Johanna von Orléans


Ein Bauernmädchen glaubt unbeirrbar an seine Bestimmung –
und führt den König zum Sieg

Im Hundertjährigen Krieg überzeugt das siebzehnjährige Bauernmädchen Johanna aus der französischen Provinz seine Landsleute, dass es von Gott auserwählt sei, Frankreich zu retten und König Karl VII. zur Krönung zu verhelfen. Wenn es gilt, eine Festung zu stürmen, schwenkt Johanna von Orléans an vorderster Front ihr Banner und reißt durch ihre Siegeszuversicht die Angreifer mit. Als die Feinde sie gefangen nehmen, lassen die Franzosen sie im Stich, während die Engländer alles in Bewegung setzen, damit Johanna von Orléans als Ketzerin verurteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt wird.


Johanna von Orléans:
Der Prozess

Leseprobe aus
Dieter Wunderlich: EigenSinnige Frauen. 10 Porträts
Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 1999 / Piper Taschenbuch, München 2004 (12. Auflage: 2011)

Am 9. Januar 1431 eröffnet Pierre Cauchon das Verfahren.

Ein Notar ermittelt in Johannas Heimat gegen sie, befragt mehr als ein Dutzend Zeugen, erfährt jedoch nichts Belastendes. (Cauchon wird deshalb so wütend, dass er sich weigert, ihm die Reisekosten zu erstatten.)

Seit dem Tag, an dem sie ihr Heimatdorf verließ, hört Johanna auf ihre Stimmen, auf niemand sonst, und es gibt keinen Menschen, dem sie sich anvertraut. Einen Verteidiger lehnt sie ab. Allein tritt sie den bis zu sechzig Gelehrten und Würdenträgern gegenüber, spitzfindigen Doktoren der Theologie, die im Gegensatz zu dem Bauernmädchen Erfahrung mit solchen Gerichtsverfahren haben.

Gelegentlich ermahnt Johanna die durcheinander auf sie einredenden Herren, ihre Fragen der Reihe nach zu stellen. Unerschrocken sagt sie aus, und kaum jemals verliert sie ihre Standfestigkeit. Selten lässt sie sich von einer der Autoritätspersonen einschüchtern; nie gibt sie auf.

Dieter Wunderlich: EigenSinnige Frauen © Piper Verlag

Mitunter geht sie sogar zum Angriff über, etwa wenn sie Pierre Cauchon droht: „Du sagst, du bist mein Richter. Sei mit dem, was du tust, vorsichtig, denn ich bin in Wahrheit von Gott gesandt, und du begibst dich in große Gefahr.“

Erstaunlich ist es, wie sie sich in der für sie ungewohnten verbalen Auseinandersetzung zurechtfindet; wach und instinktiv umgeht sie viele der ausgelegten Fallen, zum Beispiel als sie gefragt wird: „Johanna, seid Ihr gewiß, im Stande der Gnade zu sein?“ (Das könne niemand wissen, lehrt die Kirche. Also: Behauptet Johanna, im Zustand der Gnade zu sein, wird ihr das als ketzerische Anmaßung ausgelegt; sagt sie das Gegenteil, gibt sie ihre Schuld zu.) Sie erwidert auf die Fangfrage: „Wenn ich es nicht bin, möge mich Gott dahinbringen, wenn ich es bin, möge mich Gott darin erhalten!“
Bisweilen reagiert sie mit Spott und Ironie, obwohl sie weiß, daß es um Leben und Tod geht: Ob die heilige Margareta englisch geredet habe? „Warum sollte sie englisch sprechen, da sie nicht auf der Seite der Engländer ist?“

Quelle: Dieter Wunderlich, EigenSinnige Frauen. 10 Porträts
© Pustet Verlag, Regensburg 1999
Als Piper-Taschenbuch überall im Buchhandel

Fußnoten wurden in der Leseprobe weggelassen. Zitate:
Edward Lucie-Smith: Johanna von Orleans. Eine Biografie, 1977, S. 279
Georges und Andrée Duby: Die Prozesse der Jeanne d’Arc, 1985, S. 31
Régine Pernoud, Marie-Véronique Clin: Johanna von Orléans. Der Mensch und die Legende, 1991, S. 45f

Luc Besson: Johanna von Orléans (Kinofilm)

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