Frauen-Protest in der Rosenstraße


Am 20. August 1941 schrieb Joseph Goebbels in sein Tagebuch: „Das öffentliche Leben in Berlin muss schleunigst von ihnen [den Juden] gereinigt werden […] Berlin muss eine judenreine Stadt werden […] Sie [die Juden] verderben nicht nur das Straßenbild, sondern auch die Stimmung […] Wir müssen an dies[es] Problem ohne jede Sentimentalität herangehen […] Ich habe den Kampf gegen das Judentum in Berlin im Jahre 1926 aufgenommen, und es wird mein Ehrgeiz sein, nicht zu ruhen und nicht zu rasten, bis der letzte Jude Berlin verlassen hat.“ (Elke Fröhlich, Hg.: Die Tagebücher von Joseph Goebbels, Teil II, Band 1, München 1996, Seite 278). Bei den wenigen Juden, die Anfang 1943 noch in Deutschland lebten, handelte es sich fast ausschließlich um Ehepartner „arischer“ Männer oder Frauen.

Berlinerinnen, die sich am 27. Februar 1943 nach ihren vermissten jüdischen Ehemännern erkundigten, wurden in die Rosenstraße geschickt. Dort hatte sich früher das Sozialamt der Jüdischen Gemeinde befunden (Hausnummer 2 – 4). Immer mehr Menschen – fast ausschließlich Frauen – fanden sich vor dem Gebäude ein, während Beauftragte des Reichssicherheitshauptamtes im Inneren etwa eintausendfünfhundert Juden festhielten, die im Sprachgebrauch der Nationalsozialisten wegen ihrer Ehen als „arisch versippt“ galten und während der letzten Stunden festgenommen worden waren.

Die betroffenen Ehefrauen befürchteten, man werde ihre Männer deportieren. Sie konnten nicht wissen, was tatsächlich geplant war: Man benötigte sie als Ersatz für tatsächlich nach Auschwitz verschleppte jüdische Fabrikarbeiter.

Die Angehörigen auf der Straße ließen sich nicht vertreiben. Stattdessen begehrten sie dagegen auf, dass die Männer festgehalten wurden und verlangten in Sprechchören: „Gebt unsere Männer frei!“ Im Lauf des Tages kamen auch Schaulustige dazu. Die Nachricht, in der Rosenstraße finde eine Demonstration statt, verbreitete sich. Wegen der vielen Menschen kam die

Straßenbahn in der Rosenstraße nur im Schritttempo voran. Sogar während der Nacht harrten die Frauen in der Rosenstraße aus.

Ihr tagelanger Protest sorgte für gehöriges Aufsehen und beunruhigte auch Joseph Goebbels, der in seiner Funktion als Gauleiter von Berlin für die Beseitigung der letzten Juden aus der Reichshauptstadt sorgen wollte, zugleich jedoch als Reichspropagandaminister für die Stimmung in der Bevölkerung verantwortlich war. Im Reichssicherheitshauptamt wusste man zunächst nicht, wie man auf den ungewohnten Widerstand reagieren sollte. Von Gewaltandrohungen ließen die Frauen sich nicht einschüchtern. Einige von ihnen beschwerten sich beim „Judenreferat“ der Gestapo in der Burgstraße gegen das Einsperren ihrer Männer, andere benachrichtigen Korrespondenten ausländischer Zeitungen.

Ähnliche Szenen spielten sich währenddessen in der Großen Hamburger Straße ab, wo jüdische Männer im ehemaligen jüdischen Altersheim eingesperrt waren.

Am 4. März ließen die Sicherheitskräfte Sandsäcke aufschichten, hinter denen sie ein Maschinengewehr aufbauten. Daraufhin verließen einige der Frauen die Rosenstraße, andere dagegen schrien zornig: „Ihr Mörder! Ihr Feiglinge!“ Stunden später wurde das MG wieder entfernt.

Nach einer Woche kamen die ersten Häftlinge aus den Gebäuden. Zunächst war es nur eine Gruppe von zwei Dutzend Männern, dann folgten weitere, und am Ende wurden alle freigelassen.

Fünfundzwanzig der „arisch Versippten“ hatte man jedoch schon nach Auschwitz deportiert. Deren Angehörige protestierten weiter, bis sie nach Berlin zurückgebracht wurden. Sie kamen allerdings nicht frei, sondern in Lager, wo sie von ihren Angehörigen besucht werden konnten.

Gernot Jochheim schrieb über die Vorgänge unter dem Titel „Frauenprotest in der Rosenstraße. ‚Gebt uns unsere Männer wieder'“ (Berlin 1993). Von Nathan Stoltzfus stammt das Buch „Widerstand des Herzens. Der Aufstand der Berliner Frauen in der Rosenstraße“.

Margarethe von Trotta drehte darüber den Film „Rosenstraße“

Bodo Kirchhoff - Erinnerungen an meinen Porsche
Bodo Kirchhoff parodiert in seinem Roman "Erinnerungen an meinen Porsche" die Finanzwirtschaft und den Literaturbetrieb. Das ist über­dreht, provokant, schlüpfrig, durch­aus unterhaltsam, aber nicht beson­ders originell oder ideenreich.
Erinnerungen an meinen Porsche