Die Fälscher

Die Fälscher

Die Fälscher

Originaltitel: Die Fälscher – Regie: Stefan Ruzowitzky – Drehbuch: Stefan Ruzowitzky nach dem Buch "Des Teufels Werkstatt" von Adolf Burger – Kamera: Benedict Neuenfels – Schnitt: Britta Nahler – Musik: Marius Ruhland – Darsteller: Karl Markovics, August Diehl, Devid Striesow, Martin Brambach, August Zirner, Veit Stübner, Sebastian Urzendowsky, Andreas Schmidt, Tilo Prückner, Hille Beseler, Erik Jan Rippmann, Dolores Chaplin, Marie Bäumer u.a. – 2007; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Der jüdische Künstler und Geldfälscher Salomon Sorowitsch wird 1936 festgenommen, zu einer Haftstrafe verurteilt und 1939 ins KZ Mauthausen gebracht. Dort versteht er es, sich mit seinen künstlerischen Fähigkeiten Privilegien zu verschaffen. 1944 wird er ins KZ Sachsenhausen verlegt, wo Sturmbannführer Friedrich Herzog ihn für die groß angelegte Fälschung ausländischer Banknoten benötigt. Während Sorowitsch mitmacht, um zu überleben, sabotiert Adolf Burger die Aktion ...
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Kritik

"Die Fälscher" basiert auf einem Tatsachenbericht von Adolf Burger. Stefan Ruzowitzky setzt bei der Inszenierung nicht auf Effekte, sondern auf eine aberwitzige Geschichte, gute Schauspieler und sarkastischen Humor.
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Berlin 1936. Der aus Russland stammende jüdische Künstler und Geldfälscher Salomon Sorowitsch (Karl Markovics) fälscht für Aglaia (Marie Bäumer) einen argentinischen Pass. Zum Dank dafür schläft sie mit ihm. Am nächsten Morgen wird Sorowitsch aus dem Bett heraus von dem Kriminalbeamten Friedrich Herzog (Devid Striesow) wegen Geldfälschung verhaftet. Nachdem er seine Strafe im Zuchthaus verbüßt hat, sperrt man ihn 1939 ins Konzentrationslager Mauthausen.

Dort sorgt er dafür, dass die Bewacher merken, wie gut er zeichnen und malen kann. Sie lassen sich und ihre Familienangehörigen daraufhin von ihm porträtieren – und verschaffen ihm Privilegien. Deshalb erschrickt Sorowitsch, als er nach fünf Jahren ins KZ Sachsenhausen verlegt wird.

Zu seiner Verwunderung werden er und einige andere jüdische KZ-Häftlinge dort höflich empfangen. Man bietet ihnen Zigaretten an und führt sie zu einem abgeschirmten Bereich des Konzentrationslagers, wo sie statt der üblichen Pritschen Etagenbetten mit Matratzen und sauberer Bettwäsche vorfinden. Der inzwischen zum Sturmbannführer aufgestiegene frühere Berliner Kriminalbeamte Friedrich Herzog hat sie angefordert, weil er ihre speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten für eine großangelegte Aktion benötigt. In einer mit den neuesten Maschinen und Musikberieselung ausgestatteten Werkstatt sollen sie zunächst englische Pfund und später amerikanische Dollar fälschen [Aktion Bernhard]. Mit dem Falschgeld will Heinrich Himmler England überschwemmen, um eine starke Inflation auszulösen und die britische Wirtschaft zu destabilisieren.

Um die Aktion erfolgreich durchführen zu können, versucht Herzog, die Fälscher durch Höflichkeit und Vorzugsbehandlung bei Laune zu halten. Sogar eine Tischtennis-Platte verschafft er ihnen, und einmal in der Woche werden sie zum Duschen geführt. Nur wenn der Sturmbannführer fort ist, müssen sich die rechtlosen Häftlinge vor den sadistischen Launen des Hauptscharführers Holst (Martin Brambach) fürchten.

Sorowitsch erfüllt Herzogs Erwartungen in besonderem Maße. Mit seinen Ideen gelingt es den Fälschern, hervorragende Blüten herzustellen. Ein Agent (Tim Breyvogel) fährt damit nach Zürich und lässt sie gründich prüfen. Selbst die Bank of England hält die Geldscheine für echt.

Die Blüten werden dann doch nicht dazu benutzt, die englische Wirtschaft zu ruinieren, sondern die Nationalsozialisten finanzieren damit stattdessen den Krieg.

Deshalb fordert einer der Fälscher Sorowitsch und die anderen auf, bei der Aktion nicht länger mitzumachen: Adolf Burger (August Diehl) will den Nationalsozialisten auf keinen Fall dabei helfen, den Krieg zu verlängern. Sorowitsch kommt es jedoch erst einmal darauf an, selbst zu überleben: „Man passt sich an oder geht drauf.“ Dabei ist er kein Egoist, sondern setzt sich immer wieder für seine Mitgefangenen ein und rettet einigen von ihnen das Leben. Die moralischen Skrupel Burgers teilt er allerdings nicht, und er hält auch nichts davon, zu weit vorauszudenken: „Lieber morgen vergast, als heute erschossen werden“, ist seine Devise.

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Heimlich beginnt Burger, die Geldfälscher-Aktion zu sabotieren. Monatelang gelingt es Sorowitsch deshalb nicht, Dollarscheine in der gewünschten Qualität zu fälschen. Herzog kommt unter Druck und gibt diesen weiter, indem er fünf Häftlinge aus der Fälscher-Werkstatt auswählt, die erschossen werden sollen. Einer von ihnen will gerade Burger denunzieren, um sein eigenes Leben zu retten. Da stürmt Sorowitsch herein und legt dem Sturmbannführer ein Bündel gefälschter Dollar-Noten hin, deren Qualität überzeugend ist.

Weil Herzog weiß, dass das Reich bald zusammenbrechen wird, erzählt er Sorowitsch, er sei früher einmal Kommunist gewesen und lässt sich von ihm einen Schweizer Pass fälschen.

Als die Rote Armee heranrückt, wird die Geldfälscher-Aktion beendet. Herzog lässt die Druckmaschinen abmontierten und wegschaffen. Kurz nachdem die SS abgerückt ist und die KZ-Häftlinge sich selbst überlassen hat, ertappt Sorowitsch den Sturmbannführer bei dem Versuch, einen versteckten, mit Falschgeld gefüllten Koffer zu holen. Er nimmt ihm die Pistole und den Koffer ab, bringt es aber nicht fertig, ihn zu erschießen und lässt ihn laufen.

Die ausgemergelten Häftlinge aus den anderen Baracken halten die wohlgenährten Geldfälscher zunächst für verkleidete SS-Männer und drohen, sie umzubringen, bis diese die Ärmel hochziehen und ihre eintätowierten Häftlingsnummern herzeigen.

Nach dem Krieg sehen wir Salomon Sorowitsch in Monte Carlo wieder. In abgerissener Kleidung taucht er im Hotel de Paris auf. Erst als er seinem Koffer ein Bündel Dollarnoten entnimmt, ist der Portier (Roland Fischer-Briand) bereit, ihm ein Zimmer zu geben. Sorowitsch kleidet sich neu ein, mietet ein Bankschließfach, in dem er den Hauptteil der Blüten deponiert und begibt sich ins Spielkasino. Weil er fulminant gewinnt, wird eine der anwesenden Damen (Dolores Chaplin) auf ihn aufmerksam. Sie geht mit ihm ins Bett – und erschrickt, als sie die Tätowierung auf seinem Unterarm bemerkt. Rasch zieht sie sich wieder an und verlässt sein Zimmer. Sorowitsch holt sein ganzes Geld aus dem Safe und setzt es wie besessen am Spieltisch, bis er alles verloren hat. Den letzten Chip überlässt er dem Croupier (Michael Blohn). Dann geht er zum Strand und setzt sich in den Sand. Die Frau, die mit ihm im Bett war, folgt ihm.

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Wenn man es nicht besser wüsste, hielte man den Plot des Films „Die Fälscher“ für ein aberwitziges Fantasieprodukt. Die Fälscherwerkstatt im Konzentrationslager Sachsenhausen hat es jedoch wirklich gegeben. Der dafür Verantwortliche hieß allerdings nicht Friedrich Herzog, sondern Bernhard Krüger, und nach ihm wurde die großangelegte Aktion auch benannt: „Aktion Bernhard“. Bei der Hauptfigur Salomon Sorowitsch, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird, orientiert sich Stefan Ruzowitzky an dem russischen Künstler Salamon Smolianoff, der 1917 vor den Revolutionären [Oktoberrevolution] nach Berlin geflohen war. Auch die übrigen Namen wurden geändert, bis auf einen: Adolf Burger, auf dessen Buch „Des Teufels Werkstatt“ das Drehbuch basiert.

Es geht in „Die Fälscher“ um den Konflikt zwischen der Moral und dem Willen zum Überleben. Ist der Konformist Sorowitsch der Verräter, dessen gefälschte Banknoten dem NS-Regime möglicherweise helfen, den Krieg zu verlängern, oder der kompromisslose Burger, der das Vorhaben sabotiert und damit nicht nur sein eigenes Leben riskiert, sondern auch das seiner Mitgefangenen? Während die Rolle Burgers eher platt und stilisiert angelegt wurde, ermöglicht es das Drehbuch Karl Markovics, die Figur Salomon Sorowitsch facettenreich darzustellen. Ähnlich ist es auf der Gegenseite: Da glänzt Devid Striesow in der Rolle des jovialen, weltgewandten SS-Offiziers, der seine Ziele mit psychologischen „Führungsmethoden“ zu erreichen versucht, während Hauptscharführer Holst nur dem Klischee des plumpen Sadisten entspricht.

„Die Fälscher“ ist eine von Stefan Ruzowitzky formal schlicht inszenierte Mischung aus KZ- und Ganovenfilm. Der Einsatz einer Handkamera unterstreicht das Unprätentiöse. „Die Fälscher“ funktioniert nicht durch Effekthascherei, sondern durch die Geschichte, ausdrucksstarke Schauspieler wie zum Beispiel Karl Markovics und Devid Striesow – und sarkastischen Humor. Ein Beispiel: Als die aus anderen Konzentrationslagern nach Sachsenhausen überstellten Häftlinge Zivilsachen zum Anziehen bekommen und einer von ihnen auf die Frage nach seiner Konfektionsgröße „52“ sagt, meint Sturmbannführer Herzog gut gelaunt: „Na, inzwischen wird es 46 oder 48 sein.“

Für „Die Fälscher“ gab es 2008 einen „Oscar“ in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“.

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Inhaltsangabe und Filmkritik: © Dieter Wunderlich 2009

Aktion Bernhard

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