Marga von Etzdorf


Margarete („Marga“) Wolff wurde am 1. August 1907 in Spandau als Tochter des königlich-preußischen Hauptmanns Fritz Wolff und dessen Ehefrau Margarethe geboren.

Marga war noch keine vier Jahre alt, als die Eltern bei einem Unfall in Ragusa (Dubrovnik) ums Leben kamen. Sie und ihre Schwester Ursula wuchsen danach bei den Großeltern mütterlicherseits auf deren Gut bei Gehren in der Niederlausitz auf. Beim Großvater handelte es sich um den 1910 geadelten königlich-preußischen Infanteriegeneral Ulrich von Etzdorf. Ab 1920 nannten sich die beiden Mädchen deshalb mit Nachnamen „Wolff genannt von Etzdorf“.

Marga von Etzdorf war überaus sportlich und lernte im Alter von 20 Jahren das Fliegen. Im Dezember 1927 absolvierte sie die Prüfung für den A-Schein in Berlin-Staaken und machte dann auch noch den Kunstflugschein. Nach Melli Beese (eigentlich: Amelie Hedwig Boutard-Beese, 1886 – 1925) und Thea Rasche (1899 – 1971) war sie die dritte Frau in Deutschland mit einem Pilotenschein.

Als erste Fliegerin wurde Marga von Etzdorf von der Deutschen Lufthansa eingestellt, und zwar als „zweite Führerin“ (Kopilotin) einer Junkers F 13 für die Strecken Berlin – Breslau und Berlin – Stuttgart – Basel. Nach einiger Zeit wechselte sie zur Hamburger Luftverkehrsgesellschaft. Weil Frauen bei der Deutschen Verkehrsfliegerschule nicht zugelassen waren, brachte sie sich das für den B2-Schein erforderliche Wissen autodidaktisch bei und bestand dann die entsprechende Prüfung. 1929 ergänzte sie ihre Ausbildung um den Segelflug und erwarb mit einem 90 Minuten langen Flug auf dem Großen Heuberg in der Schwäbischen Alb als eine der ersten Frauen überhaupt den Segelflug-C-Schein.

1930 kaufte sich Marga von Etzdorf von ihrem Erbe und mit finanzieller Unterstützung der Großeltern eine Junkers A 50 „Junior“, die sie gelb lackieren ließ und auf den Namen „KiekindieWelt“ taufte. Damit unternahm sie gegen Bezahlung Kunst-, Passagier- und Werbeflüge.

Bei der ersten deutschen Damen-Kunstflugmeisterschaft im Mai 1930 belegte Marga von Etzdorf den 4. Platz.

Im September 1930 flog sie in Begleitung eines Cousins nach Konstantinopel. Dann ließ Marga von Etzdorf Zusatztanks einbauen und startete am 14. November 1930 zu einem Flug von Berlin über Basel, Lyon, Madrid, Rabat auf die Kanarischen Inseln, wo sie am 6. Dezember eintraf. Während des Rückflugs musste sie wegen schlechten Wetters auf Sizilien notlanden, und als sie auf einer vom Regen durchweichten Wiese wieder starten wollte, streifte sie mit dem Fahrwerk eine Mauer aus Feldsteinen. Die Maschine wurde dabei so schwer beschädigt, dass Marga von Etzdorf für den Rest des Weges den Zug nehmen musste.

Am 18. August 1931, zweieinhalb Wochen nach ihrem 24. Geburtstag, hob sie in Berlin zu ihrem ersten Interkontinentalflug ab. Wegen ungünstiger Wetterbedingungen musste sie allerdings bereits in Königsberg eine Zwischenlandung einlegen. Von dort ging es dann über Moskau nach Nischni Nowgorod und an der Wolga entlang nach Kasan. Nach der Überquerung des

Urals folgte sie den Gleisen der Transsibirischen Eisenbahn bis Nowosibirsk. In Hailar wurde sie von Reportern erwartet, die sie jedoch mit der britischen Fliegerin Amy Johnson (1903 – 1941) verwechselt hatten, die ebenfalls nach Tokio unterwegs war. Marga von Etzdorf flog weiter nach Mukden und über Korea nach Japan. Nach Zwischenlandungen in Hiroshima und Osaka landete sie am 29. August in Tokio, wo mit ihrer Landung der neue Flugplatz Haneda eröffnet wurde. Und weil Amy Johnsohn zwar vor in Japan angekommen war, aber den Mechaniker Jack Humphreys mit an Bord gehabt hatte, gilt Marga von Etzdorf als erste Frau, die einen Alleinflug von Europa nach Japan schaffte. Sie wurde mit der Goldenen Verdienstmedaille des Kaiserlich Japanischen Aero-Clubs ausgezeichnet.

Sechs Wochen lang blieb Marga von Etzdorf in Japan. Dann begann sie den Heimflug, kam jedoch erst einmal nur bis China. Dort hielt man sie monatelang fest. In Bangkok besuchte sie Bekannte, aber beim Start stürzte sie aufgrund eines Motorschadens aus 80 Meter Höhe ab. Marga von Etzdorf musste sich danach in einem Krankenhaus in Bangkok behandeln lassen, und weil die „KiekindieWelt“ ein Totalschaden war, flog sie nach ihrer Genesung im Juli 1932 an Bord einer Linienmaschine nach Wien und kehrte von dort als Pilotin einer Privatmaschine nach Berlin zurück.

Als eine von insgesamt sechs Personen erhielt Marga von Etzdorf die Goldene Ehrenplakette des Aero-Clubs von Deutschland.

Um Geld für einen weiteren Langstreckenflug zu verdienen, hielt sie unermüdlich Vorträge über ihre Erlebnisse.

Als Elly Beinhorn (1907 – 2007) am 26. Juli 1932 von ihrer Weltreise nach Berlin zurückkam, gehörte Marga von Etzdorf zu den Prominenten, die sie begrüßten und ihr gratulierten.

Als nächstes Ziel nahm Marga von Etzdorf einen Flug nach Australien vor. Mit einer Klemm KL 32, die ihr das Unternehmen Leichtflugzeugbau Klemm in Böblingen zur Verfügung stellte, startete Marga von Etzdorf am 27. Mai 1933 in Berlin. Aber schon am zweiten Flugtag schoss sie in Mouslimieh bei Aleppo mit ihrer Maschine über die Piste hinaus, weil sie versehentlich mit dem Wind gelandet war. Dabei wurde das Flugzeug beschädigt.

Statt die Reparatur abzuwarten, bat die 25-Jährige Fliegerin darum, sich im Flughafengebäude ausruhen zu dürfen, und sobald sie allein war, erschoss sie sich mit ihrer Pistole.

Die Leiche wurde nach Deutschland überführt und auf dem Invalidenfriedhof in Berlin beigesetzt. 1963 zerstörte der Bau der Berliner Mauer und der Sperranlagen den Friedhof und das Grab. Nach der Wiedervereinigung wurde der Grabstein mit der Inschrift „Der Flug ist das Leben wert“ rekonstruiert.

Uwe Timm setzte Marga von Etzdorf in seinem Roman „Halbschatten“ ein Denkmal.

© Dieter Wunderlich 2012

Uwe Timm: Halbschatten

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