KussKuss

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Originaltitel: KussKuss. Dein Glück gehört mir – Regie: Sören Senn – Drehbuch: Katrin Milhahn, Sören Senn – Kamera: Marc Christian Weber – Schnitt: Kristine Langner – Musik: Boris Bergmann (Titelsong: Samirah Al Amrie; KussKuss-Song: Eike Hosenfeld) – Darsteller: Carina Wiese, Axel Schrick, Saïda Jawad, Victor Choulman, Daniel Stock, Ursina Lardi, Torsten Lensing, Konstantin Achmed, Anna Stieblich, Samir Osman, Ennio Cacciato, Abel Lindner u.a. – 2005; 95 Minuten

Inhaltsangabe

Um die Algerierin Saïda, die sich illegal in Berlin aufhält, vor der Abschiebung zu bewahren, nimmt die Krankenhausärztin Katja sie mit in die Wohnung, die sie sich mit dem Arbeitslosen Hendrik teilt und überredet ihren Lebenspartner zu einer Scheinheirat. Als Katja die beiden beim Liebesspiel ertappt, wirft sie ihrem Freund vor, die Notlage einer Frau ausgenutzt zu haben. In Wirklichkeit war es Saïda, die Hendrik verführte; zielstrebig ist sie dabei, ihrer Wohltäterin den Freund auszuspannen ...
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Kritik

Dass es sich bei "KussKuss. Dein Glück gehört mir" um den ersten Kinofilm von Katrin Milhahn und Sören Senn handelt, ist kaum zu glauben, denn in der tragikomischen Satire sitzt jede Szene. Überzeugend sind auch die Leistungen der Darsteller.
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Katja (Carina Wiese) arbeitet als Assistenzärztin in einem Berliner Krankenhaus. Während sie im Labor beschäftigt ist, hört sie hinter einer verschlossenen Türe einen Streit zwischen einem Mann und einer Frau und alarmiert den Wachmann John (Daniel Stock), der kurz darauf mit einem Polizisten (Samir Osman) herbeieilt. Der Mann entkommt, aber der Polizeibeamte interessiert sich ohnehin mehr für die ausländische Putzfrau, die sich mit dem Unbekannten stritt. Bei der Überprüfung ihrer Papiere stellt der Polizist fest, dass Saïda (Saïda Jawad) am 25. April 1974 in Algerien geboren wurde. Ihre Duldung läuft in zwei Wochen ab und gilt ohnehin nur für Boitzenburg. Saïda hält sich also illegal in Berlin auf und arbeitet auch noch ohne Erlaubnis. Bevor sie festgenommen werden kann, rennt sie davon und versteckt sich in einer Kammer, in der sie am nächsten Morgen von Katja entdeckt wird.

Weil Katja sich vorwirft, Saïdas Situation durch ihr Eingreifen verschlimmert zu haben, schmuggelt sie die verängstigte Frau aus dem Krankenhaus und nimmt sie mit in die Wohnung, die sie sich mit ihrem Lebenspartner, dem arbeitslosen Geisteswissenschaftler Hendrik (Axel Schrick), teilt. Hendrik fühlt sich durch die Veränderung gestört und hält wenig von Katjas Zivilcourage und ihrem Versuch, einer Ausländerin zu helfen. Die Meinungsverschiedenheit belastet die Beziehung von Hendrik und Katja.

Die Kommunikation mit Saïda ist alles andere als einfach, weil sie weder deutsch noch englisch spricht.

Der Mann, mit dem Saïda im Krankenhaus stritt, heißt Ahmed (Konstantin Achmed). Er sollte ihr einen gefälschten Pass besorgen, mit dem sie zu Verwandten in Schweden wollte, aber sie gerieten sich wegen des verlangten Preises in die Haare. Auch Katja gelingt es nicht, sich mit Ahmed zu einigen. Um Saïda auf andere Weise die deutsche Staatsbürgerschaft zu verschaffen und vor der Abschiebung zu bewahren, schlägt Katja eine Scheinheirat mit Hendrik vor – ohne zu ahnen, dass die beiden, die während ihrer Dienstzeiten allein zu Hause sind, inzwischen eine Affäre haben. Hendrik, der sich seiner Schuld bewusst ist, hält eine Scheinheirat nicht für eine gute Idee, aber er lässt sich von Katja dazu überreden, geht mit Saïda zum Standesamt und erzählt dort etwas von einer langjährigen Liebesbeziehung. Die Standesbeamtin (Anna Stieblich) muss die eingereichten Unterlagen allerdings noch von der Ausländerbehörde prüfen lassen, bevor die Eheschließung terminiert werden kann.

Einige Tage später, als Katja beim Weggehen etwas vergessen hat und deshalb noch einmal in die Wohnung zurückkehrt, ertappt sie Hendrik und Saïda, die sich erregt stöhnend auf dem Fußboden wälzen. Sie wirft ihrem Freund vor, die Notlage einer Frau ausgenutzt zu haben. In Wirklichkeit war es Saïda, die Hendrik verführte; zielstrebig ist sie dabei, ihrer Wohltäterin den Freund auszuspannen.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Eine Scheinheirat kommt nun nicht mehr in Frage, aber Katja fühlt sich nach wie vor verpflichtet, Saïda zu helfen. Als sie die beiden noch einmal beim Händchenhalten erwischt, verlässt sie die Wohnung und sucht Zuflucht bei ihrem greisen, aus Odessa stammenden und sich todkrank fühlenden Vater (Victor Choulman). Hendrik zieht daraufhin die Notbremse: Um der Versuchung nicht länger ausgesetzt zu sein, quartiert er Saïda im Wochenendhaus des befreundeten Paares Max und Tinka (Torsten Lensing, Ursina Lardi) ein.

Katja hielt ihren Vater für einen Hypochonder, doch er erliegt einem Herzinfarkt.

Hendrik besorgt einen Pass für Saïda. Gemeinsam mit Max und Tinka fahren Hendrik und Katja zum Wochenendhaus, um Saïda den Pass zu bringen. Als Katja und Hendrik erneut in Streit geraten, läuft Saïda fort. Hendrik folgt ihr. Endlich bleibt Saïda stehen – und macht ihm eine Liebeserklärung. Aber Hendrik will mit Katja zusammenbleiben und kehrt zum Haus zurück. Da sieht er gerade noch, wie Katja mit Max und Tinka im Auto losfährt. Verwirrt rennt er wieder dorthin, wo er Saïda gerade stehen ließ. Auch sie ist nicht mehr da.

Im letzten Bild sehen wir Saïda im Zug nach Schweden sitzen. Selbstsicher nimmt sie ihren Pass für die Kontrolle heraus.

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Die Ärztin Katja will nicht nur für ihre Patienten da sein, sondern beweist auch Zivilcourage und hilft der illegal in Berlin lebenden Algerierin Saïda, damit diese nicht abgeschoben wird. Obwohl sie es gut meint, interessiert sie sich nicht für die Person Saïdas oder deren kulturellen Hintergrund. Ihr Freund Hendrik muss sie am ersten Abend darauf aufmerksam machen, dass Saïda vermutlich kein Schweinefleisch isst, und als sie für die Ausländerin Kleidung kauft, fragt sie nicht nach deren Geschmack, sondern wählt aus, was ihr selbst gefällt. Katja engagiert sich vielleicht auch, weil sie aus dem geregelten Alltag ausbrechen möchte, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Hendrik, ein unproduktiver Geisteswissenschaftler, hält wenig von Katjas Aktionismus, doch er hört besser zu und erfährt viel mehr von Saïda. Weil er passiv ist und sich von anderen die Richtung vorgeben lässt, verfällt er Saïdas Verführungskünsten und gefährdet damit seine Beziehung mit Katja.

Saïda, die zunächst wie ein unschuldiges Opfer deutscher Bürokratie wirkt, jedoch rasch zum gierigen, zielstrebigen Luder mutiert, fühlt sich zu dem verständnisvollen Hendrik hingezogen, während sie Katjas Naivität und Ignoranz im Grunde verachtet.

Jede der drei Hauptfiguren hat Stärken und Schwächen, sympathische und unsympathische Züge. Das Mitgefühl des Zuschauers wechselt denn auch während des Films von Figur zu Figur.

Katrin Milhahn (Drehbuch) und Sören Senn (Regie und Drehbuch) studierten an der Hochschule Konrad Wolf in Potsdam. Dass die tragikomische Satire „KussKuss. Dein Glück gehört mir“ ihr erster abendfüllender Kinofilm ist, glaubt man kaum, denn jede Szene sitzt bis in die Details und die beiden unerfahrenen Filmemacher zeichnen sich durch eine verblüffende Stilsicherheit aus, mit der sie eine Dreiecksgeschichte mit Gesellschaftskritik und eine Studie über die Fragilität zwischenmenschlicher Beziehungen mit einem Clash der Kulturen verbinden. Katrin Milhahn und Sören Senn erzählen die Geschichte unprätentiös, mit erfrischender Leichtigkeit und viel Gespür für Komik; zugleich achten sie auf Zwischentöne und beweisen sehr viel Feingefühl. Gekonnt setzen sie einen Running Gag ein: Katjas Vater, der immer wieder im unpassenden Augenblick zu Besuch kommt und nicht auf den Rat seiner Tochter hört, vorher anzurufen. Originell und treffsicher sind nicht nur die Szenen, sondern vor allem auch die Dialoge. Souverän halten Katrin Milhahn und Sören Senn die Balance zwischen Ernst und Humor, Melancholie und Heiterkeit. Dass es sich bei „KussKuss. Dein Glück gehört mir“ um einen Low-Budget-Film handelt, fällt dem Zuschauer gar nicht auf.

Hervorzuheben sind nicht zuletzt die Darsteller – allen voran Axel Schrick, Carina Wiese, Saïda Jawad, Daniel Stock und Victor Choulman –, die ihre Figuren mit zurückhaltender Gestik und Mimik facettenreich, nuanciert und glaubhaft darstellen.

„KussKuss. Dein Glück gehört mir“ wurde 2005 mit dem Babelsberger Medienpreis ausgezeichnet.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007

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