Ostkreuz

Ostkreuz

Ostkreuz

Originaltitel: Ostkreiz – Regie: Michael Klier – Drehbuch: Michael Klier und Karin Aström – Kamera: Sophie Maintigneux – Schnitt: Bettina Böhler – Musik: Fred Frith – Darsteller: Laura Tonke, Miroslaw Baka, Suzanne von Borsody, Henry Marankowski, Stefan Cammann, Steffan Cammann, Sophia Rois, Martin Trettlau, Gustav Barwicki, Beatrice Manowski, Lutz Weidlich, Michael Krause u.a. – 1991; 85 Minuten

Inhaltsangabe

Eine allein erziehende Mutter kommt mit ihrer fünfzehnjährigen Tochter Elfie kurz nach der Öffnung der Berliner Mauer nach Westberlin, wo sie in einem Notlager untergebracht werden. Elfies Mutter findet keine Arbeitsstelle, und um eine Wohnung mieten zu können, fehlen 3000 D-Mark Kaution. Elfie, die jede Gelegenheit entschlossen nutzt, um das erforderliche Geld zu bekommen, lässt sich mit einem polnischen Kleinganoven ein ...
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Kritik

"Ostkreuz" ist ein neorealistischer Film von Michael Klier. Die Großstadt-Tristesse wird durch karge Bilder in schmutzigen Farben und eine extrem sparsam eingesetzte Musikuntermalung betont. Besonders überzeugend spielt Laura Tonke.
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Eine allein erziehende Mutter (Suzanne von Borsody) kommt mit ihrer fünfzehnjährigen Tochter Elfie (Laura Tonke) kurz vor der Öffnung der Berliner Mauer über Prag nach Westberlin, wo sie in einem Notlager untergebracht werden. Im Osten war Elfies Mutter Friseuse, aber im Westen ist sie erst einmal arbeitslos, und um eine Wohnung mieten zu können, fehlen 3000 D-Mark Kaution.

Sehr zum Missfallen von Elfie beginnt ihre Mutter ein Verhältnis mit dem Kleinunternehmer Henry (Henry Marcinkowski), der zu helfen verspricht.

Elfie schwänzt die Schule und versucht, durch das Putzen von Schaufensterscheiben etwas Geld zu verdienen. Dabei beobachtet sie eines Tages, wie ein von einem Bestohlenen verfolgter Taschendieb aus einem Geschäft gestürzt kommt und das erbeutete Portemonnaie aufs Trottoir wirft. Während die beiden Männer raufen, hebt Elfie die Geldbörse auf und läuft damit weg. Aber der Dieb verfolgt sie und nimmt ihr das Geld wieder ab. Er stammt aus Polen und heißt Darius (Miroslaw Baka). Als er erfährt, dass Elfie 3000 Mark für eine Kaution benötigt, gibt er ihr doch noch 100 Mark. Um mehr zu bekommen, müsse sie etwas für ihn tun, meint er. Als Erstes schickt er sie mit einem gefälschten Geldschein los. Damit soll sie in einem Supermarkt ein Päckchen Kaugummi kaufen und sich das Restgeld herausgeben lassen. Beim zweiten Versuch wird Elfie geschnappt, aber im Polizeiverhör verrät sie nicht, von wem sie das Falschgeld bekam und wird schließlich wieder freigelassen.

Bei ihrer Suche nach Darius trifft Elfie auf einen gleichaltrigen Jungen namens Edmund (Stefan Cammann). Dessen Eltern waren über Ungarn in den Westen geflohen und hatten ihn und seine ältere Schwester Karla (Beatrice Manowski) allein zurückgelassen. Verloren hängen die beiden herum.

Als Elfie Darius wiederfindet, kann er ihr kein Geld geben, weil er alles in eine Schweinehälfte aus Polen investiert hat, die er nun hier in Westberlin mit tausend Prozent Gewinn, wie er sagt, verkaufen will. Mühsam schleppen Darius und Elfie das Fleisch übers Feld, bis Elfie auffällt, dass es bereits stinkt. Daraufhin lässt Darius das Fleisch liegen und entfernt sich. Elfie aber sucht sich auf einer Müllhalde eine Platte mit Rädern, auf der sie die Schweinehälfte zu einer Kantine karrt und dort verkauft.

Kurz darauf fahren Darius und dessen Kumpan Gustaw (Gustav Barwicki) mit Elfie in einem gestohlenen Auto über die Grenze nach Polen, wo sie im stillgelegten Bahnhof von Czelin auf zwei Russen warten, die den Wagen kaufen wollen. Elfie, die in der DDR russisch lernte, soll dolmetschen. Bei der Verhandlung kommt es zum Streit. Darius und Gustaw flüchten mit dem Geld und dem Mercedes der Russen und lassen Elfie im Stich. Sie entkommt den Russen jedoch auch und schlägt sich allein nach Berlin durch.

Bei ihrer Ankunft im Notlager hört Elfie ihre Mutter und Henry stöhnen. Da sucht sie ihren noch im Osten der Stadt wohnenden Großvater (Martin Trettlau) auf und übernachtet bei ihm. In einer Vitrine entdeckt sie Meißner Porzellan. Sie wickelt die Teller in Zeitungspapier, um sie zu stehlen und zu verkaufen. In der U-Bahnstation Alexanderplatz läuft sie zufällig Darius über den Weg, der an dem Meißner Porzellan mitverdienen möchte. Da verrät Elfie ihn kurz entschlossen der Polizei, um nicht mit ihm teilen zu müssen. Zwei Polizisten führen ihn ab.

Als Elfie nach drei Tagen Abwesenheit wieder zu ihrer Mutter ins Notlager kommt, meint diese, sie wäre besser beim Großvater geblieben. Elfie legt ihr die 3000 Mark für die Kaution hin, aber die Frage nach der Herkunft des Geldes beantwortet sie nicht.

Henry holt seine Geliebte und deren Tochter mit seinem Kleintransporter ab, um sie in die Wohnung zu bringen. Im letzten Augenblick überlegt Elfie es sich anders und steigt nicht mit ein. Stattdessen geht sie zu Edmund, der sich in einer Neubauruine einquartiert hat und lädt ihn in ein Restaurant ein.

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„Ostkreuz“, der Titel dieses neorealistischen Films von Michael Klier (*1943) symbolisiert einen Ort, an dem sich die Wege aus der DDR und aus Osteuropa nach Westen kreuzen. Er steht auch für Arbeits-, Wohnungs- und Trostlosigkeit. Lakonisch, ohne Sentimentalitäten, aber mit spürbarer Anteilnahme erzählen Michael Klier und Karin Aström davon, was es bedeutete, aus der DDR in den Westen zu kommen und erst einmal vor dem Nichts zu stehen bzw. in einer schäbigen Notunterkunft hausen zu müssen. Die Großstadt-Tristesse wird durch karge Bilder in schmutzigen Farben und eine extrem sparsam eingesetzte Musikuntermalung betont, aber „Ostkreuz“ ist kein Plädoyer gegen die Wiedervereinigung. Die Besetzung ist hervorragend; besonders überzeugend spielt Laura Tonke.

Ostkreuz ist ein Film, der in einem Dekor der Vergangenheit von der Zukunft handelt.“ (Michael Klier)

„Ostkreuz“ war nach „Überall ist es besser, wo wir nicht sind“ der zweite Film von Michael Klier.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007

Michael Klier: Farland

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.