Canadian Caper


Der persische Schah Mohammad Reza Pahlavi (1919 – 1980) setzte sich wegen der islamischen Revolution am 18. Januar 1979 ins Ausland ab. Am 1. Februar kehrte der Ajatollah Ruhollah Musavi Chomeini (1902 – 1989) aus dem französischen Exil in den Iran zurück, und mit Wirkung vom 1. April wurde der Iran auf der Grundlage des Ergebnisses einer Volksabstimmung in eine Islamische Republik unter seiner Führung umgewandelt. Der gestürzte Schah traf nach Aufenthalten in Ägypten, Marokko, auf den Bahamas und in Mexiko am 22. Oktober 1979 in den USA ein. Bereits am nächsten Tag wurde dem Krebskranken im Cornell Medical Center des New York Hospital die Gallenblase entfernt.

David D. Newsom (1918 – 2008), ein Staatssekretär im US-Außenministerium, hatte davon abgeraten, den ehemaligen Schah von Persien Zuflucht zu gewähren, denn er befürchtete Vergeltungsmaßnahmen iranischer Fanatiker wie zum Beispiel Übergriffe gegen Botschaftsangehörige in Teheran.

Tatsächlich führte die Nachricht über die Aufnahme des Schahs in den USA am 4. November zur Erstürmung der US-Botschaft in Teheran durch etwa 400 iranische Studenten. Mohsen Mirdamadi (* 1955) war einer der Rädelsführer. 66 amerikanische Botschaftsangehörige wurden als Geiseln genommen [Geiselnahme von Teheran]. Mit diesem Schritt wollten die Iraner die Auslieferung von Mohammad Reza Pahlavi erzwingen.

Der US-Konsul Richard Morefield und einige seine Kollegen hatten sich zunächst dem Zugriff entzogen, waren jedoch nach kurzer Zeit in der Innenstadt von Teheran aufgegriffen worden.

Den Konsulatsbeamten Robert Anders (54), Joseph D. Stafford (29) und Mark J. Lijek (29), den Konsulatsassistentinnen Cora A. Lijek (25) und Kathleen F. Stafford (28) sowie dem Landwirtschafts-Attaché Henry L. Schatz (31) war es ebenfalls gelungen, unbemerkt ein Nebengebäude der US-Botschaft zu verlassen. Sie schlugen sich zur britischen Botschaft in Teheran durch und versteckten sich dann in Robert Anders‘ Wohnung, wo der thailändische Koch Somchai Sriweawnetr sie mit Essen versorgte.

Nach mehrmaligem Quartierwechsel trafen fünf der sechs US-Flüchtlinge am 10. November 1979 bei dem mit Robert Anders befreundeten kanadischen Botschaftsangehörigen John Sheardown mit dem kanadischen Botschafter Kenneth D. Taylor zusammen. Während Ken Taylor und seine Frau Patricia das Ehepaar Joe und Kathy Stafford aufnahmen, blieben Robert Anders und das Ehepaar Lijek bei John und Zena Sheardown. Dorthin kam dann auch Henry Schatz, der vorübergehend in einer schwedischen Diplomateneinrichtung Zuflucht gefunden hatte.

Der CIA-Agent Antonio („Tony“) J. Mendez (* 1940) kam auf die Idee, als angeblicher Filmproduzent Kevin Costa Harkins in den Iran zu reisen, die sechs US-Flüchtlinge in Teheran als Mitglieder der Filmcrew auszugeben und sie mit auf

falsche Namen ausgestellten kanadischen Pässen aus dem Land zu schmuggeln. Zu diesem Zweck gründete er mit dem Maskenbildner John Chambers in Hollywood die Filmgesellschaft „Studio Six“, die angeblich den Science-Fiction-Film „Argo“ drehen wollte. Es heißt, das Drehbuch sei nach dem 1968 von Roger Zelazny (1937 – 1995) veröffentlichten Roman „Lord of Light“ geschrieben worden („Herr des Lichts“, Übersetzung: Frank Clemeur, Heyne Verlag, München 1976). „Studio Six“ schaltete ganzseitige Werbeanzeigen in Variety und The Hollywood. Auch ein Filmplakat wurde hergestellt.

Am 25. Januar 1980 trafen Tony Mendez alias Kevin Harkins und ein Kollege mit dem Decknamen Julio in Teheran ein.

Drei Tage später brachte Julio die sechs US-Diplomaten zum Mehrabad International Airport in Teheran. Tony Mendez war bereits vorausgefahren. Mit einer auf den Namen „Aargau“ getauften Maschine der Swissair flogen die CIA-Agenten und die Flüchtlinge nach Zürich. Die kanadische Botschaft schloss noch am selben Tag. Botschafter Kenneth Taylor, seine Frau und das verbliebene Personal verließen ebenfalls das Land.

Kenneth und Patricia Taylor, John und Zena Sheardown sowie drei weitere Angehörige der kanadischen Botschaft in Teheran – Laverna Dollimore, Mary Catherine O’Flaherty, Roger Lucy – wurden für den Canadian Caper mit dem Order of Canada ausgezeichnet. Ken Taylor erhielt außerdem eine Goldmedaille des US-Kongresses in Washington, D. C.

Die CIA-Beteiligung am Canadian Caper wurde bis 1997 geheim gehalten. Tony Mendez und sein Kollege mit dem Decknamen Julio erhielten zwar am 12. März 1980 den Intelligence Star of Valor der CIA, mussten das aber zunächst für sich behalten.

Später schrieb Antonio Mendez darüber die Bücher „The Master of Disguise. My Secret Life in the CIA“ (Co-Autor Malcolm McConnell, 1999) und „Argo. How the CIA and Hollywood Pulled Off the Most Audacious Rescue in History“ (2012).

Lamont John drehte den Fernsehfilm „Escape from Iran. The Canadian Caper“.

Originaltitel: Escape from Iran. The Canadian Caper – Regie: Lamont Johnson – Drehbuch: Lionel Chetwynd, Stanley Rubin – Kamera: Albert J. Dunk – Schnitt: Leslie Borden Brown, Jeff Warren – Musik: Peter Jermyn – Darsteller: Gordon Pinsent, Chris Wiggins, Diana Barrington, Robert Joy, James B. Douglas, Tisa Chang, Larry Aubrey, Matsu Anderson, Julie Khaner, Robert Lalonde, R. H. Thomson, Carl Marotte u.a. – 1981; 95 Minuten

Einen Kinofilm über den Canadian Caper schufen Chris Terrio (Drehbuch) und Ben Affleck (Regie, Hauptrolle): „Argo“.

© Dieter Wunderlich 2013

Antonio „Tony“ Mendez
Die Geiselnahme von Teheran

Ben Affleck: Argo

Ralf Rothmann - Im Frühling sterben
Ralf Rothmann veranschaulicht in seinem Roman "Im Frühling sterben" das Absurde und Barbarische des Kriegs. Dabei verdichtet er das Geschehen auf ein auswegloses Dilemma und ebenso markante wie bestürzende Szenen. Vieles wird in Dialogen wiedergegeben.
Im Frühling sterben