Sophiiiie!
Sophiiiie!
Inhaltsangabe
Kritik
Sophie (Katharina Schüttler) ist Anfang zwanzig, lebt mit ihrem Freund Manuel (Alexander Beyer) in Hamburg zusammen und hat kürzlich bei einer gynäkologischen Untersuchung erfahren, dass sie in der elften Woche schwanger ist. Für den nächsten Vormittag ist die Abtreibung terminiert, aber sie ist unschlüssig, ob sie das Kind nicht doch austragen möchte. Um unter dem Entscheidungsdruck nicht verrückt zu werden, bittet sie Manuel um sein Motorrad „Monster“, und als er ihr die schwere und noch gar nicht abbezahlte Maschine nicht leihen will, stiehlt sie ihm den Zündschlüssel und rast durch die Stadt. Einmal fordert sie das Schicksal heraus und überquert eine Verkehrskreuzung mit geschlossenen Augen bei Rot. Obwohl sie merkt, dass wegen ihr zwei Autos zusammengekracht sind, gibt sie weiter Gas.
In einer Kneipe provoziert sie die Männer und beschimpft einen von ihnen so lang, bis er (Martin Brambach) sie ohrfeigt, auf den Billardtisch wirft und ihr das Höschen herunterzureißen versucht. Um der Vergewaltigung zu entgehen, bietet Sophie eine Wette an, aber sie verliert und soll dem Gewinner nun vor aller Augen einen blasen. Da nimmt sie einen Schluck Bier und zerschlägt dann den Bierkrug auf dem Fußboden, packt mit der linken Hand seinen Penis und drückt ihm mit der Rechten eine Glasscherbe gegen die Hoden. Mit der Drohung, ihn zu kastrieren, zerrt sie ihn an seinen Genitalien ins Freie und entkommt in einem Taxi.
Weil sie nicht genügend Geld hat, um die ziellose Fahrt zu bezahlen, steigt sie aus, lässt den palästinensischen Taxifahrer Aziz (Erçan Durmaz) warten, geht um die Hausecke und lauert in der Nähe eines Geldautomaten auf eine Frau, die ihn gerade betätigt. Bevor sie nach dem Bündel Banknoten greifen kann, wird sie von hinten gepackt, von einem Perversen (Josef Ostendorf), der ihr 200 Euro dafür bietet, dass sie sich in seinen am Straßenrand geparkten Lieferwagen legt, den Rock hochzieht und ihn onanieren lässt. Bis zum Brechreiz angewidert, kehrt Sophie mit dem Geldschein zu Aziz zurück, aber der Taxifahrer kann nicht wechseln. Deshalb fahren sie zur nächsten Kneipe, wo Sophie als Erstes die Toilette aufsucht, um sich das Sperma aus den Haaren und von ihrem Kleid abzuwaschen. Der Wirt hält den 200-Euro-Schein kurz gegen das Licht und erklärt ihr, dass es sich um eine plumpe Fälschung handelt.
Sophie ruft ihren Freund an und verabredet sich mit ihm in einem Restaurant, wo er ihr das Geld fürs Taxi geben soll. Auf der Fahrt dorthin kommt Sophie an Manuels Motorrad vorbei, das sie vor der Kneipe abgestellt hatte. Die Kerle haben die teure Maschine aus Rache in Brand gesteckt. Manuel, der noch nichts davon ahnt, gibt ihr das Geld; sie bezahlt für die Taxifahrt, kehrt an seinen Tisch zurück und bestellt ein fünfgängiges Menü, während Manuel nur ein Glas Bier trinkt. Er weiß, dass er nicht der Vater ihres Kindes ist, aber er gibt sich verständnisvoll und versichert, es sei ihm recht, wenn sie den Embryo abtreiben lasse; im anderen Fall werde er sich um das Kind kümmern. Von ihm erhält Sophie also keine Entscheidungshilfe. Frustriert geht sie zur Toilette und läuft davon, gerade als der Kellner die ersten Gerichte serviert.
Der nächste Taxifahrer (Holger Malich) stöhnt, er habe in dieser Nacht schon genügend Verrückte gefahren und keine Lust, sich auch noch ihre Probleme anzuhören. Kurzerhand wirft er sie aus dem Wagen. Sophie geht in eine Imbissbude und säuft dort mit einem fremden alten Mann (Traugott Buhre) um die Wette. Dann steigt sie in ein weiteres Taxi und fragt den Fahrer (Axel Olsson): „Wohin geht es?“ Der Sechzigjährige nimmt Sophie mit in seine Wohnung – und vermisst dort seine Ehefrau Ellen. Sophie rät ihm, vom Handy aus seine eigene Nummer anzurufen, denn seine Frau habe vermutlich eine Rufumleitung aktiviert. Das Telefon in der Wohnung bleibt still; Ellen meldet sich, nimmt an, ihr Mann rufe sie von unterwegs an und lügt, sie sei zu Hause …
Vom nächsten Taxifahrer (Harald Polzin) lässt Sophie sich zu einem Bordell bringen, wo er 50 Euro Provision pro Gast erhält. Gigi (Gerd Wameling), der Besitzer, bietet Sophie 100 Euro, wenn sie nackt auf dem Tresen tanzt. Obwohl sie ablehnt, spendiert er ihr weiter Champagner und nimmt sie dann mit in sein Büro, wo er mit seinem Reichtum prahlt und verspricht, am nächsten Tag mit ihr in die Südsee zu fahren. Für Fellatio will er 200 Euro zahlen, aber Sophie mag nicht. Da versucht er, sie mit vorgehaltener Pistole zu zwingen, ahnt jedoch nichts von ihrem selbstzerstörerischen Trip in dieser Nacht: Sophie bleibt völlig unbeeindruckt, wehrt sich nicht, als er ihr die Pistole gegen die Kehle drückt und fordert ihn stattdessen mehrmals auf, endlich zu schießen. Natürlich tut er es nicht und lässt sie laufen.
Um ein wenig zu schlafen, geht Sophie in die Spätvorstellung eines Kinos. Danach nimmt sie sich mit dem jungen Filmvorführer Toby (Robert Stadlober) auf seinen Namen ein teures Hotelzimmer, das keiner von ihnen sich leisten könnte, aber sie haben ohnehin nicht vor, es zu bezahlen. Nachdem sie die Minibar leer getrunken haben, will Sophie mit Toby schlafen, doch als der naive Idealist meint, sie sei ihm für eine schnelle Nummer zu schade, springt sie aus dem Bett, zieht sich an und verlässt das Hotel.
In einer U-Bahn fährt sie so lange mit, bis sie in dem leeren Wagen vom Sitz auf den Boden kippt und dort liegenbleibt, sodass der Fahrer sie übersieht, als er den Zug im Depot abstellt. Am frühen Morgen, als die U-Bahn wieder losfährt, kommt sie zu sich, bricht jedoch auf einer Rolltreppe in einem U-Bahnhof erneut zusammen.
Mit blutverkrusteten Schrammen im Gesicht, zerzausten Haaren und im zerrissenen Kleid fragt sie an der Rezeption des Hotels, in dem sie sich ein Zimmer genommen hatte, nach Toby, aber seinen Nachnamen kennt sie nicht, und an die Zimmernummer kann sie sich nicht erinnern.
Von einer Telefonzelle aus ruft sie den Taxifahrer Aziz an, der ihr seine Karte gab. Er soll sie nach Hause fahren. Aziz freut sich, dass sie endlich ein Ziel hat, und fragt, wo er sie abholen soll. Das weiß sie nicht, und bevor sie sich erkundigen kann, wird sie von Krämpfen geschüttelt und erleidet eine Fehlgeburt. Kreidebleich und mit blutverschmierten Händen taumelt sie über den Gehsteig, bis sie gegen eine Telefonzelle prallt. Aziz‘ Karte hat sie verloren. Verzweifelt ruft sie eine zufällig gewählte Nummer an und erzählt, am errechneten Tag der Zeugung des soeben verlorenen Kindes sei sie sturzbetrunken im Park aufgewacht und habe dann bemerkt, dass Sperma aus ihrer Vagina rann. Da schreit der Mann am anderen Ende der Leitung: „Leute wie Sie sind der Fluch unserer Zeit! Sie Monster!“ Voller Wut und Verzweiflung zerstört Sophie das Telefon.
Den Embyro vergräbt sie weinend im Park.
Als sie auf einer Bank in einem Bahnhof sitzt, bittet ein aus Polen stammender „Cowboy“ (Tomek Nowicki) sie um Feuer, und um sie aufzumuntern, überredet er seine Musikgruppe, die Instrumente auszupacken und etwas zu spielen. Sophie entfernt sich ein Stück auf dem Bahnsteig. Als ein ICE einfährt, sieht der „Cowboy“ sie noch, aber im nächsten Augenblick ist sie verschwunden. Der Musiker rennt zu der Stelle, an der er sie zuletzt sah. Sophie liegt zwischen den Gleisen: Sie hat sich vor den Zug geworfen, blieb aber wie durch ein Wunder unverletzt und hebt den Kopf.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)„Sophiiiie!“ ist das drastische Porträt einer jungen Frau im Ausnahmezustand, die in ihrem durch panische Angst, Selbstentfremdung und Entscheidungszwang verursachten Gefühlschaos einige Stunden vor der geplanten Abtreibung ihres ungeborenen Kindes einen selbstzerstörerischen Trip durch Hamburg macht und dabei eine Fehlgeburt erleidet. Immer wieder fordert sie in dieser Nacht das Schicksal heraus.
Nicht alles in „Sophiiiie!“ – Michael Hofmanns zweitem Kinofilm – ist plausibel, und es hapert an der Continuity, zum Beispiel wenn Sophie einmal sturzbetrunken ist und in der nächsten Szene schon wieder nüchtern wirkt. Vielleicht hätte Michael Hofmann auch auf zwei, drei Episoden verzichten sollen, denn es sind ermüdend viele. Trotzdem halte ich „Sophiiiie!“ für sehenswert und für einen außergewöhnlichen Film, vor allem, weil die zweiundzwanzigjährige Katharina Schüttler die Rolle der Sophie mit enormer Intensität verkörpert.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004