Schande
Schande
Inhaltsangabe
Kritik
Anna Maria Monticelli (Drehbuch) und Steve Jacobs (Regie) halten sich bei der Verfilmung des Romans „Schande“ von John M. Coetzee eng an die Vorlage. Die Geschichte wird wie im Buch konsequent aus Luries Perspektive erzählt. Besonders deutlich wird dies in der Szene, in der drei Schwarze Lucy vergewaltigen, wir davon aber nichts sehen, weil die Kamera bei dem in der Toilette eingesperrten Vater der jungen Frau bleibt. Auch in der Langsamkeit der Handlungsentwicklung folgt der Film der literarischen Vorlage. Bis auf eindrucksvolle Landschaftsaufnahmen hat Steve Jacobs bewusst jede Effekthascherei vermieden, um John M. Coetzees karge und schnörkellose, distanzierte und unpathetische Sprache filmisch umzusetzen.
Die Biografie der Figur David Lurie ist im Film gestrafft. Deshalb ist er auch nicht Kommunikationswissenschaftler wie im Buch, sondern lehrt Literatur. Als Auslöser für den Rückzug der Prostituierten Soraya genügt im Film ein Geschenk, das Lurie neben die Geldscheine legt. (John M. Coetzee erzählt, wie der Professor die Frau zufällig mit ihren Söhnen sieht.) Während John M. Coetzee den Roman „Schande“ mit einer Szene beendet, in der Lurie einen Hund resignierend einschläfern lässt, haben Anna Maria Monticelli und Steve Jacobs die Szenen so vertauscht, dass der erschütternde Film mit einer angedeuteten Wiederannäherung von Vater und Tochter endet.
„Schande“ ist in seinen Änderungen und in seiner Werktreue eine beispielhaft gelungene Literaturverfilmung, perfekte Umsetzung im Detail […] Und immer wieder tauchen Kleinigkeiten aus dem Roman auf, die man beim Lesen vielleicht gar nicht als essentiell empfunden hat – aber da begreift Jacobs einen Roman so wie eine Kameraeinstellung: Es geht nicht darum, dass der Zuschauer jeden Gegenstand, jede Farbnuance, jede Kamerabewegung bewusst wahrnimmt, die Gesamtheit des Bildes löst unbewusst eine Emotion aus. (Susan Vahabzadeh, Süddeutsche Zeitung, 16. September 2009)
John Malkovich beweist Mut, indem er nicht versucht, den dargestellten Charakter sympathisch darzustellen. Stattdessen zeigt er ihn in seiner Widersprüchlichkeit.
Eine Figur wie ihn [Lurie], einen so zwiespältigen, kühlen, fragwürdigen Helden auf die Leinwand zu bringen, das ist wirklich große Schauspielkunst – lange hat John Malkovich keine Rolle mehr gespielt, in der er in diesem Maß alles zeigen darf, was er kann. Lurie braucht sein Charisma, damit man ihn aushält, verwerfliche Überheblichkeit, um die Geschichte zu erzählen, etwas rührend Verletzliches, um sie zu begreifen. (Susan Vahabzadeh, Süddeutsche Zeitung, 16. September 2009)
Neben John Malkovich wirkt auch Jessica Haines sehr überzeugend.
Die Außenaufnahmen fanden im Frühjahr 2007 in Südafrika (Kapstadt, Cedarburg) statt; die Studioaufnahmen entstanden in Surry Hills, Sydney.
Darsteller und ihre Rollen in „Schande“:
- John Malkovich (David Lurie)
- Jessica Haines (Lucy)
- Antoinette Engel (Melanie Isaacs)
- Eriq Ebouaney (Petrus)
- Charles Tertiens (Ryan)
- Fiona Press (Bev Shaw)
- Buyami Duma (Pollux)
- David Dennis (Melanies Vater)
- Anne Looby (Rosalind)
- Thembalani Galada (Vergewaltiger)
- Xola Honono (Vergewaltiger)
- Natalie Becker (Soraya)
- Michael Richard (Bill Shaw)
- Ian Roberts (Ettinger)
- Mtombi Makutshi (Petrus‘ junge Frau)
- u. a.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2011
John M. Coetzee: Schande