Wallis Simpson

Als Mätresse hätte man sie geduldet, aber König Edward VIII. bestand darauf, die geschiedene Amerikanerin zu heiraten, und verzichtete wegen ihr auf den Thron.

Tabellarische Biografien: Eduard VIII. und Wallis Simpson

 


Wallis Simpson: Die große Liebe des Königs

Leseprobe aus
Dieter Wunderlich: Verführerische Frauen. Elf Porträts
Piper Verlag, München 2012

Am 5. November 1934 schrieb Wallis Simpson ihrer Tante: »Hören Sie nicht auf den lächerlichen Klatsch. Ernest und ich sind meilenweit davon entfernt, uns scheiden zu lassen, und wir haben eine lange Aussprache über meine Beziehungen zum Prinzen von Wales gehabt. Wir haben auch mit ihm darüber gesprochen, und alles wird so weitergehen wie bisher, d. h. wir werden alle drei die besten Freunde der Welt bleiben. […] Ich werde versuchen, so geschickt zu sein, beide zu behalten.«

Als Edwards zweitjüngster Bruder George am 29. November in der Westminster Abbey Prinzessin Marina heiratete, die Tochter des Prinzen Nikolaus von Griechenland und der Großfürstin Helena von Russland, eine Enkelin des Zaren Alexander II., befanden sich auch die Simpsons unter den Gästen, und beim anschließenden Empfang im Buckingham Palace stellte Edward das Ehepaar dem König und der Königin vor.

Wallis und Edward hielten es für ein gutes Omen, dass die Initialen ihrer Vornamen das Wort »we« ergaben. Am 28. Dezember schrieb der Prinz seiner Angebeteten einen ersten Liebesbrief: »Oh, meine Teure, wie ich Sie liebe, immer mehr und mehr.« Doch was war so verführerisch an der inzwischen 38-jährigen Amerikanerin? Ihr Äußeres entsprach sicherlich keinem gängigen Schönheitsideal, aber sie war zweifellos eine elegante Erscheinung. »Mit ihrem dunklen Haar und ihrer blassen Haut war Wallis Simpson keine berühmte Schönheit, aber sie besaß ein enormes Stilgefühl. Sie war groß und schlank, und mit ihren schmalen Hüften, die man stets als knabenhaft beschrieb, erschien sie auf den ersten Blick wie eine merkwürdige Mode-Ikone. Dennoch hatte Wallis einen unfehlbaren Geschmack. […] Keine Frau der königlichen Familie kleidete sich so gut oder sah so gut aus wie Wallis Simpson. In den exklusiven Kreisen,

Dieter Wunderlich: Verführerische Frauen. © Piper Verlag 2012

in denen sie und Edward sich bewegten, wurde Wallis‘ Glamour sehr bewundert.« Genügte das wirklich, um den Prinzen zu betören? Späteren Gerüchten zufolge hatte sie ihn mit raffinierten, in China erlernten Sexualpraktiken hörig gemacht. Aber das sind böswillige Unterstellungen, ebenso wie die sich widersprechenden Spekulationen, Wallis Simpson sei nymphoman, lesbisch oder ein Hermaphrodit gewesen. Edwards Biograf Philip Ziegler hält allerdings eine sadomasochistische Beziehung für denkbar: »Dass ihn Wallis Simpson sexuell erregte, ist offensichtlich. Dass diese Erregtheit etwas wie sadomasochistische Facetten aufwies, ist möglich, sogar wahrscheinlich.« Michael Bloch vermutet, dass es sich bei der Liebe zwischen der erfahrenen Frau und dem vorwiegend von Bediensteten erzogenen Prinzen um eine Art Mutter-Sohn-Beziehung handelte. »Der Prinz sehnte sich nach einem glücklichen Familienleben und vor allem nach der mitfühlenden Aufmerksamkeit einer Mutter. Beides entbehrte er. In seinen ersten 40 Lebensjahren suchte er fortwährend […] eine ideale Mutterfigur; und die fand er schließlich in Wallis.« Offenbar übte Wallis Simpson großen Einfluss auf den Thronfolger aus und dominierte in der Beziehung. »Ihr fehlt, vielleicht weil sie Amerikanerin ist, vielleicht weil sie ein unverdrehtes Selbstbewusstsein hat, die Neigung zur Unterwürfigkeit, die ansonsten so gut wie jeden überfällt, der mit Angehörigen der königlichen Familie in Berührung kommt. […] Das imponiert dem Prinzen, der sonst von allen mit Samthandschuhen angefasst wird. Wallis ist erfrischend anders. […] An Wallis mag den Prinzen schon allein fasziniert haben, dass sie die Machtverhältnisse, die er gewohnt war, umgedreht hatte.« Der aus den USA eingewanderte Aufsteiger Henry (»Chips«) Channon, der mit der Brauerei-Erbin Lady Honor Guinness verheiratet war, berichtete über Wallis Simpson: »Betritt sie einen Raum, hat sie bereits das Gehabe einer Frau, die beinahe erwartet, dass man einen Knicks vor ihr macht. Zumindest wäre sie nicht allzu überrascht. Sie besitzt absolute Macht über den Prinzen von Wales.«

Quelle: Dieter Wunderlich, Verführerische Frauen. Elf Porträts
© Piper Verlag, München 2012

Fußnoten wurden in der Leseprobe weggelassen. Zitate:
Alain Decaux, Eduard VIII. und Wallis Simpson. Triumph der Liebe über die Politik? 1999, S. 112 / 115
Ed Wright: History’s greatest scandals. The salacious stories of powerful people, 2006, S. 44
Philip Ziegler: King Edard VIII. A Biography, 1991, S. 205
Michael Bloch: Wallis and Edward. Letters 1931–1937, 1988, S. 130
Tom Levine: Die Windsors. Glanz und Tragik einer fast normalen Familie, 2005, S. 126f
Gyles Brandreth, Charles & Camilla. Die Geschichte einer großen Liebe, 2006, S. 112

Eduard VIII. und Wallis Simpson

Frank Zöllner - Leonardo da Vinci
Leonardo da Vinci gilt als Verkörperung des Uomo universale, als "Faust der italienischen Renaissance": Er wirkte als Ingenieur, Erfinder und Naturforscher, Kunsthistoriker, Architekt, Bildhauer und Maler.

Leonardo da Vinci