Silentium

Silentium

Silentium

Originaltitel: Silentium – Regie: Wolfgang Murnberger – Drehbuch: Wolf Haas, Josef Hader, Wolfgang Murnberger, nach dem Roman "Silentium!" von Wolf Haas – Kamera: Peter von Haller – Schnitt: Evi Romen – Musik: Sofa Surfers – Darsteller: Josef Hader, Simon Schwarz, Joachim Król, Maria Köstlinger, Udo Samel, Jürgen Tarrach, Rosie Alvarez, Georg Friedrich, Anne Bennent, Luka Omoto, Johannes Silberschneider, Joachim Bißmeier, Karl Fischer, Wolfgang S. Zechmayer, Christoph Schlingensief u.a. – 2004; 115 Minuten

Inhaltsangabe

Als der Privatdetektiv Simon Brenner in Salzburg der Frage nachgeht, ob Gottlieb Dornhelm in selbstmörderischer Absicht vom Mönchsberg sprang oder von jemandem gestoßen wurde, trifft er auf eine Verfilzung zwischen Kirchen- und Festspielleitung. Schritt für Schritt deckt er mit Hilfe seines Freundes Berti auf, dass der Klüngel zwischen Kirche, Kultur, Politik und Wirtschaft nicht einmal vor Mädchenhandel, Zwangsprostitution und Mord zurückschreckt ...
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Kritik

Bei der Verfilmung des Romans "Silentium!" von Wolf Haas durch Wolfgang Murnberger handelt es sich um eine Mischung aus Krimi, Horrorfilm, Groteske und Gesellschaftssatire. Zu einer stringenten Handlung fügen die Episoden sich nicht.
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Bei seiner Arbeit als Kaufhausdetektiv in Salzburg beobachtet Simon Brenner (Josef Hader) eine junge Dame beim Diebstahl von Unterwäsche. Am Ausgang hält er sie auf. Da eilen der Abteilungsleiter (Martin Weinek) und der Geschäftsführer (Gerhard Zemann) herbei, hofieren die Ladendiebin und bewahren sie davor, ihre Handtasche öffnen zu müssen. Es handelt sich nämlich um Konstanze Dornhelm (Maria Köstlinger), die Tochter des Präsidenten der Salzburger Festspiele (Udo Samel). Statt sie des Diebstahls zu überführen, wird Brenner entlassen.

Der besorgt sich wegen seiner chronischen Kopfschmerzen bei einer Apothekerin (Anne Bennent) ein Schmerzmittel und fährt dann zum Mönchsberg hinauf, von dem sich immer wieder Selbstmörder in die Tiefe stürzen. Als er dort am Abgrund steht, kommt zufällig Konstanze Dornhelm hinzu. Ihr Ehemann Gottlieb Dornhelm (Peter Streimel Weger) scheint am Vortag von hier in den Tod gesprungen zu sein, aber sie glaubt, dass er hinuntergestoßen wurde. (Als Zuschauer wissen wir, dass Gottlieb Dornhelm von den beiden Verbrechern Max und Moritz (Karl Fischer, Wolfgang S. Zechmayer) mit einer schwarzen Plastiktüte über dem Kopf auf den Mönchsberg gebracht wurde. Erst am Abgrund nahmen sie ihm die Haube ab, und bevor er begriff, wo er war, stießen sie ihn hinunter.) Konstanze Dornhelm vermutet, dass ihr Mann ermordet wurde, weil er unlängst behauptet hatte, er sei vor 25 Jahren im Salzburger Knabenkonvikt Marianum sexuell missbraucht worden, und zwar von dem jetzigen Erzbischof Schorn (Franz X. Schuch), der damals als Erzieher tätig gewesen war. Die Witwe beauftragt nun den Privatdetektiv Brenner, zu klären, wie ihr Mann starb.

Eigentlich wohnt Brenner zur Zeit bei dem früheren Neonazi René (Max Meyr), aber er gibt sich als obdachlos aus und nimmt an der Armenspeisung im Kloster teil, um sich dort umsehen zu können. Es gelingt ihm, vom Sportpräfekten Fitz (Joachim Król) mit Hilfsarbeiten im Garten betraut zu werden. Dabei wird er mehrmals mit einem Modellflugzeug angegriffen, bis es ihm gelingt, die Maschine in ein Fußballtor zu locken, wo sie sich im Netz verfängt. Erst dann entdeckt er, wer die Fernlenkung bedient: der verrückt gewordene Altregens (Peter Traxler).

Der Hausmeister (Georg Friedrich) beauftragt ihn, ein schweres Holzkreuz in den Keller hinunterzutragen. Dabei stürzt Brenner und verliert das Bewusstsein. Er wacht im Krankenwagen wieder auf. Bei dem Sanitäter neben ihm handelt es sich um seinen Freund Berti (Simon Schwarz). Der will ihn ins Krankenhaus bringen, aber Brenner lässt das nicht zu: Er steigt vorher aus.

Als Nächstes besucht er eine Probe im Festspielhaus, bei der auch Konstanze Dornhelm anwesend ist. Der Regisseur (Christoph Schlingensief) studiert mit einer Sängerin (Tini Kainrath) die Mozart-Oper „Die Entführung aus dem Serail“ ein.

Währenddessen tauchen Max und Moritz bei René auf und fragen nach Brenner. Als René nach einem Messer greift, töten sie ihn, hängen ihn in seiner Wohnung verkehrt herum auf und drücken der Leiche ein für Brenner ausgestelltes Flugticket in die Hand. Brenner versteht die Warnung. Er fährt mit Berti zum Flughafen und geht zum Gate. Berti beobachtet die Szene und findet dabei heraus, dass sein Freund von zwei Männern beschattet wird, die das Gebäude verlassen, sobald Brenner eingecheckt hat. Es entgeht ihnen, dass er gleich wieder zurückkommt und ihnen mit Berti im Auto folgt. Allerdings verlieren die ungeschickten Verfolger die Mörder rasch aus den Augen.

Konstanze Dornhelm ruft Brenner an und teilt ihm mit, sie habe bei den Sachen ihres Mannes einen Zettel mit der Notiz „Petting 69“ gefunden. Damit kann Brenner zunächst nichts anfangen.

Bei der nächsten Begegnung mit Fitz provoziert Brenner den Sportpräfekten mit der Behauptung, Gottlieb Dornhelm sei ermordet worden. Fitz erwidert, er kenne sogar den Mörder, sei jedoch ans Beichtgeheimnis gebunden. Kurz darauf verabredet Fitz sich mit Brenner auf einem abgelegenen Platz. Dort geht er auf ihn zu, umarmt und küsst ihn wie es Judas mit Jesus tat. In diesem Augenblick leuchten die Scheinwerfer mehrerer Streifenwagen auf. Inspektor Stronegger (Johannes Silberschneider) verhaftet Brenner. Die Polizei hält ihn nämlich für Renés Mörder. Fitz entfernt sich maliziös lächelnd und meldet dann dem Festspielpräsidenten telefonisch, dass der Schnüffler in die Falle getappt sei.

Berti und Konstanze Dornhelm sorgen allerdings dafür, dass Brenner, der für die Tatzeit ein Alibi hat, rasch wieder freigelassen wird.

Kurz darauf beschießen Max und Moritz Berti und Brenner in einem Parkhaus, aber den beiden gelingt es, unverletzt zu entkommen.

In der Zwischenzeit wird im Kloster eines der vielen philippinischen Mädchen ermordet, die der Regens (Joachim Bißmeier) hier beschäftigt. Weil die Köchin Di Ding (Rosie Alvarez) Belastungsmaterial gegen die Männer der Kirche gesammelt hatte, war sie ihnen zu gefährlich geworden. Die Leiche wird mit einer Kettensäge zerstückelt und weggeschafft. Der Hausmeister, der mit Di Ding befreundet war, erhält im Refektorium ein Kuvert. Es enthält eine Halskette mit einem Medaillon der Toten und einen Zettel, auf dem nur „Silentium“ steht.

Durch einen anonymen Hinweis in einem Modellflieger findet Brenner heraus, dass es sich bei „Petting 69“ um eine Adresse im Chiemgau handelt. Er fährt mit Berti hin.


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Dort erklärt Fitz gerade einer philippinischen Jungfrau (Luka Omoto) mit Hilfe einer Dolmetscherin (Sonnie Kreibich), sie sei auserwählt und lässt sie dann nackt zu dem Opernsänger Schmittke (Jürgen Tarrach) bringen. Sie muss sich über dessen Kopf knien und urinieren, bevor er sie defloriert.

Brenner, der mit Berti ins Gebäude eingedrungen ist, hört das Mädchen schreien. Aber die beiden Eindringlinge werden von Fitz entdeckt und dem Mörderpaar Max und Moritz übergeben. Sie sitzen bereits im Fond eines Autos, als Fitz Geld von Schmittke bekommt und dieser dem Festspielpräsidenten versichert, er sei sehr zufrieden. Max und Moritz bringen die Gefangenen auf den Mönchsberg und fordern sie mit vorgehaltenen Waffen dazu auf, sich hinunterzustürzen. Die beiden springen tatsächlich – und landen unverletzt mitten in einer Opernaufführung auf der Bühne.

Sofort machen sie sich auf den Weg ins Kloster. Sie wissen jetzt, dass die Philippininnen als Nonnen oder Hausmädchen getarnt nach Salzburg bzw. Petting gebracht und zum Sex mit Künstlern gezwungen werden. Und weil der Festspielpräsident den Mädchenhändler- und Prostituierten-Ring leitet, um mit dem Angebot Bühnenstars zu ködern, schaut die Polizei weg.

Im Kloster wollen Brenner und Berti eines der Mädchen befreien, aber sie werden von Fitz zu dritt in einer Duschzelle eingeschlossen. Dann dreht der Geistliche das kochend heiße Wasser auf. Glücklicherweise können die Eingesperrten sich mit einem Regenschirm vor den Verbrühungen schützen.

Nach ein paar Minuten wird das Wasser abgedreht und die Tür aufgeschlossen. Fitz liegt gefesselt und mit einer Plastiktüte über dem Kopf am Boden. Er windet sich vergeblich, um sich zu befreien und erstickt schließlich. Der Hausmeister, der offenbar beim Kampf mit dem Präfekten durch einen Messerstich schwer verletzt wurde, bricht über dem Toten zusammen und stirbt ebenfalls.

Inspektor Stronegger leitet keine Ermittlungen gegen Dritte ein, und Konstanze Dornhelm erklärt Brenner, ihr Vater habe inzwischen einen Abschiedsbrief ihres Mannes gefunden, es sei also ein Suizid gewesen.

Per Anhalter wollen Brenner und Berti Salzburg verlassen. Zufällig kommt die Apothekerin vorbei, bei der Brenner sich die Schmerztabletten besorgte. Sie nimmt die beiden im Auto mit.

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Obwohl Wolf Haas mit am Drehbuch schrieb, folgt die von Wolfgang Murnberger inszenierte Verfilmung seinem 1999 veröffentlichten Roman „Silentium!“ nur in groben Zügen. Die Mischung aus Krimi, Horrorfilm, Groteske und Gesellschaftssatire richtet sich gegen die Vetternwirtschaft von Kirche, Kultur, Politik und Wirtschaft. Die mit Anspielungen gespickte Handlung ist abstrus, aber die Kritik an der Korruption ist ernst gemeint.

Der Film erspart einem nichts, im Grausamen und Brutalen wie im schaurig Lächerlichen – aber er übersteht sogar solche Albernheiten wie eine Christus-unterm-Kreuz-Einlage von Hader, einen Kicker-Albtraum und eine blöde North-by-Northwest-Parodie [„Der unsichtbare Dritte“]. (Fritz Göttler, Süddeutsche Zeitung, 2. März 2005)

Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven. So erfahren wir als Zuschauer Dinge, von denen der Protagonist Simon Brenner nichts ahnt. Aber der Wechsel trägt auch dazu bei, dass sich die Episoden in „Silentium“ nicht zu einer stringenten Handlung fügen.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.