Im Tal von Elah

Im Tal von Elah

Im Tal von Elah

Im Tal von Elah – Originaltitel: In the Valley of Elah – Regie: Paul Haggis – Drehbuch: Paul Haggis, nach einer Reportage von Mark Boal – Kamera: Roger Deakins – Schnitt: Jo Francis – Musik: Mark Isham – Darsteller: Tommy Lee Jones, Charlize Theron, Jason Patric, Susan Sarandon, James Franco, Barry Corbin, Josh Brolin, Frances Fisher, Wes Chatham, Jake McLaughlin, Mehcad Brooks, Jonathan Tucker, Wayne Duvall u.a. – 2007; 120 Minuten

Inhaltsangabe

Als der Soldat Mike Deerfield nach einem längeren Einsatz im Irak in die USA zurückkehrt und kurz darauf verschwindet, macht sich sein Vater Hank auf die Suche nach ihm. Schließlich werden verkohlte Leichenteile gefunden und als Mikes sterbliche Überreste identifziert. Mit Hilfe der Polizistin Emily Sanders versucht Hank zu ergründen, wie und warum sein Sohn ermordet wurde. Was er erfährt, erschüttert sein Weltbild von Grund auf ...
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Kritik

Der Bericht über einen Mordfall inspirierte Paul Haggis zu einem Film, in dem er die psychische und moralische Deformation durch den Kriegseinsatz veranschaulicht und das Ideal des soldatischen Patrioten in Frage stellt.
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Der Soldat Mike Deerfield (Jonathan Tucker) kehrt nach einem längeren Einsatz im Irak in die USA zurück, meldet sich jedoch nicht bei seinen Eltern Hank und Joan (Tommy Lee Jones, Susan Sarandon) in Munro, Tennessee, und entfernt sich unerlaubt von der Truppe. Hank Deerfeld, ein Vietnam-Kriegsveteran und Militärpolizist im Ruhestand, macht sich am 1. November 2004 auf die Suche nach ihm, fährt als erstes zum Militärstützpunkt in New Mexico und quartiert sich in einem Motel in der Nähe ein.

Weder Mikes Vorgesetzte noch seine Kameraden scheinen etwas über seinen Verbleib zu wissen. Indem Hank seinen Begleiter in Mikes Stube ablenkt, gelingt es ihm, unbemerkt Mikes Handy einzustecken. Es ist defekt, aber ein Techniker (Rick Gonzales) lädt einige darauf gespeicherte Videos herunter und schickt sie Hank auf den Laptop. Immer wieder schaut dieser sich die technisch stark gestörten Aufnahmen an, ohne zu begreifen, um was es dabei geht.

Vergeblich versucht Hank, bei der Polizei eine Vermisstenanzeige abzugeben. Dafür sei in diesem Fall das Militär zuständig, erklärt ihm Detective Emily Sanders (Charlize Theron).

Bald darauf wird sie zu einem Ort gerufen, an dem verkohlte Leichenteile entdeckt wurden. Weil sich der Fundort wenige Meter neben dem Stadtgebiet auf militärischem Gelände befindet, überlässt die zivile Polizei die Ermittlungen bereitwillig den Kollegen vom Militärstützpunkt.

Rasch stellt sich heraus, dass die Leichenteile von Mike Deerfield stammen. Ein Offizier überbringt Hank die Nachricht, dass man seinen Sohn gefunden habe. Hank besteht darauf, die verbrannten Überreste zu sehen und erfährt von dem forensischen Mediziner, der sie untersuchte, dass Mike mit mindestens 42 Messerstichen getötet wurde. Gegen den Rat ihres Mannes reist Joan Deerfield an. Sie ist verzweifelt, denn David, Mikes älterer Bruder, war vor zehn Jahren gefallen. Joan hat nun beide Söhne verloren und wirft Hank vor, Schuld an deren Tod zu sein, weil er sie durch seine stramme militärische Haltung dazu gebracht habe, sich zum Kriegseinsatz zu melden.

Hank lässt sich von Emily Sanders den Fundort der Leichenteile zeigen und weist sie auf abgeknickte Pflanzen hin. Es sind Indizien dafür, dass Mike am Straßenrand, also auf städtischem Gebiet, ermordet und dann erst fortgeschleift wurde. Hank argwöhnt, dass die Militärpolizei gar nicht vorhat, den Mord aufzuklären, sondern die Zusammenhänge vertuschen will.

Als Emily ihn zum Essen einlädt, übernimmt er es, David, dem kleinen Sohn der allein erziehenden Mutter, eine Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen. Aber stattdessen erzählt er ihm, wie der biblische David im Tal von Elah den Riesen Goliath mit einer Steinschleuder tötete.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Allmählich setzen sich die Ergebnisse von Emilys Ermittlungen, die Videofragmente auf Mikes Handy und Äußerungen gleichaltriger Kameraden, die mit Mike im Irak waren, zu einem Bild zusammen, das der Vorstellung Hanks von einem rechtschaffenen Patrioten diametral widerspricht.

Mike und seine Kameraden Steve Penning (Wes Chatham), Gordon Bonner (Jake McLaughlin) und Ennis Long (Mehcad Brooks) nahmen Drogen, betranken sich, holten Prostituierte in ihr Auto und randalierten in Topless- bzw. Striptease-Lokalen. Nachdem Bonner sich in einer Arrestzelle erhängt hat, wird bei seinen Sachen Mikes Armbanduhr gefunden. Durch den Einsatz im Irak verloren die jungen Männer jede moralische Orientierung. Mike trug den Spitznamen „Doc“, weil er verletzten Irakern mit sadistischem Vergnügen in die Wunden griff und fragte, ob es weh tue. Schließlich begreift Hank auch, was auf einem Video bruchstückhaft zu sehen ist: Ein Kind gerät unter den von Mike gelenkten Militärlastwagen und wird zerquetscht, aber die Soldaten fahren aus Angst vor einem Hinterhalt weiter. Hank sieht einen Zusammenhang mit einem Anruf, den er von seinem Sohn erhielt, als dieser gerade erst seit einer Woche im Irak war: Mike stammelte, es sei etwas Schreckliches passiert und flehte seinen Vater an, ihn nach Hause zu holen. Jetzt macht Hank sich Vorwürfe, weil er ihn nur ermahnte, Haltung zu bewahren und auf sich aufzupassen.

Penning gesteht schließlich, Mike nach einem Streit bei einer Prügelei erstochen zu haben. Bonners Idee sei es dann gewesen, die Leiche zu zerstückeln und zu verbrennen, und Long habe dabei geholfen.

Desillusioniert fährt Hank nach Hause. Dort hisst er das Sternenbanner, das ihm sein Sohn aus dem Irak geschickt hatte – verkehrt herum, was als Signal für eine Notlage gilt.

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Am 25. Juli 2003, zwei Tage nach seiner Rückkehr aus dem Irak, wurde der fünfundzwanzigjährige US-Soldat Richard T. Davis außerhalb von Fort Benning, Georgia, von Kameraden ermordet. Seine sterblichen Überreste fand man erst im November. Jemand hatte ihn mit mehr als vierunddreißig Messerstichen getötet, die Leiche zerstückelt und angezündet. Unmittelbar nach der grausigen Entdeckung wurden Jacob Burgoyne, Alberto Martinez, Mario Navarette und Douglas Woodcoff unter Mordverdacht festgenommen. Im Februar 2004 erfolgte die Anklage. Burgoyne, Martinez und Navarette erhielten langjährige Haftstrafen. Woodcoff, der nicht an der Bluttat beteiligt gewesen war, aber geholfen hatte, sie zu vertuschen, kam mit einer Bewährungsstrafe davon.

Mark Boal berichtete über den Fall 2004 im Mai-Heft des „Playboy“ unter der Schlagzeile „Death and Dishonor“. Dieser Artikel inspirierte Paul Haggis zu dem Film „Im Tal von Elah“.

Die Mischung aus Antikriegsfilm, Thriller, Vater-Sohn-Geschichte und Heimkehrer-Drama veranschaulicht die psychische und moralische Deformation durch den Krieg. Szenen aus dem Irak-Krieg sind zwar nur in kurzen Fragmenten zu sehen, aber in den Köpfen der Heimkehrer präsent.

Bei der Hauptfigur Hank Deerfield handelt es sich um einen älteren Kriegsveteran und Militärpolizisten im Ruhestand, der seinen beiden Söhnen als soldatisch-disziplinierter Patriot ein Vorbild sein wollte. David fällt bei einem Kriegseinsatz, Mike wird kurz nach der Rückkehr aus dem Irak ermordet. Hank ist nicht in der Lage, seine Ehefrau Joan zu trösten. Er fühlt sich schuldig, nicht nur, weil er David und Mike dazu gebracht hatte, sich freiwillig zum Militärdienst zu melden, sondern vor allem weil er seinem jüngeren Sohn nicht beistand, als dieser ihn einer Woche nach der Ankunft im Irak verzweifelt anrief. Und die Erkenntnis, was die Kriegsgräuel aus Mike und dessen Kameraden gemacht haben, erschüttert sein Weltbild von Grund auf.

Paul Haggis lässt sich viel Zeit bei der Entwicklung der Handlung. Wichtiger als die Aufklärung des Mordfalls sind ihm die Charaktere, allen voran Hank Deerfield und Emily Sanders. Sehenswert ist der ernste Film wegen Tommy Lee Jones, dem die Rolle auf den Leib geschrieben ist. Er bekam dafür eine „Oscar“-Nominierung. Dabei soll zunächst Clint Eastwood als Hauptdarsteller im Gespräch gewesen sein.

Es ist die scheinbare Bescheidenheit, nicht nur seines Hauptdarstellers, die diesen Film ganz groß sein lässt, der ebenso reduzierte wie raffinierte Einsatz der Mittel. (Martina Knoben, Süddeutsche Zeitung, 5. März 2008)

Der Titel stammt aus der biblischen Geschichte, die Hank Emily Sanders kleinem Sohn erzählt: Im Tal von Elah trat der junge Schafhirte David dem gefürchteten Riesen Goliath entgegen und tötete ihn mit einer Steinschleuder (Erstes Buch Samuel).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010

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