Anna Karenina
Anna Karenina
Inhaltsangabe
Kritik
Anna Arkadjewna Karenina (Sophie Marceau) fährt von St. Petersburg nach Moskau, um zwischen ihrem Bruder Fürst Stepan („Stiwa“) Arkadjewitsch Oblonski (Danny Huston) und dessen Ehefrau Darja („Dolly“) Alexandrowna (Saskia Wickham) zu vermitteln. Die beiden haben sich zerstritten, weil Dolly herausfand, dass Stepan sie mit einer früher in ihrem Haus beschäftigten Gouvernante betrog.
Auf dem Bahnsteig in Moskau wartet Oblonski auf seine Schwester. Er ist in Begleitung seines Freundes Graf Alexej („Aljoscha“) Kirillowitsch Wronskij (Sean Bean), der seine Mutter abholt. Die Gräfin Wronskaja (Phyllida Law) ist zufällig während der Zugfahrt mit Anna Karenina ins Gespräch gekommen. Die Begegnung von Anna Karenina und Wronskij auf dem Bahnsteig ist nur kurz und formell, aber sie verlieben sich auf den ersten Blick ineinander. Als in ihrer unmittelbaren Nähe ein Bahnarbeiter vom Zug erfasst und getötet wird, hält Anna Karenina dies für ein schlimmes Omen.
Sie überredet ihre Schwägerin, sich nicht von Stepan zu trennen, sondern sich mit ihm zu versöhnen. Stepan ist heilfroh darüber, denn seine wirtschaftlichen Unternehmungen sind gescheitert, und er ist auf das von seiner Frau in die Ehe eingebrachte Vermögen angewiesen. Weil er sich nicht ändert, fällt es Dolly schwer, sich zu fügen.
Während ihres Besuches in Moskau begleitet Anna Karenina die jüngere Schwester ihrer unglücklichen Schwägerin zu einem Ball. Jekaterina Alexandrowna („Kitty“) Schtscherbatski (Mia Kirshner) wird von dem mit Stepan befreundeten Gutsbesitzer Konstantin („Kostja“) Dmitrijewitsch Ljewin (Alfred Molina) umworben, der dafür eigens in die Stadt gekommen ist, aber sie hat sich in Graf Wronskij verliebt und hofft, dass dieser um ihre Hand anhält.
Vor dem Ball erhält Kitty jedoch stattdessen einen Heiratsantrag von Ljewin. Als sie ihn ablehnt und er sieht, wie sie Wronskij anblickt, begreift er, dass sie nicht ihn, sondern den Grafen liebt. Daraufhin kehrt er frustriert auf sein Landgut zurück, stürzt sich in die Arbeit und meidet die Gesellschaft.
Der leichtlebige Wronskij hat jedoch überhaupt nicht vor zu heiraten, und seit er Anna Karenina auf dem Bahnsteig gesehen hat, trachtet er nach einer Möglichkeit, ihr seine leidenschaftlichen Gefühle zu gestehen. Dass sie mit dem strengen, disziplinierten und pflichtbewussten Regierungsbeamten Alexej Alexandrowitsch Karenin (James Fox) verheiratet ist und einen Sohn hat – Sergej Alexejewitsch („Serjoscha“) – ignoriert er.
Kitty bleibt nicht verborgen, dass Wronskij nur Augen für Anna hat. Dass der Graf ihre Liebe nicht erwidert, beschämt sie und stürzt sie in eine Lebenskrise. Sie wird krank.
Anna Karenina fühlt sich innerlich zerrissen zwischen Pflicht und Leidenschaft; sie sträubt sich zunächst dagegen, eine Affäre mit Wronskij anzufangen, aber er folgt ihr nach St. Petersburg und bedrängt sie, bis sie nachgibt und mit ihm schläft. Auf Dauer lässt sich die Amour fou nicht verheimlichen: Gerüchte über eine Liebesbeziehung zwischen Graf Wronskij und Anna Karenina verbreiten sich und kommen schließlich auch Alexej Alexandrowitsch Karenin zu Ohren.
Eines Tages nimmt Wronskij an einem Pferderennen teil. Dass Anna aufschreit, als er stürzt, ist für ihren Mann der Beweis für ihre Untreue. Wronskij bleibt unverletzt, aber das Rennpferd hat sich eine Hinterhand gebrochen. Ohne zu zögern, erschießt Wronskij deshalb das Tier.
Als Anna dann schwanger wird, lässt sich nichts mehr leugnen. Aber das hat sie auch gar nicht vor: Sie gesteht ihrem Mann, dass sie Wronskijs Geliebte ist und ein Kind erwartet.
Die Schwangerschaft endet mit einer Fehlgeburt, bei der Anna zu sterben droht. In dieser Situation verzeiht Alexej Alexandrowitsch Karenin ihr und seinem Nebenbuhler. Wronskij, der befürchtet, dass Anna zu ihrem Ehemann zurückkehren könnte, unternimmt einen Selbstmordversuch, aber nachdem Anna sich erholt hat, verlässt sie mit ihm zusammen St. Petersburg.
Während die beiden auf Reisen sind, finden Kitty und Konstantin Dmitrijewitsch Ljewin durch die Vermittlung von Kittys Schwager Stepan Arkadjewitsch Oblonski wieder zueinander, und schließlich heiraten sie doch noch.
Kurz nach der Hochzeit erfährt Konstantin, dass sein älterer Bruder Nikolaj Dmitrijewitsch (David Schofield), ein an Tuberkulose erkrankter Alkoholiker, im Sterben liegt. Kitty lässt es sich nicht nehmen, ihren Mann zu begleiten, und sie hilft Nikolajs Lebensgefährtin Marja („Mascha“) Nikolajewna (Kseniya Rappoport) tatkräftig bei der Krankenpflege und Haushaltsführung. Nach Nikolajs Tod zieht das Ehepaar wieder aufs Landgut, wo Kitty einen Sohn bekommt.
Weil Anna Karenina sich nach ihrem Sohn sehnt, kehrt sie nach einem Jahr mit ihrem Liebhaber nach St. Petersburg zurück. Aber Gräfin Lydia Iwanowna (Fiona Shaw), eine der tonangebenden Damen der St. Petersburger Gesellschaft, hält Alexej Alexandrowitsch Karenin davon ab, seiner Frau eine Zusammenkunft mit Serjoscha zu erlauben. Am frühen Morgen seines Geburtstages gelingt es Anna, Bedienstete ihres Mannes zu bestechen, damit sie ins Haus gelassen wird. Sie eilt an Serjoschas Bett, weckt ihn und nimmt ihn kurz in die Arme.
Die Gesellschaft ächtet die Ehebrecherin. Während Graf Wronskij mit seiner Mutter und ihrer neuen Gesellschafterin (Anna Calder-Marshall) in die Oper geht, bleibt sie zu Hause. Nicht einmal die unkonventionelle Fürstin Elizaveta („Betsy“) Twerskaja (Jennifer Hall), eine Cousine Wronskijs, hält zu Anna Karenina.
Frustriert zieht das Liebespaar sich mit Tochter Annie auf Wronskijs Landgut zurück. Während er sich mit der Gutsverwaltung beschäftigt, wird Anna von unbegründeter Eifersucht geplagt und verfällt in Wahnvorstellungen. Sie nimmt Opium.
Graf Wronskij glaubt, sich und Anna durch eine Eheschließung in der Gesellschaft rehabilitieren zu können. Aber dazu müssten erst Anna und Alexej Alexandrowitsch Karenin geschieden werden. Weil Anna annimmt, dass sie im Fall einer Scheidung jedes Recht verlieren würde, Serjoscha zu sehen, sträubt sie sich dagegen. Erst als sie befürchtet, dass Wronskij sich von ihr trennen könnte, willigt sie in seinen Plan ein.
Aber bevor eine Lösung realisiert werden kann, stürzt die Verzweifelte sich im Bahnhof zwischen die Waggons eines durchfahrenden Güterzugs.
Nach dem Tod seiner Ehefrau nimmt Alexej Alexandrowitsch Karenin auch deren Tochter zu sich.
Alexej Kirillowitsch Wronskij meldet sich freiwillig zum Krieg gegen die Türken auf dem Balkan. Er ist seines Lebens überdrüssig und sucht den ehrenhaften Tod.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Wie Effi Briest (Theodor Fontane) und Madame Bovary (Gustav Flaubert), lässt sich auch Anna Karenina zu einer Amour fou hinreißen und geht daran zugrunde, weil weder ihr sittenstrenger Ehemann noch die Gesellschaft den Verstoß gegen die Konventionen verzeihen. Alexej Alexandrowitsch Karenin ähnelt Geert Baron von Innstetten und Charles Bovary.
In „Anna Karenina“ werden drei Familiengeschichten parallel erzählt: Im Zentrum steht eine Dreiecksbeziehung: Die Familie Karenin wird durch die leidenschaftliche Affäre Annas mit Graf Wronskij zerstört. Flankiert wird dieser Handlungsstrang von zwei anderen Paarbeziehungen. Da sind zum einen der verantwortungslose Fürst Oblonski und dessen Ehefrau Dolly, die unter seinen Seitensprüngen und geschäftlichen Misserfolgen leidet. Den Kontrast zur Amour fou von Anna Karenina und Graf Wronskij bildet vor allem die bodenständige Familie von Kitty und Konstantin Dmitrijewitsch Ljewin.
„Anna Karenina“ dreht sich um den Konflikt von Pflicht und Leidenschaft, den Gegensatz von Verantwortung und Haltlosigkeit, um Familienleben, Ehebruch, Schuld und die Suche nach dem Sinn des Lebens. Wir sehen, wie die Gesellschaft rücksichtslos ihre Konventionen durchsetzt, auch wenn dabei Einzelne zugrunde gehen.
Der 1878 von Leo Tolstoi veröffentlichte Roman „Anna Karenina“ gehört wohl zu den am häufigsten verfilmten Büchern überhaupt.
Andere Verfilmungen des Romans „Anna Karenina“ (Auswahl):
- 1927 von Edmund Golding mit Greta Garbo
- 1935 von Clarence Brown mit Greta Garbo
- 1948 von Julien Duvivier mit Vivien Leigh
- 1985 von Simon Langton mit Jacqueline Bisset
- 2012 von Joe Wright mit Keira Kneightley
Vor den Vorspann seiner Adaptation setzt Bernard Rose einen Albtraum Ljewins: Auf der Flucht vor einem Rudel Wölfe springt er in einen Schacht und merkt erst dann, dass es sich um einen Bärenzwinger handelt. Er klammert sich an Wurzeln fest, weiß jedoch, dass er abstürzen wird. Dazu spricht er aus dem Off: „Die Angst zu sterben, ohne je die Liebe kennengelernt zu haben, war größer als die Angst vor dem Tod.“ Inzwischen wisse er, so Ljewin weiter, dass er diese Angst mit Anna Karenina geteilt habe.
Auch im weiteren Verlauf des Films hören wir hin und wieder Ljewins Kommentare aus dem Off: Die Geschichte wird aus seiner Perspektive erzählt.
Die eigentliche Handlung beginnt am Rande einer Eisfläche in Moskau, auf der Kitty Schlittschuh läuft. Ljewin kommt dazu. – Am Ende des Films sitzen Wronskij und Ljewin zusammen in einem Zugabteil: Der lebensmüde Kavallerieoffizier ist unterwegs zur Front auf dem Balkan, während der Gutsbesitzer von einem Aufenthalt in Moskau nach Hause fährt, zu seiner Frau und seinem Sohn. Dazwischen weicht Bernard Rose nur wenig von der literarischen Vorlage ab, etwa wenn Anna Karenina eine Fehlgeburt erleidet. Anders als frühere Verfilmungen konzentriert er sich nicht nur auf die Dreiecksgeschichte zwischen Karenin, Anna und Wronskij, sondern entwickelt parallel dazu auch die mit den Paaren Dolly und Oblonski, Kitty und Ljewin verbundenen Handlungsstränge.
Von den Schauspielern beeindrucken vor allem Sophie Marceau und Alfred Molina. Sehenswert ist diese Verfilmung des Romans „Anna Karenina“ auch wegen der prächtigen Kostüme, der aufwendigen Ausstattung und der ästhetischen Bilder.
Der britische Regisseur Bernard Rose (* 1960) drehte übrigens fast ausschließlich in Russland.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013
Leo Tolstoi: Anna Karenina
Joe Wright: Anna Karenina