Der Saustall

Der Saustall

Der Saustall

Der Saustall – Originaltitel: Coup de torchon – Regie: Bertrand Tavernier – Drehbuch: Jean Aurenche und Bertrand Tavernier, nach dem Roman "1280 schwarze Seelen" von Jim Thompson – Kamera: Pierre-William Glenn – Schnitt: Armand Psenny – Musik: Philippe Sarde – Darsteller: Philippe Noiret, Isabelle Huppert, Stéphane Audran, Irène Skobline, Eddy Mitchell, Guy Marchand, Jean-Pierre Marielle, Michel Beaune, Jean Champion, Victor Garrivier, Samba Mané, François Perrot, Daniel Langlet u.a. – 1981; 125 Minuten

Inhaltsangabe

In dem zu Französisch-Westafrika gehörenden Dorf Bourkassa soll der Polizist Lucien Cordier für Ruhe und Ordnung sorgen, doch der vertrottelte Franzose wird von niemandem ernst genommen, weder von seiner Frau Huguette oder deren Liebhaber Nono, noch von seinem rassistischen Kollegen Marcel oder dem Zuhälter Le Peron. Im Sommer 1938 beschließt Lucien, den "Saustall" auszumisten ...
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Kritik

Der Roman "1280 schwarze Seelen" von Jim Thompson inspirierte Bertrand Tavernier zu dem Film "Der Saustall". Es handelt sich um eine originelle, zynische und tragikomische Gesellschaftssatire über den Verfall der Zivilisation am Vorabend des Zweiten Weltkriegs.
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In dem zu Französisch-Westafrika gehörenden Dorf Bourkassa soll der Polizist Lucien Cordier (Philippe Noiret) für Ruhe und Ordnung sorgen, doch der vertrottelte Franzose wird von allen zum Narren gehalten.

Luciens Ehefrau Huguette (Stéphane Audran) hat durchgesetzt, dass ihr angeblicher Bruder Nono (Eddy Mitchell) mit im Haus wohnt, und die beiden geben sich keine besondere Mühe, zu verbergen, dass sie ein Liebesverhältnis haben.

Unmittelbar vor den Fenstern von Luciens Wohnung betreibt der Geschäftsmann Vanderbrouck (Michel Beaune) ein stinkendes Toilettenhäuschen ohne Dach.

Der Dorfpriester (Jean Champion) wirft dem Polizisten vor, seiner Aufgabe nicht nachzukommen, denn Lucien vermeidet es, jemanden einzusperren.

Der Zuhälter Le Peron (Jean-Pierre Marielle) und dessen Kumpan Leonelli (Gérard Hernandez), die im Bordell von Bourkassa Angst und Schrecken verbreiten und sich beispielsweise einen Spaß daraus machen, auf im Fluss vorbeitreibende Leichen von Afrikanern zu schießen, setzen Lucien besonders arg zu: Sie schikanieren ihn, wann immer sie ihn treffen.

1938 fährt Lucien mit dem Zug in die nächste Stadt, um sich bei dem Polizeikollegen Marcel Chavasson (Guy Marchand) Rat zu holen. Der Aufschneider, der gerade mit einem Bekannten namens Paulo (Daniel Langlet) Billard spielt und keinen Hehl aus seinem Rassismus macht, tritt Lucien von hinten, erklärt ihm feixend, so etwas dürfe er sich nicht gefallen lassen und fordert ihn auf, sich an Le Peron und den anderen zu rächen.

Zurück in Bourkassa, entwürdigt Lucien Le Peron und Leonelli, indem er sie mit vorgehaltener Dienstpistole zwingt, ihm Lieder zu singen, bevor er sie am Flussufer erschießt und die Leichen ins Wasser wirft.

Weil Marcel befürchtet, der einfältige Dorfpolizist könne ihn ernst genommen haben, fährt er nach Bourkassa und versucht Lucien zu erklären, dass er nur einen Witz gemacht habe. Als Lucien ihm versichert, dass Le Peron in dieser Nacht nicht im Bordell auftauchen werde, nutzt Marcel die Gelegenheit, sich dort zu amüsieren. Dabei prahlt er damit, den verhassten Zuhälter „ausgeschaltet“ zu haben. Erst am anderen Morgen, als Lucien andeutet, Le Peron sei möglicherweise ermordet worden, erschrickt Marcel, denn wenn das der Fall wäre, würde man ihn wegen seiner Äußerungen als Täter verdächtigen.

Einige Tage später erschießt Lucien einen Dorfbewohner, der immer wieder seine hübsche junge Frau verprügelt hat. Er lässt es wie einen Unfall aussehen, so als sei Mercaillou (Victor Garrivier) über sein eigenes Gewehr gestolpert. Dann überbringt er Rose (Isabelle Huppert) die Nachricht vom Tod ihres Mannes – und geht mit ihr ins Bett. Als der afrikanische Diener Freitag (Samba Mané) Mercaillous Leiche findet und durch eine unbedachte Bemerkung von Rose erfährt, dass der Mann ermordet wurde, tötet Lucien auch ihn.

In einer Nacht sägt er das Toilettenhäuschen so an, dass Vanderbrouck am nächsten Morgen in die Jauchegrube fällt und die unappetitliche Einrichtung daraufhin zornig abreißen lässt.

Überraschend taucht Oberfeldwebel George Le Peron (Jean-Pierre Marielle), der Bruder des ermordeten Zuhälters, in Bourkassa auf, um nach dem Vermissten zu suchen.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Seit die neue Lehrerin Anne (Irène Skobline) ihren Dienst in Bourkassa aufgenommen hat, kreisen Luciens Gedanken nicht mehr um Rose, sondern um sie. Als er Nono dabei ertappt, wie dieser Anne heimlich beim Duschen zusieht, verprügelt er ihn.

Schließlich will Lucien auch Rose ermorden, doch unmittelbar vor der Durchführung seines Vorhabens wird Rose von Huguette und Nono überfallen. Die beiden glauben, dass Rose Geld von ihnen hat und wollen aus ihr herausprügeln, wo es versteckt ist. Da nimmt Rose den Revolver, den Lucien ihr vor einiger Zeit besorgte und erschießt die beiden. Lucien, der in der Nähe des Hauses wartete, rät Rose daraufhin, aus Bourkassa zu verschwinden und sich vor der Polizei in Acht zu nehmen.

Minuten später trifft die Nachricht ein, dass Hitler, Mussolini, Chamberlain und Daladier den in Europa drohenden Krieg durch ein in München geschlossenes Abkommen erst einmal abwendeten (Münchner Abkommen, 29. September 1938).

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Der 1964 veröffentlichte Roman „1280 schwarze Seelen“ („Pop. 1280“) von Jim Thompson (1906 – 1977) inspirierte Bertrand Tavernier zu dem Film „Der Saustall“ („Coup de torchon“). Er verlegte allerdings die Handlung aus einer rassistischen Kleinstadt im Süden der USA nach Westafrika, und machte aus einem ehrgeizigen Sheriff, der skrupellos alles aus dem Weg räumt, was seine Wiederwahl gefährden könnte, einen pflichtvergessenen französischen Kolonialpolizisten, der von allen gedemütigt wird, bis er beschließt, den Abschaum der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken zu beseitigen.

„Der Saustall“ ist eine zynische, tragikomische Gesellschaftssatire, in der Bertrand Tavernier gesellschaftliche Institutionen wie Polizei, Militär, Kirche, Schule und Familie aufs Korn nimmt. Damit thematisiert er auf originelle Weise den Verfall der Zivilisation am Vorabend des Zweiten Weltkriegs.

1982 wurde „Der Saustall“ in der Kategorie „Bester ausländischer Film“ für einen „Oscar“ nominiert.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007

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