnt Dörig jedoch ab. Statt sich damit abzufinden, räumt er von Allmen eine letzte Frist von zwei Tagen ein.

Von Allmen holt die Schalen nachts aus dem Versteck. Am nächsten Tag öffnet bei „Les Trouvailles“ niemand auf sein Klingeln. Die Türe ist nur angelehnt. Von Allmen drückt sie auf – und findet Jack Tanners Leiche. Er wurde erschossen. In Panik verlässt von Allmen den Laden und wirft beim Rauslaufen die Türe zu.

In seiner Not vertraut von Allmen sich Carlos an. Der findet im Internet heraus, dass die fünf Schalen mit Libellen-Motiven vor knapp zehn Jahren gestohlen wurden und mehrere Millionen Franken wert sind. Er hilft von Allmen, sie auf dem Bechstein-Flügel zu drapieren und fotografiert sie. Danach meint von Allmen, Carlos solle die Schalen besser verstecken.

Etwas später bereut von Allmen, Carlos eingeweiht zu haben. Kann er ihm vertrauen? Wenn Carlos sich die ausgesetzte Belohnung von der Versicherungsgesellschaft holt, kann er zu seiner Familie nach Guatemala zurückkehren und braucht nie mehr im Leben zu arbeiten.

Dörig kommt mit drei kräftigen Männern, die den Bechstein-Flügel abtransportieren.

Im Wintergarten des Gartenhauses erhält von Allmen einen Schlag gegen die Brust und wird umgeworfen. Als er zu sich kommt, ist Carlos bei ihm. Jemand hat auf ihn geschossen. Aber das Projektil prallte an einer Schnalle seiner Hosenträger ab. Das Bewusstsein verlor er, weil er mit dem Hinterkopf gegen eine Tischkante fiel. Nach dem Mordversuch zieht von Allmen in eine Suite des Hotels „Confédération“, denn im Gartenhaus ist es ihm jetzt zu gefährlich.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Er ruft Joëlle auf ihrem Handy an. Sie ist in New York. Von ihr lässt er sich die Handy-Nummer ihres Vaters geben. Dann telefoniert er mit Klaus Hirt und deutet an, im Besitz der fünf Gallé-Schalen zu sein. Sie verabreden sich für den nächsten Tag in der See-Villa.

Von Allmen lässt sich von Herrn Arnold hinbringen. Boris öffnet ihm die Türe und führt ihn zu Klaus Hirt. Der beteuert seinem Besucher, nicht der Auftraggeber des Mörders von Jack Tanner zu sein. Hirt erzählt, dass die Schalen vor knapp zehn Jahren während einer Gallé-Ausstellung im Museum Langturm am Bodensee geraubt wurden. Es handelte sich um eine Leihgabe der Familie Werenbusch. Der Fall blieb unaufgeklärt. Aber Klaus Hirt kennt die Hintergründe. Er erwarb die Schalen damals für 2 Millionen Franken von Terry Werenbusch, dem Junior der angesehenen Familie. Der kassierte außerdem die Versicherungssumme von 4 Millionen Franken. Damit konnte ein finanzieller Engpass im Familienunternehmen behoben werden, dessen Bekanntwerden den Ruf schwer geschädigt hätte. Nachdem von Allmen die erste Schale gestohlen hatte, bot Jack Tanner sie Klaus Hirt zum Kauf an und verriet ihm auch den Namen des Diebes. Hirt wiederum informierte Terry Werenbusch. Der ermordete Tanner und schoss auf von Allmen, um zu verhindern, dass die Familie Werenbusch mit dem Kunstraub und dem Versicherungsbetrug in Verbindung gebracht wird.

Johann Friedrich von Allmen und Carlos lassen sich von Herrn Arnold zu dem Jagdschlösschen am Bodensee fahren, in dem Terry Werenbusch mit seinem greisen Vater lebt. Sie zeigen Werenbusch die Fotos der Schalen und behaupten, Kopien davon seien auch zusammen mit einem Bericht über die wahren Umstände des Kunstraubs vor zehn Jahren bei einem Anwalt hinterlegt. Von Allmen weist Werenbusch darauf hin, dass er zur Polizei gehen könne und behaupten, er habe die aus dem Museum Langturm geraubten Glasschalen in Hirts See-Villa wiedererkannt und sichergestellt. Für die Rückgabe der Schalen und sein Schweigen verlangt er eine halbe Million Franken.

Die Übergabe findet am nächsten Vormittag in dem Hotel statt, in dem von Allmen mit seinen Begleitern übernachtete.

Wieder zurück im Gartenhaus, telefoniert von Allmen mit der Polizei und gibt an, wo die vor zehn Jahren gestohlenen Gallé-Schalen mit Libellen-Motiven zu finden sind. Daraufhin wird Terry Werenbusch verhaftet. Bei der Hausdurchsuchung stellt die Polizei die Waffe sicher, mit der Jack Tanner erschossen wurde. Außerdem beweisen DNA-Spuren Werenbuschs Täterschaft.

Klaus Hirt stirbt an Herzversagen.

Die Versicherung zahlt von Allmen 400 000 Franken Belohnung. Zusammen mit den 500 000 Franken, die er von Terry Werenbusch bekam, macht das 900 000 Franken. Davon bekommt Carlos 100 000, und von Allmen schlägt ihm vor, gemeinsam eine Agentur zu gründen, die sich auf die Wiederbeschaffung wertvoller Gegenstände gegen Belohnung spezialisiert.

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Fünf von Emile Gallé (1846 – 1904) entworfene Glasschalen mit Libellen-Motiven wurden tatsächlich am 27. Oktober 2004 während einer Ausstellung im Château Gingins nordwestlich des Genfer Sees geraubt. Alles andere im Roman „Allmen und die Libellen“ von Martin Suter ist fiktiv.

Es handelt sich nicht um große, tiefschürfende, anspruchsvolle Literatur, sondern um eine kurzweilige Kriminalkomödie, ein unterhaltsames Schelmenstück. Dafür sorgen witzige Einfälle und immer neue Wendungen. „Allmen und die Libellen“ eignet sich besonders gut als Lektüre während einer kurzen Bahnfahrt.

Übrigens heißt es, Martin Suter plane eine Buchreihe mit den Protagonisten Johann Friedrich von Allmen und Carlos.

Den Roman „Allmen und die Libellen“ von Martin Suter, gibt es auch als Hörbuch, gelesen von Gert Heidenreich (Regie: Günther Krusemark, Diogenes Verlag, Zürich 2011, 4 CDs, ISBN: 978-3-257-80305-1).

Martin Rauhaus schrieb Drehbücher zu den vier existierenden „Allmen“-Romanen von Martin Suter. Die Dreharbeiten für die Fernsehfilmreihe begannen Ende 2015 mit Heino Fernch in der Rolle des Johann von Allmen. Der erste Film trägt den Titel „Allmen und das Geheimnis der Libellen“.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2011 / 2015

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