England!

England!

England!

Originaltitel: England! – Regie: Achim von Borries – Drehbuch: Achim von Borries – Kamera: Jutta Pohlmann – Schnitt: Gergana Voigt – Musik: Ingo Frenzel, Daler Nazarov – Darsteller: Ivan Shvedoff, Merab Ninidze, Anna Geislerová, Chulpan Khamatova, Maxim Kovalevski, Fabian Busch, Denis Burgazliev, Sebastian Schipper, Ingeborg Westphal u. a. – 2001; 95 Minuten

Inhaltsangabe

Die beiden jungen Ukrainer Valeri und Victor, die von einem besseren Leben in England träumen, werden bei den Aufräumarbeiten nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl verstrahlt. Einige Zeit später sucht Valeri seinen Freund in Berlin, um mit ihm von dort weiter nach England zu fahren. Doch Victor nahm sich vor drei Monaten das Leben. Das hält Valeri nicht davon ab, zwei Busfahrkarten nach Calais zu kaufen ...
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Kritik

Ruhig und beiläufig, ohne jede Effekthascherei erzählt Achim von Borries die traurige, deprimierende Geschichte. Das überzeugend gespielte Roadmovie "England!" wird an keiner Stelle sentimental oder larmoyant.
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In der Nacht auf den 26. April 1986 zerfetzten zwei Explosionen das Dach des Kernkraftwerks Tschernobyl (Reaktorkatastrophe in Tschernobyl). In den Monaten darauf wurden zahlreiche Wehrdienstleistende aus der gesamten Sowjetunion zusammengezogen und für Räumungsarbeiten eingesetzt. Die wenigsten von ihnen wussten, welcher Gefahr sie ausgesetzt waren. Unter ihnen befanden sich auch die beiden jungen Ukrainer Victor (Denis Burgazliev) und Valeri (Ivan Shvedoff), die von einer Auswanderung nach England und einem besseren Leben träumen.

Einige Zeit später beginnt Valeri unter heftigem Nasenbluten zu leiden, aber die Ärztin will noch weitere Untersuchungsergebnisse abwarten, bis sie ihm ihre Diagnose mitteilt. Als Valeri aufgerufen wird, ist er nicht mehr da. Er sitzt bereits in einem Bus nach Berlin. Dort will er sich mit Victor treffen, dem es bereits vor ihm gelang, sich in den Westen abzusetzen. Von Berlin soll es weiter nach England gehen. Eine halbe Stunde vor der deutschen Grenze steigt Valeri aus, wandert querfeldein zur Oder und überquert die Grenze nachts auf einer Luftmatratze. Dann sucht er die von Victor angegebene Adresse in Berlin. Ein wortkarger melancholischer Ikonenmaler öffnet ihm: Pavel (Merab Ninidze). Der junge Künstler hat seit drei Monaten nichts mehr von seinem Mitbewohner gehört, dessen in Umzugskisten verpackte Habseligkeiten noch in der Wohnung herumstehen.

Valeri sucht in Berlin nach Victor und erfährt schließlich, sein Freund habe in einer Gaststätte am Stadtrand gearbeitet, die von dem russischen Mafioso Shurik (Maxim Kovalevski) betrieben wird und in der es zwar mehr als ein Dutzend „Kellner“, aber keine Gäste gibt. Shurik will nicht an Victor erinnert werden und lässt Valeri von seinen Kumpanen hinauswerfen. Doch Maria (Anna Geislerová), seine Geliebte, läuft Valeri nach und führt ihn auf einen Friedhof, wo sich Victors Grab befindet: Sie erzählt ihm, Victor sei todkrank gewesen und habe sich vor drei Monaten das Leben genommen.

Ziellos lässt Valeri sich von einem Taxichauffeur durch Berlin fahren. Obwohl sein Freund tot ist, kauft er zwei Busfahrkarten nach Calais, bevor er Pavel drängt, ihn für zwei oder drei Wochen bei sich aufzunehmen. Während der Maler an einem Bild arbeitet, das ein arroganter Galerist (Sebastian Schipper) auszustellen bereit ist, unternimmt Valeri alles, um sein Freund zu werden: Er zahlt Pavels Schulden in einem Internet-Café, trägt für ihn Zeitungen aus und erschleicht sich in einer Reinigung einen Anzug, damit er ihn zu der Vernissage begleiten kann. Dort trifft Valeri Maria wieder. Obwohl er Alkohol normalerweise meidet, betrinkt er sich, klettert mit einem Mikrofon auf die Bühne und will lallend eine Rede halten. Daraufhin wirft der Veranstalter ihn und Pavel hinaus.

Ohne groß darüber zu reden, packt Victor in Pavels Wohnung noch in der Nacht seine Sachen und geht.

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Shurik staunt, dass Valeri es wagt, noch einmal in seiner Gaststätte aufzutauchen, aber der Ukrainer fragt nicht mehr nach Victor, sondern bittet um einen Job. Shurik nimmt ihn auf, und Valeri beginnt ausgerechnet eine Affäre mit Maria, die allerdings klarstellt, dass sie Shurik schon wegen ihres kleinen Sohnes nicht verlassen will.

Kurz nach Weihnachten passt Maria Pavel in der Stadt ab und berichtet ihm, dass Valeri schwer krank ist. Pavel besucht ihn und setzt sich zu dem fiebernden Ukrainer ans Bett. Obwohl eine ältere Kunstmäzenin gerade eine Alleinausstellung für den Maler vorbereitet und er in ihrer Galerie erwartet wird, nimmt Pavel die zwei Bustickets vom Nachttisch und fährt mit Valeri nach Calais. Die Silvesternacht verbringen sie am Strand. Am anderen Morgen ist Valeri tot. Pavel bettet die Leiche auf eine Luftmatratze und schiebt sie hinaus aufs Meer, Richtung England.

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„England!“, der Abschlussfilm von Achim von Borries an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, ist ein Roadmovie, das mit einer Busfahrt von Kiew nach Berlin beginnt und mit einer Busfahrt von Berlin nach Calais endet. „England! handelt von der Angst eines Menschen, an den eigenen Glücksvorstellungen zu scheitern“, erklärt Achim von Borries. „Jeder kennt die Angst, dass die Welt ihr Versprechen nicht hält.“ Ruhig und beiläufig, ohne jede Effekthascherei erzählt Achim von Borries die traurige, deprimierende Geschichte des in Tschernobyl verstrahlten jungen Ukrainers Valeri, der von einem besseren Leben mit seinem Freund in England träumt. Der Film wird an keiner Stelle sentimental oder larmoyant, nicht zuletzt, weil der Protagonst als naiver, heiterer und gutmütiger Charakter dargestellt wird. Überzeugend sind neben Drehbuch, Inszenierung, Kameraführung, Schnitt und Musik vor allem auch die Schauspieler, allen voran Ivan Shvedoff.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006

Reaktorkatastrophe in Tschernobyl

Achim von Borries: Was nützt die Liebe in Gedanken

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