Forrester. Gefunden!

Forrester. Gefunden!

Forrester. Gefunden!

Forrester. Gefunden! – Originaltitel: Finding Forrester – Regie: Gus Van Sant – Drehbuch: Mike Rich – Kamera: Harris Savides – Schnitt: Valdís Óskarsdóttir – Musik: Bill Brown – Darsteller: Sean Connery, Rob Brown, F. Murray Abraham, Anna Paquin, Busta Rhymes, April Grace, Michael Pitt, Michael Nouri, Stephanie Berry, Glenn Fitzgerald, Matt Damon u.a. – 2000; 135 Minuten

Inhaltsangabe

Als Mutprobe klettert der 16-jährige Afroamerikaner Jamal Wallace nachts über die Feuerleiter zum Fenster eines älteren Mannes hinauf, der ihn und seine Freunde beim Basketballspielen beobachtet und das Haus nie verlässt. Jamal dringt in die mit Büchern vollgestellte Wohnung des Eremiten ein. Als dieser aufwacht, flüchtet er und vergisst seinen Rucksack mit dem Notizbuch, in das er Kurzgeschichten schreibt. Das bekommt er schließlich mit Kommen­taren versehen zurück, und er findet heraus, dass es sich bei dem Kauz um den Pulitzer-Preisträger William Forrester handelt ...
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Kritik

"Forrester. Gefunden!" ist ein Märchen über eine ungewöhnliche Freundschaft, durch die ein junger Underdog viel lernt und ein älterer Schriftsteller erlöst wird. Der Film von Gus Van Sant ist zu lang und für das Thema zu trivial.
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Der 16-jährige afroamerikanische Schüler Jamal Wallace (Rob Brown) wohnt mit seiner Mutter Janice (Stephanie Berry) in der Bronx. Der drogensüchtige Vater hat die Familie längst verlassen. Terrell (Busta Rhymes), der ältere der beiden Söhne, ist zwar bereits ausgezogen, hält aber weiterhin Kontakt mit seinen Angehörigen.

Jamal, der seinen Basketball immer bei sich hat, gehört zu den besten Spielern im Viertel. Bei ihren Matches werden sie von einem älteren Mann aus einem der obersten Fenster eines Wohnhauses beobachtet. Der Kauz verlässt seine Räume offenbar nie und bekommt geliefert, was er zum Leben braucht. Die Jugendlichen argwöhnen, dass er sich versteckt, weil er jemanden ermordete. Sie wetten, dass Jamal es nicht wagen würde, in die Wohnung des geheimnisvollen Mannes einzudringen. Um die Wette zu gewinnen, steigt Jamal nachts über die Feuerleiter hinauf und klettert durchs Fenster hinein. Der Bewohner schläft. Vorsichtshalber öffnet Jamal die mit mehreren Riegeln verschlossene Wohnungstüre einen Spalt. Weil er als Beweis, dass er in den Räumen war, etwas mitbringen muss, steckt er ein herumliegendes Messer in seinen Rucksack. Als der Schläfer aufwacht und sich mit einem Ruck aufrichtet, flieht Jamal und lässt dabei seinen Rucksack zurück.

Der hängt am nächsten Morgen im Fenster des Eremiten und landet bald darauf vor Jamals Füßen auf dem Pflaster. Allerdings fehlt das Notizbuch, in dem Jamal an Kurzgeschichten arbeitet. Dass er literarische Texte schreibt, verheimlicht er seinen Freunden, denn die würden dafür kein Verständnis haben; sie schätzen nur seine sportlichen Fähigkeiten. Um das Notizbuch zurückzubekommen, geht Jamal wieder hin – diesmal nicht über die Feuerleiter, sondern durchs Treppenhaus. Erst nach mehreren Versuchen gibt ihm der Alte das Notizbuch zurück, und Jamal stellt fest, dass seine Texte wie ein Schulaufsatz mit Anmerkungen und Kommentaren versehen sind. Der Mann, dessen Wohnung mit Büchern vollgestellt ist, wird zu seinem literarischen Lehrer, stellt ihm Aufgaben, berät ihn und bespricht die Texte mit ihm.

Aufgrund seiner herausragenden Prüfungsergebnisse wird Jamal mit einem Stipendium an die elitäre Mailor Privatschule in Manhattan versetzt. Dort führt ihn Claire Spence (Anna Paquin), die Tochter des Direktors Dr. Spence (Michael Nouri), die ebenfalls hier zur Schule geht, am ersten Tag herum und weist ihn ein. Sie finden sich auf Anhieb sympathisch, essen am nächsten Tag gemeinsam in der Mensa und fangen an, sich regelmäßig zu treffen.

Im Unterricht wird der Jahrzehnte alte einzige Roman des Pulitzer-Preisträgers William Forrester (Sean Connery) als Pflichtlektüre vorgegeben. Der 1930 in Schottland geborene Schriftsteller, der mit seinen Eltern nach New York kam und nur diesen einen Roman geschrieben hat, gibt keine Interviews, und niemand weiß, wohin er sich zurückgezogen hat. Als Jamal in einer Claire gehörenden älteren Ausgabe des Buches ein Foto des Autos sieht, begreift er, dass es sich bei dem angeblichen Mr Johanson um William Forrester handelt.

Beim nächsten Besuch spricht er den schrulligen Pulitzer-Preisträger mit dessen richtigen Namen an. Der lässt ihn schwören, dass er das Geheimnis wahren werde. Dann wirft er seinem Schüler einen alten Aufsatz von sich hin und fordert ihn auf, gewissermaßen zur Aufwärmung den Titel und den ersten Absatz abzuschreiben. Jamal legt los und setzt den Text mit eigenen Gedanken und Formulierungen fort.

Als William Forrester erfährt, dass es sich bei Jamals Professor um Robert Crawford (F. Murray Abraham) handelt, erklärt er ihm den Grund für dessen Verbitterung. Crawford strebte ursprünglich eine Schriftsteller-Karriere an, aber das einzige Buch, das er schrieb, wurde nicht veröffentlicht, und daraufhin wurde er Sprachprofessor. Später ergänzt Forrester seine Erläuterungen: Crawford beschäftigte sich in seinem Buch mit vier Schriftstellern. William Forrester war der einzige noch lebende von ihnen, und er sorgte dafür, dass der Verlag das eigentlich bereits angenommene Manuskript nicht druckte.

William Forrester vertraut seinem Schüler auch an, warum er sich zurückzog: Nachdem er seinen Debütroman geschrieben hatte, verunglückte sein traumatisiert aus dem Krieg heimgekehrter, alkoholkranker Bruder tödlich, und innerhalb von fünf Monaten starben auch die Eltern. Das warf Forrester aus der Bahn.

Crawford kann sich nicht vorstellen, dass ein guter Basketballspieler, noch dazu ein afroamerikanischer, über herausragende sprachliche Fähigkeiten verfügt. Missgünstig beobachtet er Jamal und fragt sich, wie dessen rasante Fortschritte zustande kommen. Den nächsten Aufsatz muss Jamal unter der Aufsicht des Professors schreiben.

Die Situation eskaliert, als Crawford während des Unterrichts den Schüler John Coleridge (Michael Pitt) demütigt und Jamal ihn daraufhin herausfordert, indem er dem Professor Fehler im Sprachgebrauch nachweist. Crawford wirft ihn hinaus – und sinnt auf Rache für die Blamage.

Als er in einer alten Ausgabe des „New Yorker“ einen Beitrag von William Forrester findet, dessen Titel und erster Absatz mit Jamals für den Schreibwettbewerb eingereichten Text übereinstimmen, beschuldigt er den Schüler offiziell eines Plagiats.

Jamal beschwert sich bei William Forrester, weil dieser ihn nicht darauf hinwies, dass es sich bei dem Text, den er ihm zum Aufwärmen abschreiben ließ, um einen bereits veröffentlichten handelte. Weil Jamal schwor, seine Bekanntschaft mit dem Schriftsteller geheim zu halten, kann er sich in der Schule nicht rechtfertigen. Und Forrester kann nichts für ihn tun, wenn er weiterhin unerkannt bleiben möchte.

Über Jamals Bestrafung will das Direktorium nach dem anstehenden Meisterschafts-Endspiel im Basketball entscheiden. Ein Professor deutet an, dass man sich im Kollegium bereits einig sei, die Vorwürfe gegen Jamal nicht weiterzuverfolgen, wenn er mit seiner Mannschaft den Pokal gewinnt.

Am Ende der regulären Spielzeit steht die Partie unentschieden. Deshalb erhält jede Mannschaft drei Freiwürfe. Jamal, der sonst mit großer Sicherheit den Korb trifft, wirft absichtlich knapp daneben und sorgt auf diese Weise nicht nur für eine Niederlage seiner Schulmannschaft, sondern auch für eine persönliche Blamage.

Sein Kalkül geht jedoch auf: Claire hält weiter zu ihm, und William Forrester, der das Spiel im Fernsehen gesehen hat, taucht bei der Abschlussveranstaltung des Schreibwettbewerbs unerwartet in der Mailor-Schule auf. Ob er einen kurzen Text mit dem Titel „Der Verlust der Familie“ vortragen dürfe, fragt er, und Robert Crawford bittet ihn beflissen zum Rednerpult. Danach schwärmt der Professor von der Vorbildlichkeit des soeben gehörten Textes. Forrester gesteht, dass er statt eines eigenen Textes den seines loyalen Freundes vorgelesen habe; Jamal Wallace sei der Autor. Außerdem stellt Forrester klar, dass Jamal kein Plagiator ist, sondern die Textpassage mit seiner ausdrücklichen Erlaubnis verwendete.

Nach diesem Auftritt verabschiedet sich William Forrester von einem jungen Freund und radelt davon. Er kehrt nach Schottland zurück.

Im Jahr darauf sucht der Rechtsanwalt Steven Sanderson (Matt Damon) den Schüler Jamal auf und teilt ihm mit, dass William Forrester in Schottland an einer Krebserkrankung verstarb. Jamal bekommt die Schlüssel zu Forresters Wohnung in der Bronx und das Manuskript eines zweiten Romans. Vor der Veröffentlichung soll Jamal ein Vorwort dazu schreiben.

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Ähnlich wie in „Der Duft der Frauen“ oder dem ebenfalls von Gus Van Sant inszenierten Film „Good Will Hunting“ wird auch in „Forrester. Gefunden!“ ein hochbegabter junger Mann von einem älteren Mäzen gefördert. In diesem Fall handelt es sich bei dem Lehrer um einen verschrobenen Schriftsteller, der ein wenig an Jerome David Salinger („Der Fänger im Roggen“) erinnert.

Realistisch wirkt die Handlung nicht; „Forrester. Gefunden!“ ist ein Märchen über eine ungewöhnliche Freundschaft, durch die der Jüngere viel lernt und der Ältere erlöst wird. Außerdem stehen hier Körper und Geist im Einklang: Literarische und sportliche Fertigkeiten widersprechen sich nicht.

Ein anderer Drehbuchautor hätte aus der Grundidee vielleicht ein Kammerspiel mit brillanten Dialogen gemacht, aber Mike Rich brachte in dem über zwei Stunden langen Film keine einzige sprachlich funkelnde Passage unter. Stattdessen greift er eine Unmenge von Themen auf, ohne eines davon wirklich zu vertiefen. „Forrester. Gefunden!“ plätschert mit viel Redundanz dahin und endet dann auch noch wie eine Schnulze.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014

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