Young Adam
Young Adam
Inhaltsangabe
Kritik
Der erfolglose Schriftsteller Joe Taylor (Ewan McGregor) heuert in den Fünfzigerjahren als Hilfskraft auf dem heruntergekommenen Lastkahn von Ella Gault (Tilda Swinton) an, auf dem die abgehärmte Frau mit ihrem Ehemann Les (Peter Mullan) und ihrem kleinen Sohn Jim (Jack McElhone) wohnt.
Im Hafen von Glasgow entdeckt Joe die Leiche einer jungen Frau und fischt sie mit Les zusammen aus dem Wasser. Außer einem Unterkleid hat die Tote nichts am Leib. Die Polizei findet zwar keine Spuren von Gewalt, geht aber von einem Mordfall aus.
Während die Ermittlungen in Glasgow laufen, fährt Joe mit den Gaults auf dem Clyde River nach Edinburgh und wieder zurück.
Die Frustration über sein klägliches Scheitern versucht er in sexuellen Abenteuern zu vergessen. Ella, deren Mann impotent geworden ist und die sich deshalb nach der Umarmung des jungen Arbeiters sehnt, betrügt Les mit Joe – bis dieser die beiden in flagranti erwischt, seine Frau verlässt und die Scheidung einleitet. Daraufhin übernimmt Joe den Platz an der Seite der Schiffseignerin, die bereits von einer zweiten Hochzeit träumt – bis Joe sie mit ihrer Schwester Gwen (Therese Bradley) betrügt. Da besinnt sie sich und versucht, sich mit Les zu versöhnen.
Joe verlässt sie und den Kahn, mietet in Glasgow ein Zimmer und beginnt eine Affäre mit der Ehefrau (Pauline Turner) seines Vermieters (Stuart McQuarrie), der nachts arbeiten muss.
Inzwischen hat die Polizei die von Joe und Les gemeldete Wasserleiche als die Bürokraft und Gelegenheitsschauspielerin Cathie Dimly (Emily Mortimer) identifiziert und Daniel („Dan“) Gordon (Ewan Stewart), einen verheirateten Klempner mit zwei Kindern, unter Mordverdacht festgenommen. Während des Gerichtsprozesses sitzt Joe regelmäßig unter den Zuschauern.
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.
Cathie war seine Geliebte. Als sie nach einem Schäferstündchen in einer schmutzigen Lagerhalle am Hafen in ihren Unterrock schlüpfte und ihm nicht nur den Beginn einer platonischen Freundschaft mit einem Klempner gestand, sondern zugleich verriet, dass sie seit zwei Monaten von Joe schwanger war, kam es zum Streit, denn der verkrachte Schriftsteller wollte keine Familie gründen. Sie liefen beide ins Freie. Joe stieß Cathie von sich. Sie stolperte, fiel ins Wasser und tauchte nicht mehr auf, denn sie konnte nicht schwimmen. Statt ihr nachzuspringen oder Hilfe zu holen, warf Joe ihre Bekleidung, Unterwäsche und Handtasche in einen Müllcontainer.
In einem anonymen Brief an das Gericht erklärt Joe, Cathie sei nicht ermordet worden, sondern bei einem Unfall gestorben, mit dem der Angeklagte nichts zu tun habe.
Ohne den Brief auch nur zu erwähnen, fragt der Richter (Struan Rodger) am nächsten Tag die Geschworenen, ob sie zu einem Urteil gekommen seien. Es lautet: schuldig. Daraufhin wird Daniel Gordon zum Tod durch den Strang verurteilt. Vergeblich beteuert er seine Unschuld.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Zu Beginn des Films „Young Adam. Dunkle Leidenschaft“ sehen wir einen Schwan. Von oben sieht er blendend weiß aus. Von unten erkennen wir durch das schmutzig-grüne Wasser nur seine schwarzen Füße. Nach dieser symbolischen Szene kommt die im Wasser treibende Leiche einer jungen Frau ins Bild.
Während der Protagonist Joe Taylor auf einem Lastkahn den Clyde River von Glasgow nach Edinburgh hinauffährt, muss er immer wieder an die Frau denken, deren Leiche er mit dem Ehemann der Schiffseignerin zusammen aus dem Wasser gefischt hat. Sie war seine Geliebte, und er weiß, wie sie gestorben ist. In einer Reihe von Rückblenden erfahren wir es dann auch.
Joe ist ein emotional verkrüppelter junger Mann, der das Leben wie ein distanzierter Beobachter wahrnimmt und versucht, sein Scheitern als Schriftsteller und die Leere seiner Existenz bei sexuellen Abenteuern zu vergessen.
„Young Adam. Dunkle Leidenschaft“ ist ein sprödes, bedrückendes Filmdrama über die Weltentfremdung eines Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg. Die existenzielle Freiheit des Individuums geht mit völliger Bindungslosigkeit einher.
David Mackenzie erzählt die düstere Geschichte bedächtig; träge und trübe wie der Clyde River wirkt der Erzählstrom. Der Kahn, die Kleidung der Schiffseignerin, das Leben in der engen Kajüte – alles wirkt so schäbig wie der Geschlechtsverkehr zwischen ihr und Joe. Handlung und Dialoge sind auf ein Minimum reduziert. Um so mehr kommt es auf die dichte Atmosphäre und das exzellente Spiel der Hauptdarsteller an.
Dem Film von David Mackenzie liegt der Roman „Young Adam“ des schottischen Schriftstellers Alexander Trocchi (1925 – 1984) zugrunde („Wasserläufe“, Übersetzung: Ulrike Beck und Marie Rahn, Ullstein Verlag, Berlin 1997, 173 Seiten). Der Entwurf stammt aus dem Jahr 1947; in den Fünfzigerjahren erschienen vorläufige Versionen in den USA, und die Endfassung folgte 1961 in Großbritannien. Die filmische Umsetzung entspricht genau dem von Joe in der Ich-Form erzählten, aus Fragmenten zusammensetzten Roman.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006
David Mackenzie (kurze Biografie / Filmografie)
David Mackenzie: Hallam Foe