Cicero


Marcus Tullius Cicero wurde 106 v. Chr. als ältester Sohn eines gleichnamigen Ritters und dessen Ehefrau Helvia geboren. Die Bewohner seines Geburtsortes Arpinum (Arpino) im Süden Latiums besaßen seit 188 v. Chr. das römische Bürgerrecht. Sein jüngerer Bruder Quintus Tullius Cicero stand ihm zeitlebens zur Seite. Als seinen „zweiten Bruder“ betrachtete Marcus Tullius Cicero seinen Freund Titus Pomponius Atticus, der mit ihm zusammen in Rom Recht und Rhetorik, Literatur und Philosophie studierte.

Nach einem kurzen Militärdienst betätigte sich Cicero als Rechtsanwalt, hielt sein erstes Plädoyer in einem Mordprozess („Pro Sex. Roscio Amerino“ – Für Sextus Roscius aus Ameria) und erwirkte 80 v. Chr. einen Freispruch für einen zu Unrecht wegen Vatermordes Angeklagten. Von 79 bis 77 v. Chr. schloss Cicero – der wie jeder gebildete Römer die griechische Sprache beherrschte – sein Studium in Griechenland und Kleinasien ab.

77 v. Chr. kehrte Cicero nach Rom zurück. Um diese Zeit heiratete er Terentia, eine Frau aus einer angesehenen Familie – ihre Halbschwester Fabia war Vestalin –, die über ein beträchtliches Vermögen verfügte. Spätestens 75 v. Chr. – Cicero war in diesem Jahr als Quästor in der römischen Provinz Sizilien – gebar Terentia eine Tochter, die den Namen Tullia erhielt.

74 v. Chr. wurde Marcus Tullius Cicero in den römischen Senat gewählt.

Einen Namen machte er sich, als es ihm 70 v. Chr. gelang, Gaius Verres (um 115 – 43 v. Chr.) vor den Repetundengerichtshof in Rom zu bringen. Obwohl Verres mächtige Fürsprecher hatte und von Quintus Hortensius Hortalus (114 – 50 v. Chr.) verteidigt wurde, dem besten Rechtsanwalt Roms, erreichte Cicero durch seine „Reden gegen Verres“, dass der ehemalige Statthalter der römischen Provinz Sizilien (73 – 71 v. Chr.) nach Massilia (Marseille) ins Exil ging (Verres-Prozess).

Cicero wurde daraufhin 69 v. Chr. zum curulischen Ädil gewählt. Drei Jahre später übernahm er das nach den Senatoren-Ämtern des Quästors und des Ädils nächsthöhere Amt eines Prätors und den Vorsitz des Gerichtshofs für Erpressungen.

Um 65 v. Chr. wurde Ciceros Sohn Marcus geboren.

Obwohl Marcus Tullius Cicero nicht der römischen Aristokratie angehörte und ein homo novus (Emporkömmling) war, wurde er 64 v. Chr. für das Folgejahr zum Konsul gewählt.

Als sein unterlegener Konkurrent Lucius Sergius Catilina (um 108 – 62 v. Chr.) 63 v. Chr. einen Staatsstreich vorbereitete, deckte Cicero die Umsturzpläne auf und sorgte dafür, dass einige der Verschwörer hingerichtet wurden (Catilinarische Verschwörung). Für die Verhinderung des Staatsstreichs erhielt Cicero zunächst den Ehrentitel pater patriae (Vater des Vaterlandes).

Weil er jedoch den Beschuldigten ein angemessenes Rechtsverfahren verweigert hatte, zwangen ihn seine von dem Volkstribun Publius Clodius Pulcher (um 92 – 52 v. Chr.) angeführten Gegner 58 v. Chr. ins Exil. Cicero ging nach Thessaloniki. Sein Besitz wurde enteignet. Allerdings rief ihn der Senat bereits nach einem Jahr zurück, nicht zuletzt auf Betreiben seines Schwiegersohnes Gaius Calpurnius Piso Frugi und von Gnaeus Pompeius Magnus (106 – 48 v. Chr.).

In einer Zeit ohne bedeutenden politischen Einfluss schrieb Marcus Tullius Cicero die Bücher „De oratore“ (Über den Redner), „De re publica“ (Über den Staat) und „De legibus“ (Über die Gesetze).

Von 51 bis 50 v. Chr. war er als Prokonsul in der römischen Provinz Kilikien.

Im Bürgerkrieg zwischen Pompeius und Julius Caesar (Gaius Iulius Caesar, 100 – 44 v. Chr.) hielt Cicero ohne echte Überzeugung zu Pompeius, doch nach dessen Niederlage und Ermordung (48 v. Chr.) arrangierte er sich mit Caesar und wurde 47 v. Chr. begnadigt.

Aus unbekannten Gründen ließ Cicero sich 46 v. Chr. von Terentia scheiden und vermählte sich mit seinem Mündel Publilia, das noch keine zwanzig Jahre alt war. Diese zweite Ehe zerbrach jedoch bereits nach einigen Monaten.

44 v. Chr. wurden Caesar und Mark Anton (Marcus Antonius, 86 oder 83 – 30 v. Chr.) als Konsuln gewählt. Caesars Bestrebungen, alle Macht an sich zu reißen,

brachte Cicero gegen ihn auf, denn dieser hatte sich als einer der führenden Optimaten stets für die Wiederherstellung der traditionellen republikanischen Verfassung eingesetzt und betrachtete Caesar zunehmend als Tyrannen. Im Nachhinein billigte Cicero das Attentat am 15. März, bei dem Caesar erstochen wurde. Allerdings bemängelte er das Fehlen von Plänen für die Zeit nach Caesars Tod und meinte, der Anschlag sei mit dem Mut von Männern, aber dem Verstand von Kindern durchgeführt worden.

Im Machtkampf zwischen Marcus Antonius und Caesars Großneffen, Adoptivsohn und Haupterben Gaius Octavius (63 v. Chr. – 14 n. Chr.) setzte sich Cicero für den Jüngeren ein und hetzte in vierzehn berühmten Reden im Senat gegen Antonius (Philippische Reden).

Als Antonius und Octavius sich jedoch mit Marcus Aemilius Lepidus (um 90 – 12 v. Chr.) zum zweiten Triumvirat zusammenschlossen, setzte Antonius den Namen seines Widersachers Marcus Tullius Cicero auf die Proscriptionslisten. Cicero floh aus Rom. Er wurde am 7. Dezember 43 v. Chr. bei Formiae (Formia) am Golf von Gaeta ermordet. Die verstümmelte Leiche ließ man durch Rom schleifen und auf der Rostra am Forum Romanum zur Schau stellen.

30 v. Chr. teilte sich Octavian – der spätere Kaiser Augustus – das Konsulat mit Ciceros Sohn Marcus und ließ zu, dass dieser im Rahmen einer vom Senat beschlossenen damnatio memoriae Antonius-Statuen zerstörte.

Als Politiker wird Marcus Tullius Cicero unterschiedlich beurteit. Manche werfen ihm Opportunismus und Prinzipienlosigkeit vor. Zweifellos handelte es sich bei Cicero um einen der besten Redner in der römischen Antike. (Von etwa hundert Reden wissen wir, achtundfünfzig blieben – wenn auch lückenhaft – erhalten.) Als philosophischer Autor brillierte Cicero nicht mit eigenen Gedanken, sondern machte sich durch die Vermittlung der antiken griechischen Philosophie an die lateinischsprachige Welt verdient. Werke Ciceros werden auch heute noch im Lateinunterricht an den Gymnasien gelesen, denn sie gelten als stilistisches Vorbild, als Muster der „goldenen“ lateinischen Sprache (Ciceronianismus).

Literatur über Marcus Tullius Cicero

  • Stefan Bittner: Ciceros Rhetorik – Eine Bildungstheorie. Von der Redetechnik zur humanitären Eloquenz (Bodem, Frechen 1999)
  • Anthony Everitt: Cicero. Ein turbulentes Leben (DuMont, Köln 2003)
  • Horst Fuhrmann: Cicero und das Seelenheil oder Wie kam die heidnische Antike durch das christliche Mittelalter? (Saur, München / Leipzig 2003)
  • Manfred Fuhrmann: Cicero und die römische Republik. Eine Biographie (Artemis, München / Zürich 1989; Neuausgabe: Patmos, Düsseldorf 2005)
  • Christian Habicht: Cicero der Politiker (C.H. Beck, München 1990)
  • Robert Harris: Imperium (Roman, Heyne, München 2006)
  • Robert Harris: Titan (Roman, Heyne, München 2009)
  • Robert Harris: Dictator Roman, Heyne, München 2015)
  • Johannes Platschek: Studien zu Ciceros Rede für P. Quinctius (Dissertation 2003;
    C. H. Beck, München 2005)
  • Wilfried Stroh: Cicero. Redner, Staatsmann, Philosoph (C.H. Beck, München 2008)

© Dieter Wunderlich 2009

Augustus (kurze Biografie)

Robert Harris: Imperium
Robert Harris: Dictator

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Das Buch "ewig her und gar nicht wahr" kann man als introspektiven Künstler(innen)roman lesen, aber es dreht sich nicht nur um eine Schaffenskrise, sondern vor allem um Familie und Herkunft, Heimatlosigkeit, Verlorenheit und Selbstfindung. Marina Frenk erzählt im ständigen Wechsel zwischen den Zeiten. Das entspricht zwar dem Denken der Protagonistin, erschwert aber auch die Lektüre.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.