Vitus

Vitus

Vitus

Originaltitel: Vitus – Regie: Fredi M. Murer – Drehbuch: Peter Luisi, Fredi M. Murer, Lukas B. Suter – Kamera: Pio Corradi – Schnitt: Myriam Flury – Musik: Mario Beretta – Darsteller: Fabrizio Borsani, Teo Gheorghiu, Julika Jenkins, Urs Jucker, Bruno Ganz, Eleni Haupt, Kristina Lykowa, Tamara Scarpellini, Daniel Rohr, Norbert Schwientek, Heidy Forster, Daniel Fueter, Livia S. Reinhard, Susanne Kunz, Thomas Mathys, Ursula Reiter, Annelore Sarbach u.a. – 2006; 120 Minuten

Inhaltsangabe

Vitus von Holzen ist ein Wunderkind. Mit 6 spielt er bereits schwierige klassische Stücke, und seine ehrgeizige Mutter Helen prahlt mit ihm bei einer Abendgesellschaft. Sein Vater Leo hat nicht viel Zeit für ihn, denn er bringt es aufgrund einer erfolg-reichen Erfindung zum Vorstandsmitglied der "Phonaxis AG". Ruhe und Verständnis findet Vitus nur bei seinem Großvater, der in einem abgelegenen Bauernhaus lebt und immer Zeit für seinen Enkel hat, der am liebsten ein normales Kind wäre ...
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Kritik

Der Schweizer Regisseur Fredi M. Murer erzählt die märchenhafte Geschichte ruhig und unaufgeregt. "Vitus" ist ein Loblied auf die unbeschwerte Kindheit und zugleich eine Kritik an Auswüchsen der Leistungsgesellschaft.
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Vitus von Holzen (Fabrizio Borsani) ist ein Wunderkind. Das sah seine Tante Luise (Eleni Haupt) bereits bei seiner Geburt in den Sternen. Sein Intelligenzquotient beträgt 180. Im Kindergarten sondert er sich von der Spielgruppe ab und schaut im Lexikon nach, was das Wort paradox bedeutet, das er gerade gehört hat. Mit sechs Jahren spielt er nach einem halben Jahr Klavierunterricht bereits schwierige klassische Stücke, und seine ehrgeizige Mutter Helen (Julika Jenkins) prahlt mit ihm bei einer Abendgesellschaft. Sie meldet Vitus beim Konservatorium an, und weil es sich um einen Ausnahmefall handelt, verspricht der Direktor (Daniel Fueter), sich persönlich um ihn zu kümmern.

Sein Vater Leo (Urs Jucker) hat nicht viel Zeit für ihn. Der Ingenieur erfindet eine neue Art von Hörgerät, verhilft damit der Firma „Phonaxis“, bei der er angestellt ist, zu enormen Gewinnen und wird deshalb von Herrn Hoffmann (Norbert Schwientek), dem Inhaber, in den Vorstand geholt. Da der alte Herr wohl bald in den Ruhestand gehen wird, sieht es so aus, als könnte Leo von Holzen in absehbarer Zeit die Firmenleitung übernehmen. Das versucht allerdings Nick Hoffmann (Daniel Rohr), der Sohn des Unternehmers, zu verhindern.

Ruhe und Verständnis findet Vitus nur bei seinem verwitweten Großvater (Bruno Ganz), der allein in einem abgelegenen Bauernhaus lebt. Als Kind hatte Herr von Holzen vom Fliegen geträumt, aber statt Pilot wurde er Schreiner. Trotzdem scheint er mit seinem Leben zufrieden zu sein; jedenfalls macht er einen ausgeglichenen Eindruck und hat immer Zeit für seinen Enkel. Die beiden essen Pasta, spielen Schach, oder Vitus schaut seinem schrulligen Großvater in der Hobby-Werkstatt zu. Einmal bastelt dieser für ihn Flügel wie für Ikarus.

Die Flügel hängen in Vitus‘ Zimmer an der Wand, als er zwölf Jahre alt ist (ab jetzt: Teo Gheorghiu). In der Schule gilt Vitus aufgrund seiner Hochbegabung als Außenseiter, und er nervt die Lehrer mit seiner Arroganz. Der Mathematiklehrer (Adrian Fuhrer) wirft ihn deshalb aus dem Klassenzimmer, und die Rektorin (Annelore Sarbach) rät Helen von Holzen, ihren zwölfjährigen Sohn vorzeitig zur Reifeprüfung anzumelden. Vitus muss also nun fürs Abitur lernen, aber nicht genug damit: Seine Mutter will darüber hinaus, dass er von der berühmten Klavierlehrerin Gina Fois (Heidy Forster) unterrichtet wird. Vitus weigert sich jedoch, Gina Fois etwas vorzuspielen und vereitelt so das Vorhaben seiner Mutter. Helen weint vor Enttäuschung.

Seinem Großvater klagt Vitus, er wolle kein Wunderknabe, sondern ein normales Kind sein.

Während eines nächtlichen Gewitters wird Helen wach und schaut nach ihrem Sohn. Der liegt nicht in seinem Bett. Besorgt geht Helen auf den Balkon hinaus – und schreit entsetzt auf, als sie Vitus mit den von seinem Großvater gebastelten Flügeln im Gras liegen sieht. Im Krankenhaus wundert sich der Arzt, dass der vom Balkon gestürzte Junge zwar bewusstlos vor ihm liegt, aber augenscheinlich nicht verletzt ist. Die Neurologin (Ursula Reiter) erklärt Helen nach einer gründlichen Untersuchung, Vitus‘ habe keinen Gehirnschaden erlitten, seine geistigen Leistungen seien völlig normal und sein IQ betrage 120. Jede andere Mutter wäre glücklich über diese Auskunft. Für Helen bedeutet die Vorstellung, ein normales Kind zu haben, dagegen einen Schock.

Statt weiter für die vorgezogene Reifeprüfung zu lernen, besucht Vitus nun in einer anderen Schule die seinem Alter entsprechende Klasse und tut sich auch in keiner Weise hervor. Mühsam bringt Helen ihm das Klavierspielen bei.

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Eines Tages ertappt der Großvater ihn dabei, wie er ein Klavierkonzert auf einer CD anhört und es anschließend aus dem Kopf nachspielt. Da durchschaut er. dass Vitus den Unfall nur vorgetäuscht hat, um nicht länger als Wunderkind zu gelten. Er verspricht seinem Enkel, das Geheimnis bis an sein Lebensende zu bewahren.

Aus finanziellen Gründen kann der Großvater sich dringend erforderliche Reparaturen am Haus nicht leisten. Von seinem Sohn will er nichts borgen, denn er weiß, dass Leo zwar gut verdient, jedoch über seine Verhältnisse lebt und Schulden hat. Die Situation spitzt sich zu, als die Erfolgsserie von „Phonaxis“ abbricht und Leo mit seiner Entlassung rechnen muss. Da überredet Vitus seinen Großvater, eine Hypothek aufzunehmen und setzt das Geld einschließlich aller Ersparnisse des alten Herrn übers Internet auf fallende Aktienkurse von „Phonaxis“. Damit verschafft der Zwölfjährige seinem Großvater Millionen.

Herr von Holzen erfüllt sich seinen Traum: Er kauft sich zuerst einen Flugsimulator und ein Flugzeug. Vitus mietet sich eine eigene Wohnung und übt dort heimlich auf dem Flügel.

Statt Leo von Holzen übernimmt Nick Hoffmann nach dem Rückzug seines Vaters aus der „Phonaxis AG“ die Firmenleitung. Er will das angeschlagene Unternehmen an eine amerikanische Firma verkaufen. Weil Leo sich im Vorstand dagegen ausspricht, entlässt Nick Hoffmann ihn.

Inzwischen hat Vitus sich in die neunzehnjährige Isabel (Tamara Scarpellini) verliebt, die vor sechs Jahren als Babysitter (Kristina Lykowa) auf ihn aufgepasst hatte. Er führt sie zum Essen aus, schenkt ihr einen Diamantring und macht ihr eine Liebeserklärung. Isabel steht überrascht auf und verlässt das Restaurant.

Im nächsten Augenblick klingelt Vitus‘ Handy: Sein Großvater fiel bei einer Reparatur vom Dach und liegt nun im Krankenhaus. Er stirbt bald darauf.

An der Börse macht Vitus nun als „Dr. Wolf“ weiter. Drei Wochen nach dem Tod seines Großvaters weiht er seine Tante Luise in sein Geheimnis ein und überredet sie, sich als Beauftragte Dr. Wolfs an den Verkaufsverhandlungen mit „Phonaxis“ zu beteiligen und die Amerikaner zu überbieten. Am Ende unterschreibt Nick Hoffmann einen Vertrag über den Verkauf der „Phonaxis“ an Dr. Wolf. Als er wissen möchte, um wen es sich bei dem neuen Eigentümer handelt, erklärt Luise, Dr. Wolf sei kürzlich verstorben, aber sein Alleinerbe werde sich in Kürze bei ihm melden.

Weil Leo keinen Ausweg mehr sieht, überwindet er seinen Stolz, sucht Nick Hoffmann auf und bettelt um seine Wiedereinstellung. Er wäre schon mit seinem alten Arbeitsplatz als Ingenieur in der Entwicklungsabteilung zufrieden. Hoffmann wirft ihm stattdessen seine eigene Kündigung hin, denn er hat gerade erfahren, dass Leo der Alleinerbe des geheimnisumwitterten Dr. Wolf ist und ihm das Unternehmen nun gehört.

Nun ist es Zeit für Vitus, den von seinem Großvater im Krankenhaus geschriebenen Abschiedsbrief an seine Eltern einzuwerfen. Darin enthüllt der Großvater das bis an sein Lebensende bewahrte Geheimnis seines Enkels.

Während Leo und Helen den Brief lesen, klettert Vitus in das von seinem Großvater gekaufte Flugzeug und fliegt damit zu Gina Fois. Jetzt möchte er sich von ihr zum Konzertpianisten ausbilden lassen.

Einige Zeit später gibt er sein erstes Konzert. Seine Eltern sind stolz auf ihn, und Isabelle reicht ihm einen Blumenstrauß auf die Bühne hinauf.

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Die märchenhafte Tragikomödie „Vitus“ handelt von einem hochbegabten Jungen, der nicht als Kuriosum bestaunt, sondern als „normaler Mensch“ geliebt werden möchte. Der Schweizer Regisseur Fredi M. Murer (* 1940) erzählt die Geschichte ruhig und unaufgeregt. „Vitus“ ist ein Loblied auf die unbeschwerte Kindheit und zugleich eine Kritik an Auswüchsen der Leistungsgesellschaft.

Der zwölfjährige Vitus wird von Theo Gheorghiu (* 1992) gespielt, einem „Wunderkind“, das während der Dreharbeiten mit Schumanns Klavierkonzert in a-Moll in der Zürcher Tonhalle sein Debüt als Konzertpianist gab.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2009

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.