The Immigrant

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The Immigrant

The Immigrant – Originaltitel: The Immigrant – Regie: James Gray – Drehbuch: James Gray, Richard Menello – Kamera: Darius Khondji – Schnitt: John Axelrad, Kayla Emter – Musik: Chris Spelman – Darsteller: Marion Cotillard, Joaquin Phoenix, Jeremy Renner, Dagmara Dominczyk, Jicky Schnee, Elena Solovey, Maja Wampuszyc, Ilia Volok, Angela Sarafyan, Antoni Corone u.a. – 2013; 120 Minuten

Inhaltsangabe

Als die verwaisten Schwestern Ewa und Magda Cybulska 1921 in Ellis Island an­kommen, wird Magda wegen Tuberkulose unter Quarantäne gestellt. Ewa darf auch nicht einreisen. Vor der Abschiebung rettet sie der Zuhälter Bruno Weiss, der Beamte besticht und Ewa nach New York schmuggelt. Um das Schmiergeld zu beschaffen, das benötigt wird, um Magda von der Insel zu holen, muss Ewa sich prostituieren. Obwohl Bruno sich das Geschäft nicht entgehen lässt, sind seine Gefühle für Ewa echt ...
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Kritik

James Gray stellt die von heraus­ragenden Schauspielern wie Marion Cotillard und Joaquin Phoenix ver­kör­perten Charaktere in dem Drama "The Immigrant" allesamt ambivalent und vielschichtig dar. Außerdem erzählt er eine packende Geschichte mit aktuellen Bezügen. Hervor­zu­heben sind auch die Ausstattung und die Kameraführung.
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Im Januar 1921 kommen die Schwestern Ewa und Magda Cybulska (Marion Cotillard, Angela Sarafyan) aus Kattowitz mit dem Schiff in Ellis Island an. Die beiden Immigrantinnen, deren Eltern im Ersten Weltkrieg von Soldaten ermordet wurden, wollen zu Tante Edyta und Onkel Wojtek Bistricky (Maja Wampuszyc, Ilia Volok) in Brooklyn, aber Magdas Husten lässt Beamte bei der Passkontrolle aufhorchen. Weil der Verdacht besteht, dass die junge Frau lungenkrank ist, wird sie zwangsweise auf Ellis Island in Quarantäne gebracht. Ewa darf ebenso wenig in die USA einreisen, denn die angegebene Adresse der Verwandten existiert angeblich nicht. Ihr droht die Abschiebung mit dem nächsten Schiff. Aber ein Mann namens Bruno Weiss (Joaquin Phoenix) bewahrt sie davor. Er besticht einen Beamten und sorgt dafür, dass sie auf die Fähre nach New York geschmuggelt wird.

Bruno Weiss beschäftigt ein halbes Dutzend Frauen, die auf der Bühne eines von Rosie Hertz (Elena Solovey) betriebenen Nachtklubs als „lebende Bilder“ ihre Brüste zeigen und von ihrem Zuhälter bei Gelegenheit auch mit zahlungswilligen Herren zusammengebracht werden. Die Frauen wohnen alle in einem Mietshaus in New York. Dort bringt Bruno auch Ewa Cybulska unter.

Zunächst tut er so, als solle Ewa nur als Näherin für das „Theater“ arbeiten, aber dann schickt er sie zu den anderen Tänzerinnen (Jicky Schnee, Susan Gardner, Francine Daveta, Kendra Lansing, Ruby Valentine) auf die Bühne. Ewa braucht sich vorerst nicht auszuziehen; sie tritt als Freiheitsstatue auf. Dabei fällt sie dem reichen Gast Oskar Straub (Sam Tsoutsouvas) auf, der für seinen schüchternen Sohn Leo (Patrick Holden O’Neill) eine Prostituierte sucht, die ihn in die Sexualität einführt. Obwohl Bruno sich bereits in Ewa verliebt hat, will er sich das gute Geschäft nicht entgehen lassen. Indem er Ewa erklärt, dass sie viel Schmier­geld benötigen werde, um ihre Schwester Magda aus der Quarantäne zu holen, bringt er sie dazu, trotz ihres Abscheus vor jeglicher Berührung mit Leo ins Bett zu gehen.

Danach läuft sie davon und sucht nach den Verwandten in Brooklyn. Tante Edyta und Onkel Wojtek lassen sie auf dem Sofa schlafen. Aber Wojtek Bistricky verständigt die Einwanderungsbehörde. Ewa wird von Polizisten geweckt und zurück nach Ellis Island ins Gefängnis gebracht. Sie soll wieder mit dem nächsten Schiff abgeschoben werden.

Am Abend findet zur Unterhaltung der Häftlinge auf Ellis Island eine Show statt, bei der Enrico Caruso (Joseph Calleja) singt und ein Magier mit dem Bühnennamen Orlando (Jeremy Renner) über der Bühne schwebt, der bürgerlich Emil heißt und mit Bruno verwandt ist. Die beiden Cousins wanderten zusammen ein, überwarfen sich jedoch wegen einer Frau und könnten kaum unterschiedlicher sein.

Nachts kommt Bruno in Ewas Gefängniszelle. Sie folgt ihm nur unter der Bedingung, dass er ihr die Hälfte der durch sie erzielten Einnahmen zusichert.

Als Orlando bei Rosie Hertz auftritt und für eine seiner Nummern Ewa zu sich auf die Bühne holt, wird sie von Männern im Publikum beleidigt, die sie als Prostituierte kennen. Bruno erträgt das nicht, und er unterstellt seinem Cousin, dass dieser Ewa demütigen wollte. In seinem Zorn prügelt er sich mit Emil – und wird deshalb von Rosie Hertz hinausgeworfen. Bruno bleibt nichts anderes übrig, als seine „Täubchen“ auf der Straße anzubieten.


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Emil schließt sich einer Tournee nach Kalifornien an, klettert aber schon ein paar Tage später über die Feuerleiter zu Ewa ins Zimmer. Er sei nur bis New Jersey gekommen, sagt er. Ewa warnt ihn vor Bruno und zeigt ihm, wo dieser einen Revolver versteckt hat. Als Bruno nach Hause kommt, lenkt Ewa ihn ab, damit Emil unbemerkt durchs Fenster fliehen kann, aber der steht plötzlich in der Tür, richtet die Waffe auf seinen Cousin und verlangt von ihm, Ewa freizugeben. Bruno ersticht ihn. Erst im Nachhinein stellt er fest, dass Emil die Waffe entladen hatte. Er bringt die Leiche fort, wird dabei aber von der Prostituierten Belva (Dagmara Dominczyk) beobachtet.

Die Polizei führt in dem Fußgängertunnel, in dem sich Brunos Prostituierte verbotenerweise Freiern präsentieren, eine Razzia durch. Bruno kümmert sich um Ewa, die apathisch auf einer Bank sitzt. Er flieht mit ihr durch Katakomben. Als Ewa nicht mehr laufen kann, setzt er sie in eine Ecke und lenkt die Verfolger von ihr ab. Die Polizisten, die auf der Suche nach Ewa sind, die für Emils Mörderin gehalten wird, fragen ihn nach der Frau. Er lässt sich lieber von den Beamten zusammenschlagen und berauben, als sie zu verraten.

Weil die Polizisten Bruno das ganze Geld abgenommen haben, sucht Ewa noch einmal ihre Tante Edyta auf und fleht sie an, ihr den für Magdas Befreiung erforderlichen Betrag zu geben.

In einem Boot lassen sich Bruno und Ewa nach Ellis Island bringen. Dort übergibt Bruno einem Officer das Schmiergeld. Während der Beamte Magda holt, gesteht Bruno Ewa, dass er bei der Ankunft ihres Schiffes auf junge Einwanderinnen lauerte. Seine Wahl fiel auf Ewa, und er arrangierte deshalb, dass sie mit Abschiebung bedroht wurde, sodass er sich als Helfer ins Spiel bringen konnte. Er habe sie ausgenutzt, sagt er. Jetzt werde er sich stellen und zugeben, dass er seinen Cousin erstach. Für Ewa und Magda hat er zwei Fahrkarten nach New Jersey besorgt.

Als das Boot mit Ewa und Magda an Bord ablegt, bleibt Bruno auf Ellis Island zurück.

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Vielleicht gibt es den amerikanischen Traum, aber er hat zumindest einen Preis. Und der kann hoch sein. Das zeigt der Film „The Immigrant“ von James Gray. Die polnische Immigrantin Ewa muss sich in New York prostituieren und sich dabei von dem Zuhälter Bruno ausbeuten lassen. Nur so kann sie das Schmiergeld beschaffen, das sie benötigt, um ihre von der Einreisebehörde auf Ellis Island festgehaltene Schwester Magda ins Land zu schmuggeln.

Hervorzuheben ist, dass James Gray die Figuren in dem Drama „The Immigrant“ allesamt ambivalent darstellt. Eine klare Trennlinie zwischen Gut und Böse gibt es nicht. Das gilt vor allem für Bruno. Der Zuhälter nutzt die Frauen aus, die für ihn anschaffen, und manipuliert sie geschickt. Aber seine Gefühle für Ewa sind dennoch echt. Joaquin Phoenix verkörpert diesen vielschichtigen, wider­sprüchlichen Charakter sehr überzeugend. Noch subtiler und facettenreicher spielt Marion Cotillard die Rolle der Immigrantin Ewa, die sich trotz ihrer Abscheu vor Berührungen und ihrer Gewissensnot prostituiert, um ihrer Schwester helfen zu können. Marion Cotillard wirkt dabei mal zart und verletzlich, dann wieder entschlossen und selbstbewusst.

Allein schon wegen der Schauspieler ist „The Immigrant“ sehenswert, aber darüber hinaus erzählt James Gray eine packende Geschichte, und zwar stringent, temporeich und spannend. Dank einer sorgfältigen Ausstattung und einer hervorragenden Kameraführung ist auch die Optik des Films vom Feinsten. Nur die Musik wirkt mitunter kitschig.

Obwohl die Handlung ins Jahr 1921 verlegt wurde, ist das Thema aktuell und brisant: Gerade Flüchtlinge und andere Menschen in Not müssen sich nicht selten ausbeuten lassen, um überleben zu können. Da braucht man nur an die Schleuserkriminalität zu denken.

Dennoch floppte „The Immigrant“ an den Kinokassen in den USA und wurde in Deutschland mit eineinhalb Jahren Verspätung lediglich als DVD vermarktet (30. Januar 2015). Gezeigt worden war „The Immigrant“ bereits am 4. Juli 2013 auf dem Munich International Film Festival.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2015

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.