Der zehnte Tag

Der zehnte Tag

Der zehnte Tag

Der zehnte Tag - Originaltitel: Le décade prodigieuse - Regie: Claude Chabrol - Drehbuch: Claude Chabrol, nach dem Roman "Der zehnte Tag" von Ellery Queen - Kamera: Jean Rabier - Darsteller: Anthony Perkins, Orson Welles, Michel Piccoli, Marlène Jobert - 1972; 103 Minuten

Inhaltsangabe

Charles van Horn wacht nach Alpträumen mit blutverschmierten Händen auf. In einem Hotelzimmer irgendwo in Paris, wie er feststellt. Der junge Mann taumelt hinaus auf den Korridor und hinunter zum Empfang. Als er seine Hotelrechnung verlangt, sagt man ihm, er habe bereits bei seiner Ankunft vor zwei Tagen alles bezahlt ...
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Kritik

"Der zehnte Tag" ist ein düsterer und intelligenter Psychothriller von Claude Chabrol mit großartigen Schauspielern.
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Charles van Horn (Anthony Perkins) wacht nach Alpträumen mit blutverschmierten Händen auf. In einem Hotelzimmer irgendwo in Paris, wie er feststellt. Der junge Mann taumelt hinaus auf den Korridor und hinunter zum Empfang. Von dort aus ruft er den Philosophieprofessor Paul (Michel Piccoli) an, mit dem er befreundet ist. Der kommt sofort. Als Charles seine Hotelrechnung verlangt, sagt man ihm, er habe bereits bei seiner Ankunft vor zwei Tagen alles bezahlt. Charles drängt den widerstrebenden Professor, ihn auf dem Landsitz seines Vaters zu besuchen und ihn dort zu beobachten, denn er macht sich Sorgen über seine psychische Verfassung.

Am Bahnhof wird Paul von Hélène van Horn (Marlène Jobert) mit dem Auto abgeholt. Er wundert sich, denn Hélène ist nicht älter als ihr Stiefsohn Charles. Charles‘ Vater, Theo van Horn (Orson Welles), erzählt Paul, er habe im Krieg viel Geld verdient und deshalb für die Gemeinde eine Schule und ein Krankenhaus gebaut. Jetzt stiftet er gerade ein Museum, damit Charles die überlebensgroßen griechischen Götterstatuen ausstellen kann, an denen er sich als Bildhauer versuchte. In dem Gutshaus mit 18 Zimmern wohnt auch Theos zynischer Bruder Ludovic, und in einer Hütte auf dem Anwesen haust die Mutter der beiden, die ständig betrunken ist.

Bei einem Picknick berichten Charles und Hélène dem Besucher, dass Theo sie beide als Findelkinder aufgenommen hat. Hélènes Vater war am Alkohol zu Grunde gegangen, und Charles weiß nichts von seinen Eltern. Die beiden Kinder wuchsen zusammen auf. Theo, der sie beide über alles liebt, heiratete schließlich Hélène. Da ihm Charles und Hélène so viel verdanken, werden sie von Schuldgefühlen gepeinigt, denn sie lieben sich und schliefen miteinander.

Vor drei Monaten konnte Hélène nach einer Geburtstagsfeier mit 200 Gästen eine Schmuckschatulle nicht mehr finden, in der sie auch die Liebesbriefe von Charles aufbewahrt hatte. Die Juwelen tauchten bald darauf in Pfandhäusern wieder auf. Dann meldete sich ein Erpresser. Nun soll Hélène 25000 Dollar für die Briefe bezahlen. Charles stiehlt die Summe aus dem Safe seines Vaters und schlägt eine Fensterscheibe ein, damit es wie ein Einbruch aussieht. Zur vorgesehenen Zeit bringt Hélène das Geld in ein Hotelzimmer. Dort läutet das Telefon: Sie solle das Kuvert im Zimmer lassen. Die Briefe lägen genau zehn Minuten lang in einem Zimmer in einem anderen Hotel in der Nähe. Hélène läuft los und findet die Briefe.

Am nächsten Tag eröffnet Theo seinem Stiefsohn, er habe inzwischen herausgefunden, dass seine Eltern Bauern waren, die zu wenig besaßen, um ein Kind großzuziehen. Sie hießen Javet und wurden zehn Jahre nach Charles‘ Geburt vom Blitz erschlagen. In der Nacht fährt Charles zum Friedhof, findet das Grab und zerstört das Kreuz.

Während er danach erschöpft im Bett liegt, meldet sich der Erpresser erneut bei Hélène und fordert noch einmal 25000 Dollar für Kopien der Briefe. Sie bittet Paul, eine ihrer Brillantketten zu versetzen und das Geld, wie gefordert, an einer Stelle im Wald zu deponieren. Wieder schlägt Charles eine Scheibe ein, um einen Diebstahl vorzutäuschen.

Nach der Gründungsfeier für das neue Museum kommt ein Polizeiinspektor mit ins Haus und stellt Paul dem Pfandleiher gegenüber, der Hélènes Kette in der Hand hält und bezeugt, dass er Paul dafür 25000 Dollar gegeben hat. Theo verabschiedet den mit ihm befreundeten Kriminalbeamten, händigt dem Pfandleiher einen Scheck über 25000 Dollar für die Kette aus und drängt dann Paul, die beiden Diebstähle zu erklären. Paul schweigt. Weder Charles noch Hélène kommen ihm zu Hilfe.

Paul reist ab. Im Zugabteil sitzt ihm gegenüber ein Schulmädchen, das unaufhörlich erzählt, was es über Gott und die zehn Gebote gelernt hat. Im nächsten Bahnhof springt Paul auf, verlässt den Zug, ruft Theo an und rät ihm, sich im Arbeitszimmer einzuschließen; er befinde sich in Lebensgefahr. Mit einem Taxi kehrt Paul zurück und berichtet Theo, was ihm aufgefallen ist: Charles halte Theo für Gott. Wegen seines Verhältnis mit Hélène fühle er sich schuldig. Darauf reagierte er zunächst wohl mit Gedächtnisschwäche, nun aber habe er angefangen, Gott zu verfluchen und gegen die zehn Gebote zu verstoßen. Vielleicht werde er versuchen, Theo umzubringen. Paul fordert Theo auf, nach Hélène zu sehen. Sie liegt mit durchschnittener Kehle im Bett. Charles hat offenbar auch sie ermordet. Der kommt hinzu, läuft in sein Atelier, zerstört die gewaltige Zeusstatue und springt aus dem Fenster. Wie ein Gekreuzigter hängt er in den Schmiedeeisen-Spitzen des Gartenzauns.

Jetzt erkennt Paul, dass er sich in seiner eigenen intellektuellen Überheblichkeit getäuscht hat: Nicht Charles, sondern Theo hat sich den Mordplan ausgedacht. Theo fand die Briefe, spielte den Erpresser, arrangierte die Gegenüberstellung mit dem Pfandleiher. Er gab Charles Drogen und sorgte dafür, dass er sich schuldig fühlte. Nicht Charles, sondern Theo tötete Hélène. „Sie wollen Gott spielen!“, hatte Paul schon während der ersten Tage seines Besuchs Theo (!) vorgeworfen. Jetzt droht er ihm, zur Polizei zu gehen. Theo, der glaubt, alles manipulieren bzw. kaufen zu können, bietet Paul Geld. Dann aber versteht er. Als Paul schweigend das Haus verlässt, hört er aus dem Inneren einen Schuss.

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Der Film „Der zehnte Tag“ („Le décade prodigieuse“) ist ein düsterer und intelligenter Psychothriller von Claude Chabrol mit großartigen Schauspielern. Der Plot basiert auf dem Roman „Ten days‘ Wonder“ (1948; „Der zehnte Tag“, 1956) von Ellery Queen. Ellery Queen war das Pseudonym der beiden Schriftsteller Frederic Danney (1905 – 1982) und Manfred Bennington Lee (1905 –1971).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002

Liz Nugent - Auf der Lauer liegen
In dem packenden Psychothriller "Auf der Lauer liegen" geht es Liz Nugent nicht um die Aufklärung eines Verbrechens, sondern sie leuchtet aus, wie es dazu kam – und sorgt parallel dazu für weitere Verwicklungen und unerwartete Wendungen. Der Aufbau ist so klug durchdacht, dass die einzelnen Teile wie die Räder eines Uhrwerks ineinander greifen. Fazit: ein außergewöhnliches Lesevergnügen.
Auf der Lauer liegen