Jakob Lenz


Jakob Michael Reinhold Lenz wurde am 12. Januar 1751 als Sohn des despotischen pietistischen Pastors Christian David Lenz (1720 – 1798) in Sesswegen, 150 km östlich von Riga, geboren. In Dorpat – wo er von seinem neunten Lebensjahr an wohnte – begann Jakob Lenz 1768, Theologie zu studieren. An der Universität in Königsberg hörte er Vorlesungen von Immanuel Kant, aber statt seinen Abschluss zu machen, begleitete Jakob Lenz 1771 gegen den ausdrücklichen Willen seines Vaters die beiden jungen Brüder Friedrich Georg und Ernst Nikolaus von Kleist nach Straßburg. Dort begegnete er Johann Wolfgang von Goethe und umwarb nach dessen Abreise Friederike Brion (1752 – 1813), die seine Gefühle jedoch nicht erwiderte.

Im April 1776 folgte er Goethe, den er als „Bruder Apollo“ sehr verehrte, nach Weimar. Goethe erkannte zwar, dass Jakob Lenz ein begabter Dichter war, aber er missbilligte dessen haltlosen Charakter, und wegen einer „Eselei“ – mehr wissen wir darüber nicht –, musste Jakob Lenz im Dezember 1776 Weimar verlassen.

Goethes Schwester Cornelia und ihr Ehemann Johann Georg Schlosser (1739 – 1799) nahmen Jakob Lenz daraufhin in Emmendingen auf. Während eines Besuches bei dem Theologen Johann Kaspar Lavater (1741 – 1801) erhielt Jakob Lenz die Nachricht von Cornelias Tod am 8. Juni 1777 und kehrte bestürzt nach Emmendingen zurück.

Einige Monate später hielt Jakob Lenz sich bei dem Arzt und Dichter Christoph Kaufmann (1753 – 1795) in Winterthur auf. (Christoph Kaufmann hatte Friedrich Maximilian Klinger vorgeschlagen, einem Theaterstück 1776 den Titel „Sturm und Drang“ zu geben – und damit die Bezeichnung einer Epoche in der deutschen Literaturgeschichte geprägt.) Weil Christoph Kaufmann um die geistige Gesundheit seines Gastes fürchtete, schickte er ihn zu dem sozial engagierten Pfarrer Johann Friedrich Oberlin (1740 – 1826) in Waldersbach, einem kleinen Ort im Steintal der Vogesen. Dort fand Jakob Lenz vom 20. Januar bis 8. Februar 1778 ein Refugium. (Über diese Zeit erzählt Georg Büchner in „Lenz“.) Doch die Symptome einer Schizophrenie verstärkten sich.

Nach einem weiteren Aufenthalt in Emmendingen wurde Jakob Lenz im Juni 1779 von seinem jüngeren Bruder Karl nach Riga gebracht, wo der Vater seit kurzem als Generalsuperintendent von Livland amtierte. Weder im Baltikum noch in St. Petersburg gelang es Jakob Lenz, Boden unter die Füße zu bekommen. Im September 1781 zog er nach Moskau, wo er sich als Hauslehrer und Übersetzer durchschlug. Am 24. Mai 1792 frühmorgens wurde Jakob Lenz tot in einer Straße gefunden.

Jakob Lenz: Bibliografie (Auswahl)

  • Meinungen eines Laien, den Geistlichen zugeeignet (Abhandlung, 1775)
  • Die Landplagen (Versepos, 1769)
  • Lustspiele nach dem Plautus fürs deutsche Theater (Übersetzungen, 1774)
  • Anmerkungen übers Theater (1774)
  • Der neue Menoza (Drama, 1774)
  • Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung (Theaterstück, 1774)
  • Pandaemonium Germanicum (Drama, 1775; veröffentlicht: 1819)
  • Die Soldaten (Komödie, 1776 –
    Vorlage für die Oper „Die Soldaten“ von Bernd Alois Zimmermann)
  • Die Freunde machen den Philosophen (Drama, 1776)
  • Zerbin oder Die neuere Philosophie (Novelle, 1776)
  • Der Waldbruder. Ein Pendant zu Werthers Leiden (Romanfragment, Manuskript: 1776, Veröffentlichung: 1797)
  • Der Landprediger (Erzählung, 1777)

Literatur über Jakob Lenz

  • Georg Büchner: Lenz (1839)
  • Sigrid Damm: Vögel, die verkünden Land. Das Leben des Jakob Michael Reinhold Lenz (Insel Verlag, Frankfurt/M 1992)
  • Georg-Michael Schulz: Jacob Michael Reinhold Lenz (Reclam Verlag, Stuttgart 2001)
  • Hans-Gerd Winter: Jakob Michael Reinhold Lenz (2., überarbeitete Auflage, Verlag J. B. Metzler, Stuttgart und Weimar 2000)

Die „Eselei“, die dazu geführt hatte, dass Jakob Lenz von Goethe aus Weimar verstoßen worden war, griff Marc Buhl in seinem Debütroman „Der rote Domino“ auf und stellte sie in den Mittelpunkt einer auf drei Zeitebenen spielenden Handlung über Goethes Machenschaften in Weimar. „Der rote Domino“ ist eine Mischung aus historischem Roman, Campus Novel und Thriller (Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt/M 2002, 280 Seiten, ISBN 3627000986, 19.80 €).

Die Erzählung „Lenz“ von Georg Büchner bildete die Vorlage für eine Oper von Wolfgang Rihm sowie für Filme von George Moorse, András Szirtes, Egon Günther und Thomas Imbach. Mehr dazu im Kommentar zur Erzählung.

© Dieter Wunderlich 2007

Georg Büchner: Lenz

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.