Der Hals der Giraffe

Der Hals der Giraffe

Der Hals der Giraffe

Der Hals der Giraffe – Originaltitel: Le cou de la giraffe – Regie: Safy Nebbou – Drehbuch: Safy Nebbou, Agnès Yobregat, Danièle Thompson – Kamera: Romain Winding – Schnitt: Bernard Sasia – Musik: Pascal Gaigne – Darsteller: Sandrine Bonnaire, Claude Rich, Louisa Pili, Darry Cowl, Philippe Leroy, Maurice Chevit, Monique Mélinand, Marie Mergey u.a. – 2004; 85 Minuten

Inhaltsangabe

Der Buchhändler Paul wurde vor 30 Jahren von seiner Ehefrau Madeleine in Biarritz verlassen und zog daraufhin mit der damals zehnjährigen Tochter Hélène zunächst nach Brüssel, dann nach Paris. Im Alter von neun Jahren findet Hélènes Tochter Mathilde heraus, dass ihre Großmutter gar nicht gestorben ist, wie ihre Mutter behauptete. Das sorglose Kind wird für die beiden verbitterten Erwachsenen zum Katalysator für die Auseinandersetzung mit Lebenslügen und vor langer Zeit erlittenen psychischen Verletzungen ...
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Kritik

"Der Hals der Giraffe" ist eine teilweise märchenhaft anmutende Mischung aus Roadmovie, Komödie und Familiendrama. Safy Nebbou entwickelt die rührende Geschichte unaufdringlich, zart und warmherzig.

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An seinem Geburtstag wird der ehemalige Buchhändler Paul (Claude Rich) im Seniorenheim von der Tochter Hélène (Sandrine Bonnaire) und der neunjährigen Enkelin Mathilde (Louisa Pili) besucht.

Danach telefoniert Mathilde in italienischer Sprache mit ihrem Vater, der nicht mehr mit ihr und ihrer Mutter zusammen lebt und in den USA beschäftigt ist. Hélène kritisiert, dass Mathilde bei dem Telefongespräch ihre schlechten Zensuren in der Schule verschwieg, und das Kind reagiert verärgert auf den Tadel.

Nachts schleicht Mathilde sich aus der Wohnung und geht zu Fuß den Weg, den sie sich während der Autofahrt mit ihrer Mutter eingeprägt hat. Im Seniorenheim weckt sie den Großvater und zeigt ihm einen an sie adressierten neun Jahre alten Brief ihrer Großmutter Madeleine. Den fand sie zusammen mit ungeöffneten Briefen Madeleines an Hélène unter der Matratze ihres Bettes. Der Großvater muss sie dort versteckt haben. Durch die Briefe weiß Mathilde, dass ihre Mutter sie anlog, als sie behauptete, Madeleine sei gestorben, als Hélène zehn Jahre alt war. Tatsächlich wurde Paul vor 30 Jahren von seiner Frau verlassen. Sie wollte lieber mit seinem besten Freund Maxime (Philippe Leroy) zusammenleben. Paul zog daraufhin mit der Tochter von Biarritz zunächst nach Brüssel und später nach Paris. An jedem der Orte führte er eine Buchhandlung. Hélène verzieh ihrer Mutter nicht, dass diese sie verlassen hatte, und Paul wollte keinen Kontakt zwischen Madeleine und Hélène. Deshalb verheimlichte er seiner Tochter die Briefe. Weil in dem Brief an Mathilde jedoch steht, dass die Großmutter die Enkelin gerne kennenlernen würde, fordert das Kind den Großvater mitten in der Nacht auf, es zu der auf dem Brief angegebenen Adresse in Biarritz zu bringen.

Paul hält das für eine verrückte Idee, aber als Mathilde davonläuft, steht er auf, zieht sich an und „leiht“ sich einen geparkten Kleinbus des Seniorenheims. Damit holt er seine Enkelin ein, und sie fahren zum Bahnhof, um von dort den TGV nach Biarritz zu nehmen.

Am nächsten Morgen verabschiedet Hélène sich von ihrem Liebhaber, und zwar leise, weil die Tochter nicht mitbekommen soll, dass sie die Nacht mit einem Mann zusammen verbrachte. Erst nach einer Weile merkt sie, dass Mathilde nicht in ihrem Zimmer ist. Nachdem sie vergeblich herumtelefoniert hat, gibt sie eine Vermisstenanzeige bei der Polizei auf. Bei der Suche nach Hinweisen, wo Mathilde sein könnte, findet Hélène nun ebenfalls die von ihrem Vater versteckten Briefe ihrer Mutter. Auf diese Weise erfährt sie, dass Madeleine die Trennung bereute und versuchte, mit ihr wieder in Kontakt zu kommen.

Léo (Darry Cowl), ein ehemaliger Polizist, der seinen Zimmernachbarn Paul in der Nacht wegfahren sah, verteilt alte Funkgeräte an Mitbewohner, damit sie das Personal über Pauls Fehlen hinwegtäuschen können.

Nach der Ankunft in Biarritz sucht Paul als Erstes seine frühere Buchhandlung. Sie heißt noch immer „Der Hals der Giraffe“. Den Namen hatte er ihr gegeben, weil sein Großvater Lesen für ebenso überflüssig hielt wie einer Giraffe den Hals zu kämmen. Paul geht mit seiner Enkelin hinein, und sie fragen einen der Angestellten, wie die Buchhandlung zu dem seltsamen Namen gekommen sei. Ohne zu zögern behauptet der Mann, Salvador Dalí habe zu den Kunden gehört und den Namen empfohlen.

Madeleines Haus wurde abgerissen, und Maximes Werkstatt ist längst geschlossen. Sie finden Maxime im Seniorenheim „Les Acanthes“. Die Männer haben sich seit 30 Jahren nicht mehr gesehen. Maxime berichtet, dass er und Madeleine sich bereits nach vier Jahren wieder trennten.

Paul möchte wieder nach Hause. Weil sie den Zug knapp verpasst haben, ruft Mathilde ihre Mutter an. Hélène kommt mit dem Auto nach Biarritz. Für die Nacht nehmen sie zwei Hotelzimmer.

Hélène wirft ihrem Vater vor, nie richtig mit ihr geredet zu haben, aber sein Versuch, die überfällige Aussprache nachzuholen, scheitert. Daraufhin reist er allein nach Paris zurück. Allerdings hat er beschlossen, wieder in seine alte Wohnung zu ziehen.

Hélène fährt mit Mathilde weiter nach Süden, denn auf einem der letzten Briefe gab Madeleine ein Dorf in Spanien als damals neue Adresse an. In einem kleinen Laden erkundigen sie sich nach Madeleine und erfahren, dass die Gesuchte gerade noch eingekauft habe. Sie (Monique Mélinand) ist noch in der Gasse zu sehen. Mathilde und Hélène holen sie ein, aber die alte Frau ist dement und weiß nichts mehr von Tochter und Enkelin. Dennoch lässt sie sich von den beiden links und rechts bei der Hand nehmen und nach Hause begleiten.

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Ein sorgloses Kind wird für zwei verbitterte Erwachsene zum Katalysator für die Auseinandersetzung mit Lebenslügen und vor langer Zeit erlittenen psychischen Verletzungen. Nebenbei thematisiert Safy Nebbou in „Der Hals der Giraffe“ auch selbstbestimmtes Leben, Alter und Tod.

„Der Hals der Giraffe“ ist eine teilweise märchenhaft anmutende Mischung aus Roadmovie, Komödie und Familiendrama. Safy Nebbou entwickelt die rührende Geschichte unaufdringlich, zart und warmherzig. Die Inszenierung ist subtil und frei von unnötigen Schnörkeln. Mit dem Gehabe der Heimbewohner rutscht „Der Hals der Giraffe“ allerdings vorübergehend in Klamauk ab.

Louisa Pili war bei den Dreharbeiten acht Jahre alt.

Safy Nebbou wurde 1968 in Bayonne als Sohn eines aus Algerien stammenden Berbers und einer Deutschen geboren. Der französische Schauspieler Mehdi Nebbou ist sein jüngerer Bruder. Mit „Der Hals der Giraffe“ debütierte Safy Nebbou als Kinofilm-Regisseur. Er ist auch selbst als Taxifahrer zu sehen.

Deutsche Synchronstimmen in „Der Hals der Giraffe“: Sabine Arnhold (Hélène), Hasso Zorn (Paul), Jamie Lee Blank (Mathilde), Kaspar Eichel (Leo), Gerd Holtenau (Maxime) u.a.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2016

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