Unthinkable

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Unthinkable

Unthinkable – Originaltitel: Unthinkable – Regie: Gregor Jordan – Drehbuch: Peter Woodward – Kamera: Oliver Stapleton – Schnitt: Scott Chestnut – Musik: Graeme Revell – Darsteller: Samuel L. Jackson, Carrie-Anne Moss, Michael Sheen, Martin Donovan, Gil Bellows, Brandon Routh, Stephen Root, Lora Kojovic u.a. – 2010; 95 Minuten

Inhaltsangabe

Ein zum Islam konvertierter US-Bürger, der sich jetzt Yusuf Atta Mohammed nennt, droht mit der Explosion von drei versteckten Atombomben und lässt sich dann verhaften. Nach einer ersten Überprüfung nimmt man seine Drohung ernst. "H", der ihn vernimmt, demonstriert Yusuf von Anfang an, dass er vor keiner Foltermethode zurückschreckt. Die FBI-Agentin Helen Brody protestiert zunächst gegen die illegale Vorgehensweise, aber als Yusuf schweigt und die Zeit abzulaufen droht, ändert sie zögernd ihre Meinung ...
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Kritik

Ist Folter gerechtfertigt, wenn dadurch größerer Schaden verhindert werden kann? Gregor Jordan zeigt in dem brutalen, kammerspiel­artigen Thriller "Unthinkable" verschiedene Auffassungen dazu, überlässt die Antwort jedoch dem Zuschauer.
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Der zum Islam konvertierte US-Bürger Steven Arthur Younger, der sich jetzt Yusuf Atta Mohammed (Michael Sheen) nennt, droht mit der Explosion von drei Atombomben und zeigt auf seinem Video die drei in verschiedenen Städten versteckten Sprengkörper. Dann stellt er sich 23 Minuten lang in einem Einkaufszentrum vor eine Überwachungskamera, bis er festgenommen wird.

Man nimmt die Drohung ernst, denn der Sohn eines amerikanischen Diplomaten wuchs in Islamabad auf, erhielt während seiner Militärzeit bei der US-Army eine Expertenausbildung in Nukleartechnik und ließ sich dann vom Iran das Geld für den heimlichen Kauf von spaltbarem Material in Russland geben. Offenbar besorgte er das Plutonium in Russland, brachte es jedoch nicht seinen Auftraggebern, sondern tauchte damit unter. Yusufs Ehefrau Jehan (Necar Zadegan) ist vor fünf Tagen mit den beiden Kindern Samura und Ali (Jillian Bruno, Coby Seyrafi) verschwunden. Nachforschungen ergeben, dass sie versuchte, nach Saudi-Arabien auszureisen, aber ohne Visum nicht wegkam.

Festgehalten wird Yusuf in einem streng geheimen militärischen Gebäudekomplex. Dorthin werden auch Jack Saunders (Martin Donovan) und Helen Brody (Carrie-Anne Moss) vom FBI geschickt. Wegen der Brisanz des Falles leitet allerdings General Paulson (Holmes Osborne) die Ermittlungen, und er bekommt seine Anweisungen „von ganz oben“. Das Militär zieht außer dem FBI und der CIA einen Verhörspezialisten hinzu, der mit seiner Frau und den beiden Kindern eine neue Identität erhalten hat, weil die Familie sonst mit Racheakten zu rechnen hätte. Er nennt sich Henry Harold Humphries oder kurz H (Samuel L. Jackson).

H geht in den Verhörraum hinein und schlägt als erstes den Soldaten nieder, der den mit den Handgelenken an die Decke gefesselten Täter mit kalten Wasser aus einem Schlauch bespritzte. Die überraschten Militärs überwältigen H, und FBI-Agentin Helen Brody trocknet den Gefesselten ab. H will, dass Yusuf ihn als skrupellosen Folterer wahrnimmt und Helen für vertrauenswürdig hält.

Von oben kommt der Befehl, H weitermachen zu lassen. Der hackt Yusuf als nächstes mit einem Feuerwehrbeil zwei Finger der rechten Hand ab. Helen protestiert entsetzt und verweist auf das Gesetz, aber die Lage ist so bedrohlich, dass die Folterung auf Anordnung von oben fortgesetzt werden soll.

In einer Pause lässt H sich von seiner Ehefrau Rina (Lora Kojovic) Essen bringen und unterhält sich per Bildtelefon liebevoll mit den Kindern.

Währenddessen schläft Yusuf erschöpft ein. Helen weigert sich, ihn durch Stromstöße zu wecken, aber ein entnervter Soldat drückt auf den Auslöser. Yusuf bäumt sich unter den Stromstößen auf, soweit es seine Fesselung zulässt. Der Strom lässt sich nicht mehr abschalten. Verzweifelt reißt Helen die Kabel heraus. Später erklärt ihr H, dass das Gerät nach 15 Sekunden von selbst abgeschaltet hätte. Er wollte jedoch, dass Yusuf sie als „die Gute“ erlebt.

Helen erfährt, dass Rina aus Bosnien stammt. Während des Bürgerkriegs töteten drei Nachbarn ihre Angehörigen, darunter ihre kleine Tochter und ihren Mann. Rina wurde vergewaltigt. Als sich die Machtverhältnisse änderten, tötete Rina die drei Mörder und Vergewaltiger.

Nachdem H ihm einige Fingernägel der linken Hand ausgerissen hat, stöhnt Yusuf, er sei bereit zu reden. Allerdings will er nur seine Forderungen bekanntgeben. In einer Videobotschaft an den US-Präsidenten sagt er, er werde gut behandelt und bestehe nicht auf einer Fernsehausstrahlung der Aufnahme, denn das würde eine Massenpanik auslösen. Stattdessen verlangt er eine öffentliche Erklärung des US-Präsidenten. Die Regierung soll sich verpflichten, die US-Truppen aus der arabischen Welt abzuziehen und die Unterstützung von Diktatoren und Marionettenregimen zu beenden.

Immer wenn H eine Pause macht, redet Helen auf Yusuf ein. Bei den auf dem Video zu sehenden Atombomben könne es sich auch um Attrappen handeln, meint sie. Wenn seine politischen Forderungen erfüllt werden sollen, müsse er ihr wenigstens das Versteck einer der Bomben nennen, damit seine Angaben überprüft werden können. Als Yusuf kaum noch sprechen kann, flüstert er Helen endlich eine Adresse zu.

Helen macht sich sofort mit anderen FBI-Agenten und einer militärischen Experteneinheit auf den Weg. Trotz gründlicher Durchsuchung des angegebenen Gebäudes wird keine Bombe gefunden. Ratlos versammeln sich Helen und die Männer auf dem Flachdach. Einem der Soldaten fällt ein an der Wand hängendes Foto auf. „Nein“, schreit Helen ahnungsvoll. Aber da ist es schon zu spät: Indem der Soldat das Foto abreißt, löst er in einem benachbarten Einkaufszentrum eine Sprengung aus, bei der 53 Menschen getötet werden.

Wutentbrannt kehrt Helen zurück. Yusuf, der sich in der Zwischenzeit wieder etwas von der Folterung erholte, meint ungerührt, Helen und die Regierung, für die sie arbeite, sei für den Tod von sehr viel mehr Menschen verantwortlich, und darüber rege sich niemand auf.

Nun hält auch Helen eine Folterung des Gefangenen für erforderlich, um Schlimmstes zu verhindern. Yusuf verrät jedoch nicht, wo er die Bomben versteckt hat. Nur durch Zufall wird einer der Sprengkörper gefunden. Es handelt sich tatsächlich um eine Atombombe, deren Zeitzünder ohne Entschärfung nur noch drei Stunden weitergelaufen wäre.

Endlich wird Yusufs Frau Jehan aufgespürt und festgenommen. H setzt sie Yusuf gegenüber, nimmt ein Messer in die Hand und droht damit, ihr etwas abzuschneiden. Aber das geht Helen und den anwesenden Militärs zu weit: Sie halten H zurück. Jemand will Jehan hinausführen. Da springt H vor und schlitzt der Frau die Halsschlagader auf. Vor den Augen ihres gefesselten Mannes bricht sie zusammen und verblutet.

Inzwischen ziehen sich hohe Angehörige der Regierung in Bunker zurück. Die Maßnahmen werden nicht unbeobachtet bleiben, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis eine Massenpanik ausbricht.


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H lässt Yusufs Kinder Samura und Ali bringen. Er versichert Helen und den Militärs, er werde den Kindern nichts tun, Yusuf aber vormachen, dass er bereit sei, sie zu foltern. Zu diesem Zweck wird der gefesselte Gefangene vor den Verhörraum gesetzt. Durch eine große Glasscheibe muss er bei der Fesselung von Samura und Ali im Verhörraum zusehen. Dann schaltet H die Deckenbeleuchtung aus. Um seine Kinder vor der Folterung zu bewahren, nennt Yusuf endlich drei Adressen.

In den angegebenen Großstädten werden unverzüglich Einheiten in Marsch gesetzt, die die Bomben finden und entschärfen sollen.

Helen und die Umstehenden glauben, dass die Sache in letzter Minute ausgestanden sein wird, aber H verbarrikadiert sich im Vorhörraum und will die Kinder nun tatsächlich foltern. Die Militärs schießen die Türe auf, und ein Offizier zwingt H mit vorgehaltener Pistole, den Verhörraum zu verlassen.

H äußert die Vermutung, dass Yusuf nicht drei, sondern vier Atombomben versteckt habe. Frustriert schneidet er dessen Fesseln durch, denn wenn er die Kinder nicht foltern darf, kann er nichts mehr tun, um die befürchtete Katastrophe zu verhindern. Im nächsten Augenblick entreißt Yusuf einem Offizier die Pistole und erschießt sich selbst.

In der letzten Sequenz sehen wir, wie Experten eine der drei Atombomben entschärfen und aufatmen. Dann schwenkt die Kamera und zeigt in einem Nebenraum eine weitere Atombombe, die nicht entdeckt wurde. Der digital angezeigte Countdown des Zeitzünders springt auf 0.00.

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In dem Thriller „Unthinkable. Der Preis der Wahrheit“ beschäftigen sich Peter Woodward (Drehbuch) und Gregor Jordan (Regie) mit der Frage, ob Folter in Ausnahmefällen gerechtfertigt ist, um größeren Schaden verhindern zu können.

Der stellvertretende Frankfurter Polizeipräsident Wolfgang Daschner ermutigte beispielsweise Kriminalhauptkommissar Ortwin Ennigkeit dazu, dem inhaftierten Magnus Gäfgen am 1. Oktober 2002 Schmerzen anzudrohen, weil er hoffte, dadurch das Versteck des Entführungsopfers Jakob von Metzler erfahren und dessen Leben retten zu können. Anschließend schrieb er dazu einen Aktenvermerk und unterrichtete selbst die Staatsanwaltschaft. Während in der öffentlichen Debatte viel Verständnis und Zustimmung für diese Vorgehensweise geäußert wurde, verurteilte das Frankfurter Landgericht die beiden angeklagten Polizeibeamten am 20. Dezember 2004 zu Geldstrafen auf Bewährung.

In den USA ist die Frage, ob Aussagen unter Umständen durch Folter erzwungen werden dürfen oder nicht, seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 brisant. Offenbar halten die USA nicht nur Gefangene ohne Gerichtsverfahren in einem zur Guantanamo Bay Naval Base, einem Marinestützpunkt der US Navy auf Kuba, gehörenden Lager fest, sondern dulden auch die Überstellung (extraordinary rendition) von Terrorverdächtigen ohne rechtliche Grundlagen in ausländische Geheimgefängnisse (black sites), in denen die Gefangenen dann gefoltert werden (torture by proxy). Im Oktober 2006 meinte der damalige US-Vizepräsident Dick Cheney, es wäre töricht, angesichts der vom Terrorismus ausgehenden Gefahr auf Waterboarding zu verzichten. Bei dieser Methode wird der Gefolterte so mit Wasser übergossen, dass der Körper wie beim Ertrinken reagiert und der Mann in Todesangst gerät.

Das Dilemma betrifft auch die Frage, ob der Abschuss einer von Terroristen entführten Passagiermaschine gerechtfertigt ist, wenn dadurch eine Katastrophe wie am World Trade Center verhindert werden kann.

Peter Woodward und Gregor Jordan veranschaulichen das Dilemma in „Unthinkable. Der Preis der Wahrheit“ und relativieren die denkbaren Auffassungen dazu. In dem gezeigten Fall kann man argumentieren, dass die Folterung eines Menschen gerechtfertigt ist, wenn dadurch ein Massensterben verhindert werden kann. Ebenso berechtigt ist allerdings die grundsätzliche Ablehnung jeglicher Folter. Pragmatiker begründen dies mit der Unzuverlässigkeit von Aussagen, die durch Folter erzwungen werden. Man denke nur an die Hexenprozesse. Grundsätzlicher ist der Hinweis auf die Menschenwürde.

„Unthinkable. Der Preis der Wahrheit“ ist ein stringent erzählter, aufs Wesentliche reduzierter, kammerspielartiger Thriller. Bis zum Schluss zieht Gregor Jordan die Spannungsschraube immer weiter an, aber die Folterszenen sind schwer zu ertragen. Die Zuschauer werden dazu angeregt, eigenständig über das Dilemma nachzudenken.

Übrigens gibt es zwei verschiedene Versionen des Filmendes.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014

Gregor Jordan: Army Go Home!

R. R. Blake, J. S. Mouton - The Managerial Grid ®
Blake und Mouton führten ein Gitter ("managerial grid") ein, das es Vorgesetzten ermöglicht, das eigene Führungsverhalten einzuordnen und Alternativen zu erkennen. Es kann auf allen Hierarchie-Ebenen und in allen Arten von Organisationen angewandt werden.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.